Wochenübersicht der ukrainischen Pressenachrichten vom 6. Bis 12. September 2016

 

Die Situation im Kampfgebiet in der Ostukraine

Die ukrainische Seite stellt eine Verschärfung der Lage entlang der Kontaktlinie im Donbass fest. Das teilte der Leiter der ukrainischen Seite des Gemeinsamen Zentrums zur Koordinierung und Kontrolle der Waffenruhe in der Ostukraine, Borys Kremenezkyj, mit.

Seit 1. September soll in der Sicherheitszone eine dauernde Waffenruhe umgesetzt werden. Aber schon am 2. September setzten die prorussischen Militärverbände schwere Waffen ein, die laut den Minsker Vereinbarungen verboten sind. Am 5. September setzten sie schwere Waffen mit einem Kaliber von 82 und 120 Millimetern ein. Vom 1. bis 10. September wurden 30 Fälle festgestellt, wo die prorussischen Kräfte schwere Waffen eingesetzt haben.

Vom 5. bis 11. September wurden die ukrainischen Streitkräfte 173 Mal beschossen. Infolge der Kampfhandlungen und durch Sprengfallen wurden fünf ukrainische Soldaten getötet und sieben weitere verletzt.

Gestern (am 11. September) wurden die ukrainischen Checkpoints im Frontabschnitt Mariupol bei Wodjane mit 122-mm Artillerie und bei Schyrokine mit 82-mm Granatwerfern beschossen. Dabei wurden ebenfalls die Checkpoints bei Hranitne, Marijinka, Starohnatiwka und Talakiwka beschossen. Im Frontabschnitt Luhansk wurden die ukrainischen Checkpoints bei Nowooleksandriwka mit Schützenpanzern, Granatwerfern, Mörsern, Panzerabwehrsystemen und Schützenwaffen beschossen. Im Frontabschnitt Donezk wurden Provokationen bei Awdijiwka und Luhanske festgestellt (Nachricht auf Englisch).

Jugendliche in der “Donezker Volksrepublik” wegen angeblicher Sabotage festgenommen. Vertreter der selbsternannten “Donezker Volksrepublik” haben fünf Jugendliche festgenommen. Ihnen wird Sabotage auf Anweisung ukrainischer Geheimdienste vorgeworfen. Auf der Webseite des sogenannten “Ministeriums für Staatssicherheit der Donezker Volksrepublik” heißt es, die Jugendlichen hätten mehrere Autos, zivile und militärische Objekte sowie Militärtechnik gesprengt. Nach Worten des ältesten “Saboteurs” (18 Jahre) wurden sie angeblich von einem ukrainischen Soldaten des Bataillons “Ajdar” zu den Sabotageakten gedrängt. Dieser habe angeblich mit Repressalien gegen Angehörige der Jugendlichen gedroht, sollten sie seinen Befehlen nicht Folge leisten. Der Sicherheitsdienst der Ukraine (SBU) weist die Vorwürfe zurück und betont, dass die prorussischen Rebellen so die proukrainische Bevölkerung in den vorübergehend besetzten Gebieten manipulieren würden. Jurij Tandit, Berater des Chefs des ukrainischen Sicherheitsdienstes, erklärte, dass die Ukraine Minderjährige weder anwerben noch für Kampfhandlungen rekrutieren würde.

Waffenlieferungen aus Russland: Angaben der ukrainischen Militäraufklärung. Aus der Russischen Föderation wurden wiederholt Ausrüstungen und Militärtechnik in den Donbass geliefert. Dies teilte die Hauptverwaltung der Militäraufklärung beim Verteidigungsministerium der Ukraine mit. „Am Bahnhof „Dowschanska Nowa“ (Bezirk Swerdlowsk) trafen fünf Güterwaggons mit Militärtechnik ein (zwei Panzer, zwei 122 Millimeter-GRAD-Raketenwerfer), sowie vier Tankwagen mit Dieseltreibstoff (200 Tonnen) und zwei Tankwagen mit Benzin (100 Tonnen)“, heißt es in der Mitteilung.

