Entschädigung für die durch Krieg zerstörten Behausungen : Gesetzliche Entschädigungsmechanismen und Zuständigkeiten der lokalen Selbstverwaltungsbehörden

Seit Beginn der großangelegten russischen Invasion wurden von Ukrainern mehr als 350.000 Anträge auf Entschädigung des zerstörten Eigentums gestellt. Umgerechnet sind das über 23,5 Millionen Quadratmeter der beschädigten und zerstörten Wohnräume. Und das sind keine endgültigen Zahlen. Für die Menschen, deren Behausungen beschädigt wurden, hat die Regierung einen Mechanismus der Wiederaufbaukostenentschädigung entwickelt; der entsprechende Gesetzentwurf wurde bereits durch Werchowna Rada der Ukraine verabschiedet. Welche Entschädigungsmechanismen sind vorgesehen? Wodurch unterscheidet sich das Verfahren der Entschädigung des zerstörten und das des beschädigten Eigentums? Welche Verantwortung wird duurch den Gesetzentwurf auf die lokale Selbstverwaltung übertragen? Und wann beginnen diese Mechanismen zu funktionieren?

Diese und andere Fragen wurden von Vertretern des ukrainischen Ministeriums für Entwicklung der Gemeinden, Territorien und Infrastruktur, internationaler Projekte, lokalen Selbstverwaltungen und Experten während der Veranstaltung “Gesetzliche Mechanismen der Entschädigung der infolge der militärischen Aggression der Russischen Föderation beschädigten und zerstörten Immobilienobjekte” diskutiert. Die Veranstaltung wurde durch USAID-Projekt “Enhanced Local Government Performance and Accountability” (HOVERLA) in Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Entwicklung der Gemeinden, Territorien und Infrastruktur der Ukraine organisiert.

Marat Kjurchevskyj, Leiter der Programme für Entwicklung der lokalen Selbstverwaltung und Dezentralisierung bei der US-Agentur für internationale Entwicklung (USAID), bemerkte, dass zum Wiederaufbau der zerstörten Gemeinden die Einführung der nur durch die Zusammenarbeit zwischen zentralen und lokalen Behörden funktionsfähigen gesetzlichen Mechanismen, beitragen wird.

“Die verheerende Auswirkung des Krieges auf das Leben der Ukrainer ist kaum zu übertreiben. Die Zerstörung von Häusern und Infrastruktur hindert die Gemeinden daran, wiederaufzubauen und voranzukommen. Die ersten Schritte zur Wiederherstellung der Lebensverhältnisse und der Behausungen der Menschen sind bereits unternommen worden. Wir von USAID sind uns dessen bewusst, dass die Erneuerung und Entwicklung bei der Wiederherstellung der Stabilität und der Förderung des Wirtschaftswachstums entscheidende Rolle spielen. Wir bemühen uns, mit der Regierung und den Gemeinden partnerschaftlich zusammenzuarbeiten, um sicherzustellen, dass die vom Konflikt Betroffenen die Unterstützung erhalten, die sie für den Wiederaufbau ihrer Lebensverhältnisse brauchen. Als möglicher Bestandteil dieses Wiederaufbaus und der Erneuerung gelten die rechtlichen Mechanismen der Entschädigung der durch russische Militäraggression verursachten Schäden.“

Natalia Gnydjuk, stellvertretende Leiterin des USAID-Projektes „HOVERLA“:

“Das Team des USAID- Projekts HOVERLA wird die Partnerregionen und -gemeinden weiterhin dabei unterstützen, auf Notfälle zu reagieren, zusätzlichen Schutz für Zivilisten zu bieten und mit lokalen Selbstverwaltungen an Wiederaufbau territorialer Gemeinden zusammenzuarbeiten. Wir sind sehr an der Diskussion interessiert, die unter der Schirmherrschaft des Ministeriums anfängt und auf Erörterung der gesetzlichen Änderungen betr. Entschädigung des zerstörten und beschädigten Eigentums abgezielt ist. Zweifellos wird der Löwenanteil der Verantwortung bei den lokalen Selbstverwaltungen liegen, denn gerade an diese Behörden werden sich die Bürger direkt wenden, um eine Unterstützung, eine Erläuterung und eine Hilfe bei der Lösung ihrer Probleme zu finden. Das HOVERLA-Projekt wird als Partner des Ministeriums fungieren, um sicherzustellen, damit die Selbstverwaltungsbehörden am Wiederaufbauprozess so effektiv wie möglich arbeiten und ihre Befugnisse betr. Entschädigung des zerstörten oder beschädigten Eigentums wahrnehmen”.

