Wochenübersicht der ukrainischen Pressenachrichten vom 4. bis 10. Juli 2017

Die Situation im Kampfgebiet in der Ostukraine

Am 29. Juni ist im Krankenhaus in Dnipro der ukrainische Militärangehörige Oleksij Tymoschtschuk seinen Verletzungen erlegen. Er war in der Nähe der Ortschaft Hnutowe im Osten der Ukraine verwundet worden.

Zur Lage im Kampfgebiet. Im Osten der Ukraine halten die Kampfhandlungen an. Nach Angaben von Mitgliedern der Trilateralen Kontaktgruppe, die sich am 5. Juli in Minsk getroffen haben, ist Dank des am 21. Juni erklärten “Brotfriedens” die Anzahl der Angriffe zurückgegangen.

Russische Militärs im Donbass. Viktor Agejew ist russischer Staatsbürger und er kämpfte aufseiten der sogenannten “Volksrepublik Luhansk”. Vor zwei Wochen wurde er von ukrainischen Soldaten festgenommen. Agejew hat inzwischen bestätigt, in den Streitkräften der Russischen Föderation zu dienen. Er sagte, er sei in die südrussische Region Rostow gekommen und habe dort einen Vertrag zum Dienst in den russischen Streitkräften unterzeichnet. Er sei sofort in den Donbass geschickt worden.

Donbass und Transnistrien. Anfang Juni haben ukrainische Grenzschützer den russischen Oberst Walerij Gratow festgenommen. Dem Militär-Journalisten Andrij Zaplijenko zufolge war der verhaftete Oberst Chef-Leibwächter des Präsidenten der nicht anerkannten Republik Transnistrien, Igor Smirnow. Die russischen Geheimdienste wollten ihn zum “Stellvertretenden Minister für Staatssicherheit der moldauischen Republik Transnistrien“ machen. Nach Zaplijenkos Informationen hielt sich Gratow seit 2014 im Donbass auf. Gratow war dort aufseiten der Rebellen als Ausbilder aktiv. Er war enger Freund der inzwischen toten Rebellenanführer Givi und Motorola im Donbass. Er leitete auch die “Union der Fallschirmjäger im Donbass” und nahm an Kampfhandlungen aufseiten der Separatisten teil.


Das Leben in den “Volksrepubliken Donezk und Luhansk”

“Terroranschlag” in Luhansk. Am 7. Juli hat sich im Zentrum von Luhansk in der Nähe des “Regierungsgebäudes” eine Explosion ereignet. Wahrscheinlich handelte es sich um einen Sprengsatz. Nach Angaben der “Volksmiliz der Luhansker Volksrepublik” gab es einen Toten und fünf Verletzte. Anderthalb Stunden später explodierte 50 Meter von der ersten Explosionsstelle entfernt ein Auto. Dabei wurden zwei Menschen verletzt. Vertreter der “Volksrepublik Luhansk” machen für den “Terroranschlag” “ukrainische Saboteure“ verantwortlich. Die ukrainische Seite des Gemeinsamen Zentrums zur Kontrolle und Koordinierung der Waffenruhe im Donbass (SZKK) bezeichnete den Vorfall als Provokation. Sie erinnerte daran, davor gewarnt zu haben, dass die bewaffneten Rebellen in der von ihnen besetzten Region Luhansk Provokationen und Terroranschlägen verüben könnten.

Die “Volksrepublik Donezk” wirbt Häftlinge an. Die illegale Organisation “Volksrepublik Donezk” wirbt für ihren militärischen Arm Häftlinge in Gefängnissen an, die sich in den von der Ukraine nicht kontrollierten Gebieten befinden. Das haben gegenüber dem ukrainischen TV-Sender “Kanal 5” Häftlinge berichtet, die in das von der Ukraine kontrollierte Gebiet überstellt worden waren. Einen von ihnen ist Wladimir Mischukow. Er sagte, dass Häftlinge als Freischärler in den Krieg gezogen seien.


