Enttäuschung über US-Position zu Nord Stream 2, Journalismus auf der Krim in Not, Gesetz gegen Oligarchen und weitere Themen

Die Lage im Kampfgebiet im Osten der Ukraine

Am 6. Juni haben bewaffnete Verbände der Russischen Föderation im Einsatzgebiet der ukrainischen Vereinten Kräfte sieben Mal den Waffenstillstand verletzt. Das teilte das Pressezentrum der ukrainischen Armee auf Facebook mit. Auch an anderen Wochentagen gab es ähnlichen Beschuss. Einen Tag zuvor wurde im Einsatzgebiet der ukrainischen Vereinten Kräfte durch die Explosion eines unbekannten Sprengsatzes ein Soldat verwundet.

Anzahl der Kinder, die durch die russische Aggression getötet und verletzt wurden. Mit Stand vom 30. Mai haben 66.491 Kinder in der Ukraine den Status eines Opfers von Kriegshandlungen und bewaffneter Konflikte. Der Status sieht jedoch laut Gesetz für solche Kinder lediglich kostenlose warme Mahlzeiten in staatlichen und kommunalen Bildungseinrichtungen vor. 

Daher ruft die ukrainische Menschenrechtsbeauftragte des ukrainischen Parlaments, Ljudmila Denisowa, die Regierung, das Parlament, staatliche Behörden, die lokalen Regierungen und die Öffentlichkeit auf, den Schutz und die Unterstützung der ukrainischen Kinder, die von bewaffneten Konflikten betroffen sind, zu verbessern.

Laut der Menschenrechtsbeauftragten hat die Ukraine am 4. Juni 2021, am offiziellen UN-Welttag der Kinder, die unschuldig zu Aggressionsopfern geworden sind, zum ersten Mal auf staatlicher Ebene den Kindern gedacht, die bei der russischen Aggression gegen die Ukraine getötet wurden. Es wird darauf hingewiesen, dass nach Angaben der Menschenrechtsbeobachtermission der Vereinten Nationen während des gesamten Konflikts, also vom 14. April 2014 bis 30. April 2021, in der Ukraine bislang 152 Kinder (darunter 102 Jungen und 50 Mädchen) getötet und 146 Kinder (davon 120 Jungen und 26 Mädchen) verletzt wurden.

Das Büro der Menschenrechtsbeauftragten betont jedoch, dass diese Statistiken nicht das tatsächliche Ausmaß der Verluste widerspiegeln. “Es ist unmöglich, eine staatliche Kontrolle über die Einhaltung der Menschenrechte in den vorübergehend besetzten Gebieten sicherzustellen, und somit auch, das Ausmaß der Probleme einzuschätzen, mit denen die Kinder jenseits der Demarkationslinie konfrontiert sind”, heißt es in der Mitteilung.


US-Position zu Nord Stream 2: Präsident Selenskyj überrascht und enttäuscht

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat ANXIOS ein Interview gegeben, in dem er die Position der Ukraine zu Nord Stream 2 erläutert.

Demnach überrascht ihn vor allem die Weigerung von US-Präsident Joseph Biden, Sanktionen gegen das Unternehmen zu verhängen, das die russische Gaspipeline Nord Stream 2 baut. “Um ehrlich zu sein, waren wir sehr überrascht. (…) Uns ist klar, dass nur die USA den Bau stoppen können. Ich hatte ein erstes Telefonat mit Biden und ich war glücklich darüber, welche direkte Signale ich bekam. (…) Ich habe das Wort ‘überrascht’ mehrmals verwendet, weil ich mehrmals wirklich überrascht war. Neben der Entscheidung der USA war die zweite Überraschung, von ihr aus der Presse zu erfahren. Ich bin der Meinung, dass… nun, die Beziehung zwischen strategischen Partnern direkt sein sollten.”

Der dritte Grund, warum Selenskyj überrascht sei, sei die Erklärung der amerikanischen Seite, wonach Nord Stream 2 schon zu 95 Prozent fertig und es zum jetzigen Zeitpunkt schwierig sei, den Bau zu stoppen. Um den Bau der russischen Pipeline zu stoppen, ist es Selenskyj zufolge notwendig, “ernsthafte Gespräche” zu führen und die Bemühungen der USA, der EU und der Ukraine zu bündeln.

