8 Jahre Euromaidan, Russlands mögliche Invasion in der Ukraine, Zertifizierung von Nord Stream 2 und weitere Themen

Die Lage im Kampfgebiet im Osten der Ukraine 

Am 21. November ist es im Donbass zu zwei Verletzungen des Waffenstillstands durch die Besatzer gekommen, einer davon mit Waffen, die nach den Minsker Vereinbarungen verboten sind. In Richtung Popasna feuerten die Besatzer mit 82-mm-Mörsern und Panzerabwehr-Granatwerfern.

In Richtung Kateryniwka in der Region Luhansk feuerte der Feind aus handgehaltenen Panzerabwehr- und automatischen Staffelei-Granatwerfern und Kleinwaffen. Das ukrainische Militär erwiderte das Feuer. Laut Berichten sind unter den ukrainischen Soldaten keine Verluste zu beklagen.

8. Jahrestag des Beginns des Euromaidan

Am 21. November begeht die Ukraine den “Tag der Freiheit und Würde”. An diesem Tag vor acht Jahren begannen die Proteste gegen die Ablehnung der damaligen ukrainischen Führung, ein Assoziierungsabkommen mit der Europäischen Union zu unterzeichnen. Die Proteste wurden später als Euromaidan und Revolution der Würde bezeichnet.

Am Abend fand auf dem Unabhängigkeitsplatz in Kyjiw eine Kundgebung mit mehreren tausend Teilnehmern zum Gedenken an den Euromaidan statt. Laut der Zeitung “Ukrajinska Prawda” wurde auf dem Platz ein Banner mit Porträts von Präsident Wolodymyr Selenskyj und des Chefs des Präsidialamts, Andrij Jermak, mit dem Slogan “Ihre Lügen sind erniedrigend. Schützen wir unsere Würde” entrollt. Doch das Banner wurde der Zeitung zufolge vom Wind relativ schnell zerrissen.

Präsident Selenskyj veröffentlichte anlässlich des “Tages der Freiheit und Würde” eine Videobotschaft. “Es ist an der Zeit, die Selbstwahrnehmung und das Denken zu verändern. Wir sind kein Opfer, wir sind nicht depressiv, wir sind nicht gespalten, wir sind nicht gefangen. Wir sind ein schönes, starkes, mutiges, kluges und talentiertes Volk, unbesiegbar, gerade weil wir Würde haben. Für uns ist Sklaverei Demütigung. Der Verlust von Freiheit ist Verlust von Ehre. Der Verlust von Ehre ist Verlust von Herz. Verlust von Herz ist Verlust von Seele. Und der Verlust von Seele ist für uns Verlust von Leben. Deshalb sind wir bereit, auf Kosten unseres eigenen Lebens zu kämpfen, um das eigene Leben nicht zu verlieren”, so Selenskyj in seiner Rede. Darin erwähnt er den sowjetischen Regisseur Leonid Bykow, den Dichter Vasyl Stus und den griechisch-katholischen Priester Omeljan Kowtsch und erinnert zudem an die “Revolution auf dem Granit” der Studenten von 1990 und die “Orange Revolution” von 2004/2005 und schließlich an die “Revolution der Würde” vor acht Jahren.

Wolodymyr Selenskyj, der Vorsitzende des Parlaments, Ruslan Stefantschuk, und Premierminister Denis Schmyhal würdigten ebenfalls die auf dem Maidan getöteten Aktivisten, berichtet “Ukrinform”. Sie legten Blumen und Kerzen am Kreuz in der Allee der Himmlischen Hundertschaft nieder, wie die Toten genannt werden.

Bereitet sich Russland auf eine mögliche Invasion in der Ukraine vor? 

Nach Angaben des Leiters der Hauptabteilung für Aufklärung des Verteidigungsministeriums der Ukraine, Kyrylo Budanow, hat die Russische Föderation über 92.000 Soldaten in der Nähe der Grenze zur Ukraine konzentriert und bereitet sich auf einen Angriff Ende Januar-Anfang Februar vor.

Der neue Verteidigungsminister der Ukraine, Oleksij Resnikow, sagte am 19. November, es sei nicht bekannt, ob Wladimir Putin schon eine endgültige Entscheidung über die Offensive getroffen habe. Gleichzeitig betonte Budanow, dass Russland die Zahl seiner Truppen und Waffen auf der besetzten Krim aufgestockt habe und Iskandar-Kurzstreckenraketen und andere Waffen an die Grenze heranschaffe.

Der Sekretär des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrates Oleksij Danilow glaubt, dass Russland seine Truppen an der Grenze zur Ukraine konzentriere, um sich in zukünftigen Verhandlungen so weit wie möglich Vorteile zu verschaffen.

Was sagt man in Russland? Dmitrij Peskow, Sprecher des russischen Präsidenten, sagte im Zusammenhang mit Informationen ukrainischer und westlicher Geheimdienste über Vorbereitungen für einen Einmarsch in die Ukraine,  man könne “mögliche Provokationen” nicht auszuschließen, die angeblich zum Anlass genommen werden könnten, Russland einen Angriff auf die Ukraine vorzuwerfen. Um welche Provokationen es sich handeln könnte, sagte Peskow allerdings nicht.

Deutsche Regulierungsbehörde setzt Zertifizierung von Nord Stream 2 aus

Das Zertifizierungsverfahren für die Ostseepipeline Nord Stream 2 wurde vorläufig ausgesetzt, bis eine Tochtergesellschaft der im schweizerischen Zug ansässigen Nord Stream 2 AG für den Betrieb der Gasleitung von Russland nach Deutschland gebildet ist und ihre wichtigsten Vermögenswerte und das Personal übertragen sind. Gleichzeitig wurden die ukrainischen Unternehmen Gas Transmission System Operator of Ukraine (GTSOU) und Naftogaz zum Zertifizierungsverfahren von Nord Stream 2 zugelassen. Die Ukraine hat somit auch die Möglichkeit bekommen, Einfluss auf den Prozess zu nehmen.

