Ergebnis der Parlamentswahl, Crashkurs für neue Abgeordnete, Versprechungen des Präsidialamts und weitere Themen

Die Lage im Kampfgebiet im Osten der Ukraine

Die ukrainischen Streitkräfte halten die Waffenruhe ein. Gleichzeitig wird sie von bewaffneten Verbänden der Russischen Föderation und ihren Söldnern verletzt. Sie setzen an einigen Stellen ein Mörser vom Kaliber 82 mm ein, was durch die Minsker Vereinbarungen verboten ist. Der Feind beschoss zudem die ukrainischen Verteidiger mit Flammenwerfern und großkalibrigen Maschinengewehren.

Seit langer Zeit gab es auf ukrainischer Seite keine Verluste.


Ergebnis der Parlamentswahl bekanntgegeben

Die Zentrale Wahlkommission hat das amtliche Endergebnis der für die Parteilisten abgegebenen Stimmen bei der vorgezogenen Parlamentswahl vom 21. Juli bekanntgegeben. Nach Auszählung von 100 Prozent der Stimmzettel durch die Wahlkommissionen in den Bezirken ziehen nach Angabe der Zentralen Wahlkommission folgende Parteien ins Parlament ein, die die Fünf-Prozent-Hürde überwunden haben:

  • “Diener des Volkes”: 43,16 Prozent (6.307.793 Stimmen)
  • “Oppositions-Plattform – Für das Leben”: 13,05 Prozent (1.908.111 Stimmen)
  • “Vaterland”: 8,18 Prozent (1.196.303 Stimmen)
  • “Europäische Solidarität”: 8,10 Prozent (1.184.620 Stimmen)
  • “Stimme”: 5,82 Prozent (851.722 Stimmen)

Wer kommt ins neue Parlament?

Im ukrainischen Parlament beginnt nicht einfach nur eine neue Legislaturperiode, sondern in die Volksvertretung ziehen sehr viele neue Abgeordnete ein. Fast 80 Prozent der Gewählten sitzen zum ersten Mal im Parlament. Nur 8,5 Prozent der künftigen Abgeordneten verfügen als Juristen oder Anwälte über Erfahrungen in der Gesetzgebung. Genau so viele Abgeordnete waren bisher arbeitslos. Etwas weniger, rund sechs Prozent der Abgeordneten, waren bislang im Bildungswesen tätig.

5,5 Prozent haben in lokalen Behörden gearbeitet – in den Gebiets- oder Bezirksverwaltungen. Fünf Prozent der künftigen Abgeordneten kommen aus verschiedenen Medien oder sind Blogger.

Journalisten und Medienleute. Über die Liste der Partei “Diener des Volkes” kommt der Generaldirektor des landesweiten privaten Fernsehsenders “1+1”, Oleksandr Tkatschenko, ins Parlament. Die beiden Journalisten Serhij Schwez und Olha Wasylewska, die auch für den Sender tätig sind und der Partei “Diener des Volkes” angehören, ziehen über Direktmandate ins Parlament ein.

Abgeordnete werden auch der umstrittene Blogger Oleksandr Dubinskyj, der die Parole “Ruhm der Ukraine!” einst als nazistisch bezeichnet hatte, der Euromaidan-Gegner Maxim Buschanskyj und Oleksandr Kunyzkyj, der für seine Videos von Streitereien mit der Polizei bekannt ist.

Showbiz und Sport.Im neuen Parlament werden auch Vertreter des Showbusiness sitzen, darunter der Anführer der Partei “Stimme”, der bekannte Rocksänger Swjatoslaw Wakartschuk. Für die Partei “Diener des Volkes” sitzen künftig der Showman Oleksandr Skitschko, der Moderator und Chef der Produktionsfirma “Mamachochotala”, Roman Hryschtschuk, der Gastronom und Moderator Mykola Tyschtschenko sowie der bekannte Hochzeitsfotograf aus Saporischschja, Serhij Schtepa, im Parlament. Hinzukommen bekannte Sportler, darunter der erste ukrainische dunkelhäutige Abgeordnete, der Ringer  Schan Belenjuk, und die Leichtathletin Olha Saladucha.

