Lage im Donbass unruhig, Tag des Widerstands gegen russische Besatzung, Proteste nach Urteil gegen Aktivisten und weitere Themen

Die Lage im Kampfgebiet im Osten der Ukraine 

In den letzten Tagen haben die Besatzer und ihre Söldner im Donbass den Beschuss von Stellungen der ukrainischen Streitkräfte, den Beschuss von Siedlungen an der Trennlinie und die Blockade humanitärer Konvois verstärkt. Während des Tages am 28. Februar verstießen die prorussischen Rebellen im Donbass sieben Mal gegen den Waffenstillstand und töteten einen ukrainischen Soldaten. Dies geht aus dem Morgenbericht des Pressezentrums der ukrainischen Vereinten Kräfte hervor. Insbesondere gerieten die Stellungen der Streitkräfte in der Nähe von Pyschtschewyka unter feindlichen Beschuss. Dort wurde ein ukrainischer Verteidiger tödlich verwundet.

Politischer Druck wegen Sanktionen gegen Medwedtschuk. Die ukrainische Seite in der Trilateralen Kontaktgruppe zur Regelung der Lage im Donbass hat erklärt, dass die jüngsten Aktionen der Besatzungstruppen das Bestreben ihrer Anführer deutlich machen würden, die Situation an der Front künstlich zu erschweren und dies für politische Spekulationen auszunutzen.

Die Tatsache, dass die von Russland unterstützten Rebellen im Donbass aktiver geworden sind, hänge mit den Sanktionen gegen Viktor Medwedtschuk und seine Fernsehkanäle zusammen. Dies erklärte der Leiter der ukrainischen Delegation bei der Trilateralen Kontaktgruppe, der ehemalige ukrainische Präsident Leonid Krawtschuk in einem Interview für die DW. Medwedtschuk gilt als enger Freund des russischen Staatschefs Wladmir Putin, der Patenonkelt von Medwedtschuks Tochter ist. 

Krawtschuk sprach nicht von einer Eskalation des Konflikts im Donbass, räumte jedoch ein, dass es eine Zuspitzung gibt. “Ich denke, das liegt daran, dass die Ukraine aktiv geworden ist, dass Selenskyj Sanktionen gegen prorussische TV-Kanäle wegen ihrer Propaganda und Sanktionen gegen Medwedtschuk verhängt hat. Das heißt, sie spüren, dass die Ukraine von Worten zu Taten übergeht. Es kommt hinzu, wie Europa Russlands Vorgehen, die Situation um Nord Stream 2, die Reden von Biden und seinem Team beurteilt. Ihnen wurde klar, dass die Situation nicht zu ihren Gunsten ist”, so Krawtschuk.

Russische Scharfschützen im Donbass. Ungefähr 50 Scharfschützen der Russischen Föderation sind ständig in Donbass. Zu dem Ergebnis kommt der ukrainische Geheimdienst. Demnach nutze Russland das Territorium der Ukraine als Testgelände für neueste Scharfschützenwaffen. Die Aufklärung des ukrainischen Verteidigungsministeriums erklärte, dass seit 2016 regelmäßig Scharfschützen im ersten und zweiten Armeekorps der sogenannten “Volksrepubliken Donezk und Luhansk” auftauchen würden. Diese Einheiten würden von Ausbildern aus Russland geschult. Nach Angaben des Ministeriums beträgt die derzeitige Stärke solcher Einheiten etwa 450 militärische Scharfschützen.

“Außerdem sind Gruppen von Scharfschützen der russischen Streitkräfte, des FSB und anderer Machtorgane in der Ukraine inzwischen sehr aktiv. Dies sind etwa 50 Personen, die ständig auf unserem Territorium sind, um die wichtigsten Aufgaben zu erledigen und darüber hinaus Erfahrung im Einsatz von Scharfschützenwaffen in modernen Konflikten zu sammeln”, sagte Wadym Skibizkyj vom ukrainischen Verteidigungsministerium.


Krim: Tag des Widerstands gegen die russische Besatzung 

Am 26. Februar begeht die Ukraine den Tag des Widerstands gegen die russische Besatzung der Halbinsel Krim. An diesem Tag im Jahr 2014 fand vor dem Gebäude des Parlaments der Krim eine Kundgebung zur Unterstützung der territorialen Integrität der Ukraine statt. Den Demonstranten stellten sich damals prorussische Aktivisten entgegen, darunter von der Partei “Russische Einheit”. Zwischen den Parteien kam es zu Zusammenstößen.

