14. bis 20. September 2015: Was deutschsprachige Medien zur Ukraine berichteten und was davon bei Facebook diskutiert wurde

In der vergangenen Woche war die Ukraine in deutschsprachigen Medien mehrfach präsent, wenn auch immer noch das Flüchtlingsthema dominierte. Es gab nur wenig über die YES-Konferenz, obwohl darüber bei Facebook mehr diskutiert wurde. Die Online-Ausgabe von Queer (in der LGBT-Szene beliebt) und die Deutsche Welle berichteten über den Besuch von Elton John in Kiew und über seine Rede zu Toleranz.

Nina Jeglinski schrieb für den Tagesspiegel etwas zur YES-Konferenz, wobei der Westen dafür kritisiert wurde, dass er zu wenig für die Ukraine tun würde.

„Die Welt“ veröffentlichte am Montag ein Interview mit Petro Poroschenko, in dem er sich optimistisch zeigte und an den Vereinbarungen von Minsk festhielt. Allerdings warnte er darin auch vor einer Destabilisierung der Ukraine durch Moskau.

Die Schweizer „Blick“ berichtete am Montag ebenfalls von dem Interview mit Poroschenko in „Die Welt“, dass er ein Ende des Krieges dann sieht, wenn die russischen Besatzungstruppen abgezogen sind. Wie auch in einer bei n-tv veröffentlichten dpa-Meldung wurde auf Poroschenkos Wunsch nach Waffenlieferungen eingegangen.

Die Verlängerung der Sanktionen durch die EU gegenüber Russland wegen der Ukraine waren am Dienstag kaum eine Meldungen wert. So brachte zum Beispiel die Tagesschau eine Meldung, sowie Der Standard (Österreich). Auch über eine Einigung im Gasstreit zwischen der Ukraine und Russland durch die EU, ohne die Ukraine mit am Tisch zu haben, wurde fast nur von österreichischen Medien berichtet (zum Beispiel: Der Standard).

Die Welt“ veröffentlichte am Dienstag eine Infografik über Beweise und Indizien für ein russisches Eingreifen in der Ukraine.

Konrad Schuller schrieb am Mittwoch in der FAZ über den derzeitigen tatsächlichen Waffenstillstand, wobei er in dem Artikel aufzeigte, dass dieser durchaus mit Vorsicht zu feiern sei. Dafür gab es während der Woche mehrere Meldungen, dass Frank-Walter Steinmeier diesen Waffenstillstand lobte und sich vorsichtig optimistisch zeigt (zum Beispiel am Samstag bei Der Standard). Bei Facebook wurde dagegen spekuliert, dass diese Waffenruhe mit einer russischen Intervention in Syrien zusammenhängt oder auch dass die Feuerpause vor Putins Auftritt bei der UN (am 25. September) und dem Treffen in Paris (2. Oktober) das Thema beruhigen soll.

Es gab Meldungen zur Getreideernte in der Ukraine (ProPlanta und Der Standard), wobei bei Facebook ein Posting über Statistiken zur Getreideernte eine Diskussion auslöste, welche Potentiale die Ukraine insgesamt hat. Dabei wurde nicht nur die Landwirtschaft gesehen, sondern auch der Flugzeug- und Maschinenbau (Antonow, Motor Sitsch, Turboatom ua.), sowie die Informationstechnologie.

Die TAZ gab der ehemaligen Bürgermeisterin von Slowjansk, Nelja Schtepa, die in Charkiw in Untersuchungshaft ist, am Mittwoch eine Plattform, wo sie ihre Sicht in einem Interview darlegt, dass ukrainische Oligarchen auf dem Rücken der Ukrainer diesen Krieg austragen würden. Bei Facebook wurde dies als Farce aufgenommen, da dort eher die Meinung herrscht, Russland sei für den Konflikt verantwortlich.

Am Mittwoch löste dann die Sanktionserweiterung der Ukraine, die Poroschenko unterzeichnete, ein mediales Feuerwerk aus (zum Beispiel: Spiegel Online, Deutsche Welle, FAZ, Die Zeit und andere), weil Journalisten betroffen waren – darunter ein Deutscher. Bei Facebook wurde darüber heftig und kontrovers diskutiert. Es gab Befürwortung und Verständnis für die Einreiseverbote, aber auch das Gegenteil – Unverständnis und Ablehnung. Einigkeit herrschte darüber, dass es für die Ukraine ein PR-Desaster darstellt. Tatsächlich ruderte die Ukraine zurück und hob die Sanktionen teilweise wieder auf, was in deutschen Medien auch berichtet wurde (zum Beispiel: Focus, Deutsche Welle); doch das Kind war bereits in den Brunnen gefallen.

