Zusammenfassung der Reformen vom 16. bis 22. April 2016 – Auf einer Optimismuswelle

Europäische Integration

Nach mehr als zehn Jahren Kampf für Visafreiheit mit der EU ist die Ukraine diesem Status, von dem die Bürger des Landes schon lange träumen, sehr nahe gekommen. Die Europäische Kommission hat einen entsprechenden Vorschlag vorgelegt. Damit wird offiziell anerkannt, dass die Ukraine alle Anforderungen des Aktionsplans zur Visaliberalisierung erfüllt hat. Wenn der Vorschlag vom Europäischen Parlament und vom EU-Ministerrat gebilligt wird (die entsprechenden Verfahren beginnen schon in zwei Wochen) und ein entsprechender Entscheid veröffentlicht wird, wird man in der Visafrage einen Schlusspunkt setzen können.

Während die Bürger der Ukraine auf das “visafreie Wunder” warten, lässt sich die europäische Geschäftswelt von rationalen Motiven leiten. Allein in der vergangenen Woche haben mehrere Investoren angekündigt, bestehende Projekte auszuweiten oder neue zu starten, unter anderem im Bereich der Automobilindustrie.

Makrofinanzielle Stabilisierung

Die Ukraine könnte 705 Millionen Euro von der EU als makrofinanzielle Hilfe erhalten, sowie 1,7 Milliarden US-Dollar vom Internationalen Währungsfond. Dafür muss die Ukraine bis Ende 2016 129 Gesetze (von denen 29 dringend sind und die im April/Mai 2016 vom Parlament verabschiedet werden sollen) für den Beginn von Reformen beschließen. Orientierungspunkt bei diesem Prozess ist das Assoziierungsabkommen mit der EU und ein Memorandum mit dem Internationalen Währungsfond. Während der ersten Sitzung des Nationalen Reformrats (unter der neuen Regierung) wurde ein Stufenplan zur Umsetzung dieses Ziels vorgestellt. In dieser Woche begann die Werchowna Rada, ihn ins Leben umzusetzen und beschloss mehrere Gesetzentwürfe in der Form, wie sich die Ukraine gegenüber der internationalen Gemeinschaft verpflichtet hatte.

Die Europäische Union hat erklärt, dass die Unterstützung der Ukraine vom Tempo der Reformen im Land abhängt. Der EU-Kommissar für Erweiterung und Europäische Nachbarschaftspolitik, Johannes Hahn, der sich zu einem Besuch in Kiew aufhält, sagte, je schneller die ukrainische Regierung und das Parlament mit Reformen vorankämen, desto größere Unterstützung werde die EU gewähren können. Normalerweise habe eine neue Regierung 100 Tage Schonfrist, aber im Falle der Ukraine müssten es 100 Tage voller konkreter Schritte und Arbeit werden. “Die Regierung muss mit dem Parlament zusammenarbeiten und beweisen, dass sie ernsthaft Reformen durchführen will”, sagte Hahn. Die EU erwarte eine entschiedene Bekämpfung der Korruption, die Ernennung eines unabhängigen und reformorientierten Generalstaatsanwalts, eine gründliche Reform der Strafverfolgung, eine effektive Arbeit der Anti-Korruptions-Behörden sowie eine Umsetzung der elektronischen Einkommenssteuererklärung. Nur nach “hervorragenden Ergebnissen” werde die EU bereit sein, die zweite Tranche der Finanzhilfe in Höhe von 600 Millionen Euro auszuzahlen, fügte der Kommissar hinzu.

Vor dem Hintergrund einer Verlangsamung der Inflation im März, worauf gewartet wurde, senkte die Ukrainische Nationalbank (NBU) den Leitzins auf 19 Prozent. Gleichzeitig veränderte die NBU die Prognose für die Konsuminflation nicht: 12 Prozent zum Jahresende 2016 und 8 Prozent zum Jahresende 2017.

Reform des Gesundheitswesens

Nach jahrelangen Überlegungen und der faktischen Sabotage beginnt das Parlament endlich mit der Reform des Gesundheitswesens und übernahmen in der ersten Lesung den Gesetzentwurf über die Autonomie von Krankenhäusern. Sollte das Gesetz endgültig beschlossen werden, bedeutet dies eine Absage an das postsowjetische Verwaltungssystem von medizinischen Institutionen. Die Basis des neuen Systems besteht in der Änderung der Beziehung zwischen Patienten und Ärzten. Dies ermöglicht den Übergang zu medizinischen Dienstleistungen, die Krankenhäuser anbieten, statt der Finanzierung von „Betten“ (wie viele Patienten können vom Krankenhaus behandelt werden). Dieser Schritt soll die Qualität der medizinischen Betreuung im Land verbessern, sowie die Finanzierung der Kosten über das Budget.

