Wochenübersicht der ukrainischen Pressenachrichten vom 27. Juni bis 3. Juli 2017

Die Situation im Kampfgebiet in der Ostukraine

Zur Lage im Kampfgebiet. Letzte Woche ist die Intensität der Kämpfe im Osten der Ukraine im Vergleich zur Vorwoche um 40 Prozent zurückgegangen. Auch gab es deutlich weniger Zwischenfälle, bei denen schwere Waffen zum Einsatz kamen. Letzte Woche erfasste die Sonderbeobachtermission der OSZE (SMM) fast 110 durch schwere Waffen verursachte Explosionen, fast 80 Prozent weniger als in der Vorwoche, in der 617 Explosionen gezählt wurden.

OSZE. In Popasna ist die Vertretung der SMM unter Beschuss geraten. Opfer unter den Mitarbeitern der OSZE-Mission gab es keine. Aber die Organisation sah sich gezwungen, ihre Außenstelle zu evakuieren.

Zahl der Kriegsopfer im laufenden Jahr. Seit Beginn des Jahres sind im Donbass 120 ukrainische Militärs getötet worden. Darüber hinaus wurden in diesem Zeitraum nach Angaben der Vizepremierministerin für europäische und euroatlantische Integration, Iwanna Klympusch-Zinzadse, fast 900 Soldaten verwundet, 47 Zivilisten getötet und über 100 Zivilisten verletzt.

Das Leben in den “Volksrepubliken Donezk und Luhansk”

“Donezker Volksrepublik” bietet OSZE Schutz gegen “Geld” an. Die Rebellen der “Volksrepublik Donezk” haben Vertretern der OSZE-Beobachtermission vorgeschlagen, sie sollten monatlich 3000 Euro für ihren “Schutz” zahlen. Die OSZE-Patrouillen waren mehrmals von Rebellen angegriffen worden, doch die “Führung der Republik” ergriff keine Sicherheitsmaßnahmen. Im Gegenteil. Sie zog die “Polizei” von dem Büro der Beobachter im Park Inn Hotel in Donezk ab. Auf dem Parkplatz, wo die gepanzerten Fahrzeuge der Mission stehen, die eigentlich geschützt werden sollten, “brach plötzlich Feuer“ aus.

Jugend der “Donezker Volksrepublik” soll in “Russische Welt” integriert werden. Der Anführer der “Volksrepublik Donezk”, Aleksandr Sachartschenko, hat erklärt, er wolle die jungen Menschen der “Volksrepublik” in die “Russische Welt“ integrieren. Ihm zufolge ist es eine der wichtigsten Aufgaben, das Bildungswesen in den von Kiew nicht kontrollierten Gebieten an das Bildungssystem der Russischen Föderation anzugleichen. Sachartschenko will, dass mehr Studenten aus den von Kiew nicht kontrollierten Gebieten an russischen Hochschulen studieren können.

SBU: Hinter Petya-Cyberangriff stehen russische Geheimdienste

Der Sicherheitsdienst der Ukraine (SBU) hat festgestellt, dass an der Attacke mit dem Virus Petya.A am 27. Juni Geheimdienste der Russischen Föderation beteiligt waren. Das erklärte am Samstag das Pressezentrum des SBU. “Nach uns vorliegenden Daten, die unter anderem in Zusammenarbeit mit internationalen Unternehmen generiert wurden, die Anti-Virus-Programme entwickeln, besteht Grund zur Annahme, dass an jenen Angriffen die gleichen Hacker-Gruppen beteiligt waren, die im Dezember 2016 mit der Malware TeleBots und Blackenergy das Finanz-, Transport- und Energiewesen in der Ukraine angegriffen hatten. Dies legt nahe, dass an dem Angriff russische Geheimdienste beteiligt waren“, heißt es in der Erklärung. Der SBU betonte, Ziel des Cyber-Angriffs sei gewesen, die gesellschaftspolitische Lage in der Ukraine zu destabilisieren. Der Virusbefall sei im Voraus geplant und schrittweise durchgeführt worden. Er habe am Vorabend des “Tags der Verfassung der Ukraine” begonnen, der in der Ukraine Feiertag ist.

