Rückblick auf Verfassungsänderungen, Rückzug von Belarus aus der EU-Ostpartnerschaft, Oligarchen-Ranking in der Ukraine sowie weitere Themen

Die Lage im Kampfgebiet im Osten der Ukraine

Binnen 24 Stunden haben die von Russland unterstützten Rebellen zweimal den bestehenden Waffenstillstand verletzt. Dabei wurde ein ukrainischer Soldat verwundet. Das geht aus dem Morgenbericht der ukrainischen Armee vom 29. Juni 2021 hervor. Der Feind eröffnete das Feuer in der Nähe von Wodjnane und Nowotoschkiwske. Es wurden automatische Staffelei- und Granatwerfer sowie Handfeuerwaffen verwendet.

Treffen Merkel-Biden sowie Merkel-Selenskyj. Die Donbass-Frage steht auf der Tagesordnung eines Treffens zwischen der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem US-Präsidenten Joe Biden am 15. Juli in Washington. Dies sagte die deutsche Botschafterin in der Ukraine, Anka Feldhusen, in einem Interview mit der ukrainischen Zeitung ZN.UA.

Kurz vor ihrem offiziellen Besuch in den USA hat Merkel den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj nach Berlin eingeladen. Feldhusen hält dies für ein “gutes Zeichen”. Die Botschafterin bestätigte, dass die Seiten nicht nur über Nord Stream 2 sprechen würden. Sie geht davon aus, dass Merkel auch Kiews Wünsche für ihre Gespräche mit der US-Administration hören möchte.


Tag der Verfassung der Ukraine: Wie sie sich seit dem Maidan verändert hat

Seit 25 Jahren bezeichnen ukrainische Politiker die Verfassung der Ukraine als die beste der Welt. Trotzdem versuchte jeder Präsident, sie zu seinen Gunsten umzuschreiben. Immer wieder kam es dabei zu Konflikten zwischen dem Parlament und Präsidenten, auf die der ukrainische Sender “Hromadske” in einem großen Beitrag anlässlich der Verabschiedung der ukrainischen Verfassung am 28. Juni 1996 zurückblickt. Hier eine Zusammenfassung über die Zeit nach der Revolution der Würde 2013/14:

Poroschenko. Strategische Änderungen. Petro Poroschenko wurde 2014 mit dem Versprechen zum Präsidenten gewählt, nach der Flucht seines Vorgängers Viktor Janukowytsch nach Russland die parlamentarisch-präsidentielle Regierungsform im Lande wiederherzustellen und sie auch künftig zu garantieren. Zudem sollte eine Dezentralisierung durchzuführen. Sie wurde später auch als ein Punkt in die Vereinbarungen des sogenannten “Minsk 2” aufgenommen. Der Punkt sah die “Durchführung einer Verfassungsreform in der Ukraine mit Inkrafttreten einer neuen Verfassung bis Ende 2015” vor. Die Dezentralisierung galt dabei als ein Schlüsselelement.

Anfang Juli 2015 legte Poroschenko dem Parlament einen Verfassungsänderungsentwurf zur Dezentralisierung vor. Der sah insbesondere vor, dass die Übergangsbestimmungen der Verfassung den folgenden Absatz enthalten würden: “Die Besonderheiten der kommunalen Selbstverwaltung in einzelnen Bezirken der Gebiete Donezk und Luhansk werden durch ein separates Gesetz bestimmt.”

288 Abgeordnete stimmten dafür, diese Verfassungsänderungen dem Verfassungsgericht zur Prüfung vorzulegen. Als das Parlament das Dokument Ende Sommer 2015 noch einmal erörterte, kam es vor dem Gebäude zu Protesten, bei denen eine Granate auf die Sicherheitskräfte geworfen wurde. Dabei wurden vier Nationalgardisten getötet. Noch am selben Tag stimmten nur 265 Abgeordnete in erster Lesung für die Verfassungsänderungen. Eine Schlussabstimmung fand nie statt. Nach dem Präsidentenwechsel im Jahr 2019 wurde der Entwurf aus dem Parlament zurückgezogen.

Unter Poroschenko gab es jedoch Verfassungsänderungen. 2016 ging es um die Justiz, und noch während des Wahlkampfs 2019 wurde der strategische Kurs der Ukraine in Richtung Vollmitgliedschaft in EU und NATO in der Verfassung festgeschrieben.

Selenskyj. Kein Turbo-Modus. Präsident Wolodymyr Selenskyj begann schnell mit einer gesetzgeberischen Arbeit und er schlug gleich mehrere Verfassungsänderungen vor.

Als erstes sollte die Abgeordnetenimmunität begrenzt werden. Das war jedoch kein neuer Gesetzentwurf, denn Selenskyj legte den aus Poroschenkos Amtszeit aus dem Jahr 2017 vor. Schon im September 2019 nahmen die Abgeordneten die entsprechenden Verfassungsänderungen an.

Ende des 2019 legte Selenskyj dem Parlament einen weiteren Entwurf zur Änderung der Verfassung vor, der eine Dezentralisierung der Staatsmacht vorsah. Dies wurde damals als Umsetzung der Minsker Vereinbarungen durch die Ukraine dargestellt. “Die Minsker Vereinbarungen besagen, dass die Ukraine einer Verfassungsreform zustimmt, der eine Dezentralisierung zugrunde liegt. Die ukrainische Seite bekennt sich nun zu den getroffenen Vereinbarungen”, erklärte der damalige Außenminister Wadym Prystajko. Aber der Gesetzentwurf lag dem Parlament nur einen Monat vor, danach zog der Präsident ihn zurück.

Auch Selenskyjs andere Initiativen zur Verfassungsänderung scheiterten: die Abschaffung des Anwaltsmonopols, die Gesetzesinitiative des Volkes und die Reduzierung der Abgeordnetenzahl auf 300.


