Lage in der ATO-Zone
Die Situation in der ATO-Zone bleibt weiterhin angespannt, ist aber weitgehendst unter Kontrolle des ukrainischen Militärs. Nach Meldungen des offiziellen ATO-Sprechers kamen in der vergangenen Woche 6 Soldaten ums Leben und 39 wurden verwundet. In allen Bereichen der Konfrontation ist die Situation angespannt.
Mit hoher Wahrscheinlichkeit ist eine bedeutende Eskalation der Situation im Donbass seitens der Russischen Föderation und der pro-russischen Milizen ein Versuch des Kremls, nicht die Ukraine, sondern den Westen zu erpressen, der auf die Umsetzung des Friedensplans pocht, erklärte der ukrainische Botschafter in den USA, Valerij Tschalyj.
Nach Einschätzung von Experten (nicht nur ukrainischen, sondern auch ausländischen) bleibt die Möglichkeit bestehen, dass die Situation im Donbass weiter eskaliert. Aber alle sind sich darin einig, dass jede Offensive seitens der Ukraine keinen strategischen Vorteil bringen wird.
Frieden im Donbass ist nicht auf militärischem Weg zu erreichen, erklärte der ukrainische Präsident, Petro Poroschenko, in einem Interview. Die Hauptargumente des Präsidenten sind, dass zehntausende Opfer dieses Ziel nicht wert sind. Bisher sind die Minsker Vereinbarungen die einzige Alternative, meinte Poroschenko.
Der neue Botschafter der Ukraine in den USA, Valerij Tschalyj, schließt nicht aus, dass bald ein neues, breiteres Verhandlungsformat zur Regelung des Konflikts im Donbass möglich ist, wenn Russland seine Haltung in Bezug auf die Ukraine nicht grundlegend ändert. Nach Meinung des Botschafters verstehen alle, dass es bereits höchste Zeit ist, eine Lösung zu finden. „Ich schließe nicht aus, dass es in irgendeiner Etappe zu einem Treffen der Staats- und Regierungschefs oder ihrer ranghohen Vertreter kommen kann“, sagte der Botschafter.
Russland und von Russland unterstützte Milizen halten sich nicht an die Minsker Vereinbarungen und sind eine Gefahr für die Zivilbevölkerung (Infografik).
Konflikt in der Stadt Mukatschevo (Westukraine)
In Mukatschevo (Gebiet der Transkarpatien in der Ukraine) kam es am Samstag, den 11. Juli, während eines Treffens des Parlamentsabgeordneten Michail Lano und Vertretern des „Rechten Sektors“ zu einem Zusammenstoß. Drei Personen kamen ums Leben, 11 Personen wurden verletzt – darunter Zivilisten. Laut der offiziellen Version war der Grund des Zusammenstoßes angeblich die Neuverteilung des Zigarettenschmuggels. Im ganzen Land gibt es Aktionen von Anhängern des „Rechten Sektors“, die eine Verhaftung von Lano und den Rücktritt des ukrainischen Innenministers, Arsen Awakow, fordern. Die Generalstaatsanwaltschaft gründete noch am gleichen Tag eine Sondergruppe zur Untersuchung des Falls, den die Generalstaatsanwaltschaft als organisiertes Verbrechen und Terrorakt qualifizierte.
Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko gab die Kommentare zum Konflikt in Mukatschevo; „Dieser Konflikt ist eine Folge der Neuverteilung des Schmuggels“.
Der Parlamentsabgeordnete und frühere Journalist Mustafa Najem berichtete über den Konflikt in Mukatschevo aus der Westukraine in einem Skype-Interview für Hromadske International.
Die Entwicklung der Ereignisse kann man auf der Website der englischsprachigen Zeitung KyivPost nachlesen.
Wirtschaft
Die Verhandlungen zwischen dem Sonderkomitee der Kreditoren der Ukraine, der ukrainischen Regierung und dem IWF endeten am 6. Juli in Washington mit einer Vereinbarung, dass die Staatsschulden der Ukraine restrukturiert werden. Die Parteien prüften die Wirtschaftsdaten und Prognosen der Ukraine. Nach Angaben von Experten und Quellen, die bei dem Treffen mit den Vertretern des IWF dabei waren, gaben die Anwesenden zu verstehen, dass ein vorrübergehender Verzicht der Ukraine auf die Rückzahlung von Anleihen kein Hindernis für die Fortsetzung der Kreditvergabe durch den IWF für die Ukraine darstellt.
