Was die Ukraine von Olympia in Rio de Janeiro erwartet

OLYMPUS DIGITAL CAMERA

Kurz vor den XXXI Olympischen Sommerspielen, die vom 5. bis 21. August 2016 im brasilianischen Rio de Janeiro stattfinden, ist das Ukraine Crisis Media Center der Frage nachgegangen, wie es um die Medaillen-Chancen der ukrainischen Mannschaft steht. Berücksichtigt wurden dabei frühere Erfolge sowie die Disqualifikation russischer Sportler wegen Dopings.

Die führenden Disziplinen der ukrainischen Olympioniken sind Leichtathletik, Gymnastik und Ringen. Bei allen fünf bisherigen Olympischen Sommerspielen, an denen die Ukraine als unabhängiger Staat teilgenommen hat, konnte ihre Mannschaft in diesen Sportarten Medaillen gewinnen.

Ein Favorit ist der Turner Oleh Wernjajew. Erwarten kann man Gold am Stufenbarren. Medaillen könnten im Mehrkampf und im Sprung geholt werden, so von Ihor Radiwilow, der bei den Spielen in London Bronze gewann. In der Leichtathletik setzt die Ukraine auf den Hochspringer Bohdan Bondarenko, der schon viele Welt- und Europameisterschaften gewonnen hat. Ferner konnte im Juni bei den Diamond League Leichtathletik-Wettkämpfen das ukrainische Frauen-Team im Rennen nicht nur Gold in der 4×100 Meter-Staffel holen, sondern auch den Rekord aus dem Jahr 1988 brechen. Auch setzt die Ukraine auf die Säbelfechterin Olha Charlan, die bereits im Säbel-Einzel in London sowie im Säbelmannschaftswettbewerb in Peking Olympia-Medaillen holte. Favoritin ist auch Sportschützin Olena Kostewytsch, die schon drei Medaillen (eine Gold) hat. Auch die Gewichtheberinnen Iryna Decha und Julija Paratowa können mit Medaillen rechnen. Nicht zu vergessen ist das Boxen, wo Ukrainer bei den letzten fünf Olympischen Spielen insgesamt 14 Medaillen errangen.

Chameleon im Sport

Die achtfache ukrainische Rekordhalterin im Schwimmen Wiktorija Solnzewa hatte alle Chancen, bei den Olympischen Spielen in Rio die ukrainische Mannschaft anzuführen. Die Sportlerin genoss Stipendien und der ukrainische Schwimmverband bot ihr an, vorübergehend in die USA zu ziehen, um dort mit Top-Trainern zu arbeiten.

Doch im Frühjahr 2014 änderte sich abrupt ihre Situation. Damals trainierte sie im Olympia-Stützpunkt auf der Krim. “Als die russischen Truppen nach Jalta kamen, hatten wir große Angst. Wir packten die Sachen und verließen die Halbinsel”, hieß es seitens der Familie, die mit der damals noch minderjährigen Wiktorija und ihrem Trainer Serhij Bondar in die Türkei zog, angeblich wegen der Lage auf der Krim. Später wurde jedoch bekannt, dass der Trainer einen Konflikt mit dem ukrainischen Schwimmverband hatte. In der Türkei wurde der Name der Schwimmerin in Zeynep Güneş geändert und sie erhielt in nur wenigen Tagen einen türkischen Pass. Ein Jahr zuvor hatten Trainer aus Russland und der Türkei dem ukrainischen Schwimmverband angeboten, die Sportlerin zu übernehmen. Heute muss man davon ausgehen, dass die Türken mehr gezahlt haben. Die Schwimmerin tritt in Rio für die Türkei an. Sollte sie bei Olympia gewinnen, wird auch Ukraine Grund haben, stolz zu sein.

Der russische Doping-Skandal

Die Disqualifikation einer großen Anzahl russischer Athleten bei den Olympischen Spielen in Rio wird sich auf die Chancen der Ukraine nicht auswirken, da die Athleten beider Länder meist in unterschiedlichen Sportarten stark sind. “Wir zahlen für die Fehler verantwortungsloser Athleten”, sagte die mehrfache russische Olympiasiegerin Jelena Issinbajewa in Anwesenheit des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Sie gehört zu den Sportlern, die nicht nach Rio dürfen. “Wir sind mit Gesetzlosigkeit und Ungerechtigkeit seitens einiger Menschen in der Welt des Sports konfrontiert. Wladimir Wladimirowitsch, ich bitte Sie, schützen Sie uns davor”, betonte sie.

Doch Grund für die Disqualifikation der russischen Athleten ist ein Bericht des unabhängigen kanadischen Rechtsprofessors Richard McLaren für die Welt-Anti-Doping-Agentur. Dieser weist nach, dass am Austausch von Dopingproben bei den Olympischen Winterspielen in Sotschi 2014 das russische Sportministerium und der Geheimdienst FSB beteiligt waren. In Sotschi sollte Russland vor den Augen der Welt Siege erringen. So wollte das der Kreml. In nur vier Jahren verbesserte sich Russland von Platz elf der Teamwertung bei den Spielen in Vancouver im Jahr 2010 auf den ersten Platz. Aber im Frühjahr 2016 legte der ehemalige Direktor des russischen Anti-Doping-Labors, Grigorij Rodtschenkow, das russische staatliche Doping-Programm offen. Er sei persönlich am Austausch von fast 100 Dopingtests während der Spiele in Sotschi beteiligt gewesen, gestand er.

Medaillen für die Ukraine

Bei den vergangenen fünf Olympischen Sommerspielen hat die ukrainische Mannschaft nie weniger als 20 Medaillen gewonnen. Die wenigsten Medaillen gab es in London (2012). Sehr erfolgreich für die Ukraine war Olympia in Peking (2008) mit insgesamt 27 Medaillen. Von den ersten drei Olympischen Spielen kam die ukrainische Mannschaft jedes Mal mit 23 Medaillen zurück. Ein ähnliches Ergebnis wird auch in Rio erwartet.

Bronze war die bisher häufigste Medaille unter den ukrainischen Athleten: 1996 (12), 2000 (10), 2004 (9), 2008 (15) und 2012 (9). Bei den Spielen in Rio kann man mit zwölf Bronzemedaillen für die Ukraine rechnen. Silber konnte die Ukraine bisher 27 Mal holen (2-10-5-5-5) und Gold 34 Mal (9-3-9-7-6). In Rio werden fünf Silber- und sechs Goldmedaillen erwartet. Den bisher besten Platz in der Teamwertung machte die Ukraine 1996 mit Platz neun bei den Spielen in Atlanta.