Politische Show. Am 10. September hat der ehemalige Gebiets-Chef von Odessa, der georgische Ex-Präsident Micheil Saakaschwili, ohne Pass die ukrainischen Grenze passiert. Zu Beginn des Tages hatte er zunächst versucht, die Grenze im Zug Przemysl-Kiew zu überqueren, doch die Ukrainische Eisenbahn stoppte den Zug. Daraufhin fuhr Saakaschwili mit einem Bus bis zur Grenze. Er sagte, er werde um Papiere für eine staatenlose Person bitten. Dies würde die ukrainische Seite dazu verpflichten, ihn einreisen zu lassen. Dazu kam es aber nicht mehr. Denn nach den langwierigen Verhandlungen trug ihn eine Schar von Anhängern buchstäblich auf die ukrainische Seite. Er wurde von ukrainischen Abgeordneten begleitet, darunter von Julija Tymoschenko. Später sagte Saakaschwili, er fahre nach Lwiw. Dort wolle er entscheiden, was er als nächstes tun werde.
Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko hatte am 16. Juli per Dekret Saakaschwili die ukrainische Staatsbürgerschaft entzogen. Der formale Grund dafür war, dass Saakaschwili angeblich Informationen über gegen ihn laufende Strafverfahren in Georgien verheimlicht habe. Die georgischen Behörden hoffen nun, dass die Ukraine Saakaschwili ausliefern wird. Das ukrainische Justizministerium hat bestätigt, dass eine entsprechende Anfrage Georgiens vorliegt.
Reaktion der Behörden. Der ukrainische Generalstaatsanwalt Jurij Luzenko sagte, dass diejenigen, die Saakaschwilis illegalen Grenzübertritt organisiert hätten, vor Gericht gestellt würden. Der ukrainische Grenzschutz teilte mit, dass mehrere Polizisten und Grenzbeamte verletzt worden seien, als jene Menschenmenge die Staatsgrenze durchbrochen habe. Das Innenministerium erklärte, insgesamt zwölf Polizisten und fünf Grenzschützer hätten dabei Verletzungen davon getragen. Innenminister Arsen Awakow sagte, der ehemalige Leiter der Staatlichen Administration im Gebiet Odessa, Micheil Saakaschwili, der sich in der Ukraine aufhalte, habe nun zwei Möglichkeiten: Er müsse wieder zum Checkpoint Scheheni fahren und dort das Verfahren zur Einreise durchlaufen oder sich zu einer Stelle des Migrationsdienstes begeben.
Reaktion der Öffentlichkeit. Saakaschwilis Rückkehr ist zu einem wahren Skandal geworden. Politiker, Meinungsführer, Journalisten und Experten haben den ganzen Tag über das Ereignis diskutiert. Viele von ihnen verurteilten Saakaschwilis Vorgehen, denn er habe auf diese Weise die Staatsgrenze als Institution untergraben. Er habe gezeigt, dass eine Gruppe unbewaffneter Menschen die Grenze ungehindert überqueren kann. Und es sei dabei nicht so wichtig, ob es sich um die Grenze im Osten oder im Westen des Landes handele. Premierminister Wolodymyr Hrojsman sprach von einem “Angriff auf den ukrainischen Staat“, die Vertreterin der Ukraine in Minsk, Iryna Heraschtschenko, von einer “Erniedrigung des Landes“. Gleichzeitig machen viele Menschen darauf aufmerksam, dass Saakaschwilis Vorgehen eine Antwort auf eine politisch motivierte Ausbürgerung sei, die Poroschenko veranlasst habe. Aber auch viele Maßnahmen der ukrainischen Behörden am 10. September stünden im Widerspruch zur ukrainischen Gesetzgebung, meinen Kritiker. So sei der Stopp des gesamten Zuges, in dem sich Saakaschwili befunden habe, gesetzwidrig gewesen, aber auch die Schließung des Grenzüberganges wegen einer angeblichen “Bombendrohung”.