Wochenübersicht der ukrainischen Pressenachrichten vom 21. bis 27. März 2017

Die Situation im Kampfgebiet in der Ostukraine

Die Lage im Kampfgebiet hat sich verschärft. Den meisten Beschuss gab es im Frontabschnitt bei Mariupol. Die prorussischen Militärverbände haben die Stellungen der ukrainischen Streitkräfte an allen Abschnitten der Front mit schweren Waffen beschossen (120-mm-Mörser, 122-mm-Artillerie, schwere Maschinengewehre) (Meldung auf Englisch).

Russland zieht moderne Panzer an der Grenze zur Ukraine zusammen. In der russischen Region Rostow, nahe der Grenze zur Ukraine, sind Dutzende russische Panzer gesichtet worden. Ein entsprechendes Video hat die Nachrichtenagentur Reuters in seinem YouTubeKanal veröffentlicht. In der Beschreibung des Videos heißt es, ein Augenzeuge habe Dutzende moderne Panzer gesehen, die am Bahnhof in Pokrowsk im Süden der Region Rostow ankommen seien.

Weitere Beschränkungen für Zivilisten im Bereich der Anti-Terror-Operation. In der Region Donezk sind aufgrund der verschärften Lage im Gebiet der Anti-Terror-Operation (ATO) am 23. März temporäre Beschränkungen auf dem Territorium der Region verhängt worden. Die Sicherheitsmaßnahmen sehen eine Einschränkung der Bewegungsfreiheit zwischen 22.00 und 05.00 Uhr für Personen vor, die keinen Personalausweis bei sich tragen. Es dürfen keine Funkgeräte in Fahrzeugen genutzt werden. Auch dürfen keine Foto-, Film und Videoaufnahmen von Soldaten gemacht werden. Außerdem kontrollieren die Rechtsschutzorgane alle Straßen der Regionen Donezk und Luhansk, die von Stanyzja Luhanska bis nach Mariupol führen. Um zu gewährleisten, dass nur legale Fracht in die besetzten Gebiete gebracht wird, sind sechs behördenübergreifende mobile Teams aus Mitarbeitern der Polizei, der Nationalgarde und der Staatlichen Steuerbehörde gebildet worden. Zudem sind zehn weitere gemeinsame Kontrollpunkte eingerichtet worden.

Feuer in Waffenlager in Balaklija: Fahrlässigkeit, Sabotage oder Diebstahl? Am 23. März ist im Waffenlager in Balaklija in der Region Charkiw ein verheerendes Feuer ausgebrochen. Nach Angaben der regionalen Behörden wurden 20.000 Zivilisten evakuiert (Video). Es gibt verschiedene Vermutungen: Sabotage im Interesse des Kremls mit Hilfe einer Drohne oder angeworbener Agenten unter ukrainischen Militärs, Schlamperei oder Verschleierung von versuchtem Waffendiebstahl. Das Waffenlager Nr. 65 in Balaklija gilt als eines der größten in Europa. Hinzukommt, dass es nur 150 Kilometer von der Frontlinie im Donbass entfernt ist.

Das Leben in den “Volksrepubliken Donezk und Luhansk”

Vertretung der “Volksrepublik Donezk (DNR)” in Athen. Die “DNR”  habe eine Vertretung in Griechenland eröffnet, erklärte Natalia Nykonorowa, die sich als “amtierende Ministerin für auswärtige Angelegenheiten der DNR” bezeichnet. Auf der Webseite von DAN (Donezker Nachrichtenagentur) wurden Fotos von der Eröffnung veröffentlicht. Doch ob die Fotos tatsächlich in Athen aufgenommen wurden, lässt sich nicht nachweisen. Ein Vertreter des griechischen Außenministeriums erklärte in diesem Zusammenhang, Griechenland erkenne eine “Donezker Volksrepublik” nicht an.

E-Declaration für Bekämpfer der Korruption: Gegenoffensive der Staatsmacht?

Der Parlamentarische Ausschuss zur Verhütung und Bekämpfung von Korruption hat einen Entwurf für Änderungen am Gesetz über die elektronische Einkommens- und Vermögenserklärung angenommen. Es wird vorgeschlagen, Nichtregierungsorganisationen, die sich mit Korruptionsbekämpfung befassen, zur Abgabe einer entsprechenden Erklärung zu verpflichten. Auch alle Vertragspartner und Organisationen, die Mittel aus Programmen internationaler technische Hilfe zur Bekämpfung von Korruption erhalten, sollen künftig Einkommenserklärungen abgeben. Diese Vorschläge wurden bereits im Parlament erörtert. Sie riefen eine scharfe Kritik seitens der internationalen Gemeinschaft hervor, darunter von der EU. Befürchtet wird, dass die Maßnahmen die Arbeit der Anti-Korruptions-Aktivisten erschweren werden. Am 27. März wurde der Gesetzentwurf vom Vorsitzenden des Parlaments, Andrij Parubij, unterzeichnet.

