Umfrage: 53 Prozent der Ukrainer lehnen das Verbot russischer sozialer Netzwerke ab

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Die Ilko-Kutscheriw-Stiftung “Demokratische Initiativen” und das Kiewer Rasumkow-Forschungszentrum haben im Juni dieses Jahres gemeinsam eine landesweite Meinungsumfrage durchgeführt. Ziel der Studie war, herauszufinden, was die Ukrainer über die mögliche Einführung von Einreisevisa für Bürger der Russischen Föderation und eine Reihe von Maßnahmen denken, mit denen der russische Einfluss in der Ukraine eingeschränkt werden soll. Dazu zählt das vor kurzem erlassene Verbot russischer sozialer Netzwerke und E-Mail-Dienste. Die Ergebnisse der Studie wurden im Ukraine Crisis Media Center vorgestellt.

Blockade russischer sozialer Netzwerke und E-Mail-Dienste

Am 15. Mai hatte der ukrainische Präsident Petro Poroschenko per Dekret einen Beschluss des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrates des Landes in Kraft gesetzt. Dieser sieht eine Einschränkung des Zugangs zu den russischen E-Mail-Diensten Mail.ru und Yandex sowie zu den sozialen Netzwerken Vkontakte (In Kontakt) und Odnoklassniki (Klassenkameraden) vor. Die Maßnahmen betreffen auch bestimmte russische Computerprogramme.

Die Blockade russischer sozialer Netzwerke unterstützen nur 28 Prozent der Ukrainer, 53 Prozent sind dagegen. Grund dafür ist, dass ein großer Teil der Bevölkerung die sozialen Netzwerke VKontakte und Odnoklassniki genutzt hatten, und zwar 41 Prozent. Den russischen E-Mail-Dienst Mail.ru nutzten 21,5 Prozent der Ukrainer. “Je stärker sich das auf die unmittelbaren Interessen der Menschen auswirkt, desto heftiger ist der Widerstand”, sagte Iryna Bekeschkina, Leiterin der Ilko-Kutscheriw-Stiftung “Demokratische Initiativen”.

Doch der Hauptgrund dafür, warum die Maßnahmen bei der Bevölkerung auf Ablehnung träfen, sei die Tatsache, dass die Menschen schlecht über die Ursachen für die Entscheidung der ukrainischen Führung informiert seien, sagte Diana Duzyk, Geschäftsführerin der Nichtregierungsorganisation “Medien-Detektor”.  “Man muss den Menschen erläutern, warum die russischen sozialen Netzwerke ein Problem sind und für die Menschen eine Gefahr darstellen”, betonte sie.

Visumpflicht für russische Staatsbürger?

Immer wieder wird seit Beginn der russischen Aggression gegen die Ukraine die Frage diskutiert, ob für russische Staatsbürger Visa zur Einreise in die Ukraine eingeführt werden sollen. Das Hauptargument zugunsten der Visumpflicht ist die Sicherheit. Kurz vor dem Inkrafttreten der visafreien Einreise für ukrainische Staatsbürger in die EU war es zu einer ganzen Welle neuer entsprechender Vorschläge seitens ukrainischer Parlamentsabgeordneter gekommen. Doch die Initiativen fanden keine ausreichende Unterstützung und wurden dem Parlament nicht zur Abstimmung vorgelegt. Doch die Diskussion über die Visumpflicht für russische Staatsbürger dauert in der Öffentlichkeit weiter an.

Laut der Umfrage der Ilko-Kutscheriw-Stiftung “Demokratische Initiativen“ und des Rasumkow-Forschungszentrums befürwortet nur ein Drittel der Ukrainer eine Visumpflicht mit Russland. Am meisten wird sie im Westen des Landes unterstützt (60 Prozent), am wenigsten im Süden (14 Prozent). Grund für die ablehnende Haltung gegenüber einer Visumpflicht ist die Tatsache, dass 51 Prozent der Ukrainer in Russland Verwandte, Bekannte oder enge Freunde haben.

Quoten für die ukrainische Sprache

Am 23. Mai hatte das Parlament darüber hinaus ein Gesetz verabschiedet, das landesweiten TV-Kanälen vorschreibt, dass 75 Prozent ihrer Sendungen in ukrainischer Sprache sein müssen. Die Einführung solcher Quoten im Fernsehen befürworten 48 Prozent der Einwohner der Ukraine, dagegen sind 24 Prozent. 16 Prozent der Befragten gaben an, dass ihnen die Quoten egal seien.

Verbot des Sankt-Georgs-Bandes

Ferner hatte das ukrainische Parlament am 16. Mai ein Gesetz angenommen, das für die öffentliche Nutzung oder das Tragen des Sankt-Georgs-Bandes Geldstrafen vorsieht. Bei Wiederholungstaten sind höhere Geldbußen und sogar Haftstrafen bis 15 Tagen möglich.

Die Geschichte des Sankt-Georgs-Bandes reicht zurück in das 18. Jahrhundert des Russischen Zarenreiches. Es entstand aus dem Orden des Heiligen Georg, der höchsten militärischen Auszeichnung des Russischen Reiches. Später wurde das Band Teil der sowjetischen militärischen Auszeichnungen während des Zweiten Weltkrieges. In der Ukraine wird es heute in erster Linie mit der russischen Aggression seit 2014 in Verbindung gebracht. Denn während der Krimkrise im Frühjahr 2014 wurde das Sankt-Georgs-Band häufig auf Seiten der prorussischen Aktivisten getragen und als Fahne verwendet. Auch den prorussischen Demonstranten in der Ostukraine diente es als Erkennungszeichen.

Das Verbot des Sankt-Georgs-Bandes wurde von der ukrainischen Bevölkerung positiv aufgenommen. Unterstützt wird das Verbot von 40 Prozent. Dagegen sind nur 26 Prozent. In den südlichen und östlichen Regionen des Landes stehen dem Verbot 32 beziehungsweise 22 Prozent der Menschen gleichgültig gegenüber. “Das Verbot des Sankt-Georgs-Bandes steht nicht für die De-Kommunisierung, sondern für die De-Imperialisierung”, betonte der Politologe Oleksij Haran von der Stiftung “Demokratische Initiativen” im Ukraine Crisis Media Center.