Die russischen Besatzungsbehörden haben lange behauptet, auf der Krim gebe es keinen Coronavirus. Inzwischen sind aber sieben Fälle von COVID-19 auf der besetzten Halbinsel bestätigt. Ferner ist bekannt, dass sich dort in Krankenhäusern mehrere hundert Patienten mit Verdacht auf eine Coronavirus-Infektion befinden. Seitens der sogenannten “Volksrepubliken Donezk und Luhansk” gibt es keine “offiziellen” Coronavirus-Informationen. Die Besatzungsbehörden behaupten, in den selbsternannten “Republiken” gebe es keine Fälle.
Die ukrainischen Medien können Informationen über eine Ausbreitung des Coronavirus in den besetzten Gebieten nur sehr schwer überprüfen. Sie versuchen dies durch Befragung von Menschen vor Ort und suchen Rat bei Experten und Menschenrechtlern. Einzelheiten vom Ukraine Crisis Media Center:
Die besetzten Gebiete, die sogenannten “Volksrepubliken Donezk und Luhansk” und die Krim, sind seit fast zwei Wochen isoliert. Am 16. März schränkte die Ukraine zunächst den Verkehr über die Kontrollpunkte entlang der Trennlinie zu den sogenannten “Volksrepubliken” ein, und am 22. März schloss sie die Kontrollpunkte ganz. Am 21. März machten die “Volksrepubliken” ihrerseits die Kontrollpunkte dicht. Und die Grenze zur Krim wurde vom russischen FSB am 18. März bis Mai dieses Jahres geschlossen.
Russland hatte bereits am 16. März seine Grenzen für Ausländer zugemacht. Die Anordnung galt zunächst auch für die von Kiew nicht kontrollierte Grenze zu Russland im Donbass. Doch am 23. März erließ die russische Regierung eine Ausnahme für die Menschen, die in den selbsternannten “Volksrepubliken” gemeldet sind. Unterdessen appellieren 140 internationale Menschenrechtsorganisationen an Moskau und die Welt, sich um die Gefangenen zu kümmern, die sich in russischen Gefängnissen und in den besetzten Gebieten befinden.
Gibt es Coronavirus-Fälle in den “Volksrepubliken Donezk und Luhansk”?
Am 13. März teilte der ukrainische Innenminister Arsen Awakow mit, in der Stadt Horliwka, die sich unter der Kontrolle der sogenannten “Volksrepublik Donezk” befindet, gebe es zwölf COVID-19-Fälle. Seine Informationsquelle nannte er nicht. Und am 24. März erklärte das Verteidigungsministeriums der Ukraine, die Machthaber in den von Kiew nicht kontrollierten Gebieten würden die Ausbreitung des Coronavirus verheimlichen.
Was sagen Menschenrechtler?Der ukrainischen Eastern Human Rights Group zufolge hatten die Machthaber den Einwohnern in den von Kiew nicht kontrollierten Gebieten noch vor zwei Wochen erzählt, in der “Volksrepublik Donezk” seien Menschen an der Schweinegrippe und nicht am Coronavirus gestorben. Doch inzwischen werde die Selbstisolation von Patienten mit Lungenentzündung vom sogenannten “Ministerium für Staatssicherheit” überwacht. Ärzte müssten schweigen und in den Krankenhäusern von Makijiwka und Donezk würden auch Verstorbene auf den Coronavirus hin untersucht. Die Ergebnisse würden jedoch geheim gehalten.
Nach Angaben der Menschenrechtler, die sich auf Mediziner in den besetzten Gebieten berufen, haben in den letzten zwei Wochen in der sogenannten “Volksrepublik Donezk” 571 Menschen mit Grippesymptomen Ärzte aufgesucht, davon 132 mit einer Lungenentzündung. Die “Behörden” hätten daraufhin entschieden, dass Patienten mit COVID-19-Symptomen außerhalb von Donezk behandelt werden sollten. Für diejenigen, die auf eine Intensivstation müssten, seien in Krankenhäusern außerhalb von Donezk 25 Betten eingerichtet worden, für die restlichen Patienten 545. In der sogenannten “Volksrepublik Luhansk” gibt es 710 Grippe-Patienten, davon 103 mit Verdacht auf Lungenentzündung. Da aus den vergangenen Jahren keine entsprechenden Zahlen vorliegen, kann nicht gesagt werden, ob die diesjährigen gestiegen sind.
