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Wochenübersicht der ukrainischen Pressenachrichten vom 23.06.2015 bis zum 29.06.2015

Lage in der ATO-Zone

In der ATO-Zone nahm die Intensität des Beschusses seitens der illegal bewaffneten Gruppen zu: die Milizen nutzten weiterhin Waffen gegen die ukrainische Armee, die laut Minsker Vereinbarung untersagt sind. Laut Angaben des Vertreters der Präsidialverwaltung zu ATO-Fragen, Andrej Lysenko, wurden in den vergangenen 24 Stunden die Positionen der ukrainischen Streitkräfte 20 Mal mit 120-Millimeter Granatwerfern, zweimal mit 122- und 152-Millimetergeschützen, und sechsmal mit Panzern beschossen. Insgesamt gab es seitens der Terroristen 101 bewaffnete Provokationen gegen die ATO-Kräfte.

In der Sitzung der trilateralen Kontaktgruppe in Minsk, die für den 7. Juli geplant ist, soll ein Dokument unterzeichnet werden, das den gegenseitigen Abzug von schweren Waffenarten unterhalb 100 Millimeter, sowie von Panzern und Granatwerfern von der Demarkationslinie vorsieht, teilten die ukrainischen Vertreter mit.

Der ATO-Stab teilte mit, dass in der vergangenen Woche täglich zirka 80 Mal pro Tag ukrainische Positionen und zivile Ziele von den Milizen beschossen wurden: es gab 540 Verstöße gegen die Feuerpause seitens der illegal bewaffneten Gruppen; der Großteil im Bereich des besetzten Donezk.

Ab 7. Juli wird ein neues Passierscheinsystem für die Frontlinie gelten. Das Hauptproblem mit dem bestehenden Passierscheinsystem, das im Januar eingeführt wurde, ist, dass Bürger in direkten Kontakt mit Beamten oder Soldaten kommen, was Korruption ermöglicht und lange Schlangen an den Grenzübergangsstellen verursacht.

Trotz der Ankündigung, dass die Konfliktparteien schwere Waffen von der Demarkationslinie abziehen, stellten die SMM-Beobachter der OSZE fest, dass solches Kriegsgerät verlegt wird und in Bezirken ist, die nicht den Bereichen der Minsker Abkommen entsprechen. Bewohner von Donezk veröffentlichten ein Video, wie T72-Panzer durch Donezk fahren.

Der ukrainische Präsident, Petro Poroschenko unterzeichnete das Gesetz, das die Durchführung internationaler Maßnahmen zur Friedenssicherung und Sicherheit gewährleistet.

In Moskau fand am 26. Juni ein Arbeitstreffen der Chefs der Konsularabteilungen des ukrainischen und russischen Außenministeriums statt. Die ukrainische Partei forderte von Russland, die Bestimmungen internationaler Verträge im konsularischen Bereich strickt einzuhalten. Unter anderem soll dem ukrainischen Konsul ein Treffen mit den auf dem Gebiet der Russischen Föderation unbegründet inhaftierten ukrainischen Staatsbürger, mit Nikolaj Karpjuk, Stanislaw Klich, Oleg Senzow, Alexander Koltschenko, und Gennadij Afanasjew, gewährleistet werden.

Unten finden Sie Interviews über die Situation in der ATO-Zone:

– Ukrainischer Botschafter Kuleba über den Konflikt im Osten der Ukraine (englisch): „Russland führt die Welt an den Abgrund“.

– Leben unter Beschuss (englisch): Der Beschuss von Milizen in Luhansk zerstört Häuser in einem ukrainische Dorf

– Ein EU-Experte, der in der Ukraine lebt, liefert die Sicht eines Insiders über die Situation im Land (englisch)

Menschenrechte

Ukrainer verurteilen mehrheitlich Folter und misstrauen dem ukrainischen Rechtswesen, da es an entsprechenden Reaktionen und Ermittlungen solcher Fälle mangelt, insbesondere seitens Vertretern der Rechtsschutzorgane. Zwei Drittel der Ukrainer meinen, dass die Rechtsschutzorgane Folter und Gewalt anwenden. Allerdings gibt es in der Ukraine auch eine gewisse Toleranz gegenüber Folter. „48 Prozent der Ukrainer meinen, dass die Folterung von Separatisten in der Zeit der ATO unzulässig ist, während 71 Prozent Folter außerhalb des Kontexts dieses bewaffneten Konflikts verurteilen“, berichtete Bogdan Owtscharuk, Sprecher von Amnesty International in der Ukraine, bei einer Pressekonferenz im Ukrainischen Crisis Media Center, auf der die Ergebnisse einer gesamtukrainischen Untersuchung der öffentlichen Meinung zur Folteranwendung vorgestellt wurden.

