Wochenübersicht der ukrainischen Pressenachrichten vom 26.04.16 bis 02.05.16

Die Situation in der Zone der Anti-Terror-Operation (ATO)

In der vergangenen Woche wurden die ukrainischen Streitkräfte 197 Mal beschossen. Infolge der Kampfhandlungen kamen vier ukrainische Soldaten ums Leben und 25 weitere wurden verletzt. Außerdem wurden zwei ukrainische Zivilisten durch Sprengfallen verletzt (bei den Siedlungen Hranitne und Nowobachmutiwka), ohne Berücksichtigung auf die Opfer des Beschusses bei der unkontrollierbaren Siedlung Oleniwka.

Gestern, am Osterfest, haben die pro-russischen Militärverbände die Waffenruhe fast entlang der ganzen Kontaktlinie gehalten. Das teilte die Pressestelle des ATO-Stabs mit. Die ukrainischen Checkpoints wurden von den pro-russischen Militärverbänden bei Schyrokine, Donezk und Hranitne (mit Granatenwerfern und Fliegerabwehrlafetten) beschossen.

Am 29. April vereinbarte die Trilaterale Kontaktgruppe in Minsk eine vollständige Waffenruhe während der Oster- und Mai-Feste. Die Trilaterale Gruppe beruft sich auf die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), damit die Mission alle Verantwortliche in ihren Berichten vermerkt, die gegen die Waffenruhe verstoßen (Meldung in Englisch).

Am 29. April wurden Kampfdrohnen im Donbass eingesetzt, teilte die Pressestelle des ATO-Stabs mit. Diese Drohnen wurden in der Nähe der Siedlung Lozowatske gesichtet. Dann klinkten die Drohnen zehn Sprengsätze auf die Checkpoint der ukrainischen Streitkräfte aus, acht davon detonierten (Nachricht in Englisch).

In der vergangenen Woche setzten die pro-russischen Militärverbände schwere Waffen (Minenwerfer mit einem Kaliber von 82 und 120 Millimetern) ein, die laut den Minsker Vereinbarungen abgezogen sein sollen. Nachdem es in Minsk vereinbart wurde, die Waffenruhe vor den Festen zu halten, wurden die ukrainischen Kräfte trotzdem am 30. April im Frontabschnitt von Donezk heftig beschossen. Die Stützpunkte bei Siedlungen Wodjane, Awdijiwka, Saizewe, Majorske und Luhanske wurden mit Granatenwerfern und schweren Waffen beschossen (Meldung in Englisch).

Der Austausch von Gefangenen wurde während der Sitzung der Trilateralen Kontaktgruppe in Minsk nicht geregelt. Das teilte der OSZE-Sonderbeauftragte, Martin Sajdik, mit. Die ukrainische Vertreterin der Trilateralen Gruppe, Iryna Heraschtschenko, betonte, dass dieser Austausch wegen der Vertreter der pro-russischen Militärverbände scheiterte. Sie antworteten nicht auf Vorschläge der Ukraine und erstellten keine Liste mit Gefangenen. Sie forderten, gefangene „Terroristen“ freizulassen, die an Terroranschlägen in Charkiw und Odessa beteiligt waren (Meldung in Englisch).

Am 27. April wurde ein Checkpoint in der Nähe der Siedlung Oleniwka beschossen, die unter Kontrolle der „Donezker Volksrepublik“ steht. Infolge des Granateneinschlags wurden vier Zivilisten getötet und acht weitere verletzt. Sie übernachteten in Autos und warteten auf die Öffnung der ukrainischen Kontrollstelle für die Ein- und Ausreise. OSZE-Beobachter überprüften diesen Vorfall (Bericht in Englisch).

Die Kontrollstelle bei Oleniwka wurde aus dem Bezirk der Filterstation in der Nähe der Siedlung Jasne beschossen, die von der „DVR“ besetzt ist. Das teilte der Sekretär des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrates der Ukraine, Olexandr Turtschynow, mit (Stellungnahme in Englisch). Die Pressestelle des ATO-Stabs wies darauf hin, dass diese Kontrollstelle bei Oleniwka mit den Granatwerfern “Wasiljek” und “Podnos” beschossen wurde. Die technischen Daten dieser Waffen zeigen, dass der Beschuss nicht aus Stützpunkten der ukrainischen Streitkräfte erfolgt sein konnte. Der nächste Checkpoint der ukrainischen Armee liegt 6,6 Kilometer entfernt. Die maximale Reichweite des Granatenwerfers „Podnos“ beträgt 3.000 Meter und von „Wasiljek“ 4.200 Meter (Stellungnahme in Englisch).

