Die Lage im Kampfgebiet im Osten der Ukraine
Letzte Woche haben die russischen Besatzungstruppen mit Waffen von Schützenpanzern, Granatwerfern, großkalibrigen Maschinengewehren und Kleinwaffen geschossen. Außerdem feuerte der Feind mit 82-mm-Mörsern auf die Stellungen der ukrainischen Vereinten Kräfte in der Nähe der Ortschaften Awdijiwka, Pisky, Lomakyne und Luhanske. Die Verteidigungspunkte der ukrainischen Truppen bei Luhanske wurden darüber hinaus mit 120-mm-Mörsern beschossen.
Am 2. November wurde eine weitere Provokation in der Entflechtungszone bei Stanyzja Luhanska registriert. Die Besatzer schossen mit Granatwerfern, großkalibrigen Maschinengewehren und Handfeuerwaffen gezielt auf die Stellungen der ukrainischen Kräfte, womit sie erneut gegen die Umsetzung der Beschlüsse der Trilateralen Kontaktgruppe zur Entflechtung der Kräfte verstießen.
Aktivistin Kateryna Handsjuk gestorben
Die Beraterin des Bürgermeisters der südukrainischen Stadt Cherson, Kateryna Handsjuk, die am 31. Juli 2018 am Eingang ihres Hauses mit Schwefelsäure übergossen wurde, ist gestorben. Mehr als drei Monate ring sie mit dem Tod. Bei dem Überfall wurden 35 Prozent ihrer Haut verätzt. Innerhalb von 50 Tagen wurde sie elf Mal operiert. Todesursache soll nun ein Blutgerinnsel gewesen sein.
Wer war die Aktivistin?Kateryna Handsjuk war seit ihrem 18. Lebensjahr in der Politik aktiv. Sie nahm an der Orange Revolution von 2005 teil und wurde danach für das Regionalparlament von Cherson tätig. 2012 war sie als Freiwillige für das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) aktiv. Sie war Mitbegründerin der ukrainischen “Agentur für Bürger-Journalismus ‘MOST'”, dem einzigen Medium in Cherson, das über die Ausgaben öffentlicher Mittel schrieb und so das öffentliche Auftragswesen überwachte. Handsjuk war auch Aktivistin des Euromaidan 2013/2014 in Cherson und half nach dem Beginn des Krieges im Donbass ankommenden Binnenflüchtlingen. Gleichzeitig war sie für das Büro des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen in der Region Cherson tätig. In all diesen Jahren bekämpfte sie die prorussischen Kräfte in der Region. Handsjuk setzte sich auch gegen Behördenwillkür ein. So beschuldigte sie Artem Antoschtschuk, den Leiter der Abteilung für den Schutz der Wirtschaft in der Region Cherson bei der Nationalen Polizei, der Korruption und Erpressung. Der Aktivistin gelang es, seinen Rücktritt zu erreichen.
Ermittlungen und offene Fragen. Nach dem Überfall auf Kateryna Handsjuk forderten Aktivisten und Politiker, der Sicherheitsdienst der Ukraine (SBU) müsse sich dem Fall annehmen. Doch er wurde von der örtlichen Polizei übernommen. Diese teilte umgehend mit, der Täter sei festgenommen. Es handele sich um Mykola Nowikow. Doch Aktivisten fanden heraus, dass er ein Alibi hat und sich am Tag des Überfalls auf Handsjuk an einem anderen Ort befand. Das Opfer selbst sagte, Nowikow habe mit der Tat nichts zu tun.
