Übersicht der ukrainischen Pressenachrichten, 11.-17.09.2017: Kritik an Bildungsreform, Hoffnung auf Friedenstruppen, 10 Medaillen für Ukrainer und weitere Themen

Die Situation im Kampfgebiet in der Ostukraine

Die Situation in der Zone der Anti-Terror-Operation verschlechtert sich kontinuierlich. Die Rebellen haben zum ersten Mal seit Beginn des Waffenstillstands im Frontabschnitt Luhansk schwere Waffen eingesetzt. Am 17. September, gegen 21 Uhr, eröffneten sie in der Nähe von Nowotoschkiwske das Feuer mit Artillerie mit einem Kaliber von 122 mm. In der Nähe der Dörfer Krymske und Prytschepyliwka schossen sie mit Mörsern mit einem Kaliber von 82 mm.

OSZE. Der erste Stellvertretende Vorsitzende der OSZE-Beobachtermission, Alexander Hug, erklärte, dass die Aggression im Donbass jederzeit wieder aufflammen könnte. “Im September 2016 hatte sich die Lage nach der provisorischen Waffenruhe ernsthaft zugespitzt. Deswegen rechnen wir auch heute mit einer solchen Verschärfung. In den vergangenen Wochen stellten wir 4586 Verstöße gegen die Waffenruhe fest. Auch nimmt die Menge an schwerer Technik an der Trennlinie zu. Diese Woche haben wir 66 Stück schwerer Waffen registriert – acht in den von der Ukraine kontrollierten Gebieten und 58 in den von ihr nicht kontrollierten Gebieten.“ Hug sagte zudem, es gebe neue Fälle, wo die OSZE-Beobachtermission von den Rebellen bei ihrer Arbeit behindert worden sei.

Russland im Donbass. Im Gebiet Donezk, in der Nähe des Dorfes Wynohradiwka, ist eine russische Drohne vom Typ “Orlan-10“ abgestürzt. Diesmal war es der ukrainischen Luftabwehr nicht gelungen, sie abzuschießen, obwohl sie ihren Flug genau verfolgt hatte.

Französische Senatoren im Donbass. Senatoren aus Frankreich, unter Leitung des Vorsitzenden der “Freundschaftsgruppe Frankreich-Ukraine“ im Senat der Französischen Republik, Herve Moree, haben den Militär-Checkpoint “Majorsk“, Awdijiwka und Kramatorsk besucht. Das wichtigste Ziel ihres Besuchs bestand darin, sich über die Sicherheitspolitik und die gesellschaftlich-wirtschaftliche Situation in der Konfliktzone zu informieren. Moree sagte auf einer Pressekonferenz in Kramatorsk, dass Frankreich die territoriale Integrität und Souveränität der Ukraine konsequent unterstütze.


Das Leben in den “Volksrepubliken Donezk und Luhansk”

In Donezk gibt es seit Neuestem bunte Listen für Journalisten. Alles hängt von der Farbe der Liste ab, auf der der jeweilige Journalist steht. Dasberichtet das “Öffentliche Fernsehen des Donbass“. “Auf der gelben Liste stehen neutrale Journalisten, auf der orangefarbenen diejenigen, die das Ministerium für Staatssicherheit (MGB) im Auge behalten soll, und auf der roten Liste stehen die, die des Landes verwiesen oder verhaften werden sollen. Das alles hat zum Ziel, den Informationsbereich zu kontrollieren und die Zensur fest zu verankern“, heißt es in dem Bericht. Medien zufolge steht seit Mai 2017 auch der Donezker Blogger Stanislaw Wasin auf jener roten Liste.

Die aktuellen Vermisstenzahlen. Seit dem 1. April 2014 wurden 2260 Personen als vermisst gemeldet, davon 1821 Männer und 439 Frauen. Bis jetzt wurden bereits 1552 Menschen von der Polizei gefunden. 708, davon 596 Männer und 112 Frauen, sind noch nicht gefunden. Die Suche wird dadurch erschwert, dass kein Zugang in die vorübergehend besetzten Gebiete besteht.


Friedenstruppen im Donbass: Die ukrainische Sicht

Der ukrainische Außenminister Pawlo Klimkin hat am vergangenen Wochenende auf der Konferenz Yalta European Strategy in Kiew die Position der ukrainischen Seite zu einer UN-Friedensmission im Donbass erläutert. Ihm zufolge soll die ukrainische Delegation diese Frage mit den internationalen Partnern am Rande der 72. UN-Vollversammlung in New York besprechen. Gerade dort soll am 21. September auch ein Treffen des ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko mit US-Präsident Donald Trump stattfinden. Thema des Gesprächs wird voraussichtlich die “Sicherheits-Zusammenarbeit” sein.