Die deutsche Ausgabe von Sputnik machte sich in einem Artikel über die ukrainischen Sanktionen lustig, dass dort selbst Tote sanktioniert würden. In einem weiteren Artikel bei Sputnik wurden die Sanktionen als Verstoß gegen die Minsker Vereinbarungen kritisiert.

Der Standard veröffentlichte am Mittwoch ein Interview von Nina Jeglinski mit Michail Saakaschwili, in dem der ehemalige georgische Präsident über die schwierige Reformumsetzung in der Ukraine berichtet, sowie dass Odessa, wo er von Poroschenko als Gouverneur eingesetzt wurde, als eine Art Versuchslabor für die Reformen gedacht ist.

Am Donnerstag brachte das Deutschlandradio einen Hörbeitrag von Sabine Adler, dass die Unterstützung für Poroschenko in der Ukraine nicht stabil sei. Die ukrainischen Regionalwahlen im Oktober würden dabei als Test für Poroschenkos bröckelnde Regierungskoalition gelten. Auch zwei weitere Hörbeiträge von Florian Kellermann wurden am Donnerstag veröffentlicht. Im ersten ging es um die Ausbildung der ukrainischen Armee durch US-Soldaten; im zweiten um ukrainische Nationalisten, die gegen ihren Präsidenten, aber auch gegen Putin sind.

Cerstin Gammelin und Florian Hassel schrieben am Donnerstag für die Süddeutsche Zeitung einen Artikel, dass der im Dezember 2015 fällige Kredit von Russland die finanzielle Situation der Ukraine gefährden könnte. Russland fordert die vollständige Rückzahlung. Die nächste Möglichkeit zu Verhandlungen sei am 2. Oktober (Treffen in Paris).

Während am Donnerstag die Aufhebung der Immunität eines Abgeordneten aus der „Radikalen Partei“ durch ukrainische Nachrichten bei Facebook thematisiert wurde, fand sich in deutschen Medien eine Meldung bei Der Standard.

Am Freitag erschien auch in der Süddeutschen Zeitung ein Artikel von Cathrin Kahlweit, in dem sie über den Rückzug der „Agentur für die Modernisierung der Ukraine“ von Dmitrij Firtsch berichtet. Zwar würde das Arbeitsergebnis vorgestellt werden, doch in einem weit kleineren Rahmen als zunächst angekündigt.

Konrad Schuller schrieb auch am Freitag einen längeren Artikel in der FAZ, in dem der Krieg und das Verhalten der Europäischen Union beleuchtet wurde.

Der Besuch von Berlusconi mit Putin in dem Weingut „Massandra“ auf der Krim führte in mehreren Onlineausgaben zu einer Meldung (zum Beispiel: Die Welt, Schweizer Blick, Der Standard), weil dabei wertvolle Weinflaschen geöffnet wurden.

Am Samstag veröffentlichte die TAZ einen Artikel über einen geflohenen Krimtataren, wodurch das Thema Krim, das sonst sehr wenig Erwähnung findet, auch in deutschsprachigen Medien präsent war.

Am Sonntag begann dann die angekündigte Blockade der Krim durch die Krimtataren, was allerdings in deutschsprachigen Medien kaum Erwähnung fand, aber Fotos bei Facebook geliked und geteilt wurden. So brachte die deutschsprachige Ausgabe von Sputnik einen Artikel, in dem die Krimtataren keine Erwähnung finden, dafür aber der „Rechte Sektor“ um so stärker. Bei Spiegel Online geht es in dem Artikel zwar hauptsächlich um die Krimtataren, aber der „Rechte Sektor“ wird gleichfalls erwähnt.

Die in dem Wochenrückblick verwendeten analysierten Quellen bei Facebook sind einerseits mehrere pro-ukrainische Gruppen und Seiten, sowie eine Community aus Personen, die mit der Ukraine auf irgendeine Weise verbunden sind.

Jörg Drescher für UCMC