21. bis 27. September 2015: Was deutschsprachige Medien zur Ukraine berichteten und was davon bei Facebook diskutiert wurde

Die Woche war überschattet von der Syrienfrage und damit verbunden, welche Rolle Russland spielen kann. Am Ende der Woche wurde deshalb Sigmar Gabriel mit seiner Aussage über die Sanktionsaufhebung zu einem breit diskutierten Thema in den Medien und sozialen Netzen. Dazu am Ende dieser Zusammenfassung mehr, weil durch diese Frage andere Themen überlagert wurden.

Karl Gaulhofer schrieb für „Die Presse“ einen Bericht, dass die Ukraine zu sehr durch den Konflikt mit Russland betrachtet wird, aber dass hinter den Kulissen doch weit mehr passiert – vor allem im Kampf gegen Korruption und die Oligarchenmacht.

Am Montag berichtete der Deutschlandfunk und die Tagesschau über den NATO-Generalsekretär, dass die Separatisten weiterhin mit Waffen, Ausrüstung und Truppen von Russland versorgt werden. Dabei hieß es, dass diese Aussagen von der Ukraine, aber auch von Russland sehr genau analysiert werden.

Vor allem aus Österreich liest man immer wieder, dass die Ukraine weiterhin Investitionen aus dem Westen braucht, um die wirtschaftlichen Probleme zu lösen. Das schrieb zum einen „Der Standard“ und zum anderen die „Wiener Zeitung“.

Im Deutschlandfunk wurde noch am Montag vermeldet, dass die Bundesregierung die von den Separatisten geplanten Wahlen kritisiert. Frank-Walter Steinmeier warnte vor einer möglichen neuen Eskalation des Konflikts.

Am Dienstag gab es die ersten breiteren Meldungen über die Blockade der Krim durch die Krimtataren. Die Neue Züricher Zeitung schrieb einen Artikel, wobei dort auch die Beteiligung des Freiwilligenbataillons „Azow“ und des Rechten Sektor genannt wurde. Euronews berichtete bereits am Montag über diese Blockade. Marco Zschieck schrieb für „Die Zeit“ einen Artikel, wobei die deutschsprachigen Medien scheinbar nie ohne einen Verweis auf „nationalistische Kräfte“ auskommen.

Außerdem begann am Dienstag der Prozess gegen die ukrainische Pilotin Nadija Sawtschenko, worüber der Deutschlandfunk berichtete. Dort wurde der Prozess als einer von mehreren politischen Prozessen bezeichnet. Auch die Neue Züricher Zeitung widmete der Pilotin einen Artikel und nannte die Veranstaltung einen Schauprozess.

Der Spiegel“ brachte eine Meldung, dass Vitali Klitschko bei den Lokalwahlen Ende Oktober wieder als Kiewer Bürgermeister antreten möchte. Von den Wahlen ist ansonsten bisher nicht viel in den deutschsprachigen Medien zu finden.

Die Neue Züricher Zeitung schrieb dafür etwas über „Ferrexpo“, eine AG, die dem Züricher SVP-Nationalratskandidaten Wolfram Kuoni gehört und in der Ukraine Aktiva hat, aber dass durch die Zahlungsunfähigkeit der eigenen Hausbank Mittel blockiert sind. In dem Artikel wird auch auf die Bankenreform eingegangen.

In einem Interview der Salzburger Nachrichten versucht Alexander Scherba, der ukrainische Botschafter in Österreich, mit dem Mythos über den Rechten Sektor aufzuräumen. Er erklärt dabei, dass diese Organisation keine politische Macht hat.

Der Standard“ brachte am Donnerstag ein Interview mit dem EU-Energiekommissar Maros Sefcovic, der unter anderem auf die geplante Gaspipeline „North Stream 2“ einging, die für die Ukraine und für Staaten in Zentral- und Osteuropa sowie am Balkan negative Folgen haben kann.

Am Freitag fand die Meldung weitere Verbreitung, dass UN-Vertreter von den Separatisten der sogenannten „Luhansker Volksrepublik“ aufgefordert wurden, das Gebiet zu verlassen. So wurde zum Beispiel bei „Die Zeit“ ein Artikel veröffentlicht, sowie bei „Die Welt“, der „FAZ“ und der „TAZ“ die einerseits von einem „krassen Verstoß“ berichten und andererseits von der Blockierung von Hilfslieferungen.

Wolfgang Zank schrieb bereits im August einen relativ langen Artikel für „Die Zeit“, der in der Printausgabe veröffentlicht und jetzt am Freitag in der Onlineausgabe republiziert wurde. Darin geht es um die Geschichte der Ukraine und ihren Kampf um Eigenständigkeit, der immer wieder dazu führte, dass das Land zum Spielball anderer Großmächte wurde.

Am Samstag gab es die Meldung, dass die Bedingungen für die Gaslieferung aus Russland in die Ukraine vorerst geklärt wurden. So schrieb zum Beispiel „Die Welt“ einen Artikel darüber.

Wie Eingangs erwähnt, wurden all diese Meldungen durch die Aussage von Sigmar Gabriel überschattet, der für eine Aufhebung der Russland-Sanktionen plädierte, um Russland als Partner im Kampf gegen den IS und die Flüchtlingskrise zu gewinnen. Es finden sich dazu sehr viele Artikel und Kommentare in deutschen Medien, wie zum Beispiel in „Die Zeit“ und der „FAZ“. „Die Welt“ versuchte Gabriels Vorstoß innenpolitisch zu begründen, während dann der „Tagesspiegel“ berichtet, dass der Kanzleramtsminister dem Vorschlag von Gabriel widerspricht. In „Die Zeit“ gab es einen Kommentar von Carsten Luther zu dem Thema, der darauf hinausläuft, dass Sigmar Gabriel in eine „russische Falle“ trat, indem die Ukraine gegen Syrien und die Flüchtlingskrise in Europa ausgespielt würde.

Nina Jeglinski berichtet unterdessen im „Tagesspiegel“ darüber, wie der Vorschlag in der Ukraine ankam.

Bei Facebook waren die Meldungen über die Krimblockade keine große Überraschung, da dort längst Informationen über diese Aktion in der ukrainischen Community verbreitet wurden. Auffällig war dabei, dass deutsche Medien einerseits die Beteiligung „nationalistischer Kräfte“ thematisierten, während bei Facebook von einer Distanzierung der Krimtataren von diesen „Kräften“ die Rede war; andererseits wurde in den deutschen Medien nichts darüber geschrieben, wohin die blockierten Waren eigentlich gehen sollten. So hieß es bei Facebook, dass die Verbindung über die Meerenge bei Kertsch seit der Blockade auffällig leer wurde.

Der Vorschlag von Sigmar Gabriel kam in der ukrainischen Community bei Facebook überhaupt nicht gut an. Dort gibt es auch viele, die sich näher mit Syrien auskennen und Gabriel daher „einen großen Fehler“ attestieren.

Die in dem Wochenrückblick verwendeten analysierten Quellen bei Facebook sind einerseits mehrere pro-ukrainische Gruppen und Seiten, sowie eine Community aus Personen, die mit der Ukraine auf irgendeine Weise verbunden sind.

Jörg Drescher für UCMC