Ukraine – NATO: Partnerschaft für ein vereintes und freies Europa

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Kiew, 27. Mai 2015 – Im Ukrainischen Crisis Media Center fand eine Diskussion zum Thema „Ukraine – NATO: Partnerschaft für ein vereintes und freies Europa“ statt. Die Teilnehmer waren: Alexej Makejew, Direktor der politischen Abteilung am ukrainischen Außenministeriums; Iwanna Klimpusch-Zinzadse, Parlamentsabgeordnete und Vorsitzende der Parlamentsdelegation Ukraine-NATO; Jamie Shea, Gehilfe des stellvertretenden NATO-Generalsekretärs; Nikolaj Kapitonenko, Direktor des Zentrums für Internationale Beziehungen; und Bruno Lete, Programmkoordinator des „Marshall Fund“ (Brüssel). Während der Diskussion wurde die Rolle der Zusammenarbeit zwischen der NATO und der Ukraine besprochen, sowie Schritte zur Festigung dieser Beziehungen.

Am 26. Mai unterzeichnete der ukrainische Präsident die neue Nationale Sicherheitsstrategie, in der die Zusammenarbeit mit der NATO eines der wichtigsten Elemente für die Sicherheit, die territoriale Integrität und Souveränität der Ukraine ist. Gerade richtet sich die ukrainische Sicherheitspolitik auf Erfolge, die für eine NATO-Mitgliedschaft notwendig sind. „Die Zusammenarbeit zwischen der Ukraine und jedem NATO-Mitglied ist sehr wichtig. Eines der Hauptelemente unserer Strategie besteht darin, eine NATO-Mitgliedschaft zu diesem Zeitpunkt nicht direkt zu fordern, sondern uns auf sie vorzubereiten. Dafür müssen wir unser Land und den Sicherheitssektor reformieren. Das nächste Dokument, das durch den Präsidenten beschlossen wird, widmet sich Reformen des gesamten ukrainischen Sicherheitssektors“, erklärte Alexej Makejew.

In der neuen Fassung der Nationalen Sicherheitsstrategie wird das Wort „NATO“ 25 Mal erwähnt – zum Vergleich: in der vorigen Fassung von 2012 gab es 2 Erwähnungen. Dies zeigt, wie sehr die Ukraine die Zusammenarbeit mit der NATO vertiefen will. Ein weiterer Beleg ist der Zuspruch in der Bevölkerung: laut der letzten Umfrage unterstützen 51 Prozent eine NATO-Mitgliedschaft der Ukraine gegenüber 25 Prozent 2009. „Heute besteht die Notwendigkeit und Möglichkeit, die Zusammenarbeit zwischen der NATO und der Ukraine zu vertiefen. Und obwohl eine NATO-Mitgliedschaft weit entfernt ist, muss diese Frage auf der Tagesordnung bleiben und bei der NATO sollen die Türen für die Ukraine offen sein“, ergänzte Nikolaj Kapitonenko.

„Während des vergangenen Jahres verstanden wir, dass die Sicherheit der Ukraine auch unsere Sicherheit ist. Wir, bei der NATO, verstehen sehr gut, dass je sicherer, stabiler und demokratischer die Ukraine ist, desto geringer wird die Bedrohung der Gebiete unserer NATO-Länder. Der Ukraine zu helfen, ist nicht nur eine moralische Pflicht, sondern die Hilfe für ein demokratisches Land, das in Schwierigkeiten ist. Das ist im Interesse aller Mitglieder der Allianz. Die NATO zielt auf eine Partnerschaft mit der Ukraine“, erklärte Jamie Shea.