Reformen

Die Verfassungsänderungen im Rahmen der Dezentralisierung haben keinen Bezug zur Föderalisierung des Landes und werden zu keiner Schwächung des Zentralstaats im Bereich der Verteidigung, der Nationalen Sicherheit und der Rechte und Freiheiten der Ukrainer führen, teilte Petro Poroschenko mit. Durch die Dezentralisierung werden Behördenvertreter vor Ort mehr Instrumente erhalten, um Programme der lokalen Selbstverwaltung umzusetzen. Der ukrainische Präsident erklärte in einer Sitzung des Nationalen Reformrats, dass die Ukraine versuchen wird, die Verfassungsreform im Bereich der Behördendezentralisierung bis zum 25. Oktober abzuschließen, sowie die Gerichtsreform und die Reform zur Immunität der Abgeordneten. Poroschenko beabsichtigt auch, dass, sollte das Parlament nicht bis zum 25. Oktober die Verfassungsänderungen wenigstens im Teil der Dezentralisierung beschließen, die vorgezogenen Lokalwahlen in einem solchen Fall nach der Änderung der Verfassung durchgeführt werden. Gleichzeitig merkte der ukrainische Ministerpräsident, Arsenij Jazenjuk, an, dass im Fall, wenn die Verfassungsreform nicht bis zum 25. Oktober abgeschlossen ist, die Organe der lokalen Selbstverwaltung nach den alten Vorschriften gewählt werden sollen.

Die Finanzministerin, Natalja Jaresko, sieht es als notwendig an, die Reform des Staatlichen Fiskaldienstes bis Ende 2016 abzuschließen. Diese Reform sieht eine Reduzierung der Mitarbeiter vor, sowie die Zusammenlegung der Funktionen des Steuer- und Zollaudits und die Durchführung einer Entwaffnung der Steuerpolizei, was es ermöglicht, dass sich die Ukraine den Standards der EU anzunähern. Allerdings soll der Fiskaldienst die Steuerzahlungen überwachen, aber dabei keine Strafbehörde sein. Die Finanzministerin erklärte, dass die Reform des Fiskaldiensts es ermöglicht, die Einnahmen der Zollämter um 20 Prozent zu erhöhen und die Steuerlöcher um 10 Prozent zu verringern. Der Ministerpräsident Jazenjuk sieht es auch als notwendig an, einen Dienst für Steuerprüfungen statt eine Steuerpolizei zu schaffen und hofft, dass das Parlament dieser Reform zustimmt.

Der stellvertretende Chef der Präsidialverwaltung, Dmitrij Schimkiw, erklärte, dass der Koalitionsvertrag bis Ende Mai zu 61 Prozent nicht erfüllt ist und dass das Risiko besteht, dass gewisse Punkte des Koalitionsvertrags insgesamt nicht erfüllt werden könnten. Nach Angaben von Schimkiw liegt das Hauptproblem bei der Erfüllung der Punkte bei der Umsetzung von Reformen, wenn die Personen fehlen, die die persönliche Verantwortung für jeden einzelnen Punkt tragen.

Der ukrainische Präsident, Petro Poroschenko, legte gegen das von der Werchowna Rada am 22. Mai beschlossene Gesetz „Über die Änderung an einigen ukrainischen Gesetzen in Bezug auf die Stärkung der Rolle der Zivilgesellschaft im Kampf gegen Korruption und Verbrechen“ sein Veto ein. Es hätte den Bürgern der Ukraine erlaubt, Beamte bei Verbrechen zu ertappen.

Korruptionsbekämpfung

Der Staatliche Fiskaldienst stellte die Arbeit von 414 Unternehmen zur Geldwäsche ein und schloss 401 „Steuerlöcher“, teilte die Pressestelle der Behörde mit.

