Wochenübersicht der ukrainischen Pressenachrichten vom 30. Mai bis 5. Juni 2017

Die Situation im Kampfgebiet in der Ostukraine

Internationaler Kindertag: Erneut Verstöße gegen die vereinbarte Waffenruhe. In der Ostukraine halten die Kampfhandlungen an. Die ukrainischen und russischen Vertreter des Gemeinsamen Zentrums zur Koordinierung und Kontrolle der Waffenruhe (JCKK) hatten für den internationalen Kindertag eine neue Waffenruhe vereinbart, die am 1. Juni gelten sollte. Trotzdem wurden weitere Verstöße festgestellt. Einen Tag vorher wurde ein Ferienlager im Dorf Zelenyj Gai im Gebiet Donezk von den prorussischen Rebellen beschossen. Ab Juni hätten die Kinder hier ihren Urlaub verbringen sollen.

Der Fall MH17. Das Team Bellingcat hat ein neues Foto des russischen Flugabwehr-Raketensystems vom Typ “BUK“ veröffentlicht, mit dem der Flug MH17 der malaysischen Airlines abgeschossen wurde. Bellingcat zufolge habe bisher “diese Verbindung gefehlt”, um das BUK-System, mit dem die malaysische Boing abgeschossen wurde, als ein russisches zu identifizieren. Auf dem Foto des BUK-Systems, das noch vor dessen Transport in die Ukraine im Juni 2014 aufgenommen wurde, ist die Markierung “332” zu sehen. “Das Foto wurde vermutlich im Frühjahr 2013 von einem russischen Mechaniker aufgenommen. Es ist das BUK-System mit der weißen Transport-Markierung “332“ zu sehen, die schon auf Fotos zu sehen ist, die in der Ukraine vor und nach dem Abschuss der MH17 aufgenommen wurden”, teilt Bellingcat auf seiner Webseite mit (Bericht auf Englisch).

Das Leben in den “Volksrepubliken Donezk und Luhansk“

Der ukrainische Rundfunk in den vorübergehend besetzten Gebieten. Der ukrainische Rundfunk sendet wieder in die vorübergehend besetzten Teile der Gebiete Donezk und Luhansk, erklärte der Leiter der Donezker Militär- und Zivilverwaltung, Pawlo Schebriwsky. Die Sendungen werden auch in den Gebieten Saporischschja, Charkiw und Dnipropetrowsk sowie in den russischen Grenzgebieten zu empfangen sein. Ein leistungsstarker Sendemast wurde 20 Kilometer von der Kontaktlinie entfernt aufgestellt.

Krim: Posts bei Facebook als “Missbrauch der Informationsfreiheit“

Obwohl vor anderthalb Monaten der Internationale Gerichtshof in Den Haag Russland aufgefordert hatte, die ethnischen Minderheiten auf der Krim vor Diskriminierung zu schützen (Interims-Entscheidung des Internationalen Gerichtshofs), werden auf der Halbinsel weiterhin Menschen verfolgt. Ein absurder Fall ist der von Rustem Mennanow, der auf seiner Seite in einem sozialen Netzwerk den Medschlis der Krimtataren erwähnt hatte. Das Gericht stellte den Strafbestand des “Missbrauchs der Freiheit der Massenmedien“ fest und ordnete eine Geldstrafe in Höhe von 2000 Rubel an.

Wirtschaft: Entscheidung im langjährigen Streit Gazprom vs Naftogaz

Am 31. Mai hat das Schiedsgericht der Stockholmer Handelskammer eine gesonderte Entscheidung in der Klage von Naftogas gegen Gazprom getroffen. Das Gericht hob die Bedingung von Gazprom “take or pay” auf, wonach die Ukraine sogar für russisches Gas hätte zahlen müssen, das sie gar nicht verbraucht. So habe die Ukraine für 52 Milliarden Kubikmeter Gas zahlen sollen, obwohl sie diese Menge nicht ausschöpfte. Das Gericht gab dem Antrag der ukrainischen Staatsholding statt, die Preise in den Gaslieferverträgen mit Gazprom entsprechend der Marktbedingungen zu ändern. Auch ist dem Antrag der ukrainischen Seite stattgegeben worden, wonach das Verbot von Gazprom zum Re-Export von Gas aufgehoben wird. Laut Journalisten wird, obwohl es sich um eine Interimsentscheidung handelt, in der zweiten Entscheidung, die noch im Juni 2017 erwartet wird, keine wesentlichen Änderungen geben.