Presseunterdrückung. Die selbsternannte „Donezker Volksrepublik“ („DVR“) droht mit der Tötung von ukrainischen Journalisten. Die Milizionäre der „DVR“ erklärten, dass ukrainische Sicherheitskräfte unter dem Deckmantel von Journalisten Sabotagen begehen würden. Nach Angaben des sogenannten „stellvertretenden Befehlshabers der Streitkräfte der „DVR“, Eduard Basurin, bereiten Diversanten unter dem Deckmantel von Journalisten Terroranschläge in der „DVR“ vor. Basurin drohte damit, diese Personen umzubringen, die als ukrainische Diversanten verdächtigt werden.

OSZE: Bericht der Sonderbeobachtungsmission der OSZE zur Situation in der Ostukraine (auf Englisch). Der Generalsekretär der OSZE, Lamberto Zannier, ist über die negative Einstellung gegenüber den Mitarbeitern der Beobachtungsmission überrascht, die besonders in den Gebieten herrscht, die von den Milizionären kontrolliert werden. „Die Bedingungen sind schwierig. In vielen Fällen treffen sie auf Zugangsbehinderungen. Ich möchte aber, dass sie überall Zugang zu allen Gebieten bekommen. Mich überraschte es auch, dass die Beobachter kaum respektiert werden, vor allem in den Gebieten, die nicht von der Ukraine kontrolliert werden“, erklärte Zannier bei einer Pressekonferenz.

Diplomatische Vertretungen der selbsternannten „Donezker und Luhansker Volksrepubliken in EU

Das tschechische Außenministerium legte bisher keinen Protest beim Lokalgericht von Ostrava (Osttschechien) gegen die Registrierung der sogenannten „Vertretung der „Donezker Volksrepublik“ ein. Das tschechische Außenministerium unternahm ebenfalls nichts gegen den illegalen Einsatz der tschechischen Bürgerin Nela Liskova, die illegal in den besetzten Teil des Donbass fuhr, um die Separatisten dort zu unterstützen und die heute den Titel „Honorarkonsul der DVR in Tschechien“ trägt.

Die Führung der „Luhansker Volksrepublik“ kündigte an, in Österreich eine „Vertretung“ zu eröffnen. Laut Angaben von „LVR-Vertretern“ soll sich diese „Vertretung“ mit „Aufklärung“ beschäftigen und die Lieferung von humanitärer Hilfe in die besetzten ukrainischen Gebiete koordinieren. Diese Organisation soll laut eigenen Angaben von dem bekannten Österreicher Alfred Almeder geleitet werden.

Der ukrainische Botschafter in Österreich, Oleksandr Scherba, erklärte, dass ihn diese Nachricht nicht überrascht, vielmehr sei dies eher für Österreich eine unangenehme Überraschung. Oleksandr Scherba reichte beim österreichischen Außenministerium eine Note in Bezug auf eine mögliche Eröffnung der „LVR-Vertretung“ in Wien ein.

Wahlen auf der besetzten Krim

Am 18. September finden Wahlen zur Staatsduma, dem Unterhaus des russischen Parlaments statt. Erstmals sollen diese “Wahlen” auch auf der von Russland annektierten ukrainischen Halbinsel Krim abgehalten werden, die vier Abgeordnete vertreten sollen. Das ukrainische Außenministerium protestiert gegenüber Moskau entschieden gegen die “Wahlen” auf der vorübergehend von Russland besetzten Krim.

Das Büro für Demokratie und Menschenrechte der OSZE wird keine Beobachter-Mission auf die Krim entsenden, da es den von den russischen Besatzungsbehörden dort organisierten Urnengang nicht als legitim betrachtet. Das erklärte der OSZE-Vertreter Jan Petersen.

Die “Wahlen” auf der von Russland annektierten Krim könnten zu einer neuen Welle von Repressionen gegen Menschen auf der Krim führen, die sich öffentlich gegen den Urnengang aussprechen. Das erklärte Olha Skrypnyk, Leiterin der Krim-Menschenrechtsgruppe. Den Menschen könnte laut russischem Strafgesetzbuch “Verletzung der territorialen Integrität” vorgeworfen werden. (Meldung in englischer Sprache)

Der Abgeordnete im ukrainischen Parlament und Vorsitzende des Medschlis der Krimtataren, Refat Tschubarow, hat erklärt, die Ukraine sollte die neu gewählte Staatsduma wegen der illegalen Wahlen auf der besetzten Krim nicht als legitim anerkennen.