Weitere Abgeordnete.Ferner haben drei Rentner ein Mandat gewonnen. Auch Privatunternehmer, Geschäftsleute und Philanthropen ziehen als neue Abgeordnete ins Parlament ein.

Junge Parlamentarier. Die ukrainischen Abgeordneten werden jünger. Ihr Durchschnittsalter im neuen Parlament beträgt 41 Jahre. Das sind fast 7,5 Jahre weniger als in der vorangegangenen Legislaturperiode. Mit 23 Jahren ist Swjatoslaw Jurasch von der Partei “Diener des Volkes” der jüngste Abgeordnete.

Vertreter der älteren Generation. Drei Abgeordnete der 9. Legislaturperiode sind älter als 60 Jahre. Unter ihnen ist das “Urgestein” des ukrainischen Parlaments, Jurij Ioffe, der über die Liste der “Oppositions-Plattform – Für das Leben” wieder ins Parlament kommt. Er war schon Abgeordneter der ersten Legislaturperiode nach der Unabhängigkeit der Ukraine im Jahr 1991. Er verpasste lediglich die 4. und 5. Legislaturperiode.


Crashkurs für die Abgeordneten der Partei “Diener des Volkes”

Vergangene Woche hat die “Kyiv School of Economics” (KSE) im westukrainischen Kurort Truskawez, Region Lwiw, für die neu gewählten Abgeordneten der Partei “Diener des Volkes” einen Intensivkurs veranstaltet. Es wurden Vorträge von Dozenten der KSE sowie von eingeladenen Experten gehalten, darunter vom Leiter des Staatlichen Zolldienstes, Maksym Nefjodow, dem stellvertretenden Leiter des Präsidialamts, Oleksij Hontscharuk, dem ehemaligen Finanzminister und Abgeordneten der 8. Legislaturperiode, Viktor Pynsenyk, und anderen.

In Truskawez waren die Abgeordneten in zwei 5-Sterne-Hotels untergebracht. Ein Doppelzimmer kostete umgerechnet zwischen 100 und 150 Euro. Die Kosten für die Trainingswoche übernahm die Partei. Wie viel sie insgesamt ausgegegeben hat, teilte weder die Partei noch die KSE mit. Das Internetportal “biz.nv.ua” schätzt die Kosten – einschließlich der Anreise nach Truskawez, der Hotelzimmer, der Schulungen und eines Empfangs für die künftigen Abgeordneten – auf umgerechnet rund 300.000 Euro.

Am 3. August traf sich in Truskawez der neue Präsident der Ukraine, Wolodymyr Selenskyj, mit den neu gewählten Abgeordneten der Partei “Diener des Volkes”.


Versprechungen des Präsidialamts: Die ersten Schritte der künftigen Regierung

Bodenreform. Der stellvertretende Chef des Präsidialamts, Oleksij Hontscharuk, der als wichtigster Kandidat für das Amt des Premierministers gehandelt wird, hat sich in einem Interview mit Bloomberg zu den Wirtschaftsplänen des Teams von Präsident Wolodymyr Selenskyj geäußert. Laut Hontscharuk soll bis Ende dieses Jahres eine Bodenreform verabschiedet werden. Er sagte, das Team des Präsidenten suche nach einer “wenig schmerzhaften, aber effektiven Variante”.

Verkauf staatlicher Banken.Hontscharuk betonte, es sei notwendig, staatseigene Banken zu verkaufen. Auch die Minderheitsbeteiligungen an der ukrainischen Eisenbahn “Ukrsalisnyzja” und dem Postunternehmen “Ukrposchta” können ebenfalls zum Verkauf angeboten werden.

Zusammenarbeit mit dem IWF. Hontscharuk sagte außerdem, die Ukraine wolle sich im September mit dem Internationalen Währungsfonds auf ein neues Kooperationsprogramm für drei oder vier Jahre einigen. Nach Angaben des stellvertretenden Chefs des Präsidialamts könnte Oksana Markarowa auch in der künftgen Regierung Finanzministerin bleiben.

Ende der Woche sorgte eine weitere Äußerung von Oleksij Hontscharuk für Aufsehen. Er kündigte für das nächste Jahr an, die Hypothekenzinsen auf 12 bis 13 Prozent abzusenken und riet Unternehmern, “Geschäftspläne zu erstellen”.