Menschenrechte: Folter im Donbass und LGBT-Aktionen gegen Folter in Tschetschenien

Vertreter des Ukrainischen Helsinki-Verbandes haben einen Bericht vorgelegt, in dem es um die Inhaftierung und Folter von Menschen im Gebiet des bewaffneten Konflikts im Donbass durch ukrainische Einheiten geht. Es wird darauf hingewiesen, dass die Verbrechen zwischen 2014 und 2015 verübt wurden. In dem Bericht sind auf Grundlage von 20 Gesprächen mit Opfern und Zeugen Inhaftierungen von 23 Personen dokumentiert. Auch liegen entsprechende Fotos und Dokumente der Opfer vor. Die Aussagen der Opfer deuten darauf hin, dass in den Jahren 2014 und 2015 Inhaftierungen von Menschen in den Regionen Donezk und Luhansk wegen des Verdachts auf “Separatismus” weit verbreitet gewesen waren. Auf Anfrage von Journalisten hieß es in der Staatsanwaltschaft, dass seit Beginn der Kampfhandlungen und bis Dezember 2016 wegen des Vorwurfs der rechtswidrigen Inhaftierung 45 Polizisten und zwei Militärangehörige zur Verantwortung gezogen wurden. (Bericht in ukrainischer Sprache).

LGBT-Aktionen gegen Folter in Tschetschenien. Am 1. Juni hat  in Kiew vor der russischen Botschaft eine öffentliche Kundgebung zur Solidarität mit Opfern stattgefunden, die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung in Tschetschenien verfolgt werden. Die Teilnehmer forderten eine Ende der Entführungen und Ermordungen von mutmaßlich homosexuellen Männern in Tschetschenien. Der Aktion schlossen sich Vertreter von Human Rights Watch, Insight, “Fulcrum”, KyivPride und andere an. In der Ukraine ist Aggressivität gegenüber Homo- und Bisexuellen sowie gegen Transgender weit verbreitet. In den meisten Fällen führt die Polizei keine effektiven Untersuchungen durch und ignoriert homophobe Motive von Tätern. Am 25. Mai begann in der Ukraine eine Informationskampagne zum Schutz der Rechte der LGBT- Gemeinschaft. Die Grundlage der Kampagne ist die Webseite vidverti.com. Dort erzählen betroffene Menschen aus der LGBT-Gemeinschaft in Artikeln und kurzen Videos ihre Geschichten. Die Webseite enthält auch Informationen darüber, welche Rechte der LGBT-Gemeinschaft in der Ukraine fehlen. Dort ist auch ein kurzes Wörterbuch zu finden, das hilft zu verstehen, was sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität bedeutet.

Kultur: Wie ein Künstler ein Stück Kohle 1000 Kilometer zu Fuß von West nach Ost trug

Der Künstler Wowa Worotnow hat vom Westen bis zum Osten des Landes 1000 Kilometer zu Fuß ein Stück Kohle getragen. So weit liegen die beiden ukrainischen Kohlereviere auseinander. Die Aktion begann am 28. April in Tscherwonohrad in der Region Lwiw, der Heimat des Künstlers. Das Stück Kohle, das Worotnow mit sich trug, holte er aus der Mine der Stadt. Am 2. Juni erreichte der Künstler das endgültige Ziel: die Stadt Lyssytschansk in der Region Luhansk. Die Stadt wird oft als Wiege des industriellen Donbass bezeichnet. Denn genau dort begann der industrielle Kohlebergbau im 18. Jahrhundert. Worotnow übergab das Stück Kohle dem Landesmuseum in Lyssytschansk. Mit der Aktion will der Künstler die Einheit des Landes und die Ähnlichkeit zwischen beiden ukrainischen Industrieregionen betonen. Den Weg des Künstlers kann man sich bei Instagram, auf der Facebook-Seite des Projekts und auf der Facebook-Seite des Künstlers sowie unter dem Hashtag #zasxid anschauen.

Nachfolgend eine Auswahl an englischsprachigen Reportagen und Analysen zur Situation in der Ukraine

Reportagen

Die Ukraine beginnt mit der Beschlagnahme von Gazprom-Vermögenswerten nach der Entscheidung des Schiedsgerichts in Stockholm. Reportage von Hromadske International.

Ukrainischer Sicherheitsdienst SBU: Russen sollen nur noch mit biometrischen Pässen in die Ukraine einreisen dürfen. Reportage von UNIAN.

Die EU wird das Verbot von Investitionen in die besetzte Krim vermutlich verlängern. Reportage von UNIAN.

Interviews

Die EU ist besorgt darüber, wie die Ukraine Richter für den Obersten Gerichtshof bestimmt. Interview von Hromadske International mit dem EU-Botschafter in der Ukraine.

Analyse

Die Abstimmung im niederländischen Senat über die Ratifizierung des Assoziierungsabkommens zwischen der EU und der Ukraine, Gazproms Niederlage und neue Prognosen für die ukrainische Wirtschaft. Wochenübersicht von UNIAN.