Der stellvertretende Vorsitzender des Medschlis, Achtem Tschyjgos, der von den Besatzungsbehörden inhaftiert wurde, hat die Krimtataren aufgerufen, die sogenannten “Wahlen” zur russischen Staatsduma auf der Halbinsel zu boykottieren.

Ukrainische Paralympioniken in Rio: Unerwarteter Erfolg

Das Team aus der Ukraine ist derzeit auf Platz 3 des offiziellen Medaillenspiegels bei den Paralympischen Spielen in Rio. Insgesamt hat das ukrainische Team 53 Medaillen gewonnen, darunter 20 Mal “Gold”, 14 Mal “Silber” und 19 Mal “Bronze”. Auf dem ersten Platz ist China und auf dem zweiten Großbritannien. Frankreich ist zurzeit auf Platz 14, Deutschland auf Platz 9, Italien auf Platz 11 und Spanien auf Platz 18.

Vom 7. bis 18. September finden in Rio de Janeiro die XV. Paralympischen Sommerspiele statt. An ihnen nehmen Sportler aus mehr als 170 Ländern teil. Die Ukraine hat 155 Athleten nach Rio geschickt, die in 14 Sportarten antreten werden. Das Ukraine Crisis Media Center hat die Geschichte eines ukrainischen Paralympioniken veröffentlicht.

Umfrage: Ukrainer wissen wenig über EU-Hilfen an ihr Land

Etwa ein Drittel der Ukrainer glaubt, die EU unterstütze ihr Land bei der Korruptionsbekämpfung. Rund 22 Prozent meinen, die EU unterstütze die Ukraine in den Bereichen Verteidigung und Sicherheit. 19,3 Prozent gehen davon aus, dass die EU eine Reform der öffentlichen Verwaltung in der Ukraine unterstützt. Gleichzeitig weiß ein Drittel der Befragten nichts über die Hilfen, die die EU der Ukraine gewährt.

Das geht aus einer im Auftrag des ukrainischen TV-Kanals “1+1” durchgeführten Umfrage des Zentrums für Sozialwissenschaft und Marktforschung “Sozis” hervor. Was regionale Unterschiede angeht, so meinen die Einwohner der Hauptstadt Kiew öfter als in anderen Regionen des Landes, die EU unterstütze die Ukraine im Bereich der Energieeffizienz. Die Befragten im Westen der Ukraine sind hingegen besser über die EU-Hilfen in den Bereichen Wirtschaft, Verteidigung und Sicherheit informiert. Im Norden der Ukraine sind mehr Befragte als in anderen Regionen des Landes der Meinung, dass die EU bei der Reform des Justizsystems behilflich ist. Die Umfrage wurde vom 18. bis 23. August 2016 durchgeführt. Befragt wurden 1483 Personen ab 18 Jahren.

Wirtschaft

Der Hauptfinanzpartner der Ukraine, der Internationale Währungsfond, gab den endgültigen Termin für das Vorstandstreffen zur Ukrainefrage bekannt: der 14. September. Die Nachricht war eine Überraschung, da der Fond bisher keine klaren Signale gab, die auf eine Bereitschaft über die Revision des Kooperationsprogramms hätten hindeuten können, während die ukrainischen Beamten seit über einem Jahr versicherten, dass der IWF diesen Schritt unternehmen würde.

Das Hohe Gericht von London gab den Termin zur Anhörung der russischen Klage gegen die Ukraine in Bezug auf die sogenannten „Schulden von Janukowitsch“ in Höhe von drei Milliarden US-Dollar bekannt: 17. bis 20. Januar 2017. Darüber berichtete der stellvertretende russische Finanzminister, Sergej Stortschak.

In der Ukraine sind zirka 1,8 Millionen Menschen arbeitslos. Darüber berichtete der Vizeministerpräsident, Pawlo Rosenko. Die Arbeitslosenzahl wurde nach der Methode der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) ermittelt, wonach die Arbeitslosenquote bei 8,5 Prozent liegt. Pawel Rosenko merkte an, dass es viele Menschen gibt, die bei Umfragen angeben, arbeitslos zu sein, aber faktisch nicht arbeitslos sind, da sie eine Stelle in der Schattenwirtschaft haben.

