Zemans Wahlsieg, Janukowytsch, Manafort und Trump, neue US-Sanktionen sowie weitere Themen: Übersicht der ukrainischen Pressenachrichten #44, 22.-28. Januar 2018

Die Situation im Kampfgebiet in der Ostukraine

Weiterhin Kämpfe. Die ganze vergangene Woche über kam es in der Zone der Anti-Terror-Operation (ATO) weiterhin zu Kämpfen mit niedriger Intensität. Die Rebellen verstießen in der Woche 16 Mal gegen die Waffenruhe. Am 24. Januar war es allerdings erstmals seit langem in der ATO-Zone völlig ruhig. Die Waffenruhe wurde nicht verletzt und es gab auch keine Verwundeten.

US-Waffenlieferungen. Die Vereinigten Staaten haben mit den Vorbereitungen für die Lieferung amerikanischer Panzerabwehrraketen vom Typ “Javelin” an die ukrainischen Streitkräfte begonnen. Das teilte der US-Sonderbeauftragte für die Ukraine, Kurt Volker, mit. Ihm zufolge wird noch “Zeit benötigt, um alles vorzubereiten”. Es gehe dabei um die Lagerung und die Übergabe der Waffensysteme.


Was bedeutet für die Ukraine Zemans Wahlsieg in Tschechien?

Amtsinhaber Milos Zeman hat die Stichwahl um das Präsidentenamt in der Tschechischen Republik gewonnen. Er wurde für eine zweite fünfjährige Amtszeit wiedergewählt. Zeman erreichte 51,3 Prozent der Stimmen, während sein Gegner, der Wissenschaftler Jiri Drahos, auf 48,6 Prozent kam.

Wer ist Milos Zeman? Zeman ist eine ziemlich umstrittene Figur. Seine Ansichten können durchaus als prorussisch und antieuropäisch bezeichnet werden. Es tritt für die Bewahrung traditioneller Werte ein und lehnt Migranten aus muslimischen Ländern ab. Zeman sprach sich wiederholt gegen EU-Sanktionen gegen Russland aus. Sie würden der EU selbst schaden. In einer Rede vor der Parlamentarischen Versammlung des Europarats sagte er, die Krim müsse als russisch anerkannt werden und die Ukraine müsse eine finanzielle Entschädigung erhalten. Den Konflikt im Osten der Ukraine betrachtet Zeman als “Bürgerkrieg”.

Was wird sich ändern? Obwohl der Präsident der Tschechischen Republik eher repräsentative Funktionen hat, wird Zemans Wahlsieg dennoch Einfluss auf einige wichtige politische Entwicklungen haben. Zu erwarten ist eine stärkere Hinwendung auf Russland, denn Zeman ist dafür bekannt, vom russischen Präsidenten Wladimir Putin begeistert zu sein und enge Verbindungen zu ihm zu unterhalten. Ferner ist Zeman für seine Geschäftsreisen nach China bekannt.


Janukowytsch, Manafort und Trump – “The Atlantic” deckt auf

Neue Enthüllungen des Journalisten Franklin Foer von der amerikanischen Zeitschrift “The Atlantic” beweisen, dass Paul Manafort, ehemaliger Wahlkampfmanager von US-Präsident Donald Trump und Ex-Politikberater des ehemaligen ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowytsch, seinerzeit sehr tief in das ukrainische politische System eingedrungen war. Im August 2016 hatte der ukrainische Parlamentsabgeordnete Serhij Leschtschenko Kopien einer “schwarzen Buchführung” von Janukowytschs “Partei der Regionen” veröffentlicht. Danach soll Janukowytschs Ex-Berater Manafort von 2007 bis 2009 mehr als zwölf Millionen Dollar von der “Partei der Regionen” erhalten haben. Laut Berichten wollen die US-Behörden eine mögliche Verwicklung Manaforts in korrupte Machenschaften in der Ukraine untersuchen. Was ist neu an den Enthüllungen der Zeitschrift “The Atlantic”? Das Ukraine Crisis Media Center (UCMC) hat dazu einen Beitrag des ukrainischen Senders “Hromadske” zusammengefasst.

