Die höchste Staatsführung der Ukraine leidet unter COVID-19

Die Coronavirus-Epidemie in der Ukraine weitet sich aus. Die Zahl der täglichen Infektionen nähert sich 12.000 und Ärzte berichten von einer angespannten Lage, was freie Betten in Krankenhäusern angeht. Die Regierung hat nun landesweit eine “Wochenend-Quarantäne” verhängt. Inzwischen ist auch die höchste Staatsführung des Landes, darunter Präsident Wolodymyr Selenskyj, von dem Virus betroffen. 

Präsident und Leiter seines Büros erkrankt. Am 9. November haben Präsident Selenskyj und der Leiter seines Büros, Andrij Jermak, ein positives Corona-Testergebnis erhalten. Das meldete der Pressedienst des Präsidenten auf Telegram. “Leider hat der Präsident der Ukraine, Wolodymyr Selenskyj, ein positives Testergebnis auf die Coronavirus-Infektion COVID-19 erhalten. Das Staatsoberhaupt fühlt sich gut und wird seine Aufgaben weiterhin unter Einhaltung der Distanz aus der Selbstisolation heraus erfüllen. Er wird immer über die notwendigen Kommunikationsmittel verfügen”, heißt es in der Meldung.

Selenskyj selbst schrieb im sozialen Netzwerk: “Es gibt keine Glückspilze auf dieser Welt, für die #COVID19 keine Gefahr darstellt. Trotz aller Quarantänemaßnahmen habe auch ich ein positives Testergebnis bekommen. Ich habe 37,5 Grad und ich wünsche allen 36,6! Ich fühle mich jedoch gut. Ich verspreche, mich zu isolieren und weiter zu arbeiten. Die meisten überwinden COVID19. Und auch ich werde das schaffen. Alles wird gut!”

Am selben Tag gab der Leiter des Präsidentenbüros, Andrij Jermak, bekannt, dass auch er sich mit dem Coronavirus infiziert habe. Er teilte dies auf Facebook mit. Er schrieb: “Am Ende des Tages habe ich allzu ‘positive’ Nachrichten bekommen: Ich habe einen positiven Coronavirus-Test, aber mir geht es gut. Für diese Woche ist ein Video-Treffen der Berater der Staats- und Regierungschefs des Normandie-Formats geplant. Dies ist eine meiner wichtigsten Prioritäten, daher bleibt überhaupt keine Zeit, krank zu sein. Ich werde mich zwar in Selbstisolation befinden, aber ich plane, auf die übliche Weise zu arbeiten, ohne das Tempo zu verlangsamen. Wenn die Gespräche diese Woche nicht stattfinden, wird es definitiv nicht meine Schuld sein. Freunde, ich fordere alle auf: Erlaubt Euch keine Nachlässigkeit was die Quarantäne-Regeln betrifft.”

Später wurde bekannt, dass Selensky und Jermak im staatlichen Krankenhaus “Feofania” behandelt werden. Ebenfalls am 9. November wurde bekannt, dass Finanzminister Serhij Martschenko sich mit dem Coronavirus infiziert hat.

Coronavirus im Parlament. Am 11. November erhielt Parlamentspräsident Dmytro Rasumkow ebenfalls einen positiven Coronatest. Er schrieb auf Facebook: “Jeder von uns hat das Risiko, sich mit dem Coronavirus zu infizieren. Heute hat die Krankheit meine Familie eingeholt, ich habe ein positives Testergebnis erhalten. Mir geht es gut, ich hoffe, es wird auch weiterhin so bleiben.” Er sagte, er würde sich in Isolation befinden und aus der Distanz heraus arbeiten.

Einen Tag später, am 12. November, erkrankte auch der erste stellvertretende Parlamentspräsident Ruslan Stefantschuk an COVID-19. Das teilte er auf Facebook mit. “An die positive Stimmung ist ein positiver Test getreten. Weder die Maske, die ich seit März praktisch nicht mehr abgenommen habe, noch die Handschuhe oder die Desinfektionsmittel haben mich bewahrt. Wahrscheinlich muss man diese Prüfung durchmachen. Deshalb bin ich gezwungen, vorübergehend zu pausieren.”