Selenskyj bezeichnet ferner Nord Stream 2 als eine Waffe Russlands, zu der die USA die Kugeln geben könnten. “Ich finde, selbst wenn nur noch ein Prozent fehlen würde, es immer noch möglich wäre, einen solch gravierenden Hebel zu verhindern, den Russland in Zukunft haben wird, um die Energiesicherheit Europas, einschließlich der Ukraine, zu beeinflussen”, so der ukrainische Präsident. “Jetzt liegt alles ausschließlich in der Hand des US-Präsidenten, und ich bin sicher, dass er es weiß, und sein Team weiß es, sie alle wissen es”, fügt Selenskyj hinzu. 

Gleichzeitig hofft er, dass Biden in der Politik, wie Michael Jordan im Basketball, den Gegner vielleicht in falsches Siegesgefühl hüllt, um dann in letzter Minute noch einen Sieg zu erringen. Selenskyj hofft, dass dies alles Teil von Bidens Taktik ist. “Wenn nicht, wird es nicht nur für mich sehr bedauerlich sein, sondern auch für die USA, da bin ich mir sicher. Es wird das Gefühl geben, dass Russland unter diesen Umständen eine große Chance hat, sich einen Vorteil gegenüber den USA zu verschaffen”, so Selenskyj.


Wie Russland den unabhängigen Journalismus auf der Krim zerstört

Nach der Besetzung der Krim hat Russland den unabhängigen professionellen und gesellschaftlichen Journalismus auf der Halbinsel vernichtet. Neun Journalisten aus der Zivilgesellschaft auf der Krim werden derzeit illegal in russischen Gefängnissen festgehalten.

Daran hat das Außenministerium der Ukraine anlässlich des Tages des Journalisten erinnert. “Vom ersten Tag der Besatzung an begann Russland Druck auf freie Berufsjournalisten auf der Krim auszuüben und Repressionen anzuwenden. Heute ist der unabhängige Journalismus auf der Halbinsel völlig zerstört. Unter diesen Bedingungen entstand ein gesellschaftlicher Journalismus, wo normale Bürger, die eine aktive bürgerliche Haltung einnehmen, die Rolle von Medien übernehmen und das Vakuum einer unabhängigen und unparteiischen Berichterstattung über die Lage auf der besetzten Halbinsel füllen. Für ihre Position als Bürger und ihre journalistische Tätigkeit werden die Aktivisten verfolgt und inhaftiert”, so das Ministerium.

Es wird darauf hingewiesen, dass derzeit neun gesellschaftliche Journalisten illegal in russischen Gefängnissen festgehalten werden, einer davon unter Hausarrest. Dies sind Server Mustafayev, Timur Ibragimov, Marlen Asanov, Seyran Saliyev, Remzi Bekirov, Ruslan Suleymanov, Osman Arifmetetov, Rustem Sheikhaliev und Amet Suleymanov.

Am 10. März 2021 nahmen russische Sicherheitskräfte in Simferopol den Journalisten Vladislav Jesipenko von “KrimRealii” fest.

Das ukrainische Außenministerium berichtet auch, dass nach der Besetzung der Krim alle 12 unabhängigen krimtatarischen Medien gezwungen waren, die Halbinsel zu verlassen. Nur 232 Medien haben die von der Besatzungsmacht verlangte sogenannte “Umregistrierung” absolviert, obwohl es auf der Krim 3000 Medienressourcen gab.


Kampf gegen Oligarchen: Die Hauptthesen von Selenskyjs Gesetzentwurf

Anfang Juni legte Präsident Wolodymyr Selenskyj dem ukrainischen Parlament einen Gesetzentwurf über Oligarchen vor. Ziel dieses Gesetzes solle sein, Interessenkonflikte zu überwinden, die durch die Verschmelzung zwischen Politikern, Medien und Großunternehmen entstanden seien. Zudem soll es die nationale Sicherheit der Ukraine in den Bereichen Wirtschaft, Politik und Informationen gewährleisten, die Demokratie schützen und die staatliche Souveränität garantieren. Ferner soll es Manipulationen mit absichtlich verzerrten Informationen verhindern, deren Ziel es ist, an Ressourcen zu gelangen, die dem ukrainischen Volk gehören.