Am 26. Februar 2021 erließ der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj per Dekret die Einrichtung eines Organisationskomitees, dass den Gründungsgipfel der Krim-Plattform in der Ukraine vorbereiten soll. Dem Dokument zufolge wurde Außenminister Dmytro Kuleba zum Vorsitzenden des Komitees ernannt. Sein Stellvertreter wird der stellvertretende Leiter des Büros des Präsidenten, Ihor Schowkwa, sein.

Selenskyj wies zudem das Außenministerium an, die Teilnahme der Ukraine an der Arbeit der Krim-Plattform zu koordinieren. Der Sekretär des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrates, Oleksandr Danilow, soll unterdessen ein Strategiepapier zur De-Okkupation und Wiedereingliederung der vorübergehend besetzten Krim und der Stadt Sewastopol erarbeiten.

Der erste Gipfel der Krim-Plattform ist für den 23. August 2021 geplant. Der Anführer der Krimtataren, Mustafa Dschemilew, sagte, es gebe gute Gründe, von einer Teilnahme von US-Präsident Joe Biden an dem internationalen Gipfel auszugehen.


Der Fall Sternenko: Aktivist in Odessa zu sieben Jahren Haft verurteilt

Am 23. Februar wurde der Aktivist und Blogger Serhij Sternenko aus Odessa zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt. Das Urteil löste in der Ukraine eine heftige Diskussion sowie eine Welle von Protesten aus, auch vor dem Präsidialamt in Kiew.

Wer ist Serhij Sternenko? Der 25-Jährige ist ausgebildeter Anwalt. Im Alter von 18 Jahren gehörte er zu den Anführern des Euromaidan und des “Rechten Sektors” in Odessa. Er war aktiver Teilnehmer an den Ereignissen von 2014 in Odessa. Gegen Serhij Sternenko wurden mehrere Verfahren eingeleitet, unter anderem wird ihm die “Entführung von Schtscherbytsch” vorgeworfen. Zudem soll er die Grenzen der Selbstverteidigung überschritten haben, was zum Tod eines Menschen geführt hatte. Im Mai 2018 wurde Sternenko (zum dritten Mal) in der Nähe seines Hauses in Odessa überfallen. Er konnte sich wehren und verletzte mit einem Messer einen der Angreifer, Iwan Kusnezow, der später verstarb.

Serhij Sternenko besteht darauf, er habe sein eigenes Leben retten und niemanden töten wollen. Er habe nur diejenigen festsetzen wollen, die ihn angegriffen hätten. Gleichzeitig kritisierte er, dass der Angriff auf ihn von den Behörden nicht untersucht würde. Die Generalstaatsanwältin der Ukraine, Iryna Wenediktowa, habe der Polizei die Fälle zur Untersuchung vorgelegt, in denen es Hinweise auf eine Beteiligung der Polizei an dem Überfall auf ihn gebe. “Also denjenigen, die selbst an diesen Verbrechen beteiligt waren”, erklärte Sternenko.

Er selbst wurde in diesem Fall im Sommer 2020 von einem Gericht unter Hausarrest gestellt. Anfang 2021 wurde diese Vorsichtsmaßnahme jedoch aufgehoben und Sternenko wurde gegen eine vom Abgeordneten der Partei “Holos” (Stimme) Roman Losinskyj gezahlte Kaution auf freien Fuß gesetzt.

Was wird ihm vorgeworfen? Das Urteil gegen Sternenkos betrifft die Entführung und Folter des Leiters des Ortsverbandes der prorussischen Partei “Rodina” in Odessa, Serhij Schtscherbytsch, im April 2015. Der Anklageschrift zufolge wurde Schtscherbytsch wenige Tage vor Erhalt eines Abgeordnetenmandats in einem der Bezirksräte der Region Odessa zu einem Treffen eingeladen und von dort mit einem Sack über dem Kopf in unbekannte Richtung weggebracht, dann geschlagen und zum Rücktritt von seinem Mandat aufgefordert.

Was sagen Sternenkos Anwälte? Während eines Briefings im Ukraine Crisis Media Center (UCMC) zum Fall Sternenko erklärten die Anwälte, es gebe Lücken in der Untersuchung und Fehler im Urteil. “In diesem Fall wurden weder die Autos noch die Orte identifiziert, an die sie gefahren waren. Am Tatort wurden keine Spuren für ein Verbrechen gefunden. (…) Das Urteil erwähnt zwei Angeklagte, beschreibt jedoch nicht ihre Rolle. Es ist unklar, warum das Gericht sie für schuldig erklärt. (…) Ein Ermittlungsexperiment fand einen Tag nach diesen Ereignissen statt, und Sternenko wurde erst fünf Monate nach dem Vorfall aufgesucht”, sagte Massi Najem. 