Insgesamt haben sich während der Coronavirus-Pandemie im Parlament 75 Abgeordnete, also jeder sechste infiziert. Nach Angaben der Zeitung ZN.UA gibt es im Sekretariat des Parlaments derzeit 14 aktive Fälle.

Bisher waren an dem Coronavirus auch die First Lady Olena Selenska, die Vorsitzende der Partei “Vaterland”, Julia Tymoschenko, der Abgeordnete Wadym Nowinskyj und der frühere ukrainische Präsident Petro Poroschenko erkrankt.

Die allgemeine Situation im Land. Insgesamt hat sich die Situation rund um die Ausbreitung des Coronavirus in der Ukraine in den letzten Wochen verschlechtert. Binnen 24 Stunden wurden am 12. November in der Ukraine 11.057 Infektionsfälle festgestellt. 198 Patienten sind verstorben, 6235 wurden als genesen gemeldet. Seit Beginn der Pandemie sind in der Ukraine 500.865 Menschen erkrankt, von denen 227.694 sich wieder erholt haben. 9145  sind verstorben.

Wochenend-Quarantäne. Die Ukraine will derzeit keinen so harten Lockdown wie im Frühjahr verhängen. Unterdessen hat die Regierung am 11. November, eine Wochenend-Quarantäne beschlossen. Restaurants, Bars, Cafés, Einkaufszentren und Kinos dürfen am Wochenende nicht mehr öffnen. Diese Entscheidung wurde auf einer Kabinettssitzung am Mittwoch getroffen. Schönheitssalons, Fitnessstudios und Schwimmbäder müssen ebenfalls schließen, wie auch Kultureinrichtungen.

Die Quarantäne beginnt an diesem Wochenende, dem 14. November. Für mindestens drei aufeinanderfolgende Wochenenden sind Einschränkungen erforderlich, erklärte Gesundheitsminister Maxym Stepanow. Die Quarantäne soll vorläufig bis zum 30. November gelten.

Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte zuvor erklärt, eine solche Quarantäne könnte mehrere Wochen dauern. Ihm zufolge kann dies helfen, einen harten Lockdown zu vermeiden.

Proteste lokaler Regierungen. Gleichzeitig weigern sich einige Städte, die Regierungsentscheidungen einzuhalten, darunter die Städte Riwne, Odessa, Lwiw und andere. Zum Beispiel erklärte der Bürgermeister von Lwiw, Andrij Sadowyj, dass der Stadtrat gegen die von der Regierung beschlossene Wochenend-Quarantäne vor Gericht Berufung einlegen werde. Ihm zufolge entfallen auf die Wochenenden bei der Gastronomie etwa 40% der wöchentlichen Einnahmen. Die Beschränkungen würden das Geschäft zerstören, weil der Staat die Unternehmer nicht mit Geld entschädigen würde.

Der Bürgermeister von Tscherkassy, ​​Anatolij Bondarenko, hält die Quarantäne am Wochenende in Kleinstädten für unangemessen. Er erklärte: “Ich bin bereit, Regierungsentscheidungen zu unterstützen, aber nur, wenn die Stadt vom Staat unterstützt wird. Aber wir sehen jetzt eine andere Situation.” Er fügte hinzu, dass die Menschen sich an Wochenenden in Tscherkassy meistens an der frischen Luft erholen würden. In großen Supermärkten bestehe ein höheres Infektionsrisiko als in kleinen Geschäften.

Einschränkungen auch unter der Woche. Landesweit sind Sport- und religiöse Veranstaltungen mit mehr als 20 Personen verboten. Kinos und Theater dürfen nur 50% ihrer Plätze belegen. In Bussen und Kleinbussen dürfen nur noch Sitzplätze vergeben werden. Discos, Unterhaltungseinrichtungen und Nachtclubs müssen ganz schließen. Wochentags gelten weiterhin Einschränkungen für Cafés, Restaurants und Bars zwischen 22.00 und 07.00 Uhr. Außerdem muss in Restaurants der Abstand zwischen den Tischen mindestens zwei Meter betragen und höchstens vier Personen dürfen an einem Tisch sitzen. Der Zutritt ist nur mit einer Maske erlaubt. Einschränkungen an Wochentagen gibt es auch für Fitnessstudios und Fitnesscenter, wo sich nicht mehr als eine Person pro 20 Quadratmeter aufhalten darf.