Energiewesen: Ein weiterer Schritt der Ukraine in Richtung Europa

Am 28. Juni hat das ukrainische Unternehmen “Ukrenergo” in Brüssel ein Abkommen über den Beitritt der Ukraine zum Europäischen Energiesystem unterzeichnet. Das Abkommen heißt “Vereinbarung über die Bedingungen des künftigen Zusammenschlusses der Energiesysteme der Ukraine und der Republik Moldau mit dem Energiesystem von Kontinentaleuropa”. Der Leiter von “Ukrenergo”, Wsewolod Kowaltschuk, sagte, Ziel der Vereinbarung sei, das Energiesystem der Ukraine vom russischen abzukoppeln. Ferner würde es die grundlegenden Spielregeln im Energiebereich ändern, Bestimmungen des Dritten Energiepakets der EU einführen und für echten Wettbewerb auf dem Strommarkt sorgen. Kowaltschuk rechnet damit, dass Russland versuchen wird, die Integration des ukrainischen Energiesystems in das der EU mit einer Informations-Kampagne zu diskreditieren.

Kommt die Visumpflicht für russische Staatsbürger?

Der Politische Direktor im ukrainischen Außenamt, Oleksij Makejew, hat erklärt, sein Ministerium prüfe, ob künftig die Ein- und Ausreise russischer Staatsbürger nur noch mit biometrischen Pässen erfolgen darf. Er sagte auch, dass in Abstimmung mit den Geheimdiensten vielleicht nur für bestimmte Kategorien von Bürgern der Russischen Föderation die Einreise in die Ukraine eingeschränkt werden könnte. Als weitere Möglichkeit werde eine generelle Visumpflicht für russische Staatsbürger in Betracht gezogen. Laut einer Umfrage der ukrainischen Stiftung “Demokratische Initiativen” sind 51,4 Prozent der Befragten gegen eine Visumpflicht mit Russland, 32,9 Prozent sind dafür. 15,7 Prozent konnten sich nicht festlegen. Am meisten wird eine Visumpflicht von den Menschen im Westen des Landes befürwortet (60 Prozent) und am wenigsten im Süden (14 Prozent).

Menschenrechte: Ukrainischer Soldat in Italien verhaftet

Am 30. Juni ist bei der Einreise nach Italien der ukrainische Militärangehörige Witalij Markiw verhaftet worden. Er steht im Verdacht, für den Tod des italienischen Bildjournalisten Andrea Rocchelli mitverantwortlich zu sein. Rocchelli war zusammen mit dem russischen Menschenrechtler Andrej Mironow im Mai 2014 in der Nähe der Stadt Slowjansk im Gebiet Donezk bei einem Beschuss ums Leben gekommen. Die Untersuchungen wurden mehrmals bei bilateralen italienisch-ukrainischen Treffen auf höchster Ebene besprochen. Laut dem stellvertretenden Generalstaatsanwalt der Ukraine, Jewhen Jenin, arbeitet seine Behörde bei den Untersuchungen eng mit den italienischen Kollegen zusammen. Auf italienischer Seite befasst sich mit dem Fall die Staatsanwaltschaft in Pavia. Markiws Festnahme kam für die ukrainische Seite völlig überraschend.

“Nach Angaben der ukrainischen Ermittler sind die beiden Journalisten infolge von Artilleriebeschuss seitens der russisch-terroristischen Kräfte ums Leben gekommen”, sagte Jenin. Später erklärte er im ukrainischen Fernsehen, die Untersuchungen hätten ergeben, dass es zumindest zu Kreuzfeuer gekommen sei. Doch Versuche, den Fall anhand von Daten aus offen zugänglichen Quellen zu untersuchen, haben ergeben, dass es aufgrund der Stellungen der ukrainischen Truppen und ihrer Waffen unmöglich war, das Gebiet zu treffen, wo sich der italienische Journalist aufhielt. Die ukrainischen Ermittler machten auf keiner der Seiten eine bestimmte Person aus, die für die Tragödie verantwortlich war.

Am 1. Juli teilte das ukrainische Innenministerium mit, dass ein französischer Journalist gegenüber den italienischen Strafverfolgungsbehörden die Einheit, in der Markiw gedient hatte, für Rocchellis Tod verantwortlich gemacht habe. Vermutlich handelt es sich um den Journalisten, der sich an jenem Ort während des Beschusses aufgehalten hatte und dabei verletzt worden war. Außerdem habe der französische Journalist im Rahmen seiner Aussagen Videomaterial zur Verfügung gestellt, so das Innenministerium in Kiew.