“Hier soll ein ukrainischer Patriot vernichtet werden, der keine Angst hatte, sich den Kollaborateuren in Odessa entgegenzusetzen. Dank Leuten wie Serhij Sternenko ist Odessa heute ukrainisch. Serhij widersetzte sich der Korruption und der Willkür der Behörden. Dieser Fall zeigt, was die ukrainischen Gerichte mit denjenigen tun, die Mut zeigen. (…) Das Recht der Kollaborateure, ihre Ansichten zu äußern, endet dort, wo das Recht der Ukrainer beginnt, in ihrem Land so zu leben, wie sie es wollen”, sagte der Anwalt Mykola Orechowskyj.

Die Stimme der Straße. Am Samstag, den 27. Februar, fand im Zentrum von Kiew die zweite Aktion innerhalb einer Woche zur Unterstützung von Serhij Sternenko statt. Die Demonstranten versammelten sich in der Nähe des Präsidialamts, gingen von dort zur Generalstaatsanwaltschaft und beschossen das Gebäude mit Feuerwerkskörpern. Die Demonstranten forderten die Freilassung von Serhij Strernenko, sie hielten ukrainische Flaggen und riefen auf Plakaten die Generalstaatsanwältin Iryna Wenediktowa zum Rücktritt auf.

Die Menschen verlangten außerdem, Sternenkos Fall neu zu untersuchen. Zudem forderten sie die Freilassung von Andrij Antonenko, der des Mordes an dem Journalisten Pawel Scheremet verdächtigt wird, sowie ein Ende der “politischen Verfolgung” ukrainischer Aktivisten und Freiwilliger. Verlangt wurde auch eine Reform des Justizsystems sowie ein “Neustart des Hohen Justizrates”.


Whistleblowing International Network: Hinweisgeber in der Ukraine in Gefahr

Im Dezember 2019 trat in der Ukraine ein Antikorruptionsgesetz in Kraft, das auch den Schutz von Hinweisgebern enthält. Das Gesetz orientierte sich an der führenden internationalen Erfahrung. Nun hat das ukrainische Parlament Änderungen zu diesem Gesetz verabschiedet, die, wenn sie unterzeichnet werden, einen Rückschritt beim Schutz von Hinweisgebern bedeuten wird.

Anna Myers, Exekutivdirektorin des Whistleblowing International Network (WIN), und Tom Devine, Rechtsdirektor des Government Accountability Project in Washington DC, Mitglied des WIN Board, warnen vor der Unterzeichnung und Annahme dieses Dokuments. Sie fordern Präsident Selenskyj auf, gegen das Dokument sein Veto einzulegen und es dem Parlament zurückzugeben. Mehr dazu im Artikel “Ukraine’s Roller Coaster Ride on Whistleblower Protections Symptomatic of Uneven Commitment to Anti-Corruption Reforms” in englischer Sprache.


Wie die Ukraine gegen COVID-19 kämpft

Die Zahl der Coronavirus-Erkrankungen in der Ukraine nimmt insbesondere in den westlichen Regionen des Landes zu. Am 28. Februar wurde in der Ukraine bei 4285 Menschen COVID-19 diagnostiziert, 1779 Patienten wurden ins Krankenhaus eingeliefert, 68 Menschen starben und 1701 Menschen wurden als genesen gemeldet.

Während der gesamten Pandemie sind in der Ukraine 1.352.134 Menschen am Coronavirus erkrankt, davon sind 1.171.724 genesen und 26.050 sind gestorben.

Im europäischen Vergleich. In Europa weisen derzeit Frankreich, Italien und Polen die höchste Anzahl neuer Fälle von COVID-19 auf. Die Ukraine belegt den achten Platz. In der entsprechenden Weltrangliste ist die Ukraine auf dem 14. Platz. In den letzten 24 Stunden belegte die Ukraine in Bezug auf die Sterblichkeit aufgrund von COVID-19 den achten Platz in Europa und den 16. weltweit.

Impfung. Die Impfung gegen COVID-19 hat in der Ukraine am 24. Februar begonnen. Der Arzt Jewhen Horenko in der Stadt Tscherkassy ist der erste Ukrainer, der gegen das Coronavirus SARS CoV 2 geimpft wurde. Vom 24. bis 28. Februar erhielten über 3000 Menschen eine Impfung gegen COVID-19. Das Gesundheitsministerium geht davon aus, dass die Impfung schon bald an Tempo gewinnt. Derzeit werden zunächst Ärzte geimpft, die COVID-Patienten behandeln.