Schattenregierung in der Ukraine. Manafort hatte einen enormen Einfluss auf Janukowytsch. Der Journalist Franklin Foer kommt zum Schluss, dass Manafort in der Ukraine faktisch eine “Schattenregierung” geführt und in jedem Ministerium eigene Leute hatte. Zehn Jahre soll er mit Janukowytsch zusammengearbeitet haben – seit der Orangenen Revolution 2004 in der Ukraine, als Janukowytsch kurz davor stand, die Macht zu übernehmen, und dann doch unerwartet sein Gegner Viktor Juschtschenko Präsident der Ukraine wurde.

Spuren führen nach Russland. Zusammengebracht wurden Janukowytsch und Manafort vom russischen Oligarchen Oleg Deripaska. Einst gehörte Deripaska zu den reichsten Männern der Welt und zu den Oligarchen, die Putin nicht vernichtet hat, aber dafür deren Loyalität erhielt.

Deripaska wollte immer seinen Einfluss auf den Kreml aufrechterhalten und gerade deshalb war er für Manafort interessant. Im Jahr 2007 lieh sich Manafort bei Deripaska 100 Millionen Dollar, um eine eigene Firma unter dem Namen “Pericles” zu gründen. Während der Finanzkrise im Jahr 2008 forderte Deripaska das Geld zurück. Doch Manafort gab es nicht her. Ab 2011 reagierte er einfach nicht mehr auf Deripaskas Anfragen. 2015 verklagte Deripaska Manafort vor einem US-Gericht. Er hat gute Chancen, diesen Prozess zu gewinnen.

Wirtschaft und Politik. Manafort war für Leute wie Janukowytsch oder Deripaska vor allem wegen seiner “politischen Technologien” interessant, die einen besonderen Ansatz verfolgten. Es waren Manafort und seine Partner, die in den frühen 1980er Jahren die Arbeit amerikanischer Lobbyisten und Politikberater grundlegend veränderten. Sie schufen eine Art von Unternehmen, die Wahlkampagnen für bestimmte Politiker durchführen und sie so an die Macht bringen. Doch gleichzeitig sind sie auch Lobbyisten für Geschäftsleute und beeinflussen so die Entscheidungen dieser Politiker.

Der Fall von Janukowytsch und der Fall von Manafort. Nach dem Sieg des Euromaidan in der Ukraine und Janukowytschs Flucht nach Russland, begann sich das FBI für Manafort zu interessierten. Auch er flüchtete aus Kiew, doch ein Safe mit Akten blieb zurück, die viel über seine Tätigkeiten aussagen können. Wahrscheinlich kann er aufgrund der FBI-Ermittlungen seine Ausland- und Offshore-Konten nicht mehr nutzen.

Trump als “Retter”, aber auch als “Falle” für Manafort. Manaforts Engagement bei Donalds Trumps Wahlkampf seit Juni 2016 war der Versuch, sich selbst zu retten. Als Trumps Kampagne erste erfolgreiche Ergebnisse zu liefern begann, sah Manafort seine Chance für ein Comeback als Politikberater in den USA gekommen. Doch gleichzeitig war es einer der größten Fehler Trumps, Manafort einzubinden. Gerade Manaforts Verhältnis zu Russland – über Deripaska und Janukowytsch – ist einer der wichtigsten “Fäden” in den Ermittlungen, die vom Sonderstaatsanwalt Robert Mueller im Zusammenhang mit dem Einfluss Russlands auf den US-Wahlkampf 2016 durchgeführt werden.


