Wochenübersicht der ukrainischen Pressenachrichten vom 13.10.2015 bis 19.10.2015

Die Lage in der ATO-Zone

Die selbsternannten Republiken setzen weiterhin die bewaffneten Gefahr als Druckmittel gegen Kiew ein, insbesondere in Fragen bei der politischen Lösung des Konfliktes. Die ständige Verschiebung der Lokalwahlen in den besetzten Gebieten kann als zusätzliches Instrument gewertet werden, um den Konflikt seitens der Separatisten einzufrieren. Diese Einschätzung wird auch dadurch verstärkt, dass die realen Umfänge und der Prozess des Waffenabzugs von der Front weiterhin unklar ist. Die illegalen Bandentruppen der „DVR“ erklärten, dass sie den Beginn des Waffenabzugs, sowie die Lokalwahlen möglicherweise noch einmal verschieben werden.

In der vergangenen Woche wurden die ATO-Kräfte von den illegalen Bandentruppen 4 Mal beschossen. Dabei wurde ein ukrainischer Soldat getötet, 5 weitere wurden verletzt. Außerdem wurden 11 ukrainische Soldaten durch Sprengfallen verletzt, 3 von ihnen erlitten schwere Verletzungen.

Am 16. Oktober scheiterte der Gefangenenaustausch zwischen der ukrainischen Seite und den Söldnern. Die pro-russischen Milizen wollten 5 ukrainische Soldaten frei lassen, obwohl während der Minsker Verhandlungen 8 Soldaten vereinbart wurden. Dies berichtete der Berater des Sicherheitsdienstchefs der Ukraine, Yurij Tandyt. Er betonte, dass die ukrainische Seite bereit war, 10 gefangengenommene Söldner frei zu lassen.

In den besetzten Gebieten von Luhansk werden wieder ukrainische Medien, wie der Luhansker Staatsrundfunksender „LOT“ und Radio „Puls“ ausgestrahlt. Dies teilte der stellvertretende Leiter der Luhansker Militär- und Zivilstaatsgebietsverwaltung, Yurij Klimenko, mit. Die Bevölkerung im besetzten Luhansk, sowie in den frontnahen Städten und Bezirken von Stanyzja Luhanska können bereits ukrainische Nachrichten empfangen. Früher gab es dort nur russische und separatistische Sendungen und Kanäle.

Bewaffnete Vertreter der „LVR“ und „DVR“ behindern die OSZE-SMM-Beobachter daran, die ukrainisch-russische Grenze im Donbass zu kontrollieren (Bericht auf Englisch). Die Beobachter überprüften die Lager für den Waffenabzug in der „DVR“ und die der ukrainischen Streitkräften. In einem von 3 Lagern der „LVR“ wurden nicht alle früher registrierten Waffen bestätigt; dasselbe gilt für ein ukrainisches Lager, wobei 4 geprüften wurden (Bericht auf Englisch).

Das ukrainische Verteidigungsministerium teilte mit, dass die Söldner demonstrativ schwere Waffen abziehen, damit dies OSZE-Beobachter bestätigen, aber in der Nacht bringen sie diese Waffen in ihre früheren Feuerstellungen (auf Englisch). Die OSZE-Beobachter schlossen die Verifikation der Waffen ab, die im Rahmen der ersten Etappe in Luhansker Richtung abgezogen wurden. Dies wird im offiziellen Bericht bestätigt (auf Englisch).

Flüchtlinge kehren in ihre Häuser im Donbass zurück. Dies berichtete der Sprecher der OSZE-SMM, Michael Bociurkiw. In den letzten 2 Wochen gingen 1.200 Flüchtlinge in das von der Ukraine kontrollierenden Stanyzja Luhanska zurück. Seit Januar 2015 kehrten 8.000 Einwohner nach Dokuchaewsk („DVR“) zurück. Dabei sind viele Häuser zerstört und die Familien haben keine Möglichkeit, wieder in ihre eigenen Häuser einzuziehen.

