Keine Einigung bei Normandie-Treffen in Berlin, weitere Verfahren gegen Ex-Präsidenten Poroschenko, COVID-19 in der Ukraine und weitere Themen

Die Lage im Kampfgebiet im Osten der Ukraine

Im Kampfgebiet herrscht nach wie vor eine fragile Waffenruhe. Die vergangene Woche war geprägt von der Diskussion um eine “Inspektion” der ukrainischen Stellungen durch die prorussischen Rebellen, die in letzter Minute abgesagt wurde. Das Ukraine Crisis Media Center (UCMC) hatte darüber in einem ausführlichen Artikel berichtet.

Angaben der Aufklärung. Nach Angaben des ukrainischen Geheimdienstes führten die russischen Besatzungstruppen im Laufe der Woche mehrere Übungen und Treffen mit maximaler Personalstärke durch. Dies berichtete der Pressesprecher des Verteidigungsministeriums der Ukraine, Kapitän Mychajlo Scharawara, unter Berufung auf Geheimdienstdaten während eines Online-Briefings.

Angaben der OSZE. Am 11. September enthüllte eine Drohne der OSZE-Sonderbeobachtungsmission Verstöße gegen die Vereinbarungen über den Rückzug von Waffen und militärischer Ausrüstung durch die Besatzer. Dies hat die ukrainische Seite des Gemeinsamen Kontroll- und Koordinierungszentrums zur Einhaltung der Waffenruhe und Stabilisierung der Trennlinie auf ihrer Facebook-Seite mitgeteilt.

Verletzung der Waffenruhe. Am 13. September haben russische Söldner zweimal die Waffenruhe verletzt. Nach Angaben des Stabs der ukrainischen Vereinten Kräfte haben sie dabei Granatwerfer benutzt und ziellos auf ukrainische Stellungen in der Nähe von Awdijiwka und Pisky gefeuert. Das ukrainische Militär erwiderte diese Provokationen nicht mit Waffen. Bei dem Beschuss ist es auf ukrainischer Seite zu keinen Verlusten oder Verwundungen gekommen.


Keine Einigung erzielt: Treffen im Normandie-Format in Berlin

Das lang erwartete Treffen der politischen Berater Im Normandie-Format (Ukraine, Deutschland, Frankreich und Russland) in Berlin am 11. September hat keinen Durchbruch gebracht. Es war für Kiew und Moskau eher enttäuschend. Die Verhandlungspositionen der Ukraine und Russlands driften immer weiter auseinander. Es gibt kaum noch Raum für Manöver und Kompromisse mit Russland. Welche Risiken bestehen für die Ukraine? Wie kann Kiew eine russische Falle vermeiden? Auf diese Fragen geht Maria Solkina von der Ilko-Kutscheriw-Stiftung “Demokratische Initiativen” in einem Artikel für die ukrainische Internetzeitung “Jewrojejska Pradwa” (Europäische Wahrheit) ein. Hier die wichtigsten Thesen:

Keine Einigung. Die Fortsetzung der Waffenruhe ist im Wesentlichen die einzige in Berlin erzielte Einigung. Sie wurde jedoch nicht durch zusätzliche Garantien abgesichert und kann daher jederzeit verletzt werden, wie dies bereits von russischer Seite geschehen. Eine der Schlüsselfragen für die Ukraine und für Präsident Wolodymyr Selenskyj persönlich, nämlich ein neuer Gefangenenaustausch, blieb unbeantwortet. Eher taktische Dinge wie eine Minenräumung und neue Kontrollpunkte wurden schon im Voraus bei der Trilateralen Kontaktgruppe in Minsk vereinbart. Am wenigsten Einigkeit herrscht bei der Frage eines neuen Gipfeltreffens im Normandie-Format – eine Frage, die für Selenskyj Priorität hat.

Waffenruhe für Moskau nur politisches Druckmittel. Die Waffenruhe ist für Moskau ausschließlich ein politisches Instrument, um Kiew unter Druck zu setzen und die Umsetzung der politischen Punkte der Minsker Vereinbarungen zu verlangen. Nach dem Motto: Wenn Russland keine Zugeständnisse erhält, wird es keine Waffenruhe geben.

