Tag 44 des Krieges: Raketenangriff auf Kramatorsk, Anzahl ziviler Opfer in Tschernihiw, Slowakei übergibt Ukraine S-300-Flugabwehrsystem

Raketenangriff auf Bahnhof von Kramatorsk. Am 8. April hat das russische Militär mit einer Rakete vom Typ Totschka-U den Bahnhof von Kramatorsk beschossen, wo etwa 4000 Menschen auf ihre Evakuierung warteten. Präsident Wolodymyr Selenskyj forderte daraufhin die Welt auf, auf dieses Verbrechen mit Härte zu reagieren, denn ungestraftes Böses werde in Zukunft noch mehr Leid verursachen.

Bei dem Raketenangriff kamen nach vorläufigen Angaben 50 Menschen ums Leben. Dies teilte der Leiter der Militärverwaltung im Gebiet Donezk, Pawlo Kyrylenko, mit. “50 Menschen wurden getötet, fünf davon Kinder”, betonte er. 98 Menschen seien in Krankenhäuser gebracht worden. “Wir gehen davon aus, dass weitere Menschen in den nächsten Tagen medizinische Hilfe suchen werden, sodass sich die Zahl der Opfer noch erhöhen wird”, sagte Kyrylenko. Ihm zufolge sind von den 98 Verwundeten, die in medizinische Einrichtungen gebracht wurden, 16 Kinder, 46 Frauen und 36 Männer. Zwölf Menschen sind im Krankenhaus gestorben, 38 Menschen starben noch vor Ort im Bahnhof.

Das Conflict Intelligence Team geht davon aus, dass die Rakete aus dem von Russland besetzten Teil des Donbass abgefeuert wurde.

Rund 700 Tote in Tschernihiw seit Beginn der russischen Invasion. Diese Zahl nannte der Bürgermeister von Tschernihiw, Wladyslaw Atroschenko. Ihm zufolge sind 70 Leichen noch nicht identifiziert. Die Namen der anderen Opfer seien hingegen bekannt. Atroschenko sagte ferner, etwa 40 Personen seien vermisst, aber sie seien wahrscheinlich tot, da viele von ihnen zuletzt in der Nähe von Gebäuden und Autos gesehen worden seien, die der Feind zerstört habe. Der Bürgermeister sagte ferner, derzeit würden sich rund 80.000 bis 95.000 Menschen in der Stadt befinden. Vor Beginn des Krieges am 24. Februar lebten in der Stadt zwischen 285.000 und 290.000 Menschen. Der Wiederaufbau des von russischen Truppen zerstörten Tschernihiw werde mindestens vier Jahre dauern, so Atroschenko.

EU-Delegation reist nach Butscha. Die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, der Hoher Vertreter der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, Josep Borrel, und der slowakische Ministerpräsident Eduard Heger sind heute nach Butscha gereist, wo die russischen Besatzern Hunderte von Zivilisten getötet hatten. Zuvor war angekündigt worden, dass die EU 7,5 Millionen Euro für die Untersuchung von Kriegsverbrechen in dem Kiewer Vorort und in anderen ukrainischen Städten bereitstellen werde. Die EU verabschiedete am Freitag außerdem ein fünftes Sanktionspaket gegen Russland, dem zufolge ein Kohle-Embargo im August in Kraft treten soll.

Slowakei übergibt der Ukraine S-300-Flugabwehrsystem. Die Übergabe erfolgt gemäß Artikel 51 der UN-Charta über das Recht auf Selbstverteidigung. Der slowakische Ministerpräsident Eduard Heger postete eine entsprechende Videobotschaft auf Facebook, die er im Zug auf dem Weg nach Kyjiw aufgezeichnet hatte. Darin betont er, die Entscheidung bedeute nicht, dass die Slowakei Teil des bewaffneten Konflikts werde. “Ich versichere auch, dass die Verteidigung der Slowakischen Republik weiterhin gewährleistet ist und in den kommenden Tagen durch ein zusätzliches Raketenabwehrsystem unserer Verbündeten verstärkt wird”, sagte Heger.

Ukraine in Flames: Was bedeutet eine Niederlage Russlands in der Ukraine?

Russland hat mit seinem Angriffskriegs bislang keines seiner strategischen Ziele erreicht. Jetzt versucht der Kreml, seine Truppen neu zu formieren und eine neue massive Offensive in der Ost- und Südukraine zu starten. Sanktionen, die von den USA und den meisten europäischen Ländern verhängt wurden, setzen Russlands Wirtschaft schon jetzt schwer zu. Russland droht die Zahlungsunfähigkeit. Das Land steht vor einer wirtschaftlichen und möglicherweise auch politischen Krise. Die Welt muss darüber nachdenken, wie sie damit umgehen wird.

Video: What does the defeat of Russia in Ukraine mean?

Teilnehmer:

Jurij Syrotjuk, Direktor des nichtstaatlichen analytischen Zentrums “Ukrainian Studies of Strategic Disquisitions”

Jurij Olijnyk, Politikwissenschaftler am Zentrum “Ukrainian Studies of Strategic Disquisitions”

Andreas Umland, Experte des Stockholm Center for Eastern European Studies of the Swedish Institute for International Affairs

Archil Tsintsadze, Militärexperte