Angehörige von Todesopfern auf dem Maidan: Die Wahl eines neuen Generalstaatsanwalts muss transparent sein

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Kiew, 16. März 2016 – Die Angehörigen der Helden der Himmlischen Hundertschaft fordern einen transparenten und öffentlichen Wettbewerb um den Posten des ukrainischen Generalstaatsanwalts. Als Kandidaten schlagen sie Serhij Horbatjuk vor. Das erklärte während einer Pressekonferenz im Ukraine Crisis Media Center Wolodymyr Bondartschuk, dessen Vater Serhij im Februar 2014 auf dem Kiewer Maidan erschossen wurde. Bondartschuk vertritt die gesellschaftliche Organisation “Familien der Helden der Himmlischen Hundertschaft”. Ihm zufolge ist derzeit am wichtigsten, dass die Verbrechen gegen die Teilnehmer der Revolution der Würde untersucht und die Verantwortlichen für den Tod der Himmlischen Hundertschaft bestraft werden.

“Die Ermittlungen bezüglich der Verbrechen während der Revolution der Würde sind ein Indikator dafür, ob sich in unserem Land etwas verändert”, sagte Bondartschuk. Seiner Meinung nach sind gewisse Fortschritte erst erzielt worden, nachdem in der Generalstaatsanwaltschaft die Abteilung für Sonderermittlungen eingerichtet wurde. Daher schlagen die Aktivisten den Leiter der Abteilung, Serhij Horbatjuk, für den Posten des Generalstaatsanwalts vor. “Ihm ist es gelungen, gewisse Fortschritte zu erzielen. Diese sind in seinen Berichten zu erkennen. Es gibt Gutachten bezüglich der Waffen. Identifiziert wurden auch Personen, die am 20. Februar 2014 an der Ermordung unserer Angehörigen beteiligt waren”, so Bondartschuk.

Lob für Serhij Horbatjuk

Pawlo Sydorenko, Koordinator der Initiativgruppe “Opfer auf dem Maidan”, fordert radikale Veränderungen. “Die Generalstaatsanwaltschaft ist heute ein Morast. Aber dort gibt es eine kleine Insel, weil es einen Abteilungsleiter gibt, der es ihr nicht erlaubt, im Sumpf der Korruption unterzugehen. Und das ist die Abteilung für Sonderermittlungen”, betonte er. Sydorenko sagte ferner, dass man sich bedeutendere Untersuchungsergebnisse wünschen würde. Dennoch stünden die Angehörigen der Himmlischen Hundertschaft, Menschen, die auf dem Maidan verletzt worden seien, sowie Anwälte mit Horbatjuk fast täglich in Kontakt. Ihm würden sie alle vertrauen.

Der Rechtsanwalt der gesellschaftlichen Bewegung “Automaidan”, Roman Maselko, sagte auf der Pressekonferenz, dass alle Verbrechen auf dem Maidan aufgeklärt werden könnten. Doch das erfordere vor allem politischen Willen. Maselko ist überzeugt, dass der Generalstaatsanwalt heute vom Präsidenten und Abgeordneten abhängig ist. “In erster Linie sollte sich der Generalstaatsanwalt vom Gesetz leiten lassen. Er muss ein offenes Ohr für die Gesellschaft haben und sich auf sie stützen, denn für sie arbeitet er”, betonte Maselko.

Öffentlichkeit muss informiert werden

Alle drei bisherigen Generalstaatsanwälte nach der Revolution der Würde hätten drei Dinge versprochen, sagte Oleksandra Matwijtschuk, Koordinatorin der gesellschaftlichen Initiative “Euromaidan-SOS” und Leiterin des Zentrums für bürgerliche Freiheiten: Die Rückführung von Vermögenswerten, die durch Korruption erworben wurden; die Untersuchung von Verbrechen, die während des Euromaidans verübt wurden; sowie eine radikale Reform der Staatsanwaltschaft. “Alle drei Generalstaatsanwälte haben diese Aufgaben nicht bewältigt”, unterstrich Matwijtschuk. Wenn dieser Posten auch künftig so wie bisher besetzt werde, dann werde auch der nächste Generalstaatsanwalt mit diesen Aufgaben nicht fertig.

Daher müsse bei der Wahl eines Generalstaatsanwalts die Gesellschaft hinzugezogen werden. Denn ihr hätten es die jetzigen politischen Parteien und Politiker zu verdanken, dass sie an die Macht gekommen seien. “Wir fordern, dass der Öffentlichkeit bekannt gegeben wird, welche Kandidaten diskutiert werden. Zweitens fordern wir, dass diese Personen ihren Aktionsplan vorstellen. Nur so kann die Öffentlichkeit beurteilen, was sie auf diesem Posten vorhaben”, sagte Matwijtschuk.