Die Ukraine erwartet eine Inflation und Abwertung. „Die Wirtschaft befindet sich weiterhin im Fall und der Rückgang des BIP im ersten Quartal um 17 Prozent warf das Problem auf, dass die Geldmenge unverändert bleibt, aber sich die Produktion verringerte. Das heißt, wir werden weiterhin eine Inflation und Abwertung bekommen“, erklärte der Chefanalyst der Ratingagentur „Expert-Rating“, Vitalij Schapran.
„Die Europäische Kommission entschied, der Ukraine die erste Tranche in Höhe von 600 Mio. Euro als Darlehen zu geben. Dies ist die erste Etappe des neuen Programms zur makrowirtschaftlichen Hilfe, die insgesamt 1,8 Mrd. Euro als mittelfristige Anleihe erreicht“, teilte die Europäische Kommission mit. Diese Mittel werden zur Finanzierung lebensnotwendiger Probleme und zur Unterstützung einer wirtschaftlichen Stabilisierung verwendet.
Der Wert der Produkte, die im vergangenen Jahr von dem staatlichen Rüstungsunternehmen „Ukroboronprom“ hergestellt wurden, betrug 11,2 Mrd. Hryvna, was um fast 2 Mrd. Hryvna mehr war als im Jahr zuvor. „Die Reform des Unternehmens ermöglichte es, innerhalb eines Jahres weiteren 5.000 Personen Arbeit zu geben und das Bruttowachstum des Unternehmens um 4,9 Mrd. Hryvna zu vergrößern“, teilte der Generaldirektor von „Ukrboronprom“, Roman Romanow, während einer Pressekonferenz im Ukrainischen Crisis Media Center mit.
Die Kreativindustrie hat die Chance, die ukrainische Wirtschaft zu retten, auch dank des Exports – Experten.
Die Ukraine plant für 2015, eine großangelegte Privatisierung von Staatseigentum durchzuführen. „Die Liste mit derzeit 302 staatseigenen Objekten, die 2015 privatisiert werden sollen, wurde genehmigt. Darunter befinden sich 127 Objekte unter der Verwaltung des Fonds für Staatseigentum, weitere 67 unter der Verwaltung anderer staatlichen Zentralorganen, 42 unter der Verwaltung des Energie- und Kohleministeriums, 62 beim Landwirtschaftsministerium und 4 bei der Staatsagentur für Fischzucht“, erklärte der Chef des Fonds für Staatseigentum, Igor Bilous, während einer Pressekonferenz im Ukrainischen Crisis Media Center. Das Gesamtbudget zur Privatisierung beträgt 17 Mrd. Hryvna.
Untersuchung
Die „Democratic Initiatives Foundation“ veröffentlichte eine Analyse mit vier möglichen Szenarien der Staatspolitik in Bezug auf die besetzten Gebiete im Donbass, die vier Kriterien als Grundlage hatten: Innen- und Außenpolitik, Wirtschaftsfragen und Achtung der Menschenrechte. Ein Szenario sieht die vollständige Isolation vor, ein weiteres die teilweise Isolation und zwei die „weiche Reintegration“. Die Variante der vollständigen Isolation kommt für die ukrainische Staatsführung nicht in Frage. Dafür sind die Elemente der anderen drei Szenarios in der derzeitigen ukrainischen Politik in Bezug auf den Donbass enthalten. Die Experten sind sich dahingehend einig, dass es in Bezug auf die Umsetzung der Menschenrechte kein ideales Szenario gibt.
«Ukraine. OpenforU»
Das Ministerium für Wirtschaftsentwicklung und Handel der Ukraine veröffentlichte im Internet ein Promo-Video für die Ukraine, in dem das Land vorstellt wird, sowie dessen Entwicklungs- und Investitionspotentiale.
