Vom 24. bis 29. September gedenkt Kiew der Tragödie von Babyn Jar

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Unter deutscher Besatzung wurden im Zweiten Weltkrieg in der Kiewer Schlucht Babyn Jar Juden, Roma, Kriegsgefangene und Mitglieder der Organisation Ukrainischer Nationalisten erschossen. Nach unterschiedlichen Schätzungen wurden zwischen 70.000 und 200.000 Menschen, darunter etwa 34.000 Juden getötet.

Kiew, 22. September 2016 – Am 29. September jährt sich die Massenerschießung von Juden in der Schlucht von Babyn Jar in Kiew zum 75. Mal. In der Woche vor dem Jahrestag wird es mehrere Veranstaltungen geben, die sich diesem Thema widmen. Darunter: eine Jugendkonferenz, ein öffentliches Symposium, die Einweihung eines Denkmals für die Opfer in dem Areal und ein Konzert. Darüber berichtete Paul Robert Magocsi, Mitglied des Direktorenrats der Initiative „ukrainisch-jüdisches Treffen“, sowie Professor für Geschichte und Politologie.

Jugendkonferenz „Erbe von Babyn Jar“

Nach seinen Angaben findet die Jugendkonferenz vom 24. bis 28. September statt und konzentriert sich auf das Erbe von Babyn Jar. Dabei sollen mehrere Treffen stattfinden, an denen Jugendliche aus der Ukraine, aus Nordamerika, Europa und Israel teilnehmen werden. Während öffentlichen Vorlesungen und Diskussionen an Runden Tischen werden nicht nur Fragen und Meinungen in Bezug auf das historische Thema und den Holocaust untersucht, sondern auch aktuelle Probleme in der Ukraine und auf der Welt.

Reflexion der Geschichte von Babyn Jar

Paul Robert Magocsi teilte ebenfalls mit, dass am 26./27. September ein Symposium für Akademiker und die breite Öffentlichkeit durchgeführt wird, bei dem die Reflexion der Geschichte von Babyn Jar in Kunst, Kultur, dem internationalen Recht und dem Andenken betrachtet wird. Unter den Referenten sind: Timothy Snyder, Karel Berkhoff und Norman Naimark, sowie Shimon Redlich, der den Holocaust überlebte.

Dr. Wladislaw Grinewitsch, führender wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für politische und ethno-nationale Untersuchungen namens I. F. Kuras der Nationalen Wissenschaftsakademie der Ukraine, berichtete, dass an dem Symposion auch ein neues Buch zu Babyn Jar auf Englisch und Ukrainisch vorgestellt wird.

„Dieses Buch ist die aktuellste und komplexeste Untersuchung zur Tragödie von Babyn Jar und der Zeit danach. Es erzählt über das kulturelle und politische Andenken, sowie die Stunden von Babyn Jar. Wir sprechen nicht nur über die Geschichte, sondern auch darüber, was bis heute noch sehr aktuell ist, weil es derzeit einen unerklärten Krieg gibt, der mit der Okkupation der Krim begann und damit Grenzen verschob, wie wir es im Zweiten Weltkrieg sahen“, sagte Dr. Grinewitsch.

Bekanntgabe der Gewinner des Architekturwettbewerbs

Ein dritter Bestandteil der Gedenkveranstaltung ist die Bekanntgabe der Gewinner des internationalen Architekturwettbewerbs über Ideen der Landschaftsgestaltung aus Slowenien, Frankreich und den USA am 28. September. Sie schlugen vor, Babyn Jar in einen Gedenkpark umzugestalten.

Laut Dr. Witalij Nachmanowitsch, dem verantwortlichen Sekretär des öffentlichen Komitees zur Einweihung des Denkmals für die Opfer von Babyn Jar, werden während der Präsentation die besten Projekte vorgestellt, die auch im Museum der Geschichte in Kiew bis zum 27. November ausgestellt sein werden.

„Es ist ein Ideenwettbewerb und sie sollen in die Realität umgesetzt werden. Aber wir hoffen, dass die Veranstaltungen, die während des Gedenkens an Babyn Jar durchgeführt werden, nicht nur die Behörden, sondern auch die Öffentlichkeit dazu anregen, ihre Herangehensweise an den Platz von Babyn Jar zu ändern und den Ort nicht nur als Platz zu sehen, wo man ein neues Denkmal errichten oder ein neues Museum baut, sondern als ganzheitlichen Raum, wo die Besucher die ganze Tragödie, die gesamte Dramatik und komplizierte Geschichte von Babyn Jar spüren“, sagte Dr. Nachmanowitsch.

Gedenkkonzert

Und letztlich findet im Kiewer Nationaloperntheater am 29. September ein feierliches Gedenkkonzert statt, das von Künstlern aus der ganzen Welt vorgetragen wird. Das Hamburger Sinfonieorchester und die bekannte ukrainische Gesangskapelle „Dumka“ treten auf. An dem Konzert werden auch Oxana Linewo, Direktorin der bayerischen Staatsoper in München, sowie der britische Opernsänger mit ukrainischen Wurzeln, Pawel Gunko, teilnehmen. Das Konzertprogramm besteht aus der musikalischen Umsetzung des jüdischen Gebets „Nol Nidre“ des Komponenten Max Bruch, sowie dem „Kaddish-Requiem“ „Babyn Jar“ von Jewhen Stankowytsch, und dem „Requiem“ von Johannes Brahms.

„Wir starten ein neues Genre: das Konzert besteht nicht einfach nur aus einem Chor oder Orchester, sondern ist ein dramaturgisches Produkte, das alle Teile gleichzeitig in einer einheitlichen Aufführung vereint. Wir wollen eine direkte Botschaft vermitteln, die beim Publikum besser „ankommen“ soll“, erklärte Pawel Gunko.