Wochenübersicht der ukrainischen Pressenachrichten vom 14. bis 20 Juni 2016

Die Situation in der Zone der Anti-Terror-Operation

Die Situation in der ATO-Zone bleibt angespannt. Die Positionen der ukrainischen Streitkräfte wurden von den russischen hybriden Truppen weiter beschossen. Insgesamt wurden die ukrainischen Checkpoints 291 Mal beschossen. In der vergangenen Woche wurden sieben ukrainische Soldaten getötet und 28 weitere verletzt.

Wie schon während der früheren Berichtsperioden war die Lage in den Frontabschnitten von Mariupol und Donezk am schwierigsten. Im Frontabschnitt von Mariupol wurden die ukrainischen Checkpoints bei Krasnohoriwka mit Mörsern mit einem Kaliber von 82 und 120 Millimetern sowie von Panzern und Artilleriesystemen mit einem Kaliber von 152 Millimetern beschossen. Im Frontabschnitt von Donezk wurden die ukrainischen Truppen mit verschiedenen Waffensystemen bei Saizewe, Nowhorodske und Awdijiwka beschossen. Bei Newelske setzten die russischen hybriden Truppen Selbstfahrlafetten mit einem Kaliber von 122 Millimetern ein (vollständiger Bericht über die Lage in der ATO-Zone auf Englisch).

Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) stellte in der vergangenen Woche eine Zunahme des Beschusses fest, darunter mit schweren Waffen. Das teilte der erste stellvertretende Leiter der OSZE-Sonderbeobachtermission, Aleksander Hug, mit.

Freilassung der Gefangenen. Iryna Heraschtschenko, erste stellvertretende Vorsitzende des ukrainischen Parlaments und Vertreterin der Ukraine in der Minsker Kontaktgruppe zu humanitären Fragen, richtete an den deutschen Außenminister Frank-Walter Steinmeier, den amtierenden OSZE-Vorsitzenden, eine Bitte, sich für die Freilassung ukrainischer Geiseln einzusetzen. Sie betonte, dass sich im vergangenen Monat nicht nur die Sicherheitslage, sondern auch die humanitäre Lage in der Ostukraine deutlich verschärft habe. Die Vertreter der vorübergehend besetzten Gebiete von Donezk und Luhansk würden den Austausch von Gefangenen blockieren. Trotz Bemühungen und Kompromissbereitschaft der ukrainischen Seite würden sie alle Initiativen ablehnen.

Nach Angaben von Heraschtschenko befindet sich der Mitarbeiter der UN-Beobachtermission, der ukrainische Staatsbürger Jurij Suprun, weiter in Gefangenschaft der sogenannten “Donezker Volksrepublik”. Erst vor kurzem konnte ein Anwalt Suprun besuchen. Beim Treffen der trilateralen Kontaktgruppe betonten die Vertreter der vorübergehend besetzten Gebiete, dass Suprun wegen Kriegsverbrechen verurteilt worden sei. Doch sie konnten keine genaueren Angaben dazu machen, wann diese Verbrechen begangen worden sein sollen. In den vergangenen zwei Jahren war Suprun für internationale humanitäre Organisationen tätig.

Heraschtschenko zufolge hat die Ukraine die Vertreter der vorübergehend besetzten Gebiete daran erinnert, dass die Ukraine bereit ist, 25 schwerkranke Ukrainer gegen 50 prorussische Häftlinge auszutauschen.

OSZE-Polizeimission. Eine OSZE-Polizeimission im Donbass wird rund eine Milliarde US-Dollar kosten. Das teilte der Vorsitzende der Trilateralen Kontaktgruppe für Sicherheitsfragen zur Regelung der Situation im Donbass, Evhen Martschuk, mit. Er betonte, dass bislang keine Einigung zwischen den Seiten darüber erzielt worden sei, wie eine solche Mission aussehen und welchen Status und welche Funktionen sie haben soll, so Martschuk.