Später wurde unter dem Druck von Aktivisten Viktor Horbunow festgenommen. Er steht im Verdacht, die Säure beschafft zu haben. Später wurden noch Wolodymyr Wasjanowytsch, Serhij Torbin, Wjatscheslaw Wyschnewskyj und Nikita Grabtschuk festgenommen. Am 22. August bestätigte der Chef der Nationalen Polizei, Serhij Knjasew, die Festnahme von sechs Verdächtigen. Sie alle wären an der Anti-Terror-Operation (ATO) im Donbass beteiligt gewesen. Torbin wird vorgeworfen, die Tat organisiert zu haben. Informationen über seine Auftraggeber werden aber geheim gehalten. Derzeit sitzen vier der Verdächtigen in Untersuchungshaft. Wyschnewskyj steht rund um die Uhr unter Hausarrest.
Der Parlamentsabgeordnete der Partei “Vaterland”, Ihor Luzenko, erklärte: “Der Überfall auf die Aktivistin hat landesweit Empörung ausgelöst. Es gab mehrere Demos und eine Kampagne im Internet. Aufgrund der heftigen Reaktion der Öffentlichkeit sowie der offiziellen ‘Besorgnis’ der US-Botschaft begannen die Behörden, Ermittlungen vorzutäuschen. Zuerst nahmen sie einen Verdächtigen fest und erklärten ihn zum Täter, der aber von Handsjuk als solcher nicht identifiziert wurde. Dann wurden andere verhaftet. Die Beweise gegen sie sind überzeugender. Man kann davon ausgehen, dass sie die Vollstrecker sind. Jedoch ist bisher nichts über die Auftraggeber und deren Motive bekannt. Gerade das betonen die Aktivisten immer wieder.”
Reaktion des Präsidenten und der Behörden:Petro Poroschenko forderte die Behörden auf, die Verantwortlichen für den Tod der Aktivistin ausfindig zu machen. Die Behörden ermitteln im Fall Handsjuk nun wegen “vorsätzlichen Mordes, der von einer Gruppe von Personen aus Habsucht mit besonderer Grausamkeit verübt wurde”. Wjatscheslaw Abroskin, der erste stellvertretende Leiter der Nationalen Polizei, sagte, man werde den Auftraggeber des Verbrechens definitiv ausfindig machen.
Reaktion der EU. Der EU-Kommissar für Europäische Nachbarschaftspolitik und Erweiterungsverhandlungen, Johannes Hahn, mahnte an, die Täter, die Kateryna Handsjuk überfallen hätten, müssten vor Gericht gestellt werden.
Aktion “Sie wurde getötet”. Unterdessen sind inden Städten Kiew, Lwiw, Charkiw, Odessa, Chmelnyzkyj und Schytomyr Mahnwachen angekündigt. Aktivisten fordern die Öffentlichkeit auf, die Ermittler unter Druck zu setzen, damit die Auftraggeber der Tat genannt werden.
Mehr dazu: Schweigen tötet: Was bedeuten die Überfälle auf Aktivisten in der Ukraine?
Angela Merkels Besuch in der Ukraine: Was hat Präsident Poroschenko gesagt?
Am 1. November kam die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel zu einem Besuch nach Kiew. Das war ihr zweiter in der Ukraine in den letzten vier Jahren. Der vorige fand im August 2014 statt. Merkel ist Teilnehmerin der internationalen Gesprächen zur Regelung der Lage im besetzten Donbass. In Kiew traf sie den Präsidenten Petro Poroschenko sowie Vertreter der ukrainischen Regierung und des Parlaments. Merkel und Poroschenko gaben eine Pressekonferenz und beantworteten Fragen von Journalisten.
Was wurde besprochen? Präsident Poroschenko sagte, er habe mit der Bundeskanzlerin die Lage im Donbass und auf der Krim sowie im Bereich der Menschenrechte erörtert. “Das führende Thema unserer Verhandlungen mit der Kanzlerin war die Beendigung der russischen Aggression. Wir haben die Bemühungen bezüglich der Verurteilung der Fake-Wahlen im Donbass koordiniert. Sie werden keine rechtlichen Konsequenzen haben”, sagte Poroschenko. Merkel betonte auch, dass die Wahlen in den besetzten Gebieten des Donbass, die die Rebellen am 11. November abhalten wollen, den Vereinbarungen von Minsk widersprechen würden. Sie betonte, dass Deutschland einen “Aktionsplan” für die Ukraine habe.