Die Ukraine wurde als Mitglieder des UN-Sicherheitsrates gewählt

Die Ukraine wurde für 2016-2017 als nichtständiges Mitglieder des UN-Sicherheitsrats gewählt. Der ukrainische Außenminister, Pawlo Klimkin, erklärte, dass die Position der Ukraine gegen Russland nicht versöhnlich sein wird. Nach Meinung des ukrainischen Präsidenten wird die Ernennung der Ukraine als Mitglieder des UN-Sicherheitsrates dabei helfen, dass die von Russland besetzte Krim und der Donbass zur Ukraine zurückkehrt (Rede von Petro Poroschenko auf Englisch).

Poroschenko schließt nicht aus, dass wenn die Punkte der Minsker Vereinbarungen nicht wie geplant erfüllt werden, dass die Ukraine den Vorschlag macht, eine Friedensmission in der Ukraine einzusetzen.

Lokalwahlen

Insgesamt sind für den 25. Oktober offiziell 1.165 internationale Beobachter für die Lokalwahlen registriert. Dies teilte die Zentrale Wahlkommission mit. Darunter 684 vom ODIHR der OSZE, 88 vom Komitee „Für offene Demokratie“, 55 vom Europarat, 54 vom Europäischen Netz der Organisation für Wahlbeobachtung (ENEMO), und 11 vom Europäischen Parlament.

Reformen

Trotz des hohen Niveaus bei der Umverteilung des BIP durch Staatsausgaben, dessen Niveau 45,4 Prozent des BIP betrug, lässt das Qualitätsniveau der staatlichen Institutionen der Ukraine zu wünschen übrig. Nach Einschätzung über die Effektivität der Staatsverwaltung durch die Weltbank steht die Ukraine bei diesen Ergebnissen auf den letzten Plätzen in Europa.

In der Ukraine wurden über 700 Beamte lustriert. Darüber berichtete der Vorsitzende des Komitees zu Maßnahmen gegen Korruption, Jegor Sobolew. Weitere 1.000-1.200 Beamte kündigten auf eigenen Wunsch oder ließen sich auf niedrigere Posten versetzen, um nicht auf die Lustrationslisten zu geraten (Bericht auf Deutsch).

Der Koalitionsvertrag wurde bisher nur zu 30 Prozent umgesetzt, berichtete der ukrainische Präsident, Petro Poroschenko.

Einige Experten fühlen sich bei der derzeitigen Situation in der Ukraine an die Zeit nach der Orangenen Revolution mit all deren Folgen erinnert. „Die Aufgabe des Präsidenten bestand in der Erhaltung des Staates und einer Lösung für die militärische Aggression. Nun ist der große Krieg vorbei und das Staatssystem muss geändert werden. Was wir aber sehen, ist, wie der Staatsapparat alte Vertreter der Partei der Regionen wieder aufnimmt“, sagte der Journalist Maxim Butschenko. Nach seiner Meinung kann dies eine Welle der Enttäuschung in der Gesellschaft hervorrufen.

Die Ukrainische Staatsführung soll weniger versprechen, sondern mehr umsetzen, was zur Einführung der Visafreiheit mit der EU notwendig ist, meinte der Chef der EU-Vertreter in der Ukraine, Jan Tombinski. Die Ukraine muss bereit sein, im November über die Erfüllung der 2. Phase des Maßnahmenplans zur Visaliberalisierung zu berichten.

Ab 27. Oktober beginnt in der Ukraine im Rahmen der Reform des ukrainischen Rechtsschutzsystems die Einberufung der Spezialeinheit KORD, teilte der ukrainische Innenminister, Arsen Awakow, mit. „KORD ist das Analog zur amerikanischen Spezialeinheit SWAT. KORD wird aus drei Gliederungen bestehen: Öffentliche Sicherheit, Sturmabteilung für Sondereinsätze und aus einer „Spezialeinheit innerhalb der Spezialeinheit“.

