Tag 30 des Krieges: Steigende Gefahr eines Einsatzes russischer Chemiewaffen, andauernde Kämpfe um Cherson, umstrittene Pläne des Roten Kreuzes

Gefahr des Einsatzes russischer Chemiewaffen gegen die Ukraine steigt. Die russische Invasion der Ukraine verlief nicht wie vom Kreml ursprünglich geplant. Die russischen Truppen sitzen fest, und die ukrainische Armee leistet erbitterten Widerstand. Da die russischen Truppen demoralisiert und deren Vorräte erschöpft sind, könnte es passieren, dass Russland unberechenbarer vorgehen wird.

Das Zentrum zur Bekämpfung von Desinformation beim Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrat der Ukraine berichtet auf Facebook, der Einsatzes chemischer Waffen gegen die Ukraine sei nicht mehr auszuschließen. Experten des Freiwilligen-Projekts InformNapalm sprechen von einem möglichen Einsatz von Sarin. Er könnte in den Städten erfolgen, wo die Russen nicht gegen die ukrainische Verteidigung ankommen.

Zudem gibt es folgende geheimdienstliche Informationen, die auf einen möglichen Einsatz hindeuten: Am 17. März erhielten russische Offiziere, die in der Ukraine kämpfen, Injektionen mit Pralidoxim – ein Gegenmittel gegen Organophosphorverbindungen. Am 20. März erhielt das russische Kommando Ampullen mit Atropin – ein Gegenmittel gegen chemische Vergiftungen.

Neue Raketenangriffe auf Winnyzja. Gegen 16.30 Uhr feuerten die russischen Besatzer Raketen auf das ukrainische Luftwaffenkommando in Winnyzja ab. Es handelte sich um sechs Marschflugkörper, von denen einige von der ukrainischen Luftabwehr abgeschossen wurden. Der Bürgermeister von Winnyzja, Serhij Morhunow, sagte, es habe keine Opfer auf dem Gelände des Luftwaffenkommandos gegeben.

Pentagon: Russische Truppen verlieren volle Kontrolle über Cherson. Die russischen Besatzer hätten keine volle Kontrolle mehr über Cherson, sagte ein hochrangiger Pentagon-Sprecher am Freitag. Ihm zufolge führen ukrainische Soldaten derzeit heftige Kämpfe in Cherson und wehren die russische Invasoren ab. Am Freitag hatte Generalmajor Sergej Rudskij vom Generalstabs der russischen Streitkräfte hingegen noch erklärt, die Region Cherson sei “unter voller Kontrolle”. Gemäß dem Vertreter des Pentagons bedeutet der Verlust von Cherson auch einen Rückschlag für die im benachbarten Mykolajiw kämpfenden russischen Truppen.

Rotes Kreuz plant Büro im russischen Rostow am Don. Die Ukraine hat sich entschieden gegen die Absicht des Roten Kreuzes gewandt, ein Büro in Rostow am Don zu eröffnen, angeblich für eine “effizientere Arbeit” in der Ostukraine. Dies teilte die Ministerin für Reintegration der vorübergehend besetzten Gebiete, Iryna Wereschtschuk, gegenüber RBK-Ukraine mit. Damit will Russland ihrer Meinung nach Ukrainer aus den vorübergehend besetzten Städten auf sein Territorium transportieren. Das stelle eine illegale Entführung und Deportation ukrainischer Bürger dar.

Ihr zufolge haben die ukrainischen Behörden humanitären Organisationen Beweise dafür vorgelegt, dass die Russen Filtrationslager für entführte Bewohner aus Mariupol und anderen Städten eingerichtet haben. Gleichzeitig stellte sie fest, dass das Rote Kreuz aufgrund des Vorgehens der Russen derzeit keine Möglichkeit habe, wahre humanitäre Korridore zu organisieren. Es habe auch keinen Zugang zu Kriegsgefangenen.

Ukraine in Flames: Wiederaufbauplan für die Ukraine – Vorschläge und Prioritäten

UKRAINE IN FLAMES ist ein Projekt des Ukraine Crisis Media Center, des analytischen Zentrums der Ukrainischen Katholischen Universität und der NGO EuroAtlantic Course.

Der Premierminister der Ukraine, Denys Schmyhal, hat erklärt, dass die Ukraine mindestens 565 Milliarden Dollar für den ersten Wiederaufbau nach dem Krieg benötige. Die Regierung der Ukraine hat bereits vier spezielle Fonds eingerichtet, mit den Prioritäten Infrastruktur, wirtschaftlicher Wandel, kleine und mittlere Unternehmen und internationale finanzielle Verpflichtungen der Ukraine. Die Staats- und Regierungschefs der EU haben Möglichkeiten für einen speziellen Fonds für den Wiederaufbau der Ukraine erörtert. Klar ist, wäre die Ukraine ein EU-Beitrittskandidat, könnte sie mit einem langfristigen Förderprogramm rechnen. Quellen für Reparationen könnten beschlagnahmte russische und belarussische Vermögenswerte darstellen.

Umfragen zufolge glauben 64 % der Ukrainer, dass die Ukraine weniger als 5 Jahre brauchen wird, um die durch den Krieg verursachten Schäden zu überwinden. 61 % der Ukrainer sind bereit, finanziell zu helfen oder mit eigenen Händen mit anzupacken. Nur 5 % sind der Meinung, dass der Wiederaufbau in der alleinigen Verantwortung der Regierung liegt. 90 % der Ukrainer verlangen, dass Russland für die Schäden aufkommt. Erwartet werden aber auch Beiträge seitens der EU (21 %), internationaler Organisationen (17 %) und der Vereinigten Staaten (12 %).

Video: Reconstruction plan for Ukraine: proposals and priorities

Teilnehmer:

Valey Pekar, Dozent an der Kyiv-Mohyla Business School

Gleb Vyshlinsky, Exekutivdirektor des Zentrums für Wirtschaftsstrategie

Wenn Sie die Ukraine gegen die russische Aggression unterstützen wollen, empfehlen wir Ihnen folgende Links unter:  You can help Ukraine against Russian aggression

Die NGO EuroAtlantic Course sammelt Spenden zur Unterstützung der ukrainischen Armee und der Zivilbevölkerung: Donations for humanitarian needs, territorial defence and armed forces