Die Ukraine im globalen Rating: Absolut korrupt, „brüchiger“ Staat, aber hohe Werte bei Freiheit und Bildung der Gesellschaft

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Kiew, 22. Dezember 2015 – Experten und Personen des öffentlichen Lebens sammelten in einer Datenbank Informationen über die Ukraine in globalen Ratings. Darin sind die Kernaussagen von internationalen Indexen und Ratings zur Ukraine enthalten, sowie die aktuellen Positionen des Landes und die Tendenzen gegenüber früheren Jahren. Diese Daten können für Journalisten interessant sein, die Informationen über die Zivilgesellschaft suchen, oder als Instrument, um die Staatsführung zu kontrollieren, aber auch für internationale Player, um Investitionsstrategien auszuarbeiten. Diese Daten spiegeln auch die Wahrnehmung der Ukraine in der internationalen Gemeinschaft wieder. Heute befindet sich die Ukraine in einer Reihe mit den Seychellen, Aserbaidschan, Armenien und Kolumbien. Darüber berichteten Sewgil Musajewa-Borowyk, Chefredakteurin von „Ukrainska Prawda“, und Wolodymyr Kadygrob, Kurator für öffentliche und kulturelle Projekte, während der Präsentation des Projekts im Ukrainischen Crisis Media Center.

Die Ergebnisse der Ratings sind etwas verzögert, da sie die Daten aus dem Vorjahr berücksichtigen. Alle Erfolge von 2015 werden dann in die Ratings von 2016 einfließen. In der Datenbank sind folgende Kategorien vertreten: Wirtschaft, Gesellschaft, Freiheit, Korruption, Bildung und Innovationen.

Ewgenij Glibowizkij, Gründer der Consultinggesellschaft pro.mova, merkte an, dass man logischerweise in der Kategorie „Gesellschaft“ hohe Werte erwarten kann. Nach seinen Angaben ist es verständlich, dass „die innere ukrainische Gesellschaft am stärksten in der Ukraine vorankommt“. Außerdem erklärte der Experte, dass die Ratings nicht den Zustand einer Gesellschaft bewerten, sondern in gewisser Weise die Schlüsselinstitutionen beeinflusst. „Die ukrainische Gesellschaft versteht, den Institutionen, die ihr nicht gefallen, entgegenzuwirken. Allerdings lernte sie noch nicht, solche Instutionen zu gründen, mit denen sie auch zusammenarbeiten kann“, betonte Ewgenij Glibowizkij.

In der Kategorie „Korruption“, so der Mitbegründer des Zentrums für Gegenmaßnahmen zur Korruption, Vitalij Schabunin, messen die Ratings die Wahrnehmung des Korruptionsniveaus durch Bürger, Journalisten, Wirtschaftsvertreter und andere. Das Korruptionsniveau des Landes wird nicht als solches gemessen. Vitalij Schabunin merkte an, dass sich die Ukraine in der Gruppe der „absolut korrupten Länder“ befindet, wo Korruption keine Ausnahme, sondern die Regel ist. Das Hauptkriterium, das das Land in diese Ländergruppe brachte, ist das Fehlen von Strafen für Korruptionsvergehen. „Aber ich bin Optimist. Alle Reformen, die es im Antikorruptionsbereich gab, wurden dieses Jahr eingeführt: Gesetze wurden beschlossen und Institutionen geschaffen. Wir lernen, Institutionen zu schaffen, die uns gefallen werden“, betonte der Mitbegründer des Zentrums für Gegenmaßnahmen zur Korruption. Nach seinen Angaben kann die Ukraine bereits im nächsten Jahr einen Verbesserungstrend aufweisen. Allerdings ist Vitalij Schabunin davon überzeugt, dass sich die Ukraine solange nicht aus der Ländergruppe befreit, hin zur Gruppe, in der Korruption eine Ausnahme darstellt, bis die Prozeduren geregelt sind, sowie Registrierungen und die normative Umgebung vereinfacht wurden.

Im Bildungs- und Innovationsbereich nimmt die Ukraine eine hohe Position ein. Die Situation mit Freiheiten verbesserte sich ebenfalls. Das Land ist im Rating von Freedom House von 3,5 auf 3 Punkte gestiegen (7 Punkte sind das schlechteste Ergebnis, 1 Punkt das beste). Im Rating der Gendergleichheit befindet sich das Land auf dem 56. Platz unter 142 Ländern und überholte sogar manche EU-Länder. Hier wird der Zugang zu Bildung, dem Gesundheitssystem, Wirtschaftsfreiheiten und Vertretern in der Politik berücksichtigt.

Laut Aussagen der Kuratorin für die Arbeit mit dem französischen Publikum beim Ukrainischen Crisis Media Center, Tetjana Ogarkow, verschlechterte sich der Index der World Press Freedom für die Ukraine im Bereich der Pressefreiheit. Dies hängt damit zusammen, da das Rating die Unabhängigkeit von Oligarchen und dem Staat einbezieht. Doch, wie die Expertin anmerkte, wurde in diesem Jahr das Gesetz über die Veröffentlichung der Endbesitzer von Medien beschlossen, sowie das Gesetz zur Privatisierung von Medien, was in Zukunft einen positiven Einfluss haben kann.