G20-Gipfel in Hamburg: Erstes Treffen zwischen Putin und Trump

Im Rahmen des G20-Gipfels in Hamburg ist es zum ersten Treffen zwischen dem amerikanischen Präsidenten Donald Trump und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin gekommen. Das Treffen fand am Abend des 7. Juli statt und dauerte mehr als zwei Stunden. Dem Treffen wohnten nur sechs Personen bei: Trump mit Außenminister Rex Tillerson sowie Putin mit Außenminister Sergej Lawrow, plus zwei Dolmetscher.

Mit Spannung wurde erwartet, ob Trump die Einmischung Russlands in die US-Präsidentschaftswahlen ansprechen wird. Gerade diese Frage von Journalisten ließ Trump unbeachtet, als er zu Beginn des Treffens Putins Hand schüttelte.

Trump schrieb später auf Twitter, dass während seines Treffens mit Putin die gegen Russland bestehenden Sanktionen nicht erörtert worden seien. Diesbezüglich würde es auch keine Änderungen geben, “bis die syrischen und ukrainischen Probleme gelöst sind”.

Trump erklärte auch, dass während des Treffens mit Putin die Bildung von Cyber-Einheiten besprochen worden sei, die Hacker-Angriffe bei Wahlen und zu anderen Anlässen verhindern sollen.

Der russische Außenminister Sergej Lawrow sagte, die Regelung des Konflikts im Donbass werde im Minsk-Format fortgesetzt. Die USA hätten keine Alternative angeboten. Washington und Moskau hätten sich darauf geeinigt, einen speziellen “Kanal” für Gespräche über die Ukraine einzurichten.


US-Außenminister Tillerson zu Besuch in Kiew

Zwei Tage nach dem Treffen zwischen Trump und Putin beim G20-Gipfel in Hamburg ist US-Außenminister Rex Tillerson nach Kiew gereist. Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko erklärte, Tillerson habe ihn über Einzelheiten des Gesprächs mit Putin informiert. Tillerson erklärte seinerseits, die USA hätten nicht vor, die Sanktionen gegen Russland aufzuheben, solange die volle territoriale Integrität der Ukraine nicht wiederhergestellt sei.

“Wir sind enttäuscht von dem Mangel an Fortschritten nach dem Minsker Friedensabkommen. Russland muss den ersten Schritt zu einer Deeskalation des Konflikts im Donbass machen”, sagte Tillerson gleich nach seinem Treffen mit Poroschenko.

Zusammen mit Tillerson reiste Kurt Volker nach Kiew. Volker ist der neue US-Sondergesandte für den Ukraine-Konflikt und ist für die Kommunikation zwischen Kiew, Moskau und den Europäern zuständig. Er wird einige Tage in Kiew bleiben und beabsichtigt danach nach Moskau zu fliegen.


20 Jahre besondere Partnerschaft: NATO-Generalsekretär zu Besuch in der Ukraine

Am 10. Juli sind Vertreter des Nordatlantikrates mit NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg an der Spitze zu einem Besuch in Kiew eingetroffen. Zuletzt waren Vertreter des Rates vor acht Jahren in der Ukraine. Der jetzige Besuch ist von besonderer politischer Bedeutung, denn die Partner begehen den 20. Jahrestag der Unterzeichnung der Charta über eine besondere Partnerschaft zwischen der Ukraine und der NATO. Der Besuch findet vor dem Hintergrund der bisher größten Unterstützung der ukrainischen Öffentlichkeit für einen NATO-Beitritt ihres Landes statt. Laut einer aktuellen Umfrage ist eine Mehrheit für die Mitgliedschaft ihres Landes in der Allianz. Auf Stoltenbergs Besuchsprogramm stehen ein Treffen mit Präsident Petro Poroschenko und eine Sitzung der NATO-Ukraine-Kommission.

Zum ersten Mal in der Geschichte sprach ein NATO-Generalsekretär vor dem ukrainischen Parlament. Stoltenberg eröffnete zudem in Kiew die Ausstellung “Ukraine-NATO. Formula for Security”. Die Ausstellung zeigt chronologisch die Entstehung der Allianz sowie die Meilensteine in der Zusammenarbeit zwischen der Ukraine und der NATO. “Die NATO ist für uns kein Allheilmittel, sondern eine Chance“, sagte bei der Eröffnung der Ausstellung Iwanna Klympusch-Zinzadse, stellvertretende Ministerin für europäische und euroatlantische Integration.


