Soziologische Untersuchung: Würde die Staatsführung besser über ihre Tätigkeit aufklären, wäre die Unterstützung für sie und die von ihr vorgeschlagenen Änderungen höher

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Kiew, 16. Oktober 2015 – Die soziologische Gruppe „Rating“ stellte heute die Ergebnisse ihrer jüngsten Umfrage „Dynamik der gesellschaftlichen Sicht in der Ukraine“ im Ukrainischen Crisis Media Center vor. Nach Angaben von Michael Drakman, dem Direktor des International Republican Instituts (IRI) in der Ukraine, wurde diese soziologische Untersuchung auf Bestellung des IRI und mit finanzieller Unterstützung der United States Agency for International Development durchgeführt. Die Umfrage erfasste die gesamte Ukraine, außer der vorübergehend besetzten Krim und einzelnen Bezirken im Gebiet von Donezk und Luhansk, sowie nur Stichproben im Gebiet von Transkarpatien.

Wie Igor Tischtschenko, der Gründer der soziologischen Gruppe „Rating“, anmerkte, als er die Ergebnisse vorstellte, zeigt die Untersuchung als Haupttendenz, dass die Ukrainer großes Interesse an den Lokalwahlen am 25. Oktober haben, und dass dies auf eine relativ pessimistische Einstellung in Bezug auf die Reformen im Land zurückzuführen ist. 36 Prozent sind sich bereits klar, für wen sie bei den Wahlen abstimmen; 39 Prozent sind sich ziemlich sicher, wem sie ihre Stimme geben. Die ältere Bevölkerung ist immer noch stärker als die Jugend bereit, an den Wahlen teilzunehmen, wobei eine Tendenz sichtbar ist, dass der Wahlwille bei der Jugend steigt.

Nach Angaben von Igor Tischtschenko werden die Lokalratings aus der gesamten Ukraine nicht veröffentlicht, aber in jeder Gemeinde kann ihre eigene Partei sein. Um die Meinung der Bevölkerung im ganzen Land zu erfassen, führte die Gruppe „Rating“ eine Umfrage zum Thema „Wie würden Sie abstimmen, wenn am nächsten Sonntag Parlamentswahlen wären?“ Folgende Parteien, die bereits im Parlament vertreten sind, hätten gesiegt: „Block Poroschenko – Solidarnost-Udar“, „Batkiwschtschina“, „Samopomitsch“ und „Oppositionsblock“. Danach folgten die „Radikale Partei“ von Oleg Ljaschko, und die „Volksfront“ (von Arsenij Jazenjuk) mit 1 Prozent. Weitere Parteien, die früher nicht über die 5-Prozenthürde gekommen sind, wie der „Rechter Sektor“, „Swoboda“ und „Graschdanskaja Posizija“ („Bürgerposition“), hätten Chancen, in die Werchowna Rada einzuziehen. „Wir haben mindestens drei Parteien, die im Fall von vorgezogenen Parlamentswahlen gewählt würden“, fasste Igor Tischtschenko zusammen.

Im Vergleich der Regionen, hätte „Samopomitsch“ in der Ostukraine die meisten Stimmen erhalten; im Zentrum teilt sich die Führung „Batkiwschtschina“ und „Solidarnost-Udar“, im Süden teilt sich die Führung der „Oppositionsblock“ und „Solidarnost-Udar“, aber in letzter Zeit begannen die Parteien „Wosroschdenije“ („Wiedergeburt“) und „Nasch Kraj“ („Unser Land“) dem „Oppositionsblock“ Stimmen zu nehmen. In der Ostukraine (im Gebiet von Charkiw und in den Bezirken, die in den Gebieten von Donezk und Luhanst unter der Kontrolle der Ukraine sind) wäre der „Oppositionsblock“ führend gewesen.

Die Ukrainer nehmen das Reformtempo im Land als relativ pessimistisch wahr. „Nur 17 Prozent meinen, dass die Ukraine in die richtige Richtung geht; 68 Prozent meinen, in die falsche. Unter den staatlichen Institutionen, die das beste Rating haben, ist der Präsident mit 24 Prozent Unterstützung, bedeutend schlechter schneidet die Regierung ab (13 Prozent), und noch schlechter die Werchowna Rada (nur 10 Prozent stimmen der Arbeit des Parlaments zu).

„Die Werchowna Rada hat das gleiche Vertrauensniveau, wie zu Zeiten des Maidan. Die Bürger misstrauen der Werchowna Rada traditionell. Der emotionale Pik war damit verbunden, dass der Maidan auf einen bestimmten Punkt „zurollte“, es Neuwahlen gab und das Vertrauen in alle staatlichen Institutionen stieg, aber dann gingen wieder alle Werte zurück“, erklärte Igor Tischtschenko.

Unter den Politikern, die ein hohes Vertrauen genießen, sind der Chef der Staatlichen Gebietsverwaltung von Odessa, Saakaschwili, der Bürgermeister von Lwiw, Sadowyj, und der Chef der Staatlichen Gebietsverwaltung von Transkarpatien, Moskal. In diesem Rating bewerten 27 Prozent der Befragten Petro Poroschenko positiv. Doch bei allen Politikern überragt das Misstrauen in der Bevölkerung das Vertrauen: 60-80 Prozent misstrauen den meisten Politikern.

Die Änderungen an der Verfassung führten zu einer starken Resonanz. Nur 1 Prozent der Befragten fühlt sich sehr gut über diese Änderungen informiert; 11 Prozent meinten, gut informiert zu sein; aber 65 Prozent meinten, zu wenig zu wissen, und 18 Prozent gaben an, im allgemeinen nichts über die Änderungen gehört zu haben.

„Das Interessante daran ist, dass die Leute, die angaben, nichts über den Inhalt der Verfassungsänderung zu wissen, sie nicht ändern wollen. „Ich weiß zwar nicht worum es geht, bin aber dagegen“ – wir kennen alle diese Phrase. Ein anderer Trend zeigte: je mehr die Leute wissen, desto höher ist die Befürwortung dieser Änderung und desto höher der Glaube daran, dass sich die Situation zum Besseren ändern wird. Dies ist ein offensichtlicher Trend. Würde die Staatsführung besser über die Verfassungsänderung aufklären, wäre die Unterstützung für sie und die von ihr vorgeschlagenen Änderungen höher“, meinte Igor Tischtschenko.

75 Prozent der Befragten unterstützen die neue Streifenpolizei. „Bisher hatte kein Rechtsschutzorgan in der Ukraine eine so hohe Zustimmung“, betonte Igor Tischtschenko. Einen NATO-Beitritt der Ukraine unterstützten 48 Prozent der Befragten, was seit der Unabhängigkeit des Landes einen Rekord darstellt.

Die Einschätzung der materiellen Situation der Bevölkerung zeigte, dass die absolute Mehrheit der Bevölkerung eine Verschlechterung der Wirtschaftslage in der Ukraine spürt. „Allerdings verbesserte sich bei den Leuten die Erwartungshaltung in Bezug auf Änderungen. Sie fingen an, optimistischer zu werden [zu hoffen], dass die Wirtschaft wieder wächst“, meinte Igor Tischtschenko. Doch er sagte, dass es erst nach dem Winter genauere Werte geben wird, wenn ein reales Bild sichtbar wird.