12. bis 18. Oktober 2015: Was deutschsprachige Medien zur Ukraine berichteten und was davon bei Facebook diskutiert wurde

Die Berichterstattung über die Ukraine war in dieser Woche von zwei Ereignissen dominiert: am Dienstag der Bericht über den Abschuss von MH17 und am Donnerstag die Wahl der Ukraine in den UN-Sicherheitsrat. Trotzdem gab es auch andere Artikel.

Am Montag veröffentlichte die Frankfurter Neue Presse ein Interview mit dem ukrainischen Botschafter Andrij Melnyk, in dem er über die allgegenwärtige Korruption in der Ukraine sprach, aber auch über die wirtschaftliche Entwicklung.

Lorenz von Stackelberg warnte am Montag im Oberbayerischen Volksblatt davor, dass die Sanktionen gegen Russland mit der Begründung, dass Moskau für die Lösung des Kriegs in Syrien wichtig sei, aufgehoben werden. Dies wäre aber ein Verrat an der Ukraine.

Der Standard brachte am Montag eine Meldung zum Poliovirus in der Ukraine, weil die Impfvorsorge zu gering sei und keine Impfkontrollen stattfinden.

Außerdem berichtete am Montag die Neue Züricher Zeitung und das Handelsblatt über die Wiederaufnahme der Gaslieferung an die Ukraine.

Am Montag kündigte die Neue Züricher Zeitung den Untersuchungsbericht der MH17-Katastrophe an. Dabei wurde erwähnt, dass dieser Bericht keine Schuldigen nennen wird, aber vielleicht mehr Klarheit schaffen könnte.

Andreas Umland beschrieb den Konflikt in der Ukraine am Montag bei Focus-Online als einen von Russland ausgelösten Konflikt, womit Russland versuche die eigene innenpolitische Legitimation zu bewahren.

Am Dienstag kamen dann mehrere Artikel über die Ergebnisse zur MH17-Katastrophe und dass sie von einer BUK-Rakete abgeschossen wurde (z.B. bei tagesschau.de), wobei deutsche Medien aus dem Bericht eine Mitschuld der Ukraine hervorhoben, weil der Luftraum nicht gesperrt wurde (zum Beispiel bei tagesschau.de und Spiegel-Online). Im Deutschlandfunk wurden die vor der Berichtsvorstellung genannten Zweifel seitens Russland in einem Kommentar als „bizarres Schauspiel“ bezeichnet.

Am Mittwoch gab es dann einen zynischen Kommentar bei Facebook zur deutschen Berichterstattung: „Der volltrunkene Wladimir P. fuhr […] in eine Menschenmenge. Mehr als 80 Kinder waren auf der Stelle tot. In dem nun mit Überraschung zur Kenntnis genommenen Urteil, wurde der Betreiber der Straße zu einer langjährigen Freiheitsstrafe verurteilt. Begründung: Er hätte die Straße sperren müssen, um das Unheil zu verhindern.“

Die FAZ berichtete am Mittwoch, dass Petro Poroschenko den Waffenstillstand als Zeichen des Friedens versteht und dass die „Normandiegruppe“ zu dieser Entspannung beigetragen hat. Allerdings brachten unter anderem Salzburg24 (Österreich) und die Rheinische Post eine AFP-Meldung, dass im Donbass ein ukrainischer Soldat getötet wurde und drei weitere verletzt wurden.

Am Mittwoch fasste Spiegel-Online die absurdesten Meldungen zusammen, wie in russischen Medien über MH17 berichtet wurde.

Am Donnerstag berichtete der Tagesspiegel, wie am Mittwoch schon der Bayrische Rundfunk über den Film „The Tribe“ des ukrainischen Regisseurs Myroslav Slaboshpytskiy, der von einer Gruppe Jugendlicher in einem Internat für Gehörlose erzählt.

Die Presse (Österreich) und nachrichten.at brachten am Mittwoch einen Bericht über den ukrainischen Botschafter in Paris, der „zutiefst schockiert“ war, weil in einem französischen Atlas die Krim Russland zugeordnet wurde.

Die Welt nahm am Mittwoch das Thema über das Referendum in den Niederlanden auf, dass eine Volksabstimmung das EU-Assoziierungsabkommen mit der Ukraine rückgängig machen könnte.

Die Wiener Zeitung brachte einen Kommentar von Martin Malek, dass Russland nach der Annexion der Krim kein „strategischer Partner“ mehr sein kann und dass die EU zu ihren Werten stehen soll. Bei Facebook äußerte sich Martin Malek überrascht: „Daß sich die Redaktion getraut hat, DAS zu veröffentlichen…“

Am Mittwoch wurde erstmals der „Tag des Vaterlandsverteidigers“ im Oktober begangen, wobei Nationalisten und Rechtextreme diesen Feiertag nutzten, was der taz und Der Standard einen Artikel Wert war. Gleichzeitig machten sich die FAZ und Der Standard darüber lustig, dass Petro Poroschenko in einem Kampfjet mitflog und sich dabei filmen ließ, wie man es eigentlich nur von Putin kenne.