Belarus zieht sich aus der EU-Ostpartnerschaft zurück: Reaktion der Ukraine 

Am 28. Juni hat Belarus seine Teilnahme an der EU-Initiative Östliche Partnerschaft gekündigt, und zwar wegen der EU-Sanktionen gegen das Regime von Alexander Lukaschenko, die nach der erzwungenen Landung eines Ryanair-Flugzeugs in Minsk verhängt wurden. Minsk kündigte zudem an, Vertretern europäischer Strukturen und Personen aus EU-Ländern, “die zur Verhängung der restriktiven Maßnahmen beigetragen haben”, die Einreise nach Belarus zu untersagen. Darüber hinaus wurde der Ständige Vertreter von Belarus bei der EU zu Konsultationen nach Minsk zurückberufen, und der Leiter der EU-Delegation in Belarus wurde ins Außenamt einbestellt. Es wird auch berichtet, dass Belarus ein Verfahren zur Beendigung des Rückübernahmeabkommens mit der EU einleitet.

Die Östliche Partnerschaft ist eine EU-Initiative für die sechs osteuropäischen Nachbarn Aserbaidschan, Belarus, Armenien, Georgien, Moldau und die Ukraine.

Reaktion des Außenministeriums der Ukraine. Außenminister Dmytro Kuleba erklärte auf Twitter, dass die Belarussen trotz der Entscheidung ihrer Regierung Teil der europäischen Völkerfamilie bleiben würden und die Ukraine sie weiterhin unterstützen werde. “Man kann zwar den Austritt aus der Östlichen Partnerschaft erklären, aber man kann die Geografie nicht ändern. Das belarussische Volk gehört historisch gesehen zu unserer europäischen Völkerfamilie. Wir werden sie weiterhin unterstützen, egal wie lange es dauern wird, die historischen Fehler von Alexander Lukaschenko zu korrigieren”, schrieb Kuleba.


Oligarchen im Ranking der 100 einflussreichsten Ukrainer

Trotz der von Präsident Wolodymyr Selenskyj angekündigten “De-Oligarchisierung” des Landes ist Rinat Achmetow im Ranking der 100 einflussreichsten Ukrainer wieder auf dem zweiten Platz. Viktor Medwedtschuk schafft es nicht mehr unter die Top 50 und Dmytro Firtasch kehrt in die Top 100 zurück.

Im zweiten Jahr in Folge belegt Rinat Achmetow hinter Präsident Wolodymyr Selenskyj den zweiten Platz im Ranking der einflussreichsten Ukrainer. Achmetow, Eigentümer der Unternehmensgruppe SKM und reichster Mann des Landes, konnte trotz der von Selenskyj angekündigten “De-Oligarchisierung” bisher seine Position im Rating behaupten, aufgrund seines Portfolios an Vermögenswerten in den Bereichen Energie, Metallurgie, Finanzen und Medien.

Auch der frühere Präsident und jetzige Abgeordnete der Partei “Europäische Solidarität”, Petro Poroschenko, konnte seine Position im Ranking verteidigen. Wie vor einem Jahr rangiert er auf Platz sieben der einflussreichsten Ukrainer.

Innerhalb eines Jahres verbesserte Viktor Pintschuk seine Position im Ranking und konnte sich vom neunten auf den achten Platz verbessern. Pintschuks Einfluss basiert auf der EastOne Group, die eine Schlüsselposition bei der Lieferung von Radsätzen für die Ukrainische Eisenbahn einnimmt und aktiv den europäischen Markt erobert.

Für den Oligarchen Ihor Kolomojskyj und den Parlamentsabgeordneten der Partei “Oppositions-Plattform – Fürs Lebens”, Viktor Medwedtschuk, war das letzte Jahr weniger erfolgreich. Aufgrund von US-Sanktionen fiel der ehemalige Eigentümer der ukrainischen “PrivatBank” vom sechsten auf den neunten Platz zurück. Darüber hinaus litt seine Fluggesellschaft UIA schwer unter den Quarantäne-Maßnahmen von 2020 und sein Unternehmen “Dniproazot” ist bei Gaslieferanten in Millionenhöhe verschuldet.

Medwedtschuk konnte seine Position in den Top 10 nicht halten und fiel vom fünften auf den 56. Platz zurück. Grund waren Sanktionen des ukrainischen Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrates und der Verlust der Fernsehsender “112”, “News One” und “Zik”, die formal seinem Geschäftspartner Taras Kosak gehörten. Der Nationale Sicherheits- und Verteidigungsrat ordnete auch an, einen Teil der Ölpipeline Samara-Westen wieder in Staatsbesitz zu überführen. Sie war 2017 unter die Kontrolle des Umfelds von Medwedtschuk geraten.


Wie die Ukraine gegen COVID-19 kämpft

Die epidemische Lage in der Ukraine ist ruhig. Am 28. Juni wurden in der Ukraine 182 neue COVID-19-Fälle registriert. Unter den Betroffenen sind zehn Kinder und drei Mediziner. Außerdem wurden 322 Menschen ins Krankenhaus eingeliefert, gestorben sind an dem Virus fünf Menschen. 582 Personen wurden als genesen gemeldet.

Während der gesamten Pandemie erkrankten in der Ukraine 2.234.463 Menschen am Coronavirus. Davon sind sind 2.164.374 Personen genesen und 52.300 gestorben. Insgesamt wurden 10.817.822 PCR-Tests durchgeführt.

Impfung. Die COVID-19-Impfung begann in der Ukraine am 24. Februar 2021. Seit Beginn der Kampagne haben 1.912.469 Menschen die erste Dosis erhalten und bei 589.362 Personen wurde bereits die zweite verabreicht.