Klimkin machte drei wichtige ukrainische Positionen deutlich, was Friedenstruppen angeht:

Erstens unterstützt die Ukraine die Idee von Friedenstruppen. “Friedenstruppen sind eine der wichtigsten Optionen. Denn uns ist klar, dass die Logik der Rückkehr des Donbass zum normalen Leben darin liegt, dass sich Russland von dort zurückziehen muss, mit seinen regulären Kräften, Söldnern und allen Waffen, und das gleichzeitig. Natürlich muss eine Mission diejenigen entwaffnen, die dies wollen, aber auch diejenigen, die dies nicht wollen. Deshalb sagen wir, dass es nicht darum geht, dass das russische Protektorat im Donbass legitimiert wird. All dies wird man mit denjenigen diskutieren müssen, die sich mit Russlands Unterstützung im Donbass aufhalten”.

Zweitens muss das Mandat alle besetzten Gebiete des Donbass abdecken, einschließlich der Staatsgrenze zu Russland. Andernfalls wird dies nur die Sicherheit der OSZE und der Mission selbst mindern.

Drittens muss ein vollständiger Rückzug stattfinden. Das Ergebnis der Mission muss der Beginn einer Übergangszeit sein, deren Sinn darin besteht, reale Wahlen vorzubereiten. Und die Wahlen muss die Ukraine vorbereiten – mit Unterstützung der internationalen Gemeinschaft, und nicht mit Manipulationen seitens Russland.


Reformen in der Ukraine

Rumänien und Ungarn kritisieren die ukrainische Bildungsreform. Am 5. September hat das ukrainische Parlament eine Bildungsreform verabschiedet. Die Gesetzesänderungen riefen eine heftige Reaktion in Ungarn, Rumänien, der Republik Moldau und Russland hervor. Die Kritiker meinen, einige Bestimmungen des Gesetzes würden die Rechte der Minderheiten in der Ukraine einschränken. Insbesondere geht es um die Unterrichtssprache in den Schulen. Das neue Gesetz sieht vor, dass Kinder in Vorschuleinrichtungen und später in den Grundschulen in den Sprachen der Minderheiten unterrichtet werden können, doch ab der 5. Klasse nur noch auf Ukrainisch. Der Gesetzgeber begründet dies damit, dass Schüler alle Aufnahmeprüfungen in der Staatssprache (Ukrainisch) ablegen müssen. Wenn sie diese nicht beherrschen würden, würde sich dies auf ihre künftigen Chancen auswirken, an einer Hochschule studieren zu können.  Am 12. September beauftragte der ukrainische Premierminister Wolodymyr Hrojsman Außenminister Pawlo Klimkin und Bildungsministerin Lilia Hrynewytsch, sich mit den Botschaftern der EU-Länder in der Ukraine zu treffen. Danach will sich die Ukraine an den Europarat wenden, mit der Bitte, die Bestimmungen des neuen Bildungsgesetzes zu prüfen, die den Unterricht in Sprachen der Minderheiten betreffen.

Prüfung der Kandidaten für den Obersten Gerichtshof. Vom 14. bis 25. September findet die Sitzungdes Hohen Justizrats statt, auf der die Unterlagen der Kandidaten für den Obersten Gerichtshof geprüft werden. Die Höhere Qualifikations-Kommission hatte nach einem achtmonatigen Wettbewerb 120 Gewinner ausgewählt. 30 von ihnen erhielten eine negative Bewertung des Gesellschaftlichen Rates für Integrität. Am Vorabend der ersten Sitzung des Hohen Justizrats organisierten Aktivisten einen “Marsch der Nicht-Integrität”. Die Demonstranten trugen Roben und forderten den Hohen Justizrat auf, keine Kandidaten mit einer negativen Bewertung zu ernennen.