Wahlen im Donbass. Es ist unwahrscheinlich, dass bis Ende dieses Jahres lokale Wahlen in jenen Gebieten abgehalten werden, die derzeit von den bewaffneten Gruppierungen “Donezker Volksrepublik” und “Luhansker Volksrepublik” kontrolliert werden, sagte heute in Moskau Denis Puschilin, ein Vertreter der Gruppierung “Donezker Volksrepublik”, berichten russische Medien. “An diesem Mittwoch fand eine weitere Sitzung der Kontaktgruppe und von vier Arbeitsgruppen statt. Leider gibt es in der Untergruppe für politische Fragen keinen Fortschritt. Es gibt unsere Position und die der ukrainischen Seite, und sie sind völlig entgegengesetzt. Es gelingen keine Kompromisse. Deswegen kann von Wahlen in diesem Jahr keine Rede sein”, sagte Puschilin nach Angaben der russischen Nachrichtenagentur “TASS”.

Politische Erklärungen. Die Verteidigungsminister der NATO-Staaten haben ein umfassendes Hilfspaket für die Ukraine genehmigt, erklärte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg nach einem Treffen der NATO-Ukraine-Kommission in Brüssel. Das Hilfspaket schließe Beratung und praktische Unterstützung im Bereich von Kommando und Kontrolle, Logistik, Cyber-Sicherheit und die Reha verwundeter Soldaten ein. “Ziel ist es, der Ukraine zu helfen, effizientere und wirksamere Sicherheitsstrukturen zu schaffen und die zivile Kontrolle über sie zu stärken. Wir setzen bereits Projekte im Rahmen von Treuhandfonds um. Wir entwickeln auch neue Projekte, unter anderem im Bereich der Bekämpfung von hybriden Kriegen”, sagte der NATO-Generalsekretär. Endgültig soll das Hilfspaket auf dem NATO-Gipfel in Warschau beschlossen werden.

Menschenrechte: Der Fall Klych und die Lage auf der Krim

Am 14. Juni wurde Aleksej Sarow, Chefredakteur der letzten unabhängigen Zeitung auf der Krim, der Internet-Zeitung “Argumenty Nedeli”, verhaftet. Nach Angaben der Journalisten von “KrymRealiji” war die Zeitung “Argumenty Nedeli” offenbar gezwungen, die russischen Besatzungsbehörden anzuerkennen, denn in der Internetzeitung sind mehrere propagandistische Artikel erschienen. Die Zeitung hatte zuvor über die Verletzung der Rechte von Krimtataren sowie über das Verbot des Medschlis berichtet. Bericht der Menschenrechtsgruppe Charkiw.

Gegen den in Russland gesetzwidrig verurteilten Ukrainer Stanislaw Klych ist ein weiteres Strafverfahren wegen Missachtung des Gerichts eingeleitet worden. Verurteilt wurde er zuvor, weil er sich angeblich einst zusammen mit dem ehemaligen ukrainischen Premier Arsenij Jazenjuk am Krieg in Tschetschenien beteiligt haben soll. Ukrainische Menschenrechtler haben wiederholt auf den sich verschlechternden Gesundheitszustand von Klych und psychischen Störungen infolge von Folter hingewiesen. Aber die russischen Behörden weisen diese Vorwürfe zurück. (Erklärung der Menschenrechtsgruppe Charkiw auf Englisch).

Anti-Terror-Gesetze als Instrument der religiösen Verfolgung. Die russischen Anti-Extremismus-Gesetze sind schwammig, ermöglichen sie, jegliche Gruppierung zu verfolgen. Gleichzeitig legitimieren und legalisieren sie eine solche Verfolgung. Derzeit laufen in der so genannten “Sache der Muslime auf der Krim” Verfahren gegen 14 Personen. Vollständige Pressemitteilung auf Deutsch.

Sorge um Kulturdenkmäler auf der Krim und im Donbass. Im Ukraine Crisis Media Center hat eine Pressekonferenz über den Zustand von Kulturdenkmälern in den besetzten Gebieten stattgefunden. Experten fordern einen Schutz von Objekten des kulturellen Erbes. Wie kann die internationale Gemeinschaft helfen? Über 1,2 Millionen Kulturschätze sind der Kontrolle der ukrainischen Behörden entzogen. Vollständige Pressemitteilung auf Deutsch.