Weiter waren folgende Reformen wichtige Themen: makrofinanzielle Stabilisierung, Reform der Rechtsschutzorgane, Verwaltung von Staatseigentum und Energie, Deregulierung, Offenheit der Behörden, Antikorruptionsreform. Hier finden Sie eine Zusammenfassung auf Deutsch zu den genannten Reformthemen.

Umfragen

Eine neue Umfrage, die von IRI veröffentlicht und zusammen mit der Gruppe „Rating“ durchgeführt wurde, zeigt eine höhere Wahlbereitschaft zu den kommenden Wahlen am 25. Oktober, sowie eine andauernde Frustration über die Umsetzung der Reformen und der Schwierigkeit, die Verzögerung bei den angekündigten Reformen zu verstehen. Die Umfrage ergab auch eine wachsende öffentliche Unterstützung für eine NATO-Mitgliedschaft (Umfrage auf Englisch).

Die Umfrage ergab, dass 48 Prozent der Ukrainer für einen NATO-Beitritt der Ukraine. Gegen diese Idee stimmten 28 Prozent der Befragten. 8 Prozent hätten an einer Abstimmung nicht teilgenommen und 17 Prozent waren unentschieden.

Laut der Umfrage glaubt die überwiegende Mehrheit der Ukrainer nicht an die Effektivität der Reformen und misstraut der zentralen Staatsführung. 58 Prozent der Befragten meinen heute, dass die Reformen in die falsche Richtung gehen; 17 Prozent meinen, in die richtige Richtung (im April des Vorjahres waren es 34 Prozent). Die Arbeit der Werchowna Rada werden von nur zirka 11 Prozent akzeptiert; 81 Prozent akzeptieren sie nicht. Der Wert für das Misstrauen gegenüber dem Parlament ist der höchste seit eineinhalb Jahren. Im vergangenen Frühjahr unterstützten 39 Prozent der Ukrainer die Rada; 50 Prozent unterstützten sie nicht. Die Tätigkeit des Präsidenten unterstützen 24 Prozent; 69 Prozent unterstützten sie nicht – der schlechteste Wert seit der Befragung. Der Höhepunkt der Popularität von Petro Poroschenko war im September des vorigen Jahres, als 55 Prozent der Ukrainer seine Arbeit akzeptierten und 35 Prozent sie nicht akzeptierten. Die Arbeit des Ministerkabinetts unterstützten 13 Prozent der Befragten, 83 Prozent unterstützten sie nicht. Dieser Wert verbesserte sich etwas. Der Höhepunkt bei der Popularität des Ministerkabinetts war im April 2014, als es 52 Prozent unterstützten und 40 Prozent nicht.

Laut einer Umfrage des Kiewer Internationalen Instituts für Soziologie (KIIS) und des Internationalen Fonds für Wahlsysteme (IFES) gaben 40 Prozent der Befragten an, in den vergangenen 12 Monaten Schmiergeld bezahlt zu haben. Die Befragten konnten zwischen verschiedenen Antworten wählen. 32 Prozent gaben im Krankenhaus Schmiergeld; 9 Prozent bei der Vorbereitung von Dokumenten; 8 Prozent in der Schule und bei der Arbeit; und 6 Prozent, um Strafen für Verkehrsdelikte zu vermeiden. Gleichzeitig meinten 58 Prozent der Befragten, das Korruption ein Teil des Lebens in der Ukraine sei, und nur 29 Prozent stimmten dem nicht zu.

Wirtschaft

Die polnischen und ukrainischen Betreiber des Gastransportsystems (GAZ-System und die PAO „Ukrtransgaz“) schlossen die Machbarkeitsstudie für die Integration der Gastransportsysteme beider Länder ab. Die Parteien erwarten, dass das Projekt bis 2020 fertig sein wird. Dieses Projekt wird es erlauben, die Lieferumfänge von Gas aus Europa in die Ukraine zu vergrößern.