Proteste in Belarus – über 1000 Verhaftungen

Für den 25. März waren in Belarus Aktionen anlässlich des Tags der Freiheit anberaumt. Sie fielen mit Protesten gegen die sogenannte “Schmarotzer-Steuer” (eine Steuer, die Arbeitslose zahlen müssen) zusammen, die schon seit mehr als einem Monat andauern.

Der Versuch, in Minsk eine Kundgebung abzuhalten, endete mit Massenverhaftungen. Über 1000 Menschen wurden auf die Polizeiwachen gebracht, weil die Behörden in Minsk keine Straßenproteste in der Hauptstadt genehmigt hatten. Unter den Verhafteten sind nicht nur Vertreter der Oppositionsbewegungen, sondern auch Journalisten, Menschenrechtsaktivisten und zufällige Passanten. In anderen belarussischen Städten gelang es, Kundgebungen abzuhalten, aber auch dort kam es zu Verhaftungen. Nach Angaben von Menschenrechtlern wurden sogar schon einige Tage zuvor Aktivisten, Oppositionspolitiker und Journalisten festgenommen.

Proteste in Russland – mehr als 800 Festnahmen

In Russland haben am 26. März große Anti-Korruptions-Kundgebungen stattgefunden. Anlass dazu waren Recherchen des russischen Oppositionspolitikers Alexei Nawalny, in denen es um eine Beteiligung des russischen Ministerpräsidenten Dmitrij Medwedew an korrupten Machenschaften geht. Tausende Bürger nahmen an den Kundgebungen teil. In Moskau waren es nach Angaben der Behörden 8000 bis 9000 Menschen. Laut den Behörden waren die Aktionen nicht genehmigt. Nach Beginn der Kundgebung begann die Polizei, Menschen wegen “Störung der öffentlichen Ordnung” zu verhaften. Allein in Moskau wurden über 800 Demonstranten inhaftiert, viele von ihnen sind Jugendliche und Minderjährige. Nawalny selbst wurde auch verhaftet. Auch wurden in Moskau die Mitarbeiter seiner Stiftung für Korruptionsbekämpfung festgenommen.

Pulse of Europe in Kiew: Bewegung für Einigung Europas

Am 26. März 2017 hat in der Ukraine zum ersten Mal eine Aktion zur Unterstützung der Bewegung “Pulse of Europe” stattgefunden. Die Bürgerinitiative zur Einigung Europas wird bereits in 60 europäischen Städten unterstützt. In Kiew wurde die Aktion auf dem Sophienplatz durchgeführt, an der sich etwa 80 Personen beteiligten. Unter ihnen waren nicht nur ukrainische Aktivisten, sondern auch die stellvertretenden Minister für europäische Integration. Auch wohnten der Aktion Diplomaten bei, unter anderem der Botschafter von Belgien in der Ukraine, der Presseattaché der EU-Delegation in der Ukraine sowie der Dritte Sekretär der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in der Ukraine. Am Rande der Aktion kam es zu einer Provokation. Drei junge maskierte Männer verbrannten eine Europa-Fahne und verschwanden nach zehn Minuten.

Wirtschaft: IWF-Finanzhilfe verschoben

Der Direktorenrat des IWF hat die für den 20. März geplante Erörterung des Abschlusses der dritten Prüfung des Programms zur erweiterten Finanzierung der Ukraine (EFF) verschoben. Das Finanzministerium erklärte, die Sitzung sei verschoben worden, weil die wirtschaftlichen Auswirkungen der Donbass-Blockade sowie der Beschlagnahme ukrainischer Unternehmen in den von der ukrainischen Regierung nicht kontrollierten Teilen der Regionen Donezk und Luhansk genauer berechnet werden müssten. Seitens der Nationalbank hieß es, die jüngsten Ereignisse im Land müssten auf ihre möglichen Auswirkungen auf die Wirtschaft des Landes untersucht werden. Man müsse schauen, wie die Ereignisse sich in den makroökonomischen Prognosen des Programms zur Zusammenarbeit zwischen der Ukraine und dem IWF niederschlagen würden.

Sport: Ukrainische Paralympiker vor Franzosen und Deutschen

Das ukrainische paralympische Team hat das Skirennen beim Biathlonwettkampf bei der Weltmeisterschaft in Japan gewonnen. Insgesamt gewann die ukrainische Mannschaft 33 Medaillen (11 Gold-, 9 Silber- und 13 Bronzemedaillen). Das französische Team kam auf Platz zwei (4 Goldmedaillen). Auf Platz drei kam Deutschland (3 Gold-, 5 Silber- und 7 Bronzemedaillen).