Politische Gefangene. Poroschenko sagte, dass Merkel und er “eine absolut klare Position zum Ausdruck gebracht haben, was die große Bedeutung einer Freilassung der ukrainischen politischen Gefangenen angeht, die unrechtmäßig in Russland und auf der Krim festgehalten werden, aber auch bezüglich der illegal festgehaltenen Geiseln im besetzten Donbass”.
Eskalation im Asowschen Meer. LautPoroschenko war die drohende Eskalation der Lage im Asowschen Meer und in der Meerenge von Kertsch ein weiteres Thema der Gespräche. Er betonte: “Ich haben mich bei Deutschland und Frankreich für die Entscheidung bedankt, sich der Resolution der Vereinten Nationen und des UN-Sicherheitsrat bezüglich der Krim und des Asowschen Meeres anzuschließen.”
Behandlung von Soldaten.Poroschenko betonte nach Abschluss der Gespräche mit der deutschen Bundeskanzlerin: “Ich habe mich für Merkels Unterstützung bei der Behandlung und Rehabilitation ukrainischer Soldaten in Krankenhäusern der deutschen Bundeswehr bedankt.”
Investitionen und Finanzen. Thema der Gespräche waren Poroschenko zufolge auch Möglichkeiten zur weiteren Förderung deutscher Investitionen in die ukrainische Wirtschaft. Das Staatsoberhaupt machte darauf aufmerksam, dass Deutschland mit bisher 1,7 Milliarden Euro ein führender Investor in der Ukraine sei. Dadurch seien 10.000 Arbeitsplätze entstanden.
Poroschenko begrüßte die Unterzeichnung eines Abkommens über die Eröffnung von lokalen Büros der Deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) und der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) in der Ukraine. Damit werde eine Rechtsgrundlage zur Ausweitung der finanziellen und technischen Hilfe für die Ukraine in wichtigen Bereichen geschaffen.
Der ukrainische Präsident erinnerte daran, dass die deutsche Regierung beschlossen hat, der Ukraine einen Kredit in Höhe von 500 Millionen Euro zur Förderung der ukrainischen Wirtschaft zu gewähren. Poroschenko sagte, dass ein Teil dieser Mittel in den Bau einer Autobahn zwischen den Städten Saporischschja und Mariupol fließen soll.
Was wird aus dem Minsk-Prozess ohne Merkel? Auf die Frage eines Journalisten, ob der Minsk-Prozess scheitern könnte, wenn Angela Merkel ihr Amt verlässt, gab Poroschenko keine klare Antwort: “Ich denke, dass es uns gelingen wird, die Umsetzung der Minsker Vereinbarungen zu gewährleisten, darunter auch im Normandie-Format unter Mitwirkung unseres Freundes, von Präsident Macron. Kurt Volker (US-Sonderbeauftragter für die Ukraine – Anmerkung der Redaktion) arbeitet bei uns effektiv als Vertreter der USA. Heute spüren wir die Unterstützung der ganzen Welt”, so Poroschenko.
Vertrag zwischen Kiew und Konstantinopel
Präsident Petro Poroschenko und der Ökumenische Patriarch Bartholomäus I von Konstantinopel haben einen Vertrag über “Zusammenarbeit und Interaktion zwischen der Ukraine und dem Ökumenischen Patriarchat von Konstantinopel” unterzeichnet. “Der Vertrag, den wir heute unterzeichnet haben, bietet alle Voraussetzungen zur Vorbereitung der Einberufung eines Konzils mit dem Ziel, den Tomos (Erlass über die Autokephalie der Kirche – Anmerkung der Redaktion) in eine strikte Übereinstimmung mit den Kanones der orthodoxen Kirche zu bringen. Ich gratuliere Ihnen allen zur Unterzeichnung dieses Vertrags. Ich möchte betonen, dass der 3. November ein historischer Tag für die Gründung der Ukrainischen Autokephalen Orthodoxen Kirche ist”, sagte Petro Poroschenko.
