Wochenübersicht der ukrainischen Pressenachrichten vom 16. bis 22. Mai 2017

Die Situation im Kampfgebiet in der Ostukraine

Wieder Kampfhandlungen. Am 21. Mai ist es wieder zu Kampfhandlungen in der Nähe des Donezker Flughafens gekommen. Das teilte der Sprecher der Anti-Terror-Operation, Olexandr Motusjanyk, mit.

OSZE-Beobachter berichten. Die Sonderbeobachtermission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE-SMM) erklärte, sie habe 13 Mehrfachraketenwerfersysteme vom Typ “Grad” in den besetzten Gebieten der Region Luhansk beobachtet. Die OSZE stellt außerdem eine Zunahme der Gewalt im Donbass um 75 Prozent fest. In den vergangenen fünf Wochen war die Gewalt zurückgegangen. Zwischen dem 8. und 14. Mai beobachtete die Mission eine Verschlechterung der Sicherheitslage.

Neue Festnahmen. In der Region Donezk wurden zwei Rebellen verhaftet, die Gefangene verhört und im Jahr 2014 Verwaltungsgebäude besetzt hatten. Einer von ihnen stammt aus Druschkiwka und ist arbeitslos. Er hatte im Jahr 2014 Gefangene in einem Keller verhört. Der andere stammt aus Bachmut. Er hatte an der Blockade von Militärlagern und an der Besetzung des Gebäudes der Staatsanwaltschaft in Artemiwsk teilgenommen.

Das Leben in den “Volksrepubliken Donezk und Luhansk”

Anstieg der Kriminalität wegen ausstehender Geldzahlungen. In den Reihen der Rebellen nehmen Straftaten zu, da es zu Verzögerungen bei den Bargeldauszahlungen kommt. So haben Angehörige des 11. Infanterieregiments (Donezk) des 1. Armeekorps in betrunkenem Zustand zivile Wohnhäuser mit Mörsern beschossen. Auch trafen die Rebellen ein Auto mit Zivilisten, die von Krasnohoriwka nach Marjinka unterwegs waren. Das erklärte der Leiter der Militär- und Zivilverwaltung in Krasnohoriwka, Oleh Lywantschuk.

“Urlaub” in der “Volksrepublik Donezk”. Wo möchten die Menschen in den besetzten Gebieten des Donbass ihren Urlaub verbringen? Bei den Reiseveranstaltern in der Ukraine ist bereits Hochbetrieb. Die lang erwartete Visafreiheit mit der EU ist ein Geschenk für die Bürger der Ukraine. Anders in Donezk, wo die Reisebüros leer sind. Der Ort Sedowe am Asowschen Meer ist bei den Bewohnern des besetzten Donbass der beliebteste Erholungsort. Eine Busfahrt dorthin dauert von Donezk aus mehrere Stunden. Auch die besetzte Halbinsel Krim ist bei den Bewohnern des Donbas immer noch sehr beliebt.

Will Poroschenko eine zweite Amtszeit?

Am 25. Mai ist es genau drei Jahre her, als Petro Poroschenko, damals ein fraktionsloser Abgeordneter, die Präsidentenwahl in der ersten Runde mit 54,7 Prozent der Stimmen gewann. Die Internetzeitung Ukrajinska prawda (Ukrainische Wahrheit) ist der Frage nachgegangen, ob Poroschenko für eine zweite Amtszeit kandidieren wird.

Umfrage. Nach jüngsten Umfragen würden für Poroschenko heute 13,2 Prozent der Wähler votieren, die sich bereits für einen Kandidaten entschieden haben und an den Wahlen teilnehmen wollen. Auf den zweiten Platz kommt mit 12,9 Prozent die Chefin der “Vaterlandspartei” Julija Tymoschenko. Den dritten Platz belegt der Sänger der Band “Okean Elzy”, Swjatoslaw Wakartschuk, mit 12,3 Prozent der Stimmen.

Strategie-Treffen. Eine Woche vor Ostern hatte Poroschenko die sogenannte “Strategische Neun” versammelt, ein informelles Beratungsgremium, dem neben ihm selbst der jetzige und ehemalige Leiter der Präsidialverwaltung Ihor Rajnin und Borys Loschkin, Generalstaatsanwalt Jurij Luzenko, der Parlamentsvorsitzende Andrij Parubij, der Sekretär des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrates Oleksandr Turtschynow, Premierminister Wolodymyr Hrojsman, Innenminister Arsen Awakow und der ehemalige Ministerpräsident Arsenij Jazenjuk angehören.

Vorschläge für eine Verfassungsreform. Jazenjuk, der vor über einem Jahr als Premierminister zurückgetreten war, schlug Poroschenko vor, eine Verfassungsreform durchzuführen. Der Ex-Regierungschef glaubt, Poroschenko könnte der erste ukrainische Präsident sein, der auf einen Teil seiner Befugnisse zugunsten der Regierung und dem Parlament verzichtet. Das würde, so Jazenjuk, dem Dualismus im Regierungssystem ein Ende setzen und sich auf die demokratischen Reformen im Land positiv auswirken. Nach Ansicht von Jazenjuk und Innenminister Awakow sollte der Präsident künftig den Staat in der internationalen Arena vertreten, was aber gesetzlich klar definiert werden sollte.