Umfrage: Wollen die Ukrainer einen visumfreien Reiseverkehr und die EU-Mitgliedschaft?

Die Ilko-Kutscheriw-Stifung “Demokratische Initiativen” hat gemeinsam mit dem Kiewer Razumkow-Forschungszentrum zwischen dem 14. und 22. November 2015 2009 Menschen im Alter ab 18 Jahren in allen Regionen der Ukraine mit Ausnahme der Krim und den besetzten Bezirken der Gebiete Donezk und Lugansk gefragt, wie wichtig ihnen eine visumfreie Einreise in die EU ist. Die Mehrheit der Befragten (56,6 Prozent) gab an, dass ein visumfreier Reiseverkehr mit der EU für die Ukraine “wichtig” ist. Dass er “insgesamt wichtig” ist, sagten 33,7 Prozent. 22,9 Prozent halten ihn für “sehr wichtig”. Für “wenig wichtig” halten ihn 19,3 Prozent und für 17,4 Prozent spielt er “gar keine Rolle”. 6,6 Prozent konnten keine Antwort geben. Infografik.

Die Bevölkerung der Ukraine begrüßt die Perspektive eines Beitritts ihres Landes zur Europäischen Union. Gleichzeitig findet die Idee eines Beitritts zur Zollunion von Russland, Belarus und Kasachstan deutlich weniger Unterstützung. Das geht aus einer im Mai 2016 durchgeführten Umfrage des Kiewer Internationalen Instituts für Soziologie (KIIS) hervor. Bei einem Referendum über einen Beitritt der Ukraine zur Europäischen Union hätten sich 49 Prozent der Befragten dafür ausgesprochen, 26 Prozent wären dagegen, die restlichen 24 Prozent sind unentschieden oder würden an der Abstimmung nicht teilnehmen. Für einen Beitritt der Ukraine zur Zollunion würden bei einem Referendum 16 Prozent dafür stimmen, 57 Prozent wären dagegen, 27 Prozent sind unentschieden oder würden an einem solchen Referendum nicht teilnehmen (Ergebnisse der Umfrage in englischer Sprache).

Wirtschaft: Abbau der Staatsschulden und Erfolge von Prozorro

Die Bruttoauslandsverschuldung der Ukraine hat sich im ersten Quartal 2016 gegenüber dem vorangegangenen vierten Quartal 2015 um 1,371 Milliarden US-Dollar, beziehungsweise um 1,2 Prozent, auf 117,358 Milliarden US-Dollar verringert.

Die Einsparungen im Staatshaushalt belaufen sich Dank des elektronischen Systems zur Vergabe öffentlicher Aufträge “ProZorro” im Mai 2016 auf 217 Millionen Hrywnja. Insgesamt wurden 16.400 öffentliche Ausschreibungen getätigt. Entsprechende Angaben befinden sich auf der Internetseite von “Prozorro“.

Nachfolgend eine Auswahl an englischsprachigen Interviews, Analysen und Videos zur Situation in der Ukraine

Reportage

Die ukrainischen politischen Häftlinge Hennadij Afanasjew und Jurij Soloschenko sind von Russland freigelassen worden und in die Ukraine zurückgekehrt. Reportage von Ukraine Today.

Die beiden freigelassenen Ukrainer: Die Sanktionen gegen Russland müssen verlängert werden, damit andere Häftlinge befreit werden können. Stellungnahme von Soloschenko und Afanasjew.

Das Nationale Anti-Korruptions-Büro der Ukraine hat zehn hochrangige Beamte festgenommen, die an Korruption im Bereich der Erdgasförderung beteiligt waren. Reportage von KyivPost.

Russland setzt mehr Panzer in der Ostukraine ein. Reportage von Ukraine Today.

Was Putin über die Ukraine auf dem Wirtschaftsforum in St. Petersburg sagte. Reportage von KyivPost.

