Die Werchowna Rada muss das neue Gesetz „Über den Staatsdienst“ bis zum 17. Juli beschließen, weil andernfalls sonstige Reformen im Land blockiert werden – Zivilgesellschaft

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Kiew, 1. Juli 2015 – Die Werchowna Rada muss das neue Gesetz „Über den Staatdienst“ bis zum Ende dieser Parlamentsperiode (bis zum 17. Juli) beschließen, um die Reform des Staatsdienstes Wirklichkeit werden zu lassen, da ohne sie sonstige Reformen im Land nicht durchgeführt werden können. Dies erklärten Experten aus der Zivilgesellschaft und Volksabgeordnete während einer Pressekonferenz im Ukrainischen Crisis Media Center im Rahmen des Projekts „Ukrainisches Media Center der Reformen“.

Der Gesetzentwurf „Über den Staatsdienst“ wurde von einem breiten Expertenkreis entwickelt, in dem ein ganzes Spektrum aus Zivilorganisationen vertreten war, sowie der Staat durch die Nationalagentur zu Fragen des Staatsdienstes. Dieses Dokument stellt tatsächlich eine zusammenfassende Ansicht der Gesellschaft dar, wie der Staatsdienst der Ukraine aussehen soll. Aber, trotz dieses Status, lief die Ausarbeitung des Dokuments auf der formalen Ebene sehr langsam. Zwischen dem Erscheinen des angeglichenen Texts für den Gesetzentwurf (Herbst 2014) und seiner Einreichung durch das Ministerkabinett beim Parlament (Ende März 2015) verging fast ein halbes Jahr. In der ersten Lesung übernahm das Parlament am 23. April dieses Jahres den Gesetzentwurf. Seither reichten die Parlamentsabgeordneten über 1.300 Änderungsvorschläge zu dem Gesetzentwurf ein.

Aljona Schkrum, eine Parlamentsabgeordnete, die über den Verlauf der Nachbearbeitung des Dokuments im Parlament berichtete, konstatierte renen Widerstand gegen eine Reihe von vorgeschlagenen Neuerungen, die in westlichen Demokratien üblich sind, aber in der ukrainischen Realität als schwierig wahrgenommen werden. Unter anderem geht es um das Verbot von Staatsangestellten, sich politisch zu betätigen, sowie die Wahl für ein Amt im Staatsdienst ausschließlich durch offene Ausschreibungen, und letztlich die Liste der staatlichen Institutionen, die unter die Wirkung dieses Gesetzes fallen.

„Wir entwickelten ein Gesetz, das den Anforderungen und Erwartungen seitens der Gesellschaft, der EU und Staatsangestellten entsprechen. Und wir bitten die gesamte Zivilgesellschaft um Unterstützung, damit dieses Gesetz letztlich die erste grundlegende Reform des Staatsdienstes einläutet und unsere Verwaltung professionell und von der Politik unabhängig machen wird“, betonte Aljona Schkrum.

Igor Koliuschko, der Direktor des Zentrums für politisch-rechtliche Reformen, merkte an, dass die genannten Prinzipien die Basis beim Aufbau eines effektiven Staatsdienstes darstellen. Die Versuche, davon Ausnahmen zu schaffen, sind eigentlich die Lobbyarbeit von ein paar Staatsorganen mit Unterstützung von Parlamentsabgeordneten, die zum Verlust der Einigkeit bei der Herangehensweise führen und damit das Wesen der Reform am Staatsdienst in Verruf bringen können. „Uns erstaunte, dass sich die Frage über die politische Tätigkeit von Staatsangestellten als schwierigste im Verlauf der Beratungen erwies. Sowohl Experten, als auch die meisten Staatsangestellten, bestehen auf ein Verbot, dass sich Staatsangestellte in politischen Parteien engagieren. Einerseits entspricht dies nicht vollständig den Standards europäischer Länder. Aber andererseits war dies nie ein extrem großes Problem. Deshalb müssen wir einen Kompromiss finden, der es ermöglicht, Staatsangestellte vor einer politischen Befangenheit zu schützen“, erklärte Igor Koliuschko.

Unter den Neuerungen des Gesetzentwurfs „Über den Staatsdienst“ sind Änderungen an der Herangehensweise zur Bestimmung der Gehälter von Staatsangestellten (die Verbindung zwischen Arbeitsergebnissen und Bezahlniveau wird dabei betont, sowie ein transparentes Zuschlagssystem, das von menschlichen Faktoren unabhängig ist). Obwohl die schwierige Finanzlage des Staats diese Norm erst für 2017 vorsieht, erwägen die Autoren dieses Gesetzentwurfs eine Revision für die Bezahlung von Staatsangestellten. „Wir führten die Norm ein, die es dem Staatsdienst erlaubt, bis 2017 zu überleben. Unter anderem geht es um die Möglichkeit, die Mitteln, die durch eine Reduzierung von Staatsangestellten und Optimierungsprozesse frei werden, zur Zahlung von solchen Mitarbeitern zu verwenden, die im Staatsdienst verbleiben. Das heißt, die Gesamtausgaben zur Arbeitsbezahlung für die einzelnen Institutionen werden sich nicht verringern, vielmehr werden die Mittel anders umverteilt“, erklärte Denis Brodskij, Experte des Reanimationspakets für Reformen.

Iwan Hilobok, Projektmanager für die Richtung „Reform der Staatsverwaltung“, merkte an, dass der Gesetzentwurf „Über den Staatsdienst“, der in der ersten Lesung übernommen wurde, von europäischen Experten im Mai 2015 positiv bewertet wurde, und zwar von dem Programm EU/OECD SIGMA (ein Gemeinschaftsprogramm der Organisation für Wirtschaftszusammenarbeit und Entwicklung, sowie von der EU für die Förderung von Reformen der Verwaltungssysteme entsprechend Anforderungen an die Rechtshoheit und Demokratie).

„Der Gesetzentwurf „Über den Staatsdienst“ muss im Juli beschlossen werden, vor dem Ende dieser Parlamentsperiode. Außerdem steht im Koalitionsvertrag und dem Regierungsprogramm für 2015, dass die Beschließung dieses Gesetzes und dessen Inkrafttreten bis Mitte 2015 eine Bedingung ist, damit die Ukraine von der EU Hilfsgelder in Höhe von 105 Mio. Euro laut dem Abkommen zur Entwicklung des Staates vom 13. Mai 2014 erhält“, sagte Iwan Hilobok.