Die Werchowna Rada der Ukraine hat den Gesetzentwurf Nr. 7198 verabschiedet, der die Mechanismen der Entschädigung des infolge des Krieges zerstörten Eigentums regelt. Der Mechanismus trifft sowohl die Eigentümer von Wohnungen als auch die von Privathaushalten zu. Für diejenigen, deren Wohnung nicht wiederherstellbar ist, werden Wohnungszertifikate ausgestellt, die die Wahl einer Wohnung an einem beliebigen Ort der Ukraine ermöglichen. Eigentümer von beschädigtem Privathaushalten können zweckbestimmte Mittel für Wiederaufbau beantragen.

Olena Shuljak, Leiterin des Ausschusses der Werchowna Rada für die Organisation der Staatsmacht, der lokalen Selbstverwaltung, Regionalentwicklung und Stadtplanung, bemerkte, dass der Gesetzentwurf nun an Präsidenten zwecks Unterzeichnung weitergeleitet sei. Anschließend müssen durch Ministerium und Regierung innerhalb von zwei Monaten entsprechende Beschlüsse ausgearbeitet werden. Dieser Zeitraum solle sinnvoll genutzt werden, um das Register des beschädigten und zerstörten Eigentums mit aktualisierter Information aufzufüllen, so Olena Shulyak. Zwar erhalte Ministerium schon jetzt Anträge auf Entschädigung, aber der Mechanismus werde frühestens ab Mai d.J. funktionieren.

“Bis heute sind etwa 350.000 Anträge über App „Dija“ gestellt. Umgerechnet sind das über 23,5 Millionen Quadratmeter des beschädigten und zerstörten Wohnraums. Es ist uns klar, dass es keine endgültigen Zahlen sind, und dass diese nur wachsen werden. Informationsmeldungen konnten einst nur über Dija übermittelt werden, und der Gesetzentwurf 7198 sieht vor, dass Notare und Sozialschutzzentren sich an der Sammlung und Erfassung von Informationen beteiligen dürfen. Der Gesetzentwurf sieht auch die Einrichtung einer Kommission vor, die die Informationen über die Entschädigung für zerstörte Immobilien überprüfen und den Bürgern ein Höchstmaß an Service-Unterstützung bieten soll. Diese 350.000 Informationsmeldungen werden zu Anträgen auf Entschädigung und sind die ersten, die überprüft werden sollen. Es gibt bereits erste Geldbeträge, die für das Funktionieren des Entschädigungsmechanismus verwendet werden können. Wir hoffen, dass sobald dieser wirksame und transparente Entschädigungsmechanismus anläuft, werden sich unsere internationalen Partner aktiv einsetzen, um den Menschen helfen zu können“, so Olena Shuljak, Vorsitzende des Ausschusses der Werchowna Rada für Organisation der Staatsmacht, der lokalen Selbstverwaltung, Regionalentwicklung und Stadtplanung

Die lokalen Behörden werden die Schlüsselrolle bei der hochwertigen Umsetzung des Gesetzentwurfs spielen, da die Instrumente gerade vorort funktionieren werden. Darauf wies Oleksandra Asarchina hin, stellvertretende Ministerin für Entwicklung der Gemeinden, Territorien und Infrastruktur der Ukraine.

“In meisten Ländern verlässt man sich bei derart Großschäden kaum auf die lokalen Behörden. In unserem Fall ist es genau umgekehrt. Wir wissen, dass dank der Dezentralisierungsreform bereits die richtigen Institutionen geschaffen sind. Und diese zu unterstützen, gehört zu unserer Aufgabe. Es wäre viel schwieriger, wenn Entscheidungen ausschließlich auf zentraler Ebene getroffen würden. Denn es ist unmöglich, das tatsächliche Ausmaß der Schäden auf zentraler Ebene zu bewerten. Nur die lokalen Behörden können wirklich befugt werden, alle Bewertungen zu überprüfen und zu erfassen. Deshalb möchten wir eine möglichst aktive Interaktion mit den Gemeinden organisieren. Und in Zusammenarbeit mit unseren internationalen Partnern möchten wir Instrumente für angemessene Kommunikation, Dienstleistungen und Expertise entwickeln. Wir führen derzeit Gesprähe über die Stärkung der institutionellen Kapazitäten der Gemeinden, die die entsprechenden Kommissionen vorort bilden sollen. Und während wir verhandeln, wird das Ministerium auch entsprechende Online-Schulungen anbieten”.