“Die Bundesnetzagentur ist nach eingehender Prüfung der Unterlagen zu dem Ergebnis gelangt, dass eine Zertifizierung eines Betreibers der Leitung Nord Stream 2 nur dann in Betracht kommt, wenn der Betreiber in einer Rechtsform nach deutschem Recht organisiert ist”, heißt es in einer Erklärung der Behörde vom 16. November 2021. Was bedeuten diese Entscheidungen für die Ukraine?

Die Zertifizierung wird schwierig. Die in der Schweiz registrierte Nord Stream 2 AG hat beschlossen, ihre Rechtsform nicht zu ändern, sondern eine Tochtergesellschaft in Deutschland zu gründen, die ausschließlich den deutschen Teil der Pipeline verwalten soll. “Diese Tochtergesellschaft soll Eigentümerin des deutschen Teilstücks der Pipeline werden und dieses betreiben. Die Tochtergesellschaft muss dann selbst die Vorgaben des Energiewirtschaftsgesetzes an einen Unabhängigen Transportnetzbetreiber erfüllen”, so die Bundesnetzagentur.

Weiter heißt es in der Erklärung: “Das Zertifizierungsverfahren bleibt so lange ausgesetzt, bis die Übertragung der wesentlichen Vermögenswerte und personellen Mittel auf die Tochtergesellschaft abgeschlossen ist und die Bundesnetzagentur in der Lage sein wird, die neu vorgelegten Unterlagen der Tochtergesellschaft als neuer Antragstellerin auf ihre Vollständigkeit hin zu prüfen. Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, kann die Bundesnetzagentur ihre Prüfung innerhalb des verbleibenden Restes der vom Gesetz vorgesehenen viermonatigen Frist fortsetzen, einen Entscheidungsentwurf erstellen und wie durch Binnenmarktrecht vorgesehen der Europäischen Kommission zur Stellungnahme zu übermitteln.”

Position der Ukraine zur Zertifizierung von Nord Stream 2. Wenn die Russen Nord Stream 2 in Betrieb nehmen wollen, müssen sie die Anforderungen des Dritten Energiepakets ohne Sonderregelungen erfüllen, heißt es seitens der Gas Transmission System Operator of Ukraine (GTSOU) in einer am 17. November 2021 veröffentlichten Erklärung. Demnach besteht die ukrainische Position darin, dass Deutschland und Europa das Recht haben, die Anwendung der europäischen Energiegesetzgebung auf der gesamten Länge von Nord Stream 2 zu verlangen, von Ust-Luga in der Russischen Föderation bis nach Greifswald in Deutschland.

Weder die Nord Stream 2 AG noch ihre deutsche Tochtergesellschaft könnten und sollten als unabhängiger Gasfernleitungsnetzbetreiber zertifiziert werden. Und die Ukraine werde darauf bestehen.

Eine solche “Trennung” und unterschiedliche Herangehensweisen an verschiedene Streckenabschnitte sind aus Sicht der Ukraine Unsinn. Schließlich ist Nord Stream 2 eine durchgehende Gaspipeline, zu der nur ein Gaslieferant Zugang hat. Daran ändert auch die Gründung einer weiteren Gazprom-Tochter nichts: Auf der gesamten Länge der Pipeline müssen die Auflagen bezüglich der Entflechtung und des Zugangs Dritter sowie transparente Tarife gelten.

Der Versuch, so zu tun, als könnten Teile einer einzelnen Gasleitung je nach Standort – in deutschen Hoheitsgewässern und darüber hinaus – unterschiedlich behandelt werden, würden nicht dem Wortlaut und Geist des europäischen Rechts entsprechen, betont die GTSOU.

Film von Oleh Senzow bei Festival in Stockholm ausgezeichnet

Der Film “Rhino” des ukrainischen Regisseurs Oleh Senzow hat beim Stockholm International Film Festival das “Bronze Horse” für den besten Film erhalten. Darüber hinaus gewann der Hauptdarsteller Serhij Filimonow die Nominierung “Bester Schauspieler”.

Die Entscheidung traf eine Wettbewerbsjury unter der Leitung der afghanischen Regisseurin Sahraa Karimi, die im August 2021 von der Ukraine aus Afghanistan evakuiert wurde.

“Rhino” ist ein Krimi über die 1990er Jahre in der Ukraine. Senzow begann 2011 mit der Arbeit an dem Film, musste sie jedoch aufgrund seiner rechtswidrigen Inhaftierung durch den russischen Geheimdienst einstellen. Der Streifen entstand in einer Koproduktion der Ukraine, Polens und Deutschlands mit Unterstützung der Stiftung Eurimages.

Wie die Ukraine gegen COVID-19 kämpft

Die Ausbreitung des Coronavirus in der Ukraine geht zurück. Am 21. November wurden 7464 Fälle von Coronavirus-Infektionen und 326 Todesfälle registriert, 2501 Menschen wurden mit COVID-19 oder dem Verdacht darauf ins Krankenhaus eingeliefert und 10.540 Menschen wurden als genesen gemeldet. Dies ist der geringste Anstieg pro Tag, der seit dem 4. Oktober verzeichnet wurde. Am 3. Oktober waren 4821 Fälle registriert worden.

Während der gesamten Pandemie wurde das Coronavirus bei 3.440.407 Menschen in der Ukraine nachgewiesen, von denen 2.773.490 Menschen genesen und 81.598 Menschen gestorben sind.