Vier Kriterien für einen Oligarchen. Gemäß dem Gesetzentwurf ist ein Oligarch eine Person, die gleichzeitig mindestens drei der folgenden Eigenschaften erfüllt: 

1) Teilnahme am politischen Leben

2) Erheblicher Einfluss auf die Medien

3) Letzter Nutznießer (Eigentümer) eines Wirtschaftssubjekts, das am Tag des Inkrafttretens des Gesetzes ein natürliches Monopol darstellt oder gemäß dem Gesetz eine (marktbeherrschende) Monopolstellung auf dem nationalen Warenmarkt gemäß dem ukrainischen Gesetz “Über den Schutz des wirtschaftlichen Wettbewerbs” einnimmt und zwei Jahre hintereinander diese Position ausbaut.

4) Der bestätigte Wert des Vermögens einer Person (und der Personen, deren Begünstigte sie ist) beträgt mit Stand vom 1. Januar des jeweiligen Jahres mehr als eine Million Mindestgehälter für arbeitsfähige Personen, was im Jahr 2021 2,27 Milliarden Hrywnja (umgerechnet rund 70 Millionen Euro) sind.

Was Oligarchen verboten wird. Laut Gesetzentwurf soll Oligarchen untersagt werden:

1) Spenden, direkte oder indirekte, um politische Parteien gemäß dem Gesetz der Ukraine “Über politische Parteien in der Ukraine” zu unterstützen.

2) Erwerb von Objekten im Rahmen der großen Privatisierung, auch nicht als Begünstigter eines anderen Käufers.

Oligarchen müssen Erklärungen zu den Person abgeben, die befugt ist, staatliche oder lokale Regierungsfunktionen wahrzunehmen (gemäß dem im Gesetz zur Korruptionsprävention festgelegten Verfahren).

Das Gesetz soll sechs Monate nach seiner Annahme in Kraft treten und nach zehn Jahren ablaufen.

Das Präsidialamt teilte mit, auf der Grundlage des Oligarchen-Gesetzes werde ein Kartellgesetz, ein Lobbying-Gesetz und andere Regelungen erarbeitet, die “die wirtschaftlichen und sozialen Beziehungen im Land reformieren” sollen.

Wer könnte auf die Oligarchen-Liste kommen? Der Sekretär des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrates, Oleksij Danilow, erklärte, dass 13 Personen als Oligarchen eingestuft werden könnten, doch er nannte keine Namen.

Der ehemalige Abgeordnete Serhij Leschtschenko sagte, dass nach seinen Informationen Rinat Achmetow, Petro Poroschenko, Dmytro Firtasch, Ihor Kolomojskyj, Viktor Pintschuk, Serhij Ljowotschkin, Viktor Medwedtschuk, Vadym Novinskyj, Jurij Kosjuk und Oleh Bachmatjuk, Kostjantyn Schewaho sowie Oleksandr und Halyna Hereha als Oligarchen eingestuft werden könnten.

Laut dem Rating Top-15 der Zeitung “NW” sind im politischen Sinne Rinat Achmetow, Petro Poroschenko und Viktor Medwedtschuk die einflussreichsten Oligarchen in der Ukraine.


Wie die Ukraine COVID-19 bekämpft

Am 6. Juni wurden in der Ukraine 535 neue Fälle von COVID-19 registriert, 33 Patienten starben und 1743 Menschen sind genesen. Das ist die niedrigste Anzahl von Neuerkrankungen seit einem Jahr.

Während der gesamten Pandemie in der Ukraine wurde das Coronavirus bei 2.215.052 Menschen nachgewiesen, 2.094.971 Menschen sind genesen und 51.215 Patienten sind mit dem Coronavirus gestorben.

Impfung. Seit dem 24. Februar haben 1.123.661 Personen eine erste Impfdosis und 142.062 Personen bereits beide Dosen erhalten. Personen, die mit zwei Dosen des COVID-19-Impfstoffs geimpft wurden, können eine internationale Impfbescheinigung erhalten. Ausgegeben werden kann das Dokument nach Angaben des Gesundheitsministeriums erst nach Erhalt der letzten Injektion des Impfstoffs gegen COVID-19.