Mögliche Regierungsumbildung, sinkende Umfragewerte für Selenskyj, Kampagne gegen Militärparade in Moskau und weitere Themen

Die Lage im Kampfgebiet im Osten der Ukraine

Bewaffnete Verbände der Russischen Föderation verletzen weiterhin den Waffenstillstand. Der Feind beschoss ukrainische Stellungen mit 120-mm-Mörsern, die durch die Minsker Vereinbarungen verboten sind, aber auch mit Granatwerfern verschiedener Systeme, großen Maschinengewehren und Kleinwaffen. Außerdem waren zwei Scharfschützen im Einsatz.

Am 29. Februar schoss der Feind auf Stellungen der ukrainischen Vereinten Kräfte in der Nähe des Kontrollpunktes Marjinka, der daraufhin vorübergehend geschossen wurde. Das Kommando der Vereinten Kräfte rief bis zu einer weiteren Entscheidung die Warnstufe “Rot” aus.

Treffen in Minsk: Gespräche über den Austausch von Gefangenen.Der Leiter des ukrainischen Präsidialbüros, Andrij Jermak, hat sich in Minsk mit dem stellvertretenden Leiter der Präsidialverwaltung der Russischen Föderation, Dmitrij Kosak, getroffen. Während des Treffens besprachen sie eine mögliche gegenseitige Freilassung von Häftlingen im Format “alle gegen alle”, das die Staats- und Regierungschefs im “Normandie-Format” (Ukraine, Deutschland, Frankreich, Russland) während ihres Treffens in Paris im Dezember 2019 vereinbart hatten. Das teilte das Büro des ukrainischen Präsidenten mit. Jermak erklärte, ein Austausch von Häftlingen könnte noch im März stattfinden. Die Teilnehmer des Treffens in Minsk wiesen darauf hin, dass die Verhandlungen fortgesetzt werden müssten, um die auf dem Gipfeltreffen in Paris getroffenen Vereinbarungen vollständig umsetzen zu können.


Entlassung des Premiers und Regierungsumbildung?

In letzte Zeit wird immer häufiger über eine mögliche Regierungsumbildung gesprochen, darunter auch über eine Entlassung des Premierministers. Ende letzter Woche ließ der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj für den 4. März eine Sondersitzung des Parlaments einberufen. Vermutlich soll auf ihr über eine Umbildung der Regierung entschieden werden. Der jetzige Premierminister Oleksij Hontscharuk ist der jüngste Premierminister in der Geschichte der Ukraine, aber am 4. März könnte er auch der mit der kürzesten Amtszeit werden. Er ist erst seit sechs Monaten im Amt.

Was ist los mit dem Premier?Es hat sich gezeigt, dass Hontscharuk trotz seiner Motivation und seines persönlichen Anstands offenbar nicht in der Lage ist, das Land zu regieren. Das Ministerkabinett ist ein kollegiales Gremium, doch der Premierminister trägt persönlich Verantwortung. Aus Sicht der Menschen ist Hontscharuk für die Probleme bei den Zolleinnahmen, für die Verzögerung bei Gehaltszahlungen, für die mangelnde Umsetzung des Staatshaushalts, für den Rückgang in der Industrie  und schließlich auch für die Tarife der kommunalen Dienstleistungen verantwortlich ist. Ferner gibt es Kritik seitens des Präsidenten. Selenskyj beklagt, die öffentliche Unterstützung nehme ab, da die Regierung nicht als effektiv wahrgenommen werde. Es kommt hinzu, dass bis vor kurzem Hontscharuk in Andrij Bohdan, der ihn ins Team des Präsidenten geholt hatte, einen starken Unterstützer hatte. Doch seitdem Bohdan nicht mehr Leiter des Präsidialbüros ist und durch Andrij Jermak ersetzt wurde, steht es um den Premierminister schlecht.

Konflikt mit Kolomojskyj?Einer der Gründe für eine mögliche Entlassung des Premiers ist ein Konflikt mit den Oligarchen Ihor Kolomojskyj. Laut der ukrainischen Zeitung “Dserkalo Tyschnja” (Wochenspiegel) wurde Premierminister Oleksij Hontscharuk am 28. Februar zu Präsident Selenskyj gerufen. Während des Treffens soll Selenskyj Hontscharuk unter anderem nach der Entscheidung des Kabinetts befragt haben, die Leiter von drei Energieunternehmen auszuwechseln, darunter bei Tsentrenergo, das von einem Vertrauten Kolomojskyjs geleitet wurde. Laut der Quelle soll Selensky gesagt haben, Kolomojskyj sei mit diesen personellen Veränderungen sehr unzufrieden. Selenskyj habe den Premier gefragt, warum er sie vorgenommen habe. Hontscharuk habe darauf geantwortet, er verstehe die allgemeine Linie nicht: “Einerseits bekämpfen wir Kolomojskyj, andererseits bekämpfen wir Kolomojskyj nicht. Einerseits verbessern wir die Beziehungen zum IWF, andererseits verderben wir sie.”