Kultur: Die “Sheriffs” und die Oscarverleihung, Frederic Beigbeder in Lwiw und Kasimir Malewitsch in Kiew

Der Dokumentarfilm “Ukrainische Sheriffs” des Regisseurs Roman Bondartschuk wird die Ukraine bei der Nominierung für den “Oscar” in der Kategorie “Bester fremdsprachiger Film” vertreten. Der Film ist eine ukrainisch-lettisch-deutsche Koproduktion. Der Film hat bereits in diesem Jahr eine Auszeichnung (Special Jury Award) beim Internationalen Dokumentarfilm-Festival in Amsterdam erhalten. Die Hauptfiguren des Films “Ukrainische Sheriffs” sind zwei Einwohner in der südukrainischen Region Cherson, die in ihrer Gemeinde für öffentliche Ordnung sorgen. (Trailer)

Vom 15. bis 18. September findet in Lwiw die Buchmesse und das Internationale Literaturfestival statt. Es ist eine der wichtigsten Literaturveranstaltungen des Landes. Sie richtet sich nicht nur an Fachbesucher, sondern auch an ein breites Publikum. Auf dem Programm stehen Veranstaltungen wie “Literatur gegen Aggression”, die “Nacht der Poesie und Musik” sowie mehrere Veranstaltungen, die dem in Lwiw geborenen polnischen Science-Fiction-Schriftsteller Stanislaw Lem gewidmet sind. Einer der Gäste des Festivals wird der französische Schriftsteller Frederic Beigbeder sein.

Vom 6. bis 9. Oktober dieses Jahres wird in Kiew erstmals eine internationale wissenschaftliche Kasimir-Malewitsch-Konferenz stattfinden. 2015 wurden Dokumente entdeckt, auf deren Grundlage nun die Zeit des Künstlers erforscht werden kann, die er in der Ukraine verbracht hat. An der Konferenz werden führende Malewitsch-Experten aus Frankreich, Polen, den Niederlanden, aus Belgien, Portugal, Russland, Israel und Kanada teilnehmen.

Nachfolgend eine Auswahl an englischsprachigen Interviews, Analysen und Videos zur Situation in der Ukraine

Reportagen

Der Eurovision Song Contest findet in Kiew statt. Reportage von Ukraine Today

Paralympioniken: “Das ganze Leben ist ein Kampf”. Reportage von Hromadske International

Das Leben an Checkpoints. Reportage von KyivPost

Erneuter Sabotage-Versuch bei der elektronischen Einkommenserklärung für Beamte. Reportage von KyivPost

Die Ukraine bewirbt sich mit dem Film “Ukrainische Sheriffs” um einen Oscar. Reportage von Ukraine Today

Sechs ukrainische Universitäten schaffen es auf die Liste der weltbesten Hochschulen. Reportage von KyivPost

Ukrainischer Generalstab: 6000 russische Militärs kämpfen im Donbass. Reportage von Ukraine Today

Die EU verlängert die Sanktionen gegen Russland. Reportage von Ukraine Today

Interviews

Igor Pomeranzew: “Für die Deutschen ist Czernowitz eine der Literatur-Hauptstädte des 20. Jahrhunderts”. Interview von Ukraine Today

Ukraine-Beauftragter im Auswärtigen Amt, Johannes Regenbrecht: “Deutschland unterstützt weiterhin die Ukraine”. Interview von Hromadske International

Ehemaliger Gefangener eines SBU-Gefängnisses: “Die Ukraine ist mir gegenüber schuldig”. Interview von Hromadske International

Meinung

Wird Putin einen umfassenden Krieg gegen die Ukraine beginnen? Beitrag des Politikexperten Oleh Belokos bei Ukraine Today

Analysen

Experte: Die Duma-Wahlen auf der besetzten Krim stehen im Widerspruch zur russischen Gesetzgebung. Analyse von Ukraine Today

Was man über die Attacke gegen den TV-Sender “Inter” in Kiew wissen muss. Analyse von Hromadske International

36 Prozent der Ukrainer wissen nichts über die EU-Hilfen an ihr Land. Analyse von Ukraine Today

Business Digest der Woche von KyivPost

Experte: Parlamentswahlen auf der Krim sind eine perfekte Falle für Russland. Analyse von Ukraine Today.