Überwindung der Informationsblockade in den vorübergehend besetzten Gebieten in der Ostukraine

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Kiew, 18. September 2015 – Seit August erhalten die Bewohner in dem besetzten Gebiet von Donezk die kostenlose Zeitung „Frieden im Donbass“ mit für sie nützlichen Informationen. Das Informationsprodukt wird im Rahmen des Projekts „Überwindung der Informationsblockade in den vorübergehend besetzten Gebieten in der Ostukraine“ herausgegeben, das in Zusammenarbeit mit dem Ukrainischen Crisis Media Center, der Gesellschaftsorganisation „Media-Blick“ aus Krasnoarmijsk und dem Anti-Crisis Media Center von Kramatorsk umgesetzt wird. Darüber berichtete Anton Krutj, der Projektleiter des Ukrainischen Crisis Media Center, während einer Pressekonferenz. Nach seinen Angaben arbeiten erfahrene Journalisten mit einer eigenen Zivileinstellung, die keine Kompromisse mit dem Gewissen eingehen, an dem Projekt. Im August, als das Projekt startete, erschienen 8 Ausgaben des Informationsblatts „Frieden im Donbass“ – eine Art farbige Zeitung. „Die Gesamtauflage betrug allein im August 120.000 Exemplare“, sagte Anton Krut. In dem Blatt wurden über 110 Themenbereiche behandelt.

Die Zielgruppe für dieses Projekt sind Bewohner in den besetzten Gebieten von Donezk und Luhansk – zirka 3,5 Millionen Personen, erklärte der Projektleiter. Dabei ist klar, dass die Erreichbarkeit dieser Zielgruppe durch die teilweise Besatzung relativ riskant und beschränkt ist. Deshalb wurde die Entscheidung getroffen, die Zeitung an den Stellen zu verbreiten, wo sich viele Menschen aufhalten oder von wo aus sie aus den von der Ukraine kontrollierten Bereichen in die besetzten Gebiete einreisen. „Derzeit gibt es 13 Ortschaften, wo die Zeitung verbreitet wird, einschließlich dem Checkpoint Bugas (bei Wolnowacha), Sajzewo, und Majorsk (in Richtung Artemowsk), sowie in mehreren Städten in Frontnähe“, berichtete Anton Krutj.

Freiwillige kümmern sich unter Mitwirkung des ATO-Stabs um die Distribution der Zeitung. Dabei, so Anton Krutj, gab es seit Bestehen des Projekts keinen Widerstand während des Verteilungsprozesses. Fast die gesamte Auflage wurde vollständig unter den Leuten verteilt und sie baten sogar um mehr, berichtete er. Bei den Themen der Zeitung liegt der Schwerpunkt auf zwei Komponenten: „Zum einen, damit die Leute nicht von allgemeinen Informationen über das Tagesgeschehen ausgeschlossen sind; zum anderen Informationen, die den Leuten dabei helfen, zu überleben und wo sie Hilfe und notwendige Dokumente erhalten“, konkretisierte der Projektleiter. Eine weitere bemerkenswerte Themenrichtung sind Geschichten über psychologische Hilfe, die Integration von Flüchtlingen und Ratschläge von Psychologen, wie die Menschen mit dem Stress umgehen können, den sie durch den Krieg und die Kampfhandlungen erlebten.

Wie Maria Dawydenko, die Vorsitzende der Gesellschaftsorganisation „Media-Blick“ und Leiterin des Redaktionsteams für das Informationsblatt „Frieden im Donbass“, berichtete, ist dieses völlig unabhängige Projekt von enormer Bedeutung. Sie lebt 60 Kilometer von der Frontlinie und weiß aus eigener Erfahrung, dass es dort heute praktisch keine unabhängigen Medien gibt. „Wir gehen auf die Wünsche der Leute ein, die dort leben. Das, was sie täglich erleben und wie sie unter den schwierigen Bedingungen leben, versuchen wir, in der Zeitung abzubilden – das heißt, alles, was sich die Leute in der ATO-Zone wünschen, wird in jeder Ausgabe berücksichtigt“, betonte Maria Dawydenko. Wenn es zum Beispiel in einer bestimmten Ortschaft an humanitärer Hilfe fehlt, fließen in der nächsten Ausgabe der Zeitung mehr Informationen über Hilfsorganisationen ein. „Das bedeutet, die Menschen bekommen einen direkten Bezug zur Ukraine“, betonte sie.

Tatjana Brodnikowa, die Administratorin des Anti-Crisis Media Centers und Koordinatorin für die Verteilung des Informationsblatts „Frieden im Donbass“ im Gebiet von Donezk, berichtete, dass sie sogar zu Checkpoints direkt an der Front fahren, um näher an die besetzten Gebiete der Ukraine zu gelangen. „Wir versuchen, zu allen Ortschaften in den abgelegenen und weit entfernten Bezirken zu kommen, weil dort das Problem besteht, dass es von jeder Seite zu viel Propaganda gibt, aber von unserer Seite zu wenig tatsächliche Informationen“, erklärte sie.

Einer der Partner und Geldgeber für das Projekt „Überwindung der Informationsblockade in den vorübergehend besetzten Gebieten in der Ostukraine“ ist das deutsche Auswärtige Amt. Wie Dieter Köster, der dritte Sekretär der deutschen Botschaft in Kiew, sagte, versucht sein Land, der Ukraine und den Ländern der Östlichen Partnerschaft dabei zu helfen, eine freie und unabhängige Presse zu entwickeln, um dadurch die Demokratie zu festigen. Diese Bemühungen zielen auch darauf ab, eine Zivilgesellschaft aufzubauen. „Das deutsche Außenministerium gewährt in diesem Jahr 12 Millionen Euro zur Umsetzung verschiedener Projekte in diesen Bereichen für die Länder der Östlichen Partnerschaft – davon 7 Millionen Euro für Projekte in der Ukraine als eines der Partnerländer und 5 Millionen Euro ausschließlich für die Zusammenarbeit mit der Ukraine“, erklärte Dieter Köster. Insgesamt ist von über 180 verschiedenen Projekten die Rede, wovon 71 Projekte ausschließlich auf die Ukraine entfallen, einschließlich der „Überwindung der Informationsblockade in den vorübergehend besetzten Gebieten in der Ostukraine“.

Laut Aussagen des Projektgründers soll das Informationsblatt „Frieden im Donbass“ allmählich im gesamten besetzten Gebiet verbreitet werden. Bereits in diesem Jahr sollen die Bewohner im Gebiet von Luhansk die Zeitung beziehen können.