Zwischenzeitlich übernahm die Regierung mehrere technische Beschlüsse, um die Geschäftsführung zu vereinfachen und Korruptionsrisiken zu unterbinden. Dabei geht es um eine vereinfachte Prozedur für solche Medikamente, die bereits in EU-Ländern, den USA, Japan, Kanada, Australien und der Schweiz eine Lizenz haben. Die Dauer für Expertisen wurde verringert und die Anforderungen an die Verpackungen wurde vereinfacht. Man muss anmerken, dass diese Idee bereits von Anfang an vom ehemaligen Gesundheitsminister, Alexander Kwitaschwili, propagiert wurde. Aber wegen des starken Widerstands der Ausschreibungsmafia und der fehlenden Unterstützung konnte diese Bestimmung nicht umgesetzt werden.

Personalerneuerung

„Ukrsalisnyzja“ und „Ukrpotschta“ – zwei Staatunternehmen, die über ein Marktmonopol verfügen, erhielten neue Chefs. Die Kandidaten, die durch eine offene Stellenausschreibung ausgesucht und vom Ministerkabinett genehmigt wurden, wurden von der Bevölkerung positiv aufgenommen. Der Reihe nach soll das Ausschreibungskommission für weitere Unternehmen neue Chefs bestimmen. Derzeit soll deren Kandidatur auch vom Ministerkabinett genehmigt werden.

Bei „Naftogaz Ukrainy“, dem größten Staatsunternehmen des Landes, fand ebenfalls eine Personalerneuerung statt, wobei der gesamte Aufsichtsrat neu gebildet wurde. Erstmals in der Geschichte des Landes übersteigt die Anzahl unabhängiger Direktoren die Zahl der Staatsvertreter. Dadurch soll sich der politische Einfluss auf die Unternehmensverwaltung verringern.

Dezentralisierung

Die Finanzlage von Lokalbehörden nahm zu. Nach den Ergebnissen des ersten Quartals 2016 erhöhten sich die lokalen Haushalte um fast zehn Milliarden Hryvna. Der positive Trend wurde bereits im vergangenen Jahr für die Dezentralisierung gelegt (die Einnahmen stiegen um über 40 Prozent, um 29,6 Mrd. Hryvna in den Gesamtfonds der Lokalbudgets).

Zwischenzeitlich erhalten zusammengelegte Gemeinden eine finanzielle Hilfe von der Europakommission in Höhe von 97 Millionen Euro über das Programm „U-LEAD mit Europa: Programm für die Ukraine zur Erweiterung der Rechte und Möglichkeiten auf Lokalniveau, Abrechnungspflicht und Entwicklung“. Kernelement ist die Entwicklung und technische Ausrüstung von über 600 Verwaltungszentren.

Seinerseits setzte das Parlament einen wichtigen Schritt um, der die Dezentralisierungsreform stärken soll. Dabei geht es um die rechtliche Regelung von Grundstücksfragen, da der Status von Grundstücken bisher undefiniert war, die außerhalb der Gemeindegrenzen lagen. Sie sollen auch nach der Zusammenlegung den Gemeinden gehören. Diese rechtliche Kollision ermöglichte es neu zusammengelegten Gemeinden nicht, ihre Entwicklung entsprechend zu planen und das bestehende Potential zu nutzen.

Antikorruptionsreform

Die Nationalagentur für Korruptionsvorbeugung (NAPK) wird auf den Arbeitsbeginn vorbereitet. Ihre Arbeit beginnt sie mit der Prüfung der elektronischen Einkommenserklärungen von Spitzenbeamten: von Ministern und deren Stellvertretern, Staatsanwälten, Richtern, Abgeordneten und Vorsitzenden von staatlichen Gebietsverwaltungen.

Das Nationale Antikorruptionsbüro bestimmte die Kandidaten, die die Regionalabteilungen in den Gebieten von Lwiw und Odessa leiten werden.