Er merkte an, dass die Hauptaufgabe der NATO derzeit darin besteht, die heutige Situation zu stabilisieren. Die NATO sieht die Minsker Vereinbarungen vom Februar zur Zeit als einzige Möglichkeit. Gerade deshalb rufen alle Mitgliedsstaaten der Allianz Russland und die Separatisten im Osten der Ukraine dazu auf, ihren Verpflichtungen nachzukommen. Die NATO sieht es auch als notwendig an, Kiew stärkere Hilfe zu gewähren. Vor einigen Wochen wurde mit Unterstützung von Rumänien ein Trustfond der NATO für die Ukraine eröffnet. Die NATO hat weitere solcher Fonds, wie einen Fond zur Rehabilitierung von Soldaten mit Unterstützung von Estland, einen zur Luftraumüberwachung, und einen zur Verwaltung militärischer Karrieren. Derzeit gibt es Ausbildungen im Verteidigungs- und Sicherheitsbereich. NATO-Experten sind in Kiew als Berater des Verteidigungsministeriums tätig. Einzelne NATO-Mitglieder bieten der Ukraine individuelle Hilfen an. Zum Beispiel ist ein ganzer Trupp aus den USA auf einem Übungsplatz, um 300 ukrainische Soldaten 8 Wochen lang auszubilden. Großbritannien entsandte auch einen Trupp, um mit den ukrainischen Seestreitkräften Übungen durchzuführen. „Wir vergrößerten die Anzahl unserer politischen Beratungen. Das Gremium der Ukraine-NATO war noch nie so ausgelastet. Wir planen auch, die Ukraine in alles zu integrieren und an allem zu beteiligen, was die NATO ausmacht. Dies ist sehr wichtig, damit unsere Zusammenarbeit nicht nur draus besteht, dass die NATO nach Kiew geht, sondern Kiew soll auch an der Arbeit der NATO teilnehmen. Das ist die beste Variante, der Ukraine Zugang zu militärischen Ausbildungen und Aktionen auf höchstem Niveau zu gewähren. Die Türen der NATO stehen der Ukraine in Zukunft offen und sie hat ihren Platz in den euroatlantischen Sicherheitsstrukturen“, ergänzte Jamie Shea.

Iwanna Klimpusch-Zinzadse erklärte, dass die Entscheidung über einen zweckbestimmten NATO-Fond im vergangenen Herbst getroffen wurde, aber die ukrainische Staatsführung brauchte sehr viel Zeit, um alle notwendigen Dokumente vorzubereiten, die bis heute nicht zur Ratifizierung an die Werchowna Rada übergeben wurden. Die Regierung schätzt die Beteiligung der NATO-Berater sehr hoch, aber die Staatsführung nutzt diese Möglichkeit nicht. Gerade deshalb kam die Idee auf, die NATO zur weiteren Arbeit mit dem ukrainischen Parlament für die Beschleunigung von Reformen hinzuzuziehen. „Wir wissen, dass die NATO keine militärische Lösung des Konflikts sieht. Wir stimmen dem zu. Aber wir merken auch, dass wir unser militärisches Potential zusammen mit unseren diplomatischen Aktivitäten vergrößern müssen, um der Bedrohung entgegenzuwirken. Wir rufen die NATO dazu auf, in dieser Richtung aktiver zu sein. Gerade finden Übungen der Nationalgarde statt. Unsere Streitkräfte brauchen sie sehr dringend. Wir hören viele Argumente seitens der NATO, dass die Ukraine nicht aufgerüstet werden soll, weil dies Russland nur provozieren würde. Aber die Ukrainer schossen auf der Krim keine einzige Kugel, doch hat dies dabei geholfen, den Konflikt im Osten zu vermeiden? In diesem Jahr wurde der Jahresplan zur Zusammenarbeit zwischen der Ukraine und der NATO relativ spät, am 23. April, vom Präsidenten vorgestellt. Dadurch verloren wir viel Zeit und die in dem Plan vorgesehenen Aktivitäten sind hauptsächlich formal. Sie spiegeln die lebensnotwendigen Probleme und die sich ändernde Situation nicht ab. Das sollte in Zukunft korrigiert werden“, erklärte Iwanna Klimpusch-Zinzadse.

Jamie Shea entgegnete darauf, dass er absolut versteht, dass die Werchowna Rada gewisse Gesetze beschließen muss, um den Trustfond zu nutzen. Er versprach, die Staatsführung in dieser Frage zur Eile zu drängen. Er merkte auch an, dass die NATO über keine Waffen verfügt, da sich diese bei den NATO-Mitgliedstaaten befinden und sie müssen entscheiden, was sie damit tun. Einige gewährten der Ukraine bereits eine hohe Anzahl an Waffen. Und wenn die Rede über Defensivwaffen geht, heißt das nicht, dass sie ineffektiv sind. „Das Wesentliche, was zur Festigung der Beziehungen zwischen der NATO und der Ukraine getan werden muss, ist, dass die NATO die Ukraine von einem langfristigen, strategischen und geopolitischen Standpunkt betrachtet. Sie muss die fundamentale Rolle verstehen, die die Ukraine in der europäischen Sicherheit spielt. Die Ukraine muss ihrerseits ihren Ernst und ihre Zuverlässigkeit dadurch beweisen, indem sie alles umsetzt, was wir vereinbaren“, fasste Jamie Shea zusammen.