Reformen in der Ukraine
Am 1. Juli 2015 nahmen in der Ukraine 100 Zentren für eine kostenlose Rechtsberatung ihre Arbeit auf. Diese Zentren bieten kostenlose Rechtsberatungen für sozial minderbemittelte Bevölkerungsschichten zu Zivil- und Verwaltungsfragen. Neben der Sicherstellung des grundlegenden Menschenrechts, dem Zugang zur Rechtssprechung, sind diese Zentren als Unterstützung für Menschen in den Bereichen enorm wichtig, wo die Regierung ihre Politik ändert, wie zum Beispiel bei Subventionen für Gas, bei Renten und anderen Sozialleistungen. Das System der kostenlosen Rechtsberatung soll auch bei der Einführung der Dezentralisierung helfen, da die Bevölkerung über diese Zentren erfahren kann, welche Institution in welchem konkreten Fall für sie zuständig ist.
Das Ministerkabinett der Ukraine vereinfachte und verbesserte die Arbeit der Ukrainischen Häfen. Während der Sitzung am 7. Juli 2015 beschloss das Kabinett vier Bestimmungen, die die Logistik, Kontrolle und Dienstleistungskosten der ukrainischen Häfen regeln. Eine der Bestimmungen zielt auf die Lösung des Problems zur Umweltkontrolle von Ballastwasser. Dieses Problem wurde seit längerer Zeit von führenden Wirtschaftsverbänden in der Ukraine angeschnitten, wie der ACC und der EBA. Die Veröffentlichung der Bestimmungen wird für nächste Woche erwartet.
Die institutionelle Fähigkeit und Unabhängigkeit der Ukrainischen Nationalbank wird gestärkt. Der Präsident unterzeichnete zwei Gesetze, die mehrere Beschränkungen aufheben, die der Nationalbank früher auferlegt wurden und die auch dafür sorgen, die Organisationsstruktur der Nationalbank zu erneuern und zu verbessern. Diese Gesetze sind Teil eines breiteren Programms in der Bankenreform und decken sich mit dem Programm zur Zusammenarbeit mit dem IWF.
Eine der wichtigsten Aufgaben bei der Dezentralisierung ist, die Menschen in der gesamten Ukraine darüber genau zu informieren, was es mit dieser Reform auf sich hat und wie sie das Leben der Menschen konkret beeinflusst. Gerade das Fehlen von Informationen über Reformen ist oftmals Grund, weshalb Reformen gebremst werden. Das Schweizer-Ukrainische Projekt „Unterstützung der Dezentralisierung in der Ukraine“, DESPRO, präsentierte mit der Nichtregierungsorganisation „Gemeinschaft unabhängiger Experten“ im Ukrainischen Crisis Media Center die Ergebnisse einer Serie von Zielgruppenuntersuchungen zum Thema „Dezentralisierung in der Ukraine: wie sich die Meinung der Menschen ändert“.
Reportagen
– Video-Reportage von Hromadske International über das Leben von Häftlingen in Frontnähe im Osten der Ukraine
– Reportage über Menschenrechtsverstöße in den besetzten Gebieten im Osten des Landes. Die Reportage enthält einen umfassenden Kommentar des Menschenrechtskommissars des Europarats, Nils Muiznieks, nach seinem letzten Besuch in Donezk.
Analyse
– Besprechung zum Jahrestag zum Abschuss der Boing MH17 mit Bellingcat
– Die Website StopFake veröffentlichte einen weiteren Fake der Website „Kharkov News Agency“ über ethnische Säuberungen im Osten der Ukraine. Die russische Website „zitierte“ die New York Times.
– Die Website StopFake veröffentlichte einen russischen Fake, der in vielen russischen Medien Verbreitung fand. Russische Medien behaupteten, dass in der Ukraine die Nutzung des Wortes „Russland“ und „Rus“ verboten wurde und man dafür mit bis zu 12 Jahre Haft bestraft werden kann.
– KyivPost veröffentlichte eine Analyse über den Reformfortschritt in der Ukraine
– Analyse über Reformen im ukrainischen Energiesektor