Immunität der Regierung.Das UCMC hat bereits über Hontscharuks angekündigten Rücktritt berichtet, der dann doch nicht stattfand. Heute ist klar: Niemand wird Hontscharuk ohne seinen eigenen Willen entlassen können. Seine Regierung wurde nämlich am 29. August ernannt und genießt seitdem ein Jahr lang Immunität. Sie kann also gar nicht entlassen werden. Daher hängt die weitere Entwicklung davon ab, ob Hontscharuk selbst zurücktreten wird, oder versuchen wird, an seinem Amt festzuhalten.

Hontscharuks Pressekonferenz. Am 2. März trat der Premier vor die Presse. Er lehnte es ab, Gerüchte über seinen möglichen Rücktritt in irgendeiner Weise zu kommentieren. Er sagte, es sollten offizielle Mitteilungen abgewartet werden. Stattdessen betonte er, die Tarife für Gas würden im Februar sinken und am 1. April beginne die zweite Phase der Gesundheitsreform.


Umfrage: Nur noch 40% der Ukrainer unterstützen Selenskyj

Wenn in naher Zukunft Präsidentschaftswahlen stattfinden würden, würden nur 40% für Wolodymyr Selenskyj stimmen. Das geht aus einer Umfrage hervor, die vom ukrainischen Rasumkow-Zentrum zwischen dem 13. und 17. Februar 2020 durchgeführt wurde. Befragt wurden Menschen in allen Regionen der Ukraine mit Ausnahme der Krim und der besetzten Gebiete der Regionen Donezk und Luhansk. 15% wollen für Jurij Bojko stimmen, 13,5% für Petro Poroschenko und 10% für Julia Tymoschenko.

51,5% der Befragten gaben im Februar 2020 an, Präsident Selenskyj zu vertrauten, 41% misstrauen ihm. Die Forscher stellen fest, dass Selenskyj im September 2019 mit 79% das höchste Vertrauen genoss, nur 13,5% der Bürger misstrauten ihm damals.

Im Februar ist auch die Zahl derer zurückgegangen, die glauben, dass Selenskyjs Maßnahmen in erster Linie auf den Schutz nationaler Interessen abzielen. Das glauben nur noch 37%, im September 2019 waren es noch 54,5%. Gleichzeitig ist die Anzahl der Ukrainer gestiegen, die glauben, dass Selenskyjs Maßnahmen nur darauf abzielen, seine eigenen Interessen und die seines Umfelds zu schützen. Das denken 41%, im September 2019 waren es 24,5%.


Boykott der Militärparade am 9. Mai in Moskau: Beginn einer Gegenkampagne

In diesem Jahr begeht die Welt den 75. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs. Hauptziel aller Veranstaltungen anlässlich dieses Datums sollte darin bestehen, die Ursachen und Folgen dieses schrecklichen Krieges in Erinnerung zu rufen und alles zu unternehmen, damit sich eine solche Tragödie niemals wiederholt. So wird der Tag des Gedenkens und der Versöhnung begangen.

Die Russische Föderation hingegen nutzt dieses Datum aus, um ihre eigene aggressive Politik gegenüber anderen unabhängigen Ländern sowohl während der Sowjetunion als auch heute zu rechtfertigen. Die Feierlichkeiten anlässlich des Tages des Sieges am 9. Mai in Moskau auf dem Roten Platz sind jedes Jahr der Höhepunkt des russischen Militarismus, Expansionismus und der Revanche.

Ein Tag, an dem der Toten gedacht werden sollte, wird so zu einer Fest für russische Waffen. Es sind dieselben Waffen, durch die Menschen getötet wurden und getötet werden, die die Ukraine, Georgien, die Moldau und andere Länder gegen die russische militärische Aggression, Besetzung und Annexion verteidigt haben und verteidigen.

Ukrainische Experten und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens starten daher eine Kampagne gegen den historischen Revisionismus und Militarismus Russlands, der am 9. Mai mit der diesjährigen Militärparade seinen Höhepunkt erreichen soll.

Infos zur Kampagne können unter #StopPutinsParadeund #NeverAgaingefunden werden. Im Rahmen dieser Kampagne werden die Staats- und Regierungschefs der Welt aufgefordert, von der Militärparade am 9. Mai in Moskau Abstand zu nehmen. Es wird dazu aufgerufen, diesen Appell zu unterschreiben.

Jegliche Teilnahme von Staats- und Regierungschefs der zivilisierten Welt an diesen Veranstaltungen ist inakzeptabel. Sie würde die Aggression Russlands gegen die Weltordnung und den Frieden rechtfertigen und die russische Führung dazu ermutigen, die Souveränität anderer Staaten weiterhin grob und systematisch zu verletzen.