Die internationale Freiwilligengruppe „InformNapalm“ berichtete nach der Analyse von Videomaterial von dem Ort der Tragödie bei Oleniwka auch, dass der Beschuss aus dem Gebiet erfolgte, das unter der Kontrolle von pro-russischen Militärverbänden steht.

Seit Beginn des Kriegs im Donbass starben bisher 9.333 Personen; zirka 21.400 erlitten Verletzungen. Der Helfer des UN-Generalsekretärs für politische Fragen, Tayé-Brook Zerihoun, berichtete darüber während einer UN-Sicherheitsratssitzung.

Militärverbände der vorübergehend besetzten Gebiete im Donbass erhielten aus dem Gebiet der Russischen Föderation Militärtechnik und Munition, sowie Treib- und Schmierstoff. Nach Luhansk wurden 24 Panzer geliefert (nachdem sie repariert wurden), sowie nach Iswarino 8 Waggons mit Munition (320 Tonnen) und nach Rowenki 1.000 Tonnen Treibstoff.

70 Prozent in den (pro-)russischen Militärverbänden sind russische Staatsbürger – davon sind 25 Prozent Soldaten und Offiziere der russischen Streitkräfte und 45 Prozent so genannte “Freiwillige”. Die ukrainische Militäraufklärung hat weitere Beweise bezüglich der russischen Streitkräfte in der Ostukraine vorlegt. Dabei wurde auch dargelegt, dass alle (pro-) russischen Militärverbände unter dem Oberkommando von Offizieren und Generälen der russischen Armee stehen, von Russland versorgt werden und zusammen als Invasionskräfte bezeichnet werden können.

Wahlen im Donbass

Der ehemalige Vertreter der ukrainischen Delegation bei den Minsker Verhandlungen, Roman Bessmertnyj, rechnet damit, dass es frühestens in 3-5 Jahren sichere Lokalwahlen in den besetzten Gebieten im Donbass geben kann. Für sichere Wahlen muss die öffentliche Meinung vorbereitet, sowie Sicherheitsregeln eingeführt, das Gebiet entmilitarisiert und demobilisiert werden.

Menschenrechte

Der Medschlis des Krimtatarischen Volkes, dessen Tätigkeit am 26. April durch „Gericht“ auf der von Russland okkupierten Krim untersagt wurde, will seine Tätigkeit mit einem Sonderstatus fortführen. Darüber berichtete der Vorsitzende des Medschlis, Refat Tschubarow. Nach seinen Angaben werden alle Aktionen in Bezug auf außerordentliche Tagungen des Kurultai [Anm. Versammlungen] (oder deren Auflösung) oder Wahlen von Mitgliedern des Kurultai, des Medschlis und anderer Verwaltungsorgane unter den Bedingungen der vorübergehend okkupierten Krim als illegitim gelten. Laut einer Verordnung von Tschubarow wird das Hauptbüro des Medschlis in Kiew sein (Nachricht in Englisch).

Der Vizesprecher des Krimparlaments, das von Russland kontrolliert wird, Remsi Iljasow, behauptet, dass die Krimtataren ein neues Repräsentativorgan als Ersatz für den „Medschlis“ gründen wollen, das sich mit den Angelegenheiten der Krimtataren beschäftigen soll.

Auf der von Russland annektierten Krim verlängerte ein Gericht die Inhaftierung des stellvertretenden Vorsitzenden des Medschlis, Achtem Tschijgos, bis zum 22. Mai. Das Gericht verlängerte auch die Inhaftierung von zwei weiteren Personen im Fall vom „26. Februar“.

Der FSB [Anm. russischer Geheimdienst] beschuldigt Mykola Semen, einen Journalisten von der Krim, des Extremismus, weil er mit dem ukrainischen Projekt „Krim. Realität“ zusammenarbeitet.

Durch das Verbot des Medschlis auf der von Russland annektierten Krim können die Personen im Fall vom „26. Februar“ nach einem neuen Artikel angeklagt werden.

Russland verlängerte auch die Haft der Bibliotheksleiterin für ukrainische Literatur, Natalja Scharina, um 3 Monate. Scharina wird beschuldigt, untersagte Bücher weitergereicht und Eigentum veruntreut zu haben (Einzelheiten über die Inhaftierung von Scharina in Englisch).

Der Anwalt von Nadija Sawtschenko, Nikolaj Polosow, meint, dass die ukrainische Pilotin frühestens Ende Sommer in die Ukraine zurückkehren kann, da der Prozess über die Auslieferung noch mindestens ein halbes Jahr dauert.

