In den Gefängnissen, die sich in den vorübergehend besetzten Gebieten des Donbass befinden, sind gegenwärtig etwa 10.000 ukrainische Bürger in Haft, die dort bereits zum Zeitpunkt des Beginns der Kampfhandlungen auf Grundlage von Urteilen ukrainischer Gerichte eine Strafe verbüßten. Doch es gibt weder ein Register mit diesen Menschen noch ein Verfahren, wie sie in Gebiete verlegt werden können, die von der Ukraine kontrolliert werden. Menschenrechtler sehen daher die Notwendigkeit, einen Mechanismus zu schaffen, um die Probleme der Gefangenen zu lösen.
Verlegung in von Kiew kontrollierte Gebiete gefordert
Aus den besetzten Gebieten der Region Donezk war es gelungen, einige Gefangene in die von Kiew kontrollierten Gebiete zu verlegen. Doch mit einer Verlegung von Gefangenen aus den besetzten Gebieten der Region Luhansk befasst sich faktisch niemand. “Das untergräbt in den Augen jener Menschen die Glaubwürdigkeit des Staates. Bei deren Angehörigen – in gerade diesen Gebieten – sorgt dies für eine gewisse Unzufriedenheit”, sagte auf einer Pressekonferenz im Ukraine Crisis Media Center der Rechtsanwalt Serhij Starenkyj. Er war im Jahr 2014 Chef des ukrainischen Strafvollzugsdienstes.
Pawlo Lysjanskyj, Leiter der “Menschenrechtsgruppe Ost” (east.hr.group) sagte, die Haftbedingungen jenseits der Trennlinie seien viel schlimmer als in den von der ukrainischen Regierung kontrollierten Gebieten. Erstens sei dies ein Kampfgebiet mit entsprechenden Risiken und zweitens würden die Gefangenen keinen Lohn für ihre Arbeit erhalten. Die sogenannten “Volksrepubliken Donezk und Luhansk” würden die Gefangenen als Arbeitskräfte für eigene Ziele ausnutzen.
Serhij Starenkyj fügte hinzu, oft würden die Gefangenen gezwungen, gegen ihren Willen die sogenannte “Staatsbürgerschaft der Republiken“ anzunehmen. Außerdem würden Urteile gegen Gefangene entsprechend der russischen Gesetzgebung einfach geändert.
Diejenigen, die ihre Strafe bereits verbüßt haben, können nicht einfach in die von Kiew kontrollierten Gebiete fahren. “Sie bekommen Papiere über ihre Haftentlassung im Namen der sogenannten ‘Volksrepubliken Donezk und Luhansk’ ausgestellt, die von den Justizbehörden der Ukraine nicht anerkannt werden”, sagte Serhij Starenkyj. Wenn dann eine betreffende Person aus den besetzten Gebieten in die von Kiew kontrollierten Gebiete kommt, wird sie wieder festgenommen und kommt in Untersuchungshaft oder in ein Gefängnis. “Dort muss sie auf einen neuen Entscheid warten, der dann im Namen der Ukraine ausgestellt wird”, so der Rechtsanwalt. Die Hälfte der Betroffenen würde nicht einmal versuchen, die besetzten Gebiete zu verlassen, denn sie würden wissen, dass sie erneut verhaftet würden.
Wege zur Lösung des Problems
Um das Problem zu lösen, muss ein Register der Personen erstellt werden, die ihre Haft in Gebieten verbüßen, die nicht von der Ukraine kontrolliert werden. “Ein Register würde helfen, eine umfassende Verlegung dieser Menschen in von Kiew kontrollierte Gefängnisse gesetzlich und rechtlich zu regeln”, sagte Starenkyj. Er betonte, die Menschenrechtler würden mit dem Justizministerium, der Generalstaatsanwaltschaft, mit dem für die besetzten Gebiete zuständigen Ministerium, mit der Polizei sowie mit dem Sicherheitsdienst der Ukraine (SBU) in Kontakt stehen, um an einer Lösung des Problems zu arbeiten. Der Menschenrechtler Pawlo Lysjanskyj fügte hinzu, es wäre auch wichtig, internationale Organisationen zur Lösung des Problems hinzuzuziehen, die Zugang zu den Gebieten hätten, die nicht unter Kontrolle der Ukraine seien.