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Der Prozess gegen Serhij Lytwynow verletzt die Menschenrechtskonvention und eignet sich ideal für ein Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof

Справа «в’язня Кремля» Сергія Литвинова. УКМЦ, 28.04.2016

In Russland ist der Ukrainer Serhij Lytwynow wegen Diebstahls, den er während Kämpfen in der Region Luhansk begangen haben soll, zu 8,5 Jahren Haft verurteilt worden. Lytwynow wurde im Sommer 2014 von der russischen Polizei in einem Bezirkskrankenhaus der russischen Region Rostow festgenommen, wohin er zusammen mit Flüchtlingen geraten war, nachdem er die Grenze zu Russland überquert hatte*.

Kiew, 28. April 2016 – Der Prozess gegen Serhij Lytwynow, den ein russisches Gericht zu acht Jahren und sechs Monaten Haft wegen eines Überfalls auf einen russischen Staatsangehörigen im Gebiet Luhansk verurteilt hat, eigne sich ideal für ein Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof. Eine ganze Reihe von Artikeln der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten sei verletzt worden. Das erklärte Lytwynows Anwalt Viktor Parschutkin während einer Pressekonferenz in Ukraine Crisis Media Center.

Ihm zufolge wurde Artikel 3 der Konvention verletzt, weil der Ukrainer Lytwynow gefoltert wurde. “Das von den Ermittlern veranlasste psychologische und psychophysiologische Gutachten hat bewiesen, dass 73 Prozent von Lytwynows Reaktionen auf Folter hindeuten, unter anderem mit Stromschlägen”, sagte Parschutkin. Dem Anwalt zufolge geht aus 72 Prozent von Lytwynows Reaktionen hervor, dass manche Aussagen, die in vielen Protokollen seines Verhörs über “die Strafoperationen” festgehalten wurden, gar nicht von ihm selbst stammen konnten. Er habe die Aussagen auch deswegen nicht machen können, weil er Entwicklungsstörungen aufweise, so der Anwalt des Häftlings.

Er betonte ferner, dass das Recht auf ein faires Verfahren verletzt worden sei, weil das Gericht abgelehnt habe, die Aussagen des russischstämmigen Opfers Oleksandr Lysenko zu prüfen. Nur auf der Grundlage seiner Aussagen wurde Serhij Lytwynow verurteilt. Der Anwalt bereitet nun eine begründete Beschwerde gegen das Urteil vor. Er rechnet damit, dass die Berufungsverhandlung in anderthalb Monaten stattfindet. Und nach Inkrafttreten des Urteils werde die Verteidigung eine Klage beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte einreichen, sagte Viktor Parschutkin.

Außerdem teilte der Anwalt mit, dass er den Vorsitzenden des Ermittlungskomitees der Russischen Föderation auf eine finanzielle Entschädigung in Höhe von einer Million Rubel verklagen werde, weil Serhij Lytwynow vom 20. August 2014 bis zum 8. Juli 2015 rechtswidrig in russischen Gefängnissen inhaftiert worden sei. Der Anwalt erklärte, dass Lytwynow in diesem Zeitraum ausschließlich der Kriegsverbrechen beschuldigt worden sei und dass diese Vorwürfe mangels Beweise später fallen gelassen worden seien. Parschutkin will auch gegen den TV-Sender “Rossija-1” und Dmitrij Kisseljow bezüglich des Schutzes der Ehre und Würde von Lytwynow klagen. “Dieser TV-Sender und Dmitrij Kisseljow haben Lytwynow am meisten verleumdet und aus ihm ein Mitglied eines Strafkommandos gemacht”, sagte der Anwalt.

Parschutkin betonte, dass der Prozess gegen Serhij Lytwynow ein besonderer unter den Fällen der sogenannten “Kreml-Gefangenen” ist, weil nur er rein militärischer Verbrechen beschuldigt worden sei: der Massenmorde, Strafaktionen und verbotener Mittel der Kriegsführung. Außerdem sei Serhij Lytwynow ein einfacher Mann aus einem Dorf, dazu geistig behindert, betonte Parschutkin.

Maria Tomak, Koordinatorin der Kampagne #LetMyPeopleGо, sagte während der Pressekonferenz, dass derzeit 28 Ukrainer in Russland und auf der annektierten Krim festgehalten würden.

* Lytwynow wurden Massenvergewaltigungen und Tötungen von Zivilisten vorgeworfen, die er als Mitglied des ukrainischen Freiwilligen-Bataillons “Dnipro-1″ begangen haben soll. Die Menschenrechtlerin und Anwältin Maria Tomak aus Kiew sowie der ukrainische Konsularische Dienst konnten allerdings nachgewiesen, dass die “toten” Zivilisten nie existiert haben. Daraufhin mussten die russischen Ermittlungsbehörden die Vorwürfe gegen Lytwynow, Kriegsverbrechen begangen zu haben, fallen lassen. Sie hielten nur noch den Vorwurf des Diebstals aufrecht.

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