Kultur: Ukrainische Premiere eines Films über Senzow und ein neuer Dokumentarfilm

Während der letzten Märzwoche läuft in Kiew das internationale Dokumentarfilmfestival zu Menschenrechtsthemen DocuDays UA. Am 25. März fand die ukrainische Premiere des Films “Der russische Staat gegen Oleg Senzow” des russischen Regisseurs Askold Kurow statt. Das Publikum nahm am Flashmob #FreeSentsov teil. Mit der Aktion wird die Freilassung des illegal in Russland inhaftierten ukrainischen Regisseurs gefordert.

Auf dem diesjährigen Festival werden rund zwei Dutzend ukrainische Filme präsentiert. Die meisten sind Kurzfilme. Ein Trend der Filme ist das Thema der Bewältigung der sowjetischen Vergangenheit. Einer von ihnen ist der Film “Graue Pferde” von Mykola Ridnyj. Der Regisseur erzählt darin die Geschichte seines Urgroßvaters, des Anarchisten Iwan Krupskyj, der gegen das Sowjetregime kämpfte. Ein anderer Film ist “Leninopad” von Switlana Schymko, der die Lenin-Denkmäler in der Ukraine von ihrem Aufbau bis zu ihrem Abriss beschreibt. Ein weiterer Film ist “Lebendig und unbesiegt” von Daria Hirna. Er handelt von einem Konflikt zwischen einem Chor der Organisation Ukrainischer Nationalisten und einem Chor der russischen Gemeinde in Lemberg. Ein anderer Teil des Festivals DocuDays UA ist dem Privatleben von Ukrainern gewidmet. So handelt der Film “Bis bald” von Julia Kotschetowa-Naboschnjak von einem jungen Paar, dessen Leben der Krieg im Osten der Ukraine verändert hat. Im Rahmen des Festivals stellt Roman Bondartschuk, preisgekrönter Regisseur des Films “Ukrainian Sheriffs”, seinen neuen Spielfilm “Dixieland” vor.

Nachfolgend eine Auswahl an englischen Interviews, Analysen und Videos zur Situation in der Ukraine

Reportagen

Absturz eines Mi-2-Helikopters nahe Kramatorsk. Laut vorläufigen Angaben des ukrainischen Verteidigungsministeriums gab es fünf Todesopfer. Vermutlich war der Hubschrauber mit einer Starkstromleitung kollidiert.  Reportage von UNIAN.

Folgen der Explosionen in Balaklija: Nachdem im größten ukrainischen Waffenlager nahe der Stadt Charkiw Feuer ausgebrochen war, kam es zu fünf gewaltigen Explosionen. Eine Frau kam durch ein einstürzendes Haus ums Leben, zwei weitere Menschen wurden schwer verletzt. Rund 20.000 Menschen mussten evakuiert werden. Das Feuer konnte Freitagabend gelöscht werden.   Reportage von UNIAN.

Bereitschaftspolizei in Moskau geht hart gegen Anti-Korruption-Demonstranten vor: Hunderte Demonstranten wurden verhaftet, unter ihnen der Oppositionspolitiker und Initiator der Demonstration, Alexej Nawalny. Die Protestaktionen, die in vielen russischen Städten stattfanden, richteten sich gegen Präsident Putin und Ministerpräsident Medwedew. Reportage von UNIAN.

Meinung

Kreml-Attacke. Kolumne von Tetjana Urbanska über die Ermordung des ehemaligen russischen Abgeordneten Denis Woronenkow. UNIAN.

Putins Wunsch, ein neues russisches Reich zu errichten, geht über die Ukraine hinaus. Der ukrainische Außenminister Pawlo Klimkin für The Guardian.

Interviews

Von Sympathie bis Unterstützung. Interview von The Day mit dem ukrainischen Botschafter in Finnland, Andrij Olefirow.

Analyse

Mord an Denis Woronenkow: Szenarien und Konsequenzen. Analyse von LB.UA (Lewyj Bereg).

Sieben Fakten über den ermordeten russischen Ex-Abgeordneten. Analyse von  Hromadske International.

Bilanz der Woche: Konsequenzen der Blockade, die nächste Tranche des Internationalen Währungsfonds und Milliarden für ukrainische Straßen. Wochenübersicht von UNIAN.

Was Sie über die Demonstrationen in Belarus wissen sollten. Analyse von Hromadske International.

Die aktuelle Ausgabe von StopFake hat diese Woche unter anderem eine Propagandalüge widerlegt, wonach durch eine Visaliberalisierung mit der EU angeblich “Europa mit ukrainischen Extremisten und Prostituierten überflutet” werden würde. Mehr finden Sie hier.