Was berichtet das Rote Kreuz?Oleksandr Wlasenko vom Internationalen Komitees vom Roten Kreuz in der Ukraine, das im Donbass humanitäre und medizinische Hilfe leistet, beklagte gegenüber dem ukrainischen Sender “Hromadske”, dass es nur wenig Informationen über das Coronavirus in den “Volksrepubliken Donezk und Luhansk” gebe. Das Rote Kreuz liefere nur solche Medikamente, die von den lokalen “Strukturen” bestellt würden. Wlasenko bezweifelt, dass es in den besetzten Gebieten Coronavirus-Tests gibt. Test von Bewohnern der “Volksrepubliken” in Russland hält er für ein Gerücht. Ihm zufolge sind beim Roten Kreuz seitens der “Volksrepubliken” noch keine Coronavirus-Test angefordert worden. Wlasenko geht davon aus, dass es in den “Volksrepubliken” auf jeden Fall zu wenig Geräte zur künstliche Beatmung geben wird, sollte sich das Virus weiter ausbreiten.
Krim: Sieben bestätigte Fälle und viele Todesfälle durch Lungenentzündung
Laut offiziellen Angaben sind auf der Krim inzwischen sieben Coronavirus-Fälle bestätigt. Bekannt ist, dass der erste Infizierte ein Einwohner der Stadt Jewpatorija ist, der einen russischen Pass besitzt und vor kurzem aus Frankreich zurückgekehrt ist, wohin er mit seinem ukrainischen biometrischen Pass geflogen war. Der Mann ist nicht Teil der COVID-19-Patientenstatistik in der Ukraine.
In diesem Frühjahr gibt auf der Krim sieben Prozent mehr Grippefälle, heißt es seitens der Besatzungsbehörden. Quarantäne-Maßnahmen wurden auf der Halbinsel bislang nicht ergriffen. Allerdings sind Massenveranstaltungen verboten und in den Flughäfen werde die ankommenden Passagiere angeblich auf Fieber überprüft. Schulen und Universitäten sind nicht geschlossen, nur einige Hochschuleinrichtungen und Klassen, in denen viele Studenten beziehungsweise Kinder krank sind.
Was sagen Menschen auf der Krim?Karina, eine Krankenschwester, die in einer Klinik auf der Halbinsel arbeitet, sagte dem Sender “Hromadske”, Patienten mit COVID-19-Symptomen, die zuvor in einem Risikogebiet gewesen seien, würden auf das Coronavirus getestet und kämen für zwei Wochen im Krankenhaus in Quarantäne. Sie fügte hinzu, dass es auf der Halbinsel inzwischen viele Todesfälle durch Lungenentzündung gebe. Innerhalb weniger Tage seien zwei ihrer Freunde gestorben. Das sei aber noch vor dem ersten diagnostizierten Fall von COVID-19 passiert.
Der Krankenschwester zufolge nehmen die Kliniken nur schwer Erkrankte auf. Alle geplanten Operationen sind bis zum 12. April abgesagt. Das Personal wechselt alle zwei Stunden die Schutzmasken. Coronavirus-Tests gibt es in dem Krankenhaus, in dem Karina arbeitet, aber nicht. Es gibt dort nur sechs Geräte zur künstlichen Beatmung. Das sei zu wenig, so Karina. Vom Einkauf zusätzlicher sei keine Rede. In Simferopol können ihr zufolge Proben von infizierten Person nur auf Pilze oder Bakterien untersucht werden.
Am 21. März meldeten lokale Medien auf der Krim, bei fast 300 Personen bestehe der Verdacht auf das Coronavirus. Gleichzeitig erklärten die Besatzungsbehörden, die Krankenhäuser auf der Krim seien auf eine mögliche Ausbreitung des Coronavirus vorbereitet. Es gebe 71 entsprechende Plätze in den Kliniken sowie separate Krankenwagen.
Das Krankenhaus von Sewastopol verfügt als einziges auf der Halbinsel über die Möglichkeit, besonders schwer erkrankte Patienten transportieren zu können. Die russischen Besatzungsbehörden haben eine Hotline eingerichtet. Wie viele Geräte zur künstlichen Beatmung es auf der Krim gibt und in welchem Zustand sie sind, ist nicht bekannt. Aber für einige Krankenhäuser wurden laut Besatzungsbehörden in den letzten Jahren welche angeschafft. Derzeit läuft auch eine Ausschreibung zum Kauf weiterer.