Krim: Medien nennen Unternehmen, das Siemens-Turbinen auf die Krim liefert

Laut einer Meldung der Nachrichtenagentur Reuters vom 5. Juli hat Russland Gasturbinen des deutschen Konzerns Siemens auf die Krim geschafft, obwohl die EU es europäischen Unternehmen im Rahmen der Sanktionen gegen Russland untersagt, Energietechnologien auf die Halbinsel zu liefern.

Im März wurden vier Turbinen auf die russische Taman-Halbinsel gebracht, die das Asowsche vom Schwarzen Meer trennt. Jedoch fanden sich zwei davon in Sewastopol auf der von Russland besetzten ukrainischen Halbinsel Krim wieder. Dort sollen sie in ein Kraftwerk eingebaut werden.

Um die Turbinen auf die Krim in Umgehung der Sanktionen zu liefern, wurde die russische Aktiengesellschaft ”Interautomatika“ genommen, die zu 45,7 Prozent Siemens gehört. Auf der russischen Webseite von Siemens wird “Interautomatika“ als “Partner” des deutschen Konzerns bezeichnet. Das deutsche Unternehmen besteht jedoch darauf, an der Lieferung nicht beteiligt gewesen zu sein.


Privatisierung in der Ukraine: Neue Versprechungen oder reale Pläne?

Der ukrainische Premierminister Wolodymyr Hrojsman hat erklärt, dass in der Ukraine endlich eine umfassende Privatisierung beginnt. Grund für den Optimismus ist, dass die Regierung nun endlich den Gesetzentwurf zur Privatisierung unterstützt, der zusammen mit dem Fonds für Staatsvermögen der Ukraine erarbeitet wurde. Ferner hat die Regierung die so genannte “Triage” abgeschlossen, wo festgelegt wird, welche staatlichen Unternehmen auf lange Sicht in Staatsbesitz bleiben sollen, welche in Konzession gegeben werden können und welche privatisiert oder liquidiert werden sollen.

Hrojsman hatte die Pläne am 6. Juli auf der internationalen “Ukraine Reform Conference” in London vorgestellt. Sie wurde gemeinsam von Großbritannien und der Ukraine veranstaltet. Auf ihr kam die Ukraine mit ihren internationalen Partnern zusammen, um die Unterstützung für die ukrainischen Reformen zu stärken.

Im Vergleich zu vielen anderen Ländern hat der öffentlich Sektor in der Ukraine einen großen Anteil an der Wirtschaft. Entsprechend ist auch die Beschäftigung im öffentlichen Sektor hoch (11 Prozent der Vollzeitkräfte). Jedoch arbeiten 50 Prozent der staatlichen Unternehmen gar nicht. Und 70 Prozent von denen, die noch in Betrieb sind, sind unrentabel. Im Jahr 2016 beliefen sich die Verluste auf 82 Milliarden Hrywnja. Von den zehn profitabelsten Unternehmen haben neun ein staatliches Monopol. Sie sind also keinem Wettbewerb ausgesetzt.

Unter solchen Bedingungen sind staatliche Unternehmen eine Quelle fiskaler und sozialer Risiken. Darüber hinaus tauchen Staatsbetriebe oft in Korruptionsskandalen auf. Daher sind sich Experten einig, dass die Privatisierung die beste Lösung ist. Ob sie jetzt gelingt, ist jedoch offen. Denn Privatisierungen werden in der Ukraine von Jahr zu Jahr immer wieder aufs Neue versprochen.