Russland versuchte, die Schwester von Nadija Sawtschenko, Vira, festzunehmen, als sie nach einem Treffen mit Nadija in die Ukraine zurückreisen wollte. Vira befand sich auf einem russischen Stützpunkt, weil sie sich gegenüber den Richtern in Grosny bei der Gerichtsverhandlung im Fall der ukrainischen Gefangenen Mykola Karpjuk und Stanislaw Klich heftig äußerte. Dank Diplomaten gelang es, dass Vira in die Ukraine zurückkehren konnte (Meldung in Englisch).

Umfrage

Eine überwiegende Mehrheit der Ukrainer (56,4 Prozent) unterstützt es nicht, dass der Donbass einen Sonderstatus erhält. Dies zeigen die Umfrageergebnisse des „Zentrum Rasumkow“. Zirka ein Viertel der Befragten (23,8 Prozent) unterstützen diese Idee, und 19,8 Prozent der Repräsentanten konnten sich nicht für eine Antwort entscheiden. Ein Sonderstatus wird von einer absoluten Mehrheit in der Zentral- und Westukraine nicht unterstützt, sowie von einer relativen Mehrheit in den Südregionen und im Donbass (im Teil, der von der Ukraine kontrolliert wird). In den Ostregionen unterstützt eine relative Mehrheit der Befragten einen Sonderstatus für den Donbass. Eine absolute Mehrheit unterstützt die Idee von Wahlen vor der Rückkehr zur ukrainischen Kontrolle in den besetzten Gebieten des Donbass nicht (52,5 Prozent); 31,2 Prozent sind für diese Idee, die übrigen konnten sich nicht für eine Antwort entscheiden. Eine relative Mehrheit der Ukrainer unterstützt den Stopp aller Wirtschaftsbeziehungen zwischen der Ukraine und den selbsternannten „Volksrepubliken“ (45,9 Prozent); 35,9 Prozent bewerten die derzeitigen Ergebnisse der Minsker Vereinbarungen zur Situation im Donbass negativ. 16,6 Prozent sehen die Ergebnisse positiv; und 24,3 Prozent neutral (Untersuchung in Ukrainisch).

Pressemitteilungen von UCMC (auf Deutsch)

Freilassung von Nadija Sawtschenko: Aussichten und Probleme. Am 7. April hatte Nadija Sawtschenko ein Formular ausgefüllt, mit dem sie sich bereit erklärt hatte, ihre Strafe in der Ukraine zu verbüßen. Das Dokument wurde dem ukrainischen Justizministerium vorgelegt, das wiederum ein Paket von Dokumenten dem russischen Justizministerium übergab. Das Justizministerium der Russischen Föderation leitete gemäß dem Verfahren laut Straßburger Auslieferungsübereinkommen die Dokumente an die russische Strafvollzugsbehörde weiter. So begann das Verfahren für einen Gerichtsentscheid. Doch für eine Auslieferung ist auch von Nöten, dass ein Richter in der Ukraine formell die Rechtmäßigkeit des Urteils gegen Sawtschenko bestätigt.  Mehr zum Thema >>>

Der Prozess gegen Serhij Lytwynow verletzt die Menschenrechtskonvention und eignet sich ideal für ein Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof. In Russland ist der Ukrainer Serhij Lytwynow wegen Diebstahls, den er während Kämpfen in der Region Luhansk begangen haben soll, zu 8,5 Jahren Haft verurteilt worden. Lytwynow wurde im Sommer 2014 von der russischen Polizei in einem Bezirkskrankenhaus der russischen Region Rostow festgenommen, wohin er zusammen mit Flüchtlingen geraten war, nachdem er die Grenze zu Russland überquert hatte.  Mehr zum Thema >>>

Ukrainische Aktivisten: Initiativen wie Eastbook sind im Informationskrieg eine erfolgreiche Alternative zur Gegenpropaganda “von oben”. Das Eastbook Portal ist eine Webseite, wo junge Autoren aus Osteuropa Artikel veröffentlichen und sich über Ereignisse in ihren Heimatländern austauschen können. Mehr zum Thema >>>

Die Krise in der Ukraine hat mit einer russischen Aggression begonnen und die Russische Föderation hat außerhalb ihrer Grenzen militärische Gewalt gegen die Ukraine eingesetzt. Das erklärte auf einer Pressekonferenz im Ukraine Crisis Media Center Norbert Röttgen, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Deutschen Bundestages. Er stellte fest, dass sich die Umsetzung der Minsker Vereinbarungen verzögert. “Russland hat bisher noch nicht die Forderungen erfüllt, die in den Minsker Vereinbarungen deutlich festgeschrieben sind. Und natürlich müssen die schweren Waffen abgezogen und die Region entmilitarisiert werden”, sagte Röttgen. Mehr zum Thema >>>