Das Leben in den “Volksrepubliken”: Neue US-Sanktionen

USA verlängern Liste. Die Vereinigten Staaten haben die Sanktionsliste von Einzelpersonen und Unternehmen aus Russland und dem besetzten Donbass aufgrund der Aggression gegen die Ukraine verlängert. Auf der Liste stehen 21 Personen, sowohl russische Staatsbürger als auch Personen, die an den Aktivitäten der sogenannten “Volksrepubliken Donezk und Luhansk” im besetzten Teil des Donbass beteiligt sind. Unter anderem sind dort alle so genannten “Minister der Volksrepubliken”, der stellvertretende russische Energieminister Andrej Cherezov und der russische Direktor der Abteilung für Betriebskontrolle und Management für Elektrizität Jewgenij Grabtschak aufgeführt. Cherezov gilt als einer der Kreml-Kuratoren der selbsternannten Republiken.

Sanktionen gegen Unternehmen. Sanktionen wurden auch gegen 21 Unternehmen verhängt, darunter gegen “Vneshtorgservis” (aus dem nicht anerkannten Südossetien). Der Besitzer der Firma ist der ehemalige Gouverneur der Region Irkutsk, Wladimir Paschkow. “Vneshtorgservis” verwaltet Fabriken und Unternehmen, die von den Rebellen in den besetzten Gebieten des Donbass angeblich “verstaatlicht” wurden. Sanktionen gelten auch gegen die russische Engineering-Firma “Technopromeksport” (Teil von “Rostec”) sowie gegen den russischen Turbinenhersteller “Silowyje maschiny”. Beide Unternehmen tauchen in dem Skandal um die illegale Lieferung von Siemens-Turbinen auf die von Russland annektierte ukrainische Halbinsel Krim auf.


Neue TV-Show über Dezentralisierung in der Ukraine

 Die Reform zur Dezentralisierung in der Ukraine kommt in Fahrt. Um Ideen von Bürgerinitiativen vor Ort bekannt zu machen, hat am 28. Januar der ukrainische Fernsehsender “1+1” eine neue Social-Reality-Show mit der Bezeichnung “Gemeinde für eine Million” gestartet.

Sendung mit Bildungsauftrag. Die Fernsehshow wurde gemeinsam mit dem Programm zur Unterstützung der Dezentralisierung in der Ukraine (DOBRE) der Agentur für internationale Entwicklung der Vereinigten Staaten entwickelt. Bei dem TV-Projekt wetteifern neue im Rahmen der Reform fusionierte Gemeinden um Investitionen in Höhe von einer Million Hrywnja aus dem Western NIS Enterprise Fund (WNISEF). Dabei geht es um Projekte zur Verbesserung des Lebens in den Regionen der Ukraine. Initiiert wurde das TV-Projekt vom Ukraine Crisis Media Center (UCMC).

Dezentralisierung als Chance für Gemeinden. Die Dezentralisierung bietet enorme Möglichkeiten, das Leben der Ukrainer in kleinen Städten und Dörfern zu verbessern. Das Projekt soll den Menschen helfen zu verstehen, dass die Dezentralisierungs-Reform nicht nur die Chance bietet, über die Ausgaben aus dem Budget selbst zu entscheiden, sondern auch eine einzigartige Gelegenheit für aktive Menschen ist, das Leben in ihrem Land, in ihren Städten und Dörfern zu verbessern. Die Organisatoren des Projekts wollen jedem Ukrainer vermitteln, dass das Wohlergehen des ganzen Landes von einer aktiven Haltung der Bürger und von der Wahrnehmung der Chancen abhängt, die sich heute schon bieten.

Wer nimmt an dem Projekt teil? An dem Projekt sind fünf im Rahmen der Dezentralisierungs-Reform fusionierte Gemeinden aus verschiedenen Regionen der Ukraine beteiligt: aus den westlichen Gebieten Ternopil und Iwano-Frankiwsk, der östlichen Region Luhansk sowie aus dem Gebiet Mykolajiw im Süden der Ukraine.