Er fügte hinzu: “Ich fordere die Ukrainer auf, für Frieden zu beten, für die Einheit der ukrainischen Kirche, damit der Herr keine Provokationen zulässt, die von unseren Feinden angestrebt werden, dass kein Blutvergießen zugelassen wird. Wir werden unser Möglichstes tun, um den Prozess der Übergabe des Tomos an die Ukrainische Kirche durch Seine Allheiligkeit, den Patriarchen Bartholomäus, so schnell wie möglich zum Abschluss zu bringen”, sagte das Staatsoberhaupt.
Auch der Ökumenische Patriarch Bartholomäus sprach von einem wichtigen historischen Moment für die bilateralen Beziehungen und für die Orthodoxie insgesamt. “Wir haben gerade den Kooperationsvertrag zwischen dem Ökumenischen Patriarchat und der Ukraine unterzeichnet. Dieser Vertrag wird dazu beitragen, die Verleihung der Autokephalie für die Orthodoxe Kirche in der Ukraine zu beschleunigen”, sagte Patriarch Bartholomäus. Seine Allheiligkeit betonte ferner: “Dieses Recht auf eine autokephale Kirche und dieser Wunsch, den Sie seit vielen Jahren gehegt haben, wird in diesen Tagen wahr.” Genau wie andere Nationen des Balkans, die eine Autokephalie von der Mutterkirche erhielten, habe auch die Ukraine dieses Recht. “Es ist ein ausschließliches Recht der Mutterkirche, eine Autokephalie zu gewähren, wenn sie dies für zweckmäßig hält, wenn alle Bedingungen für diesen Prozess erfüllt sind”, unterstrich der Ökumenische Patriarch.
Er dankte dem ukrainischen Präsidenten und der ukrainischen Delegation für den Besuch und auch für die Entscheidung, die Sankt-Andreas-Kirche in Kiew dem Ökumenischen Patriarchat für eine ständige Vertretung der Mutterkirche in der Hauptstadt der Ukraine zu übergeben. “Ich bete zum Herrn, dass ich in naher Zukunft wieder Ihr schönes und gastfreundliches Land besuchen werde”, sagte Seine Allheiligkeit.
Der ukrainische Außenminister Pawlo Klimkin erklärte in diesem Zusammenhang, dass der “Exodus der Ukrainischen Orthodoxen Kirche aus der russischen Orthodoxie hin zur Weltorthodoxie”auch für die Weltkirchengemeinschaft und sogar selbst für die Russische Kirche positive Auswirkungen haben werde.
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Kultur: Film über eine Veteranin des Kriegs im Donbass erhält Preis in Leipzig
Der ukrainische Dokumentarfilm “No Obvious Signs” der Regisseurin Alina Gorlova ist beim Internationalen Festival für Dokumentar- und Animationsfilm DOK Leipzig als herausragender osteuropäischer Dokumentarfilm mit dem MDR-Film-Preis ausgezeichnet worden. In dem Film geht es um die Geschichte einer Frau, die in der Ostukraine die Schrecken des Krieges aus unmittelbarer Nähe erleben musste und seither unter posttraumatischen Belastungsstörungen leidet. “Der Film vermittelt jenseits von Pathos, Patriotismus und Propaganda eindrücklich, was Krieg ganz existenziell und eigentlich für jeden Menschen bedeutet, der hineingerät”, heißt es auf der Webseite des Leipziger Festivals. Produzentin des Streifens ist Maria Berlinska, die als Freiwillige und Verteidigerin für Frauenrechte in der Armee bekannt geworden ist. Der Film wurde im März 2018 beim ukrainischen Festival DocuDaysUA vorgestellt, wo er vier Auszeichnungen erhielt. (Trailer des Films)