Witalij Markiw ist stellvertretender Kommandeur des Zugs des General-Kultschyzkyj-Bataillons der Nationalgarde der Ukraine. Ab dem Jahr 2003 lebte er mit seiner Familie in Italien. Während der Ereignisse auf dem Maidan kehrte er in die Ukraine zurück, schloss sich später der Nationalgarde an und kämpfte im Osten der Ukraine. Nun reiste er erstmals seit 2,5 Jahre nach Italien, um dort seine Mutter zu besuchen.

Eine Gerichtsverhandlung ist für den 4. Juli geplant. Die ukrainischen Diplomaten in Italien haben die italienischen Behörden gebeten, Markiw besuchen zu können und den Sitzungen im Gericht beizuwohnen.

Kultur: In Lwiw wird Geld für die Instandsetzung eines Kosaken-Bootes gesammelt

In Lwiw, in der Kunstgalerie “Dzyga“, läuft zurzeit eine Ausstellung, mit dem Ziel, Geld für die Instandsetzung eines traditionellen Kosaken-Bootes zu sammeln. Es befindet sich zurzeit in Frankreich. Das Boot “Maria Schutz” wurde 1992 in der Ukraine gebaut. Es ist eine genaue Kopie eines Kampfboots der Kosaken aus dem 15. Jahrhundert, das auch Tschaika (Möwe) genannt wird. 25 Jahre lang nahm das Boot an Wettbewerben teil. Es wurde bei Festivals gezeigt und für Filmaufnahmen genutzt. Mangels Geld wurde das Boot nicht mehr richtig gepflegt und nahm dadurch Schaden. Derzeit steht es in Pont-Aven im Westen Frankreichs. Dank Geldsammlungen konnte im Jahr 2016 damit begonnen werden, das legendäre Boot instandzusetzen. Bei der Ausstellung in Lwiw werden Kunstwerke gezeigt, in die Teile des Bootes mit eingeflossen sind. Die Ausstellung “Möwe. Reminiszenz 1992-2017” dauert noch bis zum 7. Juli. (Das Projekt auf Facebook).

Sport: Ukraine gewinnt Volleyball European League

Die ukrainische Nationalmannschaft hat die CEV Volleyball European League in Dänemark gewonnen. Im letzten Spiel besiegte das ukrainische Team Mazedonien mit 3:1. Für die ukrainischen Volleyball-Spieler ist es ihre erste europäische Trophäe überhaupt.

Nachfolgend eine Auswahl an englischen Interviews, Analysen und Videos zur Situation in der Ukraine

Reportagen

Etwa 120 ukrainische Soldaten wurden seit Anfang dieses Jahres im Donbass getötet. Reportage von UNIAN.

Der russische Grenzwächter, der in der Ukraine “verloren” gegangen war, ist für 15 Tage verhaftet worden. Reportage von UNIAN.

Wie Jugendliche unter der Besatzung im Osten der Ukraine leben. Reportage von Hromadske International.

Interview

Vier Jahre Drama: Interview von Hromadske International mit dem Leiter der IWF-Mission in der Ukraine, Jérôme Vacher.

Analyse

Wer ist der in der Ostukraine gefangen genommene russische Soldat? Analyse von Hromadske International.

Poroschenkos 30 Minuten mit Trump – Welche Bedeutung haben sie für die Ukraine? Analyse von Hromadske International.

StopFake

Fake: EU zwingt Ukraine in die Knie. Eine der beliebtesten russischen Propaganda-Mantras ist, dass die Ukraine immer nur verlieren kann, wenn sie sich der EU annähert. Dieses Thema wird oft propagiert und in verschiedenen Versionen immer wieder neu aufgekocht. Eine der aktuellsten Versionen dieser Geschichte hat seinen Ursprung bei einer Pressekonferenz des ehemaligen ukrainischen Präsidenten Leonid Kutschma. Dieser gab einen Redebeitrag ab, der von russischen Medien komplett aus dem Zusammenhang gerissen wurde.

Fake: Lwiwer Jazz Festival wegen Müllskandal abgesagt. Der Fernsehsender des russischen Verteidigungsministeriums Zvezda veröffentlichte eine Geschichte, die behauptete, dass das berühmte Lwiwer Alfa Jazz Fest, das führende Jazzfestival der Ukraine, wegen des Müllproblems der Stadt Lwiw (früher Lemberg), abgesagt werden sollte. Die gefälschte Geschichte von Zvezda basiert auf einer Aussage, die vom ehemaligen ukrainischen Gesundheitsminister Musiy geäußert wurde.