Russische Taktik der “kleinen Schritte”. Der Kreml will eine Taktik, starken Druck auszuüben und Ultimaten zu setzen, mit der Taktik “kleiner Schritte” kombinieren, was nicht im Interesse der Ukraine ist. Die gemeinsame Inspektion ukrainischer Stellungen in der Nähe des Dorfes Schumy (Artikel des UCMC), die am 10. September abgesagt wurde, ist ein Beispiel für so eine gefährliche “Initiative” der Russen. Sie wollen offenbar versuchen, die Waffenruhe zu nutzen, um die Vertreter der selbsternannten “Volksrepubliken Donezk und Luhansk” als “Kontaktseite” des ukrainischen Militärs maximal zu legitimieren. Die Russen drängen auf allen Ebenen auf einen direkten Dialog mit den “Volksrepubliken”. Es besteht kein Zweifel, dass neben dem diplomatischen Druck innerhalb des Normandie-Formats auch ähnliche “Initiativen” in der Minsker Trilateralen Kontaktgruppe aufgedrängt werden sollen.


15 weitere Verfahren gegen Poroschenko eingeleitet

Die Anwälte des ehemaligen Präsidenten der Ukraine, Petro Poroschenko, Ihor Holowan und Ilja Nowikow, haben erklärt, es seien 15 weitere Strafverfahren gegen das ehemalige Staatsoberhaupt eröffnet worden. Dies gaben sie während eines Briefings am 11. September bekannt.

Den Anwälten zufolge handelt es sich dabei um erfundene Fälle. Holowan sagte, dass sie vom Sicherheitsdienst der Ukraine (SBU) eingeleitet worden seien. Dabei gehe es laut Artikel 110 des Strafgesetzbuchs um eine Verletzung der territorialen Integrität des Landes und laut Artikel 109 unter anderem um den Sturz der Verfassungsordnung und die Ergreifung der Staatsmacht, um Hochverrat, Aneignung von Eigentum und Finanzierung von Terrorismus.

Nowikow erklärte seinerseits, dass alle früheren erfundenen Verfahren gegen Poroschenko sich in einer Sackgasse befinden würden. Daher seien auf Befehl des Büros des Präsidenten nun “neue Verfahren” eingeleitet worden. Der Anwalt betonte, dass es eindeutige Hinweise darauf gebe, dass die Strafverfolgung von Petro Poroschenko koordiniert werde, und zwar zwischen dem Präsidialamt, dem Staatlichen Ermittlungsbüro, der Generalstaatsanwaltschaft und Leuten aus dem Umfeld von Andrij Portnow, dem ehemaligen Berater von Poroschenkos Amtsvorgänger Viktor Janukowytsch.

Nach Amtsantritt des jetzigen Präsidenten der Ukraine, Wolodymyr Selenskyj, im Jahr 2019 wurden etwa 30 Strafverfahren gegen Petro Poroschenko eingeleitet. Ein Teil von ihnen ist inzwischen eingestellt worden.


Wie die Ukraine gegen COVID-19 kämpft

Anfang August war die Ukraine, was die Anzahl der Coronavirus-Fälle angeht, weltweit auf dem 35. Platz. Doch nun ist sie innerhalb nur eines Monats auf den 25. Platz vorgerückt. Während am 1. August in der Ukraine 71.056 COVID-19-Fälle registriert waren, waren es am 9. September schon 143.030.

Allein am 13. September wurden in der Ukraine 2462 neue Fälle gemeldet – 33 Personen sind gestorben und 650 sind genesen. Insgesamt wurden während der Pandemie in der Ukraine bisher 156.797 Fälle festgestellt, 3211 Menschen sind einer Coronavirus-Infektion gestorben und 69.543 gelten inzwischen als genesen. Derzeit sind 84.043 Einwohner der Ukraine von COVID-19 betroffen.

Am 14. September ist in der Ukraine eine neue Aufteilung der Regionen in Zonen entsprechend der Ausbreitungsrate von COVID-19 in Kraft getreten. Die Farbe der Zone bestimmt die Quarantäne-Einschränkungen. Insbesondere in Kiew wurden die Beschränkungen verschärft, da sich die Hauptstadt nun in einer “orangefarbenen” Zone befindet. “Orange” bedeutet eine Reihe von Einschränkungen: Massenveranstaltungen sind unter Teilnahme von höchstens 220 Personen (eine Person pro 10 qm Gebäudefläche) gestattet; außer Hotels dürfen keine Unterkünfte, Sanatorien und Kinderlager betrieben werden; an Gruppenunterricht an Universitäten dürfen maximal 20 Personen teilnehmen; geplante Krankenhausaufenthalte werden eingeschränkt (Ausnahme: Schwangere, Neugeborene, Krebspatienten); in Fitnessstudios dürfen nicht mehr als eine Person pro 10 qm sein; in Bussen dürfen nicht mehr als mehr als 50 Prozent der Sitzplätze besetzt werden.