Nach dem 29. Oktober kann die Ukraine Russland juristisch keine Restrukturierung der Schulden vorschlagen, erklärte die ukrainische Finanzministerin Jaresko. Nach ihren Angaben betrifft dies die Begleichung der Schulden in Höhe von 3 Mrd. USD, sowie die Vergabe von neuen Derivaten, die die Ukraine für andere Kreditoren plant.

Der Warenumsatz von Einzelhandelsunternehmen der Ukraine verringerte sich in den ersten neun Monaten 2015 gegenüber der Vergleichsperiode 2014 um 22,8 Prozent auf 344,397 Mrd. Hryvna.

Nachfolgend eine Auswahl an englischen Interviews, Analysen und Videos zur Situation in der Ukraine

Video

Wie denken Sie über rechtsextreme Parteien?“ – Umfrage.

In Kiew gab es einen „Marsch der Helden

Reportage

Rückkehr nach Wolnowacha“ – 9 Monate nach der Tragödie, bei der 13 Zivilisten durch einen Terroranschlag starben.

Letzte Spur von MH17“ – Reportage aus dem Ort der Katastrophe.

Sie wurden durch den Krieg getrennt“ – Reportage über eine Familien aus der Ostukraine.

Verlassene Kinder der Ukraine“ – Reportage über Waisenkinder aus der ATO-Zone

Interviews

Russland wird die Familien der MH-17-Opfer drängen, die Ukraine zu verklagen. Interview mit dem Politologe Bogdan Jaremenko.

Interview mit Rebecca Harms – Der Bericht der niederländischen Untersuchungskommission zum Absturz von MH17 kann bei einem späteren Gerichtsverfahren helfen.

„Sie leben ohne Wasser- und Energieversorgung, aber viele wissen nicht, wohin sonst“ – Interview mit Alona Radtschenko, Geschäftsfrau aus Donezk.

Putin nutzt das Führungsvakuum in Europa: Interview mit Anne Applebaum.

Russland startete ein Täuschungsmanöver zur MH-17-Untersuchung: Interview mit Chris Miller, Journalisten aus Mashable.

„Die Partei Swoboda versucht ihren Ruf zu verbessern“: Interview mit Anton Shekhovtsov.

Der stellvertretende Leiter der Präsidialverwaltung, Dmytro Schymkiw kommentierte die „Reformen in der Ukraine“.

Menschenrechte

Ein zynischer Versucht, um mit der illegalen Verfolgung der Krimtataren durch Russland Misstrauen zu schüren.

In Russland wurde ein 73-jähriger Ukrainer wegen „Spionage“ zu einer 6-jährigen Haftstrafe verurteilt.

Auf der okkupierten Krim wurden Ukrainer wegen „Extremismus“ verhaftet.

Analyse

12. bis 18. Oktober 2015: Was deutschsprachige Medien zur Ukraine berichteten und was davon bei Facebook diskutiert wurde (auf Deutsch).

Minister für Wirtschaftsentwicklung und Handel, Aivaras Abromavicius: die straflose Korruption in der Ukraine bedroht die ukrainische Wirtschaft.

Ukrainer mögen Demokratie, sind aber mit ihrer Regierung unzufrieden.

Die Ukraine wird keine Investitionen im Landwirtschaftsbereich bekommen, wenn sie nicht die wichtigsten Änderungen beschließt.

Wochentliche Analyse von Stopfake. Russia Today berichtete über Präsidentschaftswahlen in den USA. NTV verbreitete verfälschte Informationen über neue Methoden in ukrainischen Schulen, wo Kinder nach einem „Bandera“-System unterrichtet werden. Die Zeitung „Izvestiya“ berichtete, dass die amerikanische Gruppe „Limp Bizkit“ in den besetzten Gebieten von Luhansk und Donezk ein Konzert geben wird.

Vorschau

Der ukrainische englischsprachige Kanal Ukraine Today und das Internetportal StopFake.org, der russische Falschmeldungen entlarvt, starten das gemeinsame Projekt StopFakeNews.