Kultur: Rekordzahl ukrainischer Filme auf dem Filmfestival in Odessa

Vom 14. bis 22. Juli findet das internationale Filmfestival in Odessa statt. Gegründet im Jahr 2010, setzt das Ereignis die Film-Tradition der Stadt fort, wo das Kino-Leben in den 20er und 30er Jahre des letzten Jahrhunderts boomte, vor allem dank des Odessaer Filmstudios. Das Festspiel bemüht sich immer auf dem neuesten Stand zu sein, indem es den ukrainischen Zuschauern die aktuellsten Filmstreifen erstklassiger internationaler Filmfestivals vorstellt und, auf der anderen Seite, die neuesten ukrainischen Filme dem heimischen sowie dem ausländischen Publikum präsentiert.

Das Wettbewerbsprogramm des Festivals setzt sich aus folgenden drei Bereichen zusammen: internationaler Spielfilm-Wettbewerb, ukrainischer Filmwettbewerb (Kurz- und Spielfilm) und europäischer Dokumentarfilm-Wettbewerb. “Dieses Jahr haben wir einen sehr starken ukrainischen Wettbewerb. Wir zeigen 48 ukrainische Filme – das ist ein Rekord in der Geschichte des Festivals, beinahe 50 Prozent des Programms. Es sind unterschiedliche Filme: Experimentalfilme, Zeichentrickfilme, Spielfilme, Komödien… Sehr interessant ist die neue heranwachsende Generation“, sagte der Programmmanager des internationalen Filmfestivals in Odessa, Anthelme Vidaud, in einem Interview für Hromadske Radio. Vidaud hebt drei ukrainische Dokumentarfilme besonders hervor: “Dixi Land“ von Roman Bondartschuk, “Die Hauptrolle“ von Sergej Bukowskij und “Der Krieg der Chimären“ von Anastasia und Maria Starozhytska.

Tradition auf dem Filmfestival ist das Open-Air-Kino auf der Potemkinschen Treppe. Dieses Jahr wird dort der Klassiker des Stummfilms “Das Paradies der Damen“ (“Au Bonheur des Dames“) von Émile Zola gezeigt, begleitet vom Odessaer Sinfonieorchester und der französischen Sängerin Sophie Fournier. Außerdem bietet das Festival fachliche und Bildungsangebote.


Sport: Veteranen bereiten sich auf die internationalen Invictus Games vor

In Kiew hat die zweite Trainingsrunde der ukrainischen Nationalmannschaft für die Invictus Games begonnen. “Die Spiele der Unbezwungenen“ wurden von Prinz Harry gegründet. Sie sind eine paralympische Sportveranstaltung für kriegsversehrte Soldaten, die 2014 erstmals in London ausgetragen wurde. Das diesjährige Turnier findet vom 24. bis 30. September in Toronto, Kanada, statt. An ihm werden 550 verwundete Kämpfer aus 17 Ländern teilnehmen, die in 12 Disziplinen gegeneinander antreten werden. Der ukrainischen Nationalmannschaft gehören 28 Sportler an – Militärs und Veteranen der Kampfhandlungen im Osten der Ukraine. Die ukrainische Mannschaft nimmt erstmals an den Spielen teil. Die Sportler der Invictus-Games-Nationalmannschaft trainieren in Leichtathletik, Bogenschießen, Schwimmen, Gewichtheben, Radeln und Paddeln.

Nachfolgend eine Auswahl an englischen Interviews, Analysen und Videos zur Situation in der Ukraine

Reportage

ATO-Bericht: Die Anzahl und die Intensität der feindlichen Angriffe hat sich fast verdoppelt. Reportage von UNIAN.

Interview

“Wir können Russland nicht isolieren“. Interview von UNIAN mit dem NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg.

Welche Bedeutung hat das Treffen zwischen Putin und Trump? – Interview von Hromadske International mit Anne Applebaum.

Meinung

G20-Gipfel ohne Einigung. Putin macht weiterhin Chaos in der Welt. Kolumne von Roman Zymbaljuk für UNIAN.

Treffen zwischen Putin und Trump. Neustart oder endgültiger Bruch? Analyse von Konstjantyn Hontscharow für UNIAN.

Analyse

Warum ein ukrainischer Soldat des Mordes an einem italienischen Journalisten beschuldigt wird. Analyse von Hromadske International.