Die Ukraine hat Russland ein Ersuchen zur Auslieferung des politischen Häftlings Mykola Karpjuk geschickt. Reportage von Ukraine Today.

Top 10 der jüngsten Siege der Ukraine. Reportage von KyivPost.

Ausländer, die in der ukrainischen Armee dienen. Reportage von Ukraine Today.

Putins Territorium in Finnland. Reportage von Ukraine Today.

Auf der Suche nach Frieden. Wie ehemalige ukrainische Soldaten, die in der Zone der Anti-Terror-Operation gekämpft haben, Arbeit suchen. Psychologen zufolge leiden Soldaten unter dem sogenannten “ATO-Syndrom”. Nach ihrer Demobilisierung fällt es ihnen schwer, zum zivilen Leben zurückzukehren. Beschäftigung bedeutet für viele ATO-Soldaten Sozialisation. Reportage von UNIAN.

Die Ukrainische Orthodoxe Kirche des Kiewer Patriarchats wird auf der besetzten Krim unter Druck gesetzt. Reportage der Menschenrechtsgruppe Charkiw.

Interviews

“Nach den Zusammenstößen in Marseille kann Europa die hybriden Methoden der Russischen Föderation nachvollziehen, die sie in der Ukraine anwendet.” Interview von Ukraine Today mit dem Militärexperten Mychajlo Samus.

“Frankreich hat vergessen, dass die Unentschlossenheit Europas während des Konflikts in Georgien den Krieg in der Ukraine erst möglich gemacht hat.” Interview von Ukraine Today mit Ivanna Klympusch-Zynzadse, ukrainische Vizepremierministerin für europäische Integration.

Analyse

Wer sind die russischen Hooligans bei der EM 2016? Analyse von Hromadske International.

Warum wird die Visumfreiheit der Europäischen Union mit Georgien und der Ukraine verschoben. Analyse von Hromadske International.

Was ist die neue Identität der Ukrainer? Analyse von Hromadske International.

Warum wurden die Ukrainer Soloschenko und Afanasjew gegen zwei Ukrainer ausgetauscht? Analyse von Hromadske International.

Meinung

Was sagen uns die russischen Hooligans über Russland? Artikel des US-Ökonomen Alexei Bayer bei KyivPost.

Portrait: “Neue Gesichter“ der Staatsmacht

Mission impossible: Die Menschenrechtlerin Walentyna Telyschenko, die sich mit dem Mordfall des ukrainischen Journalisten Heorhij Gongandse beschäftigte, ist zur stellvertretenden Generalstaatsanwältin ernannt worden. Artikel von KyivPost.

Pressemitteilungen von UCMC (auf Deutsch)

In Kiew war der „Marsch der Gleichheit 2016“ die größte Aktion zum Schutz der LGBT-Rechte in der Geschichte der Ukraine. „Es war der größte, offenste und friedlichste Marsch der Gleichheit. […] Wir schätzen die Teilnehmerzahl auf insgesamt 2.000 Personen, was für uns ein riesiger Schritt vorwärts ist“, sagte Ruslana Panuchnyk, die Vertreterin von „KievPride“.

In 30 Städten in 26 Ländern, sowie in den USA, fand die Aktion „Stop Putin. Stop War“ statt. Die Teilnehmer der Aktion stellten drei Hauptforderungen: der vollständige Abzug der russischen Armee und Militärtechnik von ukrainischem Gebiet; die Special-Monitoring-Mission der OSZE stärken und deren Arbeit auf 24 Stunden pro Tag erweitern; sowie die Sanktionen gegen die Russische Föderation aufrecht halten.

Kohlegruben in der Ukraine: investieren oder schließen? Im Ukraine Crisis Media Center fand eine Diskussion zum Thema „Kohlegruben in der Ukraine: investieren oder schließen“ statt. Experten versuchten, die Zukunft der ukrainischen Gruben zu bestimmen. Die meisten Experten meinen, dass es die sinnvollste Lösung für die Ineffektivität der staatlichen Gruben ist, sie zu privatisieren und die verlustbringenden zu schließen.