Am Donnerstag wurde in mehreren Medien die Wahl für die nichtständigen Mitglieder im UN-Sicherheitsrat im Vorfeld thematisiert. So zum Beispiel im ARD-Hörfunkstudio, bei der Südwestpresse, bei der Tiroler Tageszeitung, und bei Der Standard. Über die tatsächliche Wahl berichteten dann viele Medien, wie zum Beispiel tagesschau.de, der Deutschlandfunk, der Tagesspiegel, n-tv und Spiegel-Online.

Am Donnerstag berichtete die Osnabrücker Zeitung, dass der Lingener „Freundeskreis der Ukrainefahrer“ im Mai oder Juni nächsten Jahres erneut Hilfsgüter in das ukrainische Dorf Juskowzy mit 1.300 Bewohnern und die benachbarte Kreisstadt Lanovzy bringen möchte.

Die Huffington Post schrieb am Donnerstag mit Hinweis auf die englische Ausgabe von Russia Today, dass die Ukraine von Russland eine Entschädigung für den Verlust der annektierten Krim und das militärische Eingreifen im Donbass in Höhe von 40 Mrd. USD fordere.

Am Freitag brachte Cicero einen Buchauszug aus „Der Russland-Reflex“ von Karl Schlögel, wobei es hieß, dass die Deutschen ihre Kriegsschuld immer nur auf die Russen projizieren. Auch die taz berichtete über das Buch von Karl Schlögel und Irina Scherbakowa, das nach den Ursachen des Konflikts in der Ukraine sucht.

Für Ö24 (Österreich) waren am Freitag die Lokalwahlen am 25. Oktober Thema, wobei es um die Wiederwahl von Vitali Klitschko als Kiewer Bürgermeister ging und dass er in den ersten eineinhalb Amtsjahren viel angestoßen habe.

Marcus Bensmann und David Crawford vom Recherchezentrum CORRECT!V analysierten den MH17-Bericht und veröffentlichten am Freitag in Die Zeit einen Artikel, in dem ihre wichtigste Schlussfolgerung war, dass die Welt dringend eine Lösung braucht, um verlässlich zu entscheiden, wann Krisengebiete überflogen werden dürfen und wann nicht.

Am Freitag gab es dann in der Süddeutschen Zeitung und in Die Zeit jeweils einen Kulturbericht zu Odessa.

Am Samstag wurde auf dem Portal der deutschen Bundeskanzlerin ein Video-Interview veröffentlicht, in dem sie der ukrainischen Regierung großen Mut bei der Erneuerung der Wirtschaft bescheinigt. Die dominante Rolle der Oligarchen müsse zurückgefahren und die Korruption bekämpft werden, um die Bedingungen für Investitionen zu verbessern.

Der Standard brachte am Samstag ein Interview mit der deutsch-ukrainische Schriftstellerin Katja Petrowskaja über ihr historisches Gewissen, Russlands Krieg gegen die Ukraine und darüber, warum sie ihren Roman “Vielleicht Esther” auf Deutsch geschrieben hat. In der gleichen Zeitung gab es auch einen Bericht über Yevgenia Belorusets zum absurden Alltag in der Ostukraine.

Der Standard berichtete auch darüber, dass der Teilabzug von Waffen aus dem Donbass die Lage weiter beruhigen soll.

Noch am Samstag gab es Abends erste Meldungen der Agentur AFP (z.B. bei Die Zeit) über Tote bei einem Schiffsunglück im Schwarzen Meer, was am Sonntag in mehreren Zeitungen ausführlicher berichtet wurde, wie bei Die Welt oder der Kleine Zeitung (Österreich). Bei dem Unglück kamen bei Odessa mindestens 14 Menschen ums Leben gekommen. Das Passagierschiff “Iwolga” sank, nachdem es in ein schweres Unwetter geraten war. Der Crew wird “Schlamperei” angelastet.

Der Standard brachte am Sonntag einen Artikel, bei dem es um die Rolle der ukrainischen griechisch-katholischem Kirche auf dem Maidan und im Donbass geht.

Die BILD-Zeitung berichtete am Sonntag, dass der russische Hersteller des Buk-Raketensystems, der vom Kreml beauftragt wurde, eine eigene Untersuchung zum Abschuss von MH17 vorzunehmen, von der Europäischen Union 143.000 Euro für die dafür durchgeführten Tests fordert.

Die in dem Wochenrückblick verwendeten analysierten Quellen bei Facebook sind einerseits mehrere pro-ukrainische Gruppen und Seiten, sowie eine Community aus Personen, die mit der Ukraine auf irgendeine Weise verbunden sind.

Jörg Drescher für UCMC