Lage in der ATO-Zone
In der vergangenen Woche war die Situation in der ATO-Zone angespannt. Die ATO-Pressestelle berichtete, dass die illegalen Bandentruppen die durch die Minsker Vereinbarungen verbotenen Waffen weiter einsetzten (Mörser mit einem Kaliber von 82 und 120 Millimeter). Am 7. Januar teilte das Verteidigungsministerium mit, dass es erwartet, dass sich die Situation entlang der Demarkationslinie verschlechtern wird, weil die pro-russischen Rebellen wieder schwere Waffen und Artillerie entlang der Frontlinie stationieren. In der vergangenen Woche wurde die Waffenruhe in Richtung Luhansk eingehalten. In Richtung Donezk wurden die ATO-Kräfte an mehreren Tagen bei Nowhorodske, Zaitsewe, Majorske und Switlodarsker Stellungsbogen beschossen. In der Nähe des Donezker Flughafens (bei Awdijiwka, Opytne, Pisky) wurden neue Verstoße gegen die Waffenruhe festgestellt.
In der vergangenen Woche wurden die ukrainischen Streitkräfte 194 mal beschossen. Laut offiziellen Angaben der Sprecher der Präsidialverwaltung zu ATO-Fragen wurden 2 ukrainische Soldaten und ein Polizist getötet, sowie drei ukrainische Soldaten verletzt.
In Horliwka (Gebiet von Donezk) wurden Beobachter der OSZE-SMM von bewaffneten Rebellen der „DVR“ durchsucht. Die Rebellen vermuteten Videomaterial (OSZE-Bericht auf Englisch).
In der „Donezker Volksrepublik“ gab es Konflikte zwischen den verschiedenen Bandentruppen. Am 9. Januar wurde der Kommandeur der republikanischen Garde, Kononow, getötet. Einige Bandentruppen wurden in ihren Basen eingekesselt. Nach Meinung mehrerer Experten wurden unkontrollierbare Bandentruppen von russischen Geheimdiensten liquidiert. Zu diesem Ereignis kommt der Bericht der amerikanischen Analyseorganisation Stratfor (Artikel auf Englisch).
Die „DVR“ und „LVR“ stehen immer häufiger miteinander in Konflikt. In der vergangenen Woche wurde keine humanitäre Hilfe für die „LVR“ aus der „DVR“ zulassen. Diese Hilfe sollte an die Bevölkerung der „LVR“ und an das Rebellenbataillon „Gespenst“ (rus. „Prizrak“) geliefert werden.
Der ukrainische Aufklärungsdienst teilte mit, dass zirka 7.700 russische Soldaten in der ATO-Zone stationiert sind (Meldung auf Englisch).
Die ukrainische Journalistin Maria Warfolomeewa befindet sich seit einem Jahr in Gefangenschaft der „LVR“-Rebellen. Sie wird beschuldigt, für den „Rechten Sektor“ Ziele ausgekundschaftet zu haben. Laut der Anklage wurden bei dem Beschuss durch den „Rechten Sektor“ 26 Personen getötet. Ihr drohen 15 Jahre Haft. Die Rebellen verweigerten mehrfach ihre Freilassung.
Die Okkupation der Krim
Die Geheimdienste auf der besetzten Krim setzen ihre Verhöre fort. Dieses Mal geriet die Direktorin der Bibliotheksaußenstelle des Ukrainischen Kulturzentrums, Irina Danilowitsch, ins Visier des FSB. Nach Angaben des ukrainischen Aktivisten Leonid Kusmin wurde sie vom FSB über die Tätigkeit des Zentrums verhört, sowie über deren Mitarbeiter. Seit Gründung des Zentrums sagten die Organisatoren, dass das Zentrum keine politischen Tätigkeiten durchführt.
Gerichtsklagen gegen Russland
Die Ukraine plant, beim Internationalen Gerichtshof der UN eine Klage gegen Russland für die Unterstützung von Terrorismus einzureichen, teilte der ukrainische Justizminister, Petrenko, mit. Der Minister merkte an, dass bereits Beweise gesammelt wurden und gerade der vorgerichtliche Kommunikationsprozess mit der russischen Seite abgeschlossen wurde, sowie die Anrufung des Gerichts. Außerdem erinnerte Petrenko daran, dass sich die Staatsunternehmen „Oschtschadbank“ und „Naftogaz“ selbständig an das Schiedsgericht in Stockholm wenden. Er sagte auch, dass sich über 700 Ukrainer an den Europäischen Gerichtshof mit Privatklagen gegen Russland wegen der Annexion der Krim und den Aktionen im Donbass wandten.
Wirtschaft
Der Internationale Währungsfond bestätigte, dass der am 25. Dezember beschlossene Staatshaushalt mit den Programmzielen zur Zusammenarbeit zwischen der Ukraine und dem Fond vereinbar ist, berichtete die ukrainische Finanzministerin, Natalija Jaresko. Es sei daran erinnert, dass während der Anhörung des Budgetentwurfs in der Werchowna Rada mehrere Änderungen durch die Parlamentsabgeordneten vorgenommen wurden, die nicht mit dem IWF vereinbar waren. Sie stimmten auch nicht der Neufassung des Steuergesetzbuchs zu, das vom Präsidenten beim Nationalen Reformrat beschlossen wurde und das dem Gesetzentwurf über den Staatshaushalt zugrunde lag, der zwischen dem Finanzministerium und dem IWF vereinbart wurde.