Einschränkung der Befugnisse. Jazenjuk schlägt vor, dass der Präsident künftig nicht mehr an der Ernennung der Führung der Nationalbank und der Leiter der Staatlichen Verwaltungen in den Regionen beteiligt sein soll. Auch soll der keinen Einfluss mehr auf die Ernennung der Leitung der Nationalen Kommission zur Regelung im Bereich der Energie und der kommunalen Dienstleistungen sowie des Chefs der Nationalgarde haben. Ferner soll die Regierung ausschließlich vom Parlament gebildet werden. Darüber hinaus soll der Präsident nur noch im Kriegsfall das Oberkommando über die Streitkräfte besitzen. Schließlich darf der Präsident nicht Vertreter einer politischen Kraft sein.

Alternativen. Auf der Sitzung wurde Poroschenko deutlich gemacht, dass es nicht schlecht wäre, einen Kandidaten zu haben, der anstatt ihm die nächste Präsidentschaftswahl gewinnen könnte. Nachfolger könnten Wolodymyr Hrojsman, dem Poroschenko bekanntlich nicht vertraut, oder Jurij Luzenko werden. Bisher ist die Visafreiheit mit der EU die einzige große Leistung, die Poroschenko sich anrechnen kann. Aber dies ist zu wenig, um die nächste Präsidentschaftswahl zu gewinnen. Bislang planen der Präsident und sein Umfeld jedoch keine radikalen Veränderungen.

Menschenrechte: Jeder Dritte Gefangene im Donbass sexuell missbraucht

Im Laufe mehrerer Monate hat die Menschenrechtsorganisation “Justice for Peace in Donbas” Opfer und Zeugen befragt und so 162 Fälle von verschiedenen Formen sexueller Gewalt im Donbass dokumentiert. So litt jeder Dritte während der Haft in den von prorussischen Rebellen illegal eingerichteten Gefängnissen unter sexueller Gewalt. Auch diejenigen, die Zeugen solcher Gewalt wurden, können als Opfer betrachtet werden. Den Menschenrechtlern sind aber auch Fälle bekannt geworden, wo von Vertretern ukrainischer Freiwilligenbataillone und Behörden sexuelle Gewalt angedroht oder angewendet wurde.

“Sexuelle Gewalt ist eines der am meisten tabuisierten Themen im Krieg im Donbass. Die Menschen, die aus der Gefangenschaft frei kommen, erinnern sich ungern daran und wollen nicht darüber sprechen. Opfer und Zeugen sexueller Gewalt glauben, dass ihnen auch langfristig wohl kaum Gerechtigkeit widerfahren wird“, sagte Olexandra Matwijtschuk, Vorsitzende der NGO “Center for Civil Liberties”.

Sexuelle Gewalt kommt in bewaffneten Konflikten in verschiedenen Formen zum Ausdruck: Vergewaltigung, Zwangssterilisation, Zwang zum Entkleiden, sexuelle Drohungen und Folter mit Elementen von sexueller Gewalt wie Schlägen oder Elektroschocks im Genitalbereich.

Kultur: Illustrationen bringen Kosaken zurück in die Moderne

Im Rahmen der diesjährigen internationalen “Buchmesse Arsenal” ist in Kiew ein Buch vorgestellt worden, das der Entstehung der Illustrationen zur legendären Ausgabe des Buches “Enejida” (Aeneis) aus dem Jahr 1968 nachgeht. Das literarische Werk selbst stammt aus dem 19. Jahrhundert und wurde vom ukrainischen Schriftsteller Iwan Kotljarewskyj verfasst. Kotljarewskyj gilt als Pionier der ukrainischen literarischen Schriftsprache. Er übertrug Klassiker wie Vergils Aeneis auf burleske Art in die damalige Sprache des ukrainischen Volkes, indem er beispielsweise griechische Götter als Kosaken auftreten ließ. Der Künstler Anatolij Basylewytsch schuf 1968 für seine Zeit revolutionäre Illustrationen. Er übertrug das Bild des ukrainischen Kosaken in die Moderne und leistet einen wesentlichen Beitrag zur Tradition der Darstellung von Kosaken. Das Buch “Basylewytsch Enejida“ ist beim ukrainischen Verlag “Artbuk” erschienen.

Sport: Elina Svitolina gewinnt Rom-Finale

Am 21. Mai hat die ukrainische Tennisspielerin Elina Svitolina das renommierte WTA-Premier-5-Turnier in Rom gewonnen. Auf ihrem Weg ins Finale schlug sie die Französin Alize Cornet, die Deutsche Mona Barthel, die Tschechin Karolína Plíšková und die Spanierin Garbiñe Muguruza. Im Finale setzte sie sich in drei Sätzen (4:6, 7:5, 6:1) gegen die Rumänin Simona Halep durch.

Nachfolgend eine Auswahl an englischsprachigen Reportagen und Analysen zur Situation in der Ukraine

Reportagen

Poroschenko verspricht ein schon bald aktiveres “Normandie-Format” – UNIAN

Ukraine-NATO: 20 Jahre Zusammenarbeit – LB.ua

Die Wissenschaft hilft dem Militär, Leben zu retten – UNIAN

Meinung

Die Ukraine verbietet russische soziale Netzwerke: Kann sich Russland rächen? – Kolumne von Olesja Jachno-Belkowska für UNIAN

Analyse

Verbot russischer sozialer Netzwerke, IWF-Mission in der Ukraine und die Rentenreform – Wochen-Digest von UNIAN

Fünf Fakten über das Verbot russischer sozialer Netzwerke in der Ukraine – Hromadske International

Walerija Hontarewas Rücktritt: Nationalbank ohne Führung – Analyse von UNIAN

Janukowytsch versus Ukraine: Erläuterungen – Analyse von Hromadske International

Fünf wenig bekannte Fakten über Binnenflüchtlinge in der Ukraine – Hromadske International