Tag 104 des Kriegs: Cholera-Gefahr in Mariupol, Beschuss von Charkiw, EU lockert Russland-Sanktionen

Beschuss von Charkiw. Russische Truppen haben am 7. Juni Wohnbezirke von Charkiw beschossen. Das meldet Bürgermeister Ihor Terechow. “Leider ist eine Person ums Leben gekommen. Bisher haben wir Informationen über drei Verwundete”, sagte er im Fernsehen.

Cholera-Gefahr im besetzten Mariupol. Seit Wochen warnt der Stadtrat von Mariupol, der über Informationsquellen in der besetzten Stadt verfügt, vor Infektionskrankheiten. Diese könnten sich wegen ungenügenden hygienischen Bedingungen während des Frühlings und Sommers aufgrund von Hitze im zerstörten Mariupol schnell ausbreiten. Am 6. Juni teilten Vertreter der Stadt auf Telegram mit, dass “Zehntausende von Todesfällen durch eine Cholera-Epidemie leider ein reales Szenario für das besetzte Mariupol sind”.

Der Berater des Bürgermeisters von Mariupol, Petro Andrjuschtschenko, sagte im Fernsehen, dass die russischen Besatzer bereits damit beginnen würden, über die Stadt eine Quarantäne zu verhängen, vermutlich wegen erster Hinweise auf eine Ausbreitung der Cholera. “Es liegen Informationen vor, wonach die russische Seite in Rostow am Don bereits separate Abteilungen vorbereitet, wo sie ihre eigenen von einer Epidemie betroffene Soldaten aufnehmen werden. Und das Wort Cholera hört man in der Stadt, bei den Besatzern und deren Kuratoren”, sagte er.

Laut dem Stadtrat von Mariupol könnten Anfang Juni mehrere Faktoren in Mariupol zu einem “explosiven” Cholera-Ausbruch führen: Die zentrale Wasserversorgung und Kanalisation, aber auch die Müllabfuhr funktionieren nicht. Die Stadt erstickt an Müll- und Abwasser, das mit tödlichen Giften das Meer und die Gewässer verschmutzt. Außerdem beschleunigt Hitze die Verwesung tausender Leichen, die unter den Trümmern liegen. Zudem fehlt es in der Stadt an ausreichender medizinischer Versorgung und Medikamenten, da die medizinischen Einrichtungen zerstört sind und wertvolle Ausrüstung geraubt wurde. Außerdem haben viele Ärzte die Stadt verlassen.

Die ukrainischen Behörden betonen, dass nur humanitäre Evakuierungs-Korridore und eine internationale humanitäre Mission die Einwohner der Stadt retten könnten. Doch Russland, so Andrjuschtschenko, habe die zynischste Option zur Bekämpfung einer Epidemie gewählt und schließt die Menschen in Mariupol einfach ein. “Die Besatzer haben beschlossen, alles so zu belassen, wie es ist. Wer überlebt, der überlebt”, so der Berater des Bürgermeisters von Mariupol.

Derzeit gibt es in Mariupol noch etwa 100.000 bis 120.000 Einwohner, die versuchen, in der Stadt zu überleben. Die Bevölkerung der Stadt ist seit Beginn der russischen Invasion stark zurückgegangen: 200.000 Menschen haben sich in von Kyjiw kontrollierte Gebiete der Ukraine gerettet, 50.000 bis 70.000 befinden sich in Ortschaften in den von Russland besetzten Gebieten der Ost- und Südukraine, 47.000 wurden gezwungen, nach Russland und Belarus zu fahren und über 22.000 Einwohner von Mariupol wurden von russischen Truppen getötet.

Warum hat die EU die Sanktionen gegen Russland gelockert? Mychailo Podoljak, Berater des Leiters des Präsidialamts der Ukraine, hat auf Twitter angedeutet, dass die Ukraine eine Erläuterung wünsche, warum in der offiziellen Erklärung der EU zu den neuen Russland-Sanktionen das Verbot von Cloud-Diensten für Russland verschwunden ist. “Der Sanktionsdruck sollte verstärkt, nicht geschwächt werden”, betont Podoljak.

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