G7-Staaten unterstützen Rentenreform in der Ukraine. Die Botschafter der G7-Staaten unterstützenden Gesetzentwurf über die Rentenreform in der Ukraine. Das erklärte die US-Botschafterin in der Ukraine, Marie Jovanovich. “Wir, die Botschafter der G7-Staaten, äußern unsere starke Unterstützung für die Rentenreform, die von der ukrainische Regierung vorgeschlagen wurde. Und wir rufen das Parlament dazu auf, das Gesetz auf seiner Plenarsitzung nächste Woche unverzüglich zu verabschieden“, heißt es in einer Mitteilung. Die Reform sieht vor, dass schon ab dem 1. Oktober die neuen Rentenzahlungen beginnen, die unter Berücksichtigung der Lohnsteigerungen angehoben werden. Der Regierungsentwurf der Rentenreform schließt Versicherungszeiten mit ein. Zum Beispiel wird man, um mit 60 Jahren in den Ruhestand gehen zu können, 25 Arbeitsjahre nachweisen müssen. Menschen, die keine Rentenversicherung hatten, werden eine Sozialhilfe beantragen können.

Menschenrechte: HRW erhebt Vorwürfe gegen den SBU

Die internationale Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) hat erklärt, dass der Sicherheitsdienst der Ukraine (SBU) zwei Tage lang unter Folter und ohne Kommunikation mit der Außenwelt eine Frau festgehalten habe, die des Hochverrats verdächtigt werde. In der Mitteilung der Menschenrechtler heißt es, dass die 29-jährige Daria Mastikaschewa, eine ukrainische Staatsbürgerin, die in Moskau lebe, im August ihre Mutter und ihren Sohn in der Region Dnipropetrowsk besucht habe. Als sie in den Bus zurück nach Russland habe steigen wollen, sei sie von ukrainischen Sicherheitskräften festgenommen worden.

Laut HRW hatten Mastikaschewas Angehörige zwei Tage lang keine Informationen über ihren Verbleib. Kurze Zeit später wurde die Frau des Hochverrats beschuldigt und ein Gericht in der Stadt Dnipro beschloss, sie unter Arrest zu stellen.

Die Sprecherin des SBU, Olena Hitljanska, sagte gegenüber Radio Liberty, dass die Vorwürfe gegen den Sicherheitsdienst der Ukraine “jeglicher Grundlage entbehren”.

Kultur: Internationale Buchmesse und Literaturfestival in Lwiw

Eines der wichtigsten Filmfestivals in Osteuropa und das älteste in der Ukraine, das internationale Filmfestival “Molodist” (Jugend), fand traditionell jedes Jahr Ende Oktober in Kiew statt. Es ist ein einzigartiges Forum für Vertreter der Filmbranche aus dem In- und Ausland. Auf dem Festival wird dem Publikum jedes Jahr ein umfassendes und aktuelles Filmprogramm geboten. Das nächste 47. Festival findet aber erstmals vom 27. Mai bis zum 3. Juni 2018 statt.

Am 21. und 22. Oktober 2017 wird es lediglich eine zweitägige Veranstaltung mit der Bezeichnung “Prolog“ geben. In deren Rahmen wird es einen nationalen Wettbewerb unter ukrainischen Debüt-Kurzfilmen geben. Gezeigt werden soll die slowakisch-ukrainische Koproduktion “Grenze“ von Peter Bebyak. Ferner beinhaltet das Programm “Freiheit” sieben Filme zum Thema Freiheit und Toleranz. Eröffnet wird das Festival mit dem ukrainischen Film “Frieden in deinem Haus“ von Wolodymyr Lerta, der auf dem Werk “Tewje der Milchmann” von Scholem Alejchem basiert. (Facebook-Seite des Festivals).


Ukrainische Sportler gewinnen zehn Medaillen bei Sportgymnastik-WM

Wie das ukrainische Ministerium für Jugend und Sport berichtet, hat bei der Sportgymnastik-WM vom 14. bis 17. September in Paris Oleh Wernjajew Gold am Barren und zwei Mal Bronze an den Ringen und beim Sprung gewonnen. Petro Pachnjuk holte zwei Silbermedaillen: im Bodenturnen und am Barren. Auch Ihor Radiwilow gewann Silber im Sprung. Zwei Bronzemedaillen holte für die Ukraine Diana Warinska am Stufenbarren und im Bodenturnen.

Darüber hinaus gewannen die ukrainischen Junioren zwei Medaillen bei den Europameisterschaften im Judo. Silber gewann in der Gewichtsklasse 90 Kilogramm der ukrainische Sportler Nikita Matlaschewskyj. Oleh Owtscharenko gewann Bronze in der Gewichtsklasse 66 Kilogramm.