Viele Wohnhäuser und Sozialobjekte sind auf der Krim bis jetzt ohne Heizung – Taras Beresowez

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Kiew, 5. November 2015 – Die Heizsaison, die de facto laut der russischen Gesetzgebung auf der Halbinsel gilt, sollte bereits am 15. Oktober beginnen, aber bis heute sind viele Wohnhäuser und Sozialobjekte ohne Heizung. Darüber berichtete Taras Beresowez, Ideengeber des Projekts „Free Crimea“, während einer Pressekonferenz im Ukrainischen Crisis Media Center, die gemeinsam mit „Free Crimea“ organisiert wurde.

Zum Beispiel waren in Simferopol mit Stand vom 27. Oktober 89 Wohnhäuser, 4 Kindergärten, 11 Bildungseinrichtungen und 11 Krankeneinrichtungen ohne Heizung; und in Sewastopol waren es 38 Wohnhäuser und zwei Sozialobjekte. Unter Berücksichtigung dessen, dass es relativ warm ist, ist die Situation nicht kritisch, aber führte zu gewissen Unannehmlichkeiten für die Krimbewohner. Zum Bespiel verlängerte die Schule Nr. 30 in Simferopol die Herbstferien auf Bitten der Eltern um eine Woche, da sie ihre Kinder nicht zum Lernen in kalte Klassenzimmer schicken wollten.

Experten berichteten, dass die Okkupationsbehörden das Problem kennen, aber sie versuchen, die gesamte Verantwortung auf die Beamten vor Ort abzuschieben.

Außerdem reicht der Brennstoff auf der Halbinsel bis heute noch nicht vollständig, der für die Heizsaison benötigt wird. Das Problem betrifft in erster Linie den Nordteil der Halbinsel. Zum Beispiel sind in den Lagern im Bezirk von Bachtschyssaraj nur 30 Prozent des Brennstoffs, der für die Heizsaison gebraucht wird; in den Bezirken von Dschankoj, Kirowsk, Krasnohwardijsk und Krasnoperekopsk gibt es eine ähnliche Situation.

„Auf der gesamten Krim gibt es keine zentralisierte Gasversorgung und viele Leute verwenden eine unabhängige Heizung“, berichtete Roman Ostaptschuk, Experte bei „Free Crimea“.

Von 55.000-60.000 Tonnen Kohle, die für diese unabhängigen Heizungen benötigt werden, sind derzeit nur 30.000 Tonnen auf der Halbinsel. Und der Preis dafür, wenn man von Logistikproblemen absieht, beträgt mit Stand von Oktober 2015 je nach Qualität zwischen 1.800 und 3.700 Hryvna pro Tonne. Unter Berücksichtigung solcher Preise betonten die Experten, dass die Heizsaison ein harter Schlag für die Budgets vieler Familien ist.

Für Normalbürger ist die Situation im Bereich der Wohnungs- und Kommunaldienstleistungen auch durch folgende Neuerungen laut den Anforderungen der russischen Gesetzgebung schwierig: „Seit diesem Jahr begannen die Okkupationsbehörden damit, sogenannte „führende Gesellschaften“ statt ZhEK [Anm. Wohnungsverwaltungsämter], OSMD [Anm. Wohnungsbesitzervereine in Mehrfamilienhäuser] und andere Formen der kommunalen Eigentumsverwaltung einzuführen“, erklärte Taras Beresowez.

Im Zusammenhang mit diesen Neuerungen müssen die Bürger neue Verträge mit diesen Privatunternehmen unterschreiben. Da der Bürokratieapparat sehr langsam arbeitet und man sich an mehrere Institutionen wenden muss (für Gas, Strom, usw.), bildeten sich in den Verwaltungsorganen lange Schlangen.

„All diese Probleme, die mit der Heizsaison und den damit verbundenen Angelegenheiten zu tun haben, die es auf der Krim seit dem Schwund der Menschen gibt, führen zu der Frage, ob die Okkupationsbehörden einen würdigen Lebensstandard gewährleisten können“, betonte Jewhenija Andrijuk, Expertin für Internationales Humanes Recht bei der Bürgerinititative „Krim.SOS“. „Sogar der Lebensstandard, den die Krimbewohner hatten, als die Krim zur Ukraine gehörte, wird heute nicht mehr gewährleistet.“

Unter anderen Fragen, die die Krim betreffen, nannten die Experten auch positive Nachrichten, wie die Beschließung neuer Gesetze durch die Werchowna Rada, welche sich auf den Schutz von Binnenflüchtlingen (IDPs) richten und woran die Aktivisten von „Krim.SOS“, „Wostok.SOS“ und „Recht auf Schutz“ zirka neun Monaten arbeiteten.

„[Der Gesetzentwurf] führt mehrere wichtige Änderungen an dem Gesetz über IDPs ein und hebt eine Reihe von Beschränkungen und Verstößen auf – angefangen von der Bestimmung, wer Flüchtling ist […]; damit hängt auch die Frage über Nachweise und die Registrierung zusammen“, erklärte Jewgenija Andrijuk. „Trotzdem sind mehrere Probleme der Flüchtlinge von der Krim bisher nicht gelöst. Unter anderem Probleme mit Renten und Bankdepositen.“

Was die Situation insgesamt betrifft, äußerten die Experten ihre Sorge, dass die ukrainischen Behörden praktisch nicht systematisch vorgehen, um die Probleme der IDPs und Krimbewohner zu lösen, sowie die Menschenrechte auf der Krim nicht schützen, obwohl einige Klagen gegen Russland beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eingereicht wurden.

„Wenn Wohnungen [der Krimtataren] durchsucht werden, sollte das Außenministerium zumindest eine öffentliche Erklärung dazu abgeben“, sagte Jewgenija Andrijuk. Sie erinnerte daran, dass bisher weder ukrainische, noch internationale Organisationen Zugang auf die Krim haben. „Die Ukraine wurde als nicht-ständiges Mitglied in den UN-Sicherheitsrat gewählt. Das ist ein sehr gutes Forum, wo man über all dies sprechen kann“, betonte die Expertin.