Arsenij Jazenjuk teilte mit, dass die korruptesten Zollämter unter die Leitung internationaler Gesellschaften gestellt werden sollen: „Da es immer noch Korruption bei den Zollämtern gibt, erleidet die Ukraine deshalb Verluste in Milliardenhöhe.“ Deshalb schlug der Ministerpräsident vor, ein Pilotprojekt bei besonderen Zollämtern zu starten und ausländische Unternehmen einzuladen, die Aufgaben der ukrainischen Zollämter auszuführen.

Wirtschaft

Die ukrainische Finanzministerin, Natalja Jaresko, bestätigte, dass in der Ukraine ein technischer Default durch das Moratorium zur Ausbuchung von Auslandsschulden eintreten kann. Aber dies würde keinen Einfluss auf die Funktion des ukrainischen Bankensystems haben. Jaresko merkte an, dass die Zahlungsunterbrechung nur bei den Auslandsschulden möglich ist, die einer Restrukturierung unterliegen. Dabei ist allerdings keine Rede von einem allgemeinen Zahlungsstop – weder bei Inlandsschulden, noch bei Schulden gegenüber internationalen Finanzinstitutionen.

Das Ministerium für Wirtschaftsentwicklung und Handel (MERT) der Ukraine rechnet damit, aus der Privatisierung von Staatsunternehmen 17 Mrd. Hryvna zu erhalten. Ziel der Reform von Staatsbetrieben ist, ihre Arbeitseffektivität zu verbessern und nicht-strategische Objekte zu privatisieren. Nach Angaben des Chefberaters von Minister A. Audizkas, verfügt die Ukraine derzeit über 1.833 in Betrieb befindliche Staatsunternehmen und über weitere 1.500 sind nicht tätig oder befinden sich im Liquidationsstadium. Laut einer Übersicht der Top-100 ukrainischen Staatsunternehmen, die auf der Website des MERT veröffentlicht ist, entfallen zirka 80 Prozent der Gesamteinnahmen auf diese Betriebe und zirka 90 Prozent der Aktiva des gesamten Sektors von Staatsbetrieben.

Laut Daten des Ministers für Sozialpolitik, Pawel Rosenko, verloren 1,2 Mio. Personen innerhalb eines Jahres ihre Arbeit und 56 Prozent der Bevölkerung sind arbeitstätig. Rosenko ergänzte, dass allein im Gebiet von Donezk 800.000 Arbeitsplätze verloren gingen. Die Beschäftigungszahl in der Industrie ging insgesamt um 18 Prozent zurück. Das Arbeitslosenniveau stieg auf 9,3 Prozent.

Die Reallöhne der Ukrainer verringerten sich im Mai 2015 gegenüber Mai 2014 um 27,6 Prozent, teilte das Staatliche Statistikamt mit.

22 staatliche Gruben der Ukraine brauchen Investitionen in Höhe von 1,1 Mrd. Hryvna, um innerhalb eines Jahres aus ihrer verlustbringenden Arbeit zu kommen, erklärte der Minister für Energie und die Kohleindustrie, Wladimir Demtschischin. Die Mittel sind zum Kauf neuer Anlagen und der Erschließung neuer Gruben notwendig. Für 2015 plant das Ministerium, 11 von 35 staatliche Gruben zu schließen.

Gasstreit

Der Energieminister der Russischen Föderation, Alexander Nowak, bestätigte, dass der früher angekündigten Gasverhandlungen zwischen Russland, der EU und der Ukraine am 30. Juni stattfinden. Bei dem trilateralen Treffen wird möglicherweise ein neues Winterpaket für die Ukraine beschlossen, das nach dem Muster des vorigen Vertrags gebildet wird, erklärte der ukrainische Energieminister Demtschischin.

Unter Berücksichtigung aller Faktoren wird der Endpreis für Gas für die Ukraine im dritten Quartal zirka 248,17 USD/ 1.000 Kubikmeter betragen, teilte der russische Ministerpräsident, Dmitrij Medwedew, mit. In der vergangenen Woche wies der Chef von „Gazprom“, Alexej Miller, darauf hin, dass die Schulden der Staats-AG „Naftogaz Ukraine“ AG für die Gaslieferungen in die besetzten Gebiete im Donbass 212 Mio. USD betragen. Die Staats-AG „Naftogaz“ entgegnete darauf, dass die Lieferungen gegen die bestehenden Vertragsbedingungen durchgeführt wurden.