Ab 1. Januar stoppte Russland den Warentransit von ukrainischen Ladungen über sein Gebiet. Dies betrifft nur den Transit für Kasachstan. Diese Maßnahme wurde im Zusammenhang der einseitigen Aussetzung der Freihandelszone im Rahmen der GUS in Bezug auf die Ukraine durch Russland eingeführt. Die Maßnahme sieht vor, dass solche Transits nur über das Gebiet von Weißrussland abgewickelt werden können.
Die Ukraine plant, Beratungen mit Vertretern der Europäischen Union über die Transitbeschränkungen von ukrainischen Waren aufzunehmen, teilte die stellvertretende Ministerin für Wirtschaftsentwicklung und Handel, sowie Handelsvertreterin der Ukraine, Natalija Nikolskaja, mit.
Die Regierungsverordnung über das Verbot von russischen Warenimporten in die Ukraine trat ab 10. Januar 2016 in Kraft. Es sei daran erinnert, dass die Ukraine Spiegelsanktionen auf das Verbot des Exports von ukrainischen Waren mit landwirtschaftlicher Bestimmung, Produkten und Rohstoffen nach Russland einführte.
2015 stieg die Inflation in der Ukraine (Dezember 2015 gegenüber Dezember 2014) um 43,3 Prozent gegenüber einer Inflation von 2014 mit 24,9 Prozent. Dies war in den vergangenen 20 Jahren der höchste Wert, hieß es auf der Website des Staatlichen Statistikamts. Laut diesen Daten stiegen die Preise für Erdgas am stärksten (um das 3,7-fache), sowie für Warmwasser und Heizung (um 78,4 Prozent), für Strom (um 66,9 Prozent) und für Gemüse (um 66,7 Prozent).
Am 15. Januar wird ein Testflug eines Transportflugzeugs von Ilitschewsk auf der Strecke Ukraine-Georgien-Aserbaidschan-Kasachstan-China (über das Kaspische und Schwarze Meer) starten. Darüber berichtete die Pressestelle des ukrainischen Infrastrukturministeriums. „Diese Strecke ist eine neue „Seidenstraße“ und eine Alternative für Warenströme in den Osten unter Umgehung von Russland. Sie soll vollkommen mit der traditionellen Landstrecke konkurrieren können“, heißt es in der Mitteilung.
Die Ukrainer bewerten ihren Lebensstandard mit 4 von 10 möglichen Punkten. Dies berichteten Spezialisten des amerikanischen Gallup-Instituts. Die Autoren der Umfrage merken an, dass dies das schlechteste Ergebnis seit Beginn der Untersuchungen seit 2007 ist (zuvor waren es 5,3 Punkte). 2015 stieg die Anzahl der Notleidenden auf 36 Prozent. Die Anzahl der Wohlhabenden lag nur bei 9 Prozent, und die Anzahl an Personen mit gewissen Schwierigkeiten machte 56 Prozent aus. Das Gallup-Institut merkte an, dass es unter Berücksichtigung der bankrotten Wirtschaft während eines Jahres mit schweren Konflikten nicht verwundert, dass diese depressive Sicht fast alle Bereiche der ukrainischen Gesellschaft betreffen. Dies zeigt sich auch in den Erwartungen der Ukrainer in Bezug auf ihr persönliches Leben in den nächsten fünf Jahren. Die Anzahl der Personen, die angaben, mit ihrem Lebensstandard zufrieden zu sein; fiel von 27 Prozent im Vorjahr auf 17 Prozent; die Anzahl jener, die die wirtschaftliche Situation im Land als arm bewerten, stieg von 62 Prozent im Vorjahr auf 79 Prozent 2015 (alle Ergebnisse auf Englisch).
Nachfolgend eine Auswahl an englischen Interviews, Analysen und Videos zur Situation in der Ukraine
Reportage
„Liebe an der Frontlinie“: Reportage über die Liebe eines alten Ehepaars in der ATO-Zone.
Bellingcat: 20 russische Soldaten waren am Abschuss von MH17 beteiligt.
Aktivisten von der Zivilblockade der Krim planen, ein Bataillon zur Befreiung der Krim zu gründen – Reportage von Kyivpost
Coca-Cola entschuldigte sich dafür, die Krim der Russischen Föderation zugerechnet zu haben – Artikel von Ukraine Today.
Interview
Die Ukraine kann nicht weiter mit korrupten Richtern funktionieren. Interview mit dem Rechtsanwalt der Himmlischen Hundertschaft, Markijan Chalabala.
Analyse
4. bis 10. Januar 2016: Was deutschsprachige Medien zur Ukraine berichteten. In der ersten Woche des neuen Jahres gab es relativ wenig aus und über die Ukraine zu berichten (auf Deutsch).
Weltbank: Die Ukraine kann 2016 ein Wirtschaftswachstum aufzeigen und die russische Wirtschaft fällt weiter in die Rezession. Analyse von KyivPost.
Ukrainische Journalisten können sich nicht auf eine gerechte Gerichtsbarkeit verlassen.
Der Bankenbereich wurde gereinigt, aber die Banken vergeben keine Kredite – Interview mit dem stellvertretenden Vorsitzenden der Ukrainischen Nationalbank, Wladislaw Raschkowan.