Die wichtigste Regel für jede Entschädigung ist die Eintragung des betroffenen Objektes in das Register für beschädigtes und zerstörtes Eigentum.

Den Worten von Natalia Koslovska, stellvertretende Ministerin für Entwicklung der Gemeinden, Territorien und Infrastruktur der Ukraine zufolge, wird als erstes ein Entschädigungsmechanismus für die mittels der Instandhaltungsarbeiten zu behebenden kleineren Schäden an Wohngebäuden eingeführt. Die lokalen Behörden werden für Inspektion eines betroffenen Objektes und für das Ausfüllen einer Checkliste, in der ein Entschädigungsdurchschnittsbetrag vorgesehen ist, zuständig sein. Die bei den lokalen Behörden eingegangenen Informationen sollen in ein Register eingetragen werden, das zur Erstellung einer Warteliste für Erhalt der Entschädigung verwendet wird.

“Die Menschen können die erhaltene Entschädigung unter Angabe von zwei MCC-Codes (Merchant Category Code – Anm. d. Red.) ausgeben, u.zw. für Beschaffung von Baumaterialien oder für Bezahlung der Bau- und Montagearbeiten. Andere Dienstleistungen oder Materialien für dieses Geld zu kaufen ist ausgeschlossen”, sagte Natalia Kozlovska. Die Entschädigung des zerstörten Eigentums erfolgt ebenfalls nach dem Bericht der zuständigen Kommission der Kommunalverwaltung, die entscheidet, ob das betroffene Objekt erneuert werden kann. Die Höhe der Entschädigung wird aufgrund einer Formel ermittelt und durch Generierung eines Zertifikats berechnet. Für den im Zertifikat angegebenen Betrag kann die Person nach eigenem Ermessen einen beliebigen Wohnraum im Land erwerben. Gleichzeitig mit dem Abschluss des Kaufvertrags für diese Immobilie verzichtet der Eigentümer automatisch auf die Erhebung durch den Staat der Reparationszahlungen in Höhe des zugewiesenen Geldbetrags.”

“Unser Hauptziel besteht darin, der Öffentlichkeit und den Spendern möglichst mehr Daten über Wiederaufbau bereitzustellen. Wir möchten, dass jeder einen Online-Zugang zu Informationen über Schäden, den Wiederaufbauprozess und dessen Fortschritte hat. Gleichzeitig sind wir uns dessen bewusst, dass einige der Daten vom Feind für seine eigene Zwecke verwendet werden könnten. Deshalb machen wir derzeit nur die Daten über Einrichtungen der sozialen Infrastruktur zugänglich. Dabei handelt es sich in erster Linie um Schulen, Kindergärten und Wohnobjekte”, so Anatolii Komirnyi, stellvertretender Minister für die Entwicklung von Gemeinden, Territorien und Infrastruktur der Ukraine zu Fragen der digitalen Entwicklung, digitalen Transformation und Digitalisierung.

Mehr über Mechanismen der Entschädigung für die Beschädigung und Zerstörung von Immobilien infolge der militärischen Aggression der Russischen Föderation können Sie aus der vollständigen Aufzeichnung der Koordinationstreffens erfahren.

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Die Veranstaltung ist durch UCMC im Rahmen des Projektes «Kommunikationsunterstützung territorialer Gemeinden der Ukraine zur Verbesserung der Koordinierung sowie der Informations- und Aufklärungsarbeit“ organisiert. Das Projekt ist dank der US-Agentur für internationale Entwicklung (USAID) sowie der tatkräftigen Unterstützung des amerikanischen Volkes über das USAID-Projekt „HOVERLA“ zustande gekommen. Der Inhalt dieser Veranstaltung stimmt nicht unbedingt mit Sichtweisen der USAID und der US-Regierung überein.