Anti-Krisen-Etat verabschiedet, Ermittlungen gegen Maidan-Aktivistin, neue Donbass-Umfrage und weitere Themen

13. April 2020. Die Lage im Kampfgebiet im Osten der Ukraine

Bewaffnete Verbände der Russischen Föderation verstoßen weiterhin gegen ihre übernommenen Verpflichtungen und beschießen Stellungen der ukrainischen Vereinten Kräfte. Die Besatzer eröffneten das Feuer auf ukrainische Verteidigungsstellungen mit einem Panzerabwehr-Raketensystem, mit Waffen von Infanterie-Kampffahrzeugen, Granatwerfern verschiedener Systeme, großen Maschinengewehren und Kleinwaffen. Insbesondere setzte der Feind am 11. April an der Kontaktlinie gegen die ukrainischen Militärs verbotene Artilleriesysteme des Kalibers 122 mm, Mörser des Kalibers 120 mm und 82 mm sowie Granatwerfer verschiedener Systeme, große Maschinengewehre und Kleinwaffen ein.

COVID-19. In den Streitkräften der Ukraine ist die Anzahl der Fälle von Coronavirus-Infektionen auf insgesamt 19 gestiegen. Eine Person ist genesen und eine verstorben. 214 Personen sind in Quarantäne. Bei 25 Soldaten endet die Quarantäne in drei Tagen.


Wirtschaft: Anti-Krisen-Etat und makroökonomische Prognosen

Die ukrainische Regierung geht laut Änderungen zum Staatshaushalt 2020 davon aus, dass das BIP sinken, die Arbeitslosigkeit steigen und die Landeswährung Hrywnja an Wert verlieren wird. Ein entsprechender Gesetzentwurf wurde auf der Webseite des ukrainischen Parlaments veröffentlicht und am 13. April auf einer Sondersitzung verabschiedet.

Dafür stimmten 226 Abgeordnete der Partei “Diener des Volkes”, fünf Abgeordnete der Gruppe “Für die Zukunft”, 15 Abgeordnete der Gruppe “Vertrauen” sowie drei Fraktionslose. Keine Stimme gab es von den Fraktionen “Vaterland” (Julia Tymoschenko), “Europäische Solidarität” (Petro Poroschenko), “Stimme” und “Oppositions-Plattform – Für das Leben”.

Prognosen. Die Regierung erwartet einen Rückgang des BIP um 3,9 Prozent. Vor der Krise wurde noch mit einem Wirtschaftswachstum von 3,7 Prozent gerechnet. Die Arbeitslosenquote wird 9,4 Prozent erreichen, prognostiziert waren 8,1 Prozent. Die Reallöhne werden um 0,3 Prozent sinken.

Der durchschnittliche Wechselkurs wird 29,5 Hrywnja für einen US-Dollar betragen. Ursprünglich waren 27 Hrywnja pro US-Dollar angesetzt. Die Inflation wird vorübergehend auf 8,7 Prozent steigen und könnte im nächsten Jahr wieder auf das Ziel von fünf Prozent zurückgehen. Gleichzeitig wird erwartet, dass sich das Wirtschaftswachstum in der zweiten Jahreshälfte wieder erholt und sich in den kommenden Jahren beschleunigt – dank einer weltweit hohen Nachfrage nach Produkten des ukrainischen Agrarsektors, fallender Preise für importierte Energieprodukte und einem im Vergleich zu früheren Krisen stabilen Bankensystem.


Ermittlungen gegen Maidan-Aktivistin Tetjana Tschornowol

Mitarbeiter des Staatlichen Ermittlungsbüros haben am 10. April das Privathaus der ehemaligen Parlamentsabgeordneten Tetjana Tschornowol durchsucht. Die Maßnahme fand im Zusammenhang mit Untersuchungen zum Tod eines Mannes statt, der beim Band des Büros der einstigen “Partei der Regionen” in Kiew während der Revolution der Würde ums Leben gekommen war. Am 18. Februar 2014 brach dort ein Feuer aus, als es von Menschen besetzt wurde. Das Staatliche Ermittlungsbüro behauptet, jener Mann sei durch Brandstiftung ums Leben gekommen und sei somit Opfer eines von Tetjana Tschornowol vorsätzlich verübten Mordes.

Tschornowol ist in der Ukraine durch Aufdeckungen korrupter Machenschaften des Regimes des ehemaligen Präsidenten Viktor Janukowytsch (Chef der “Partei der Regionen”) bekannt geworden. Sie machte auch durch Aktionen auf dem Maidan, dem zentralen Platz in der ukrainischen Hauptstadt Kiew während der Revolution der Würde in den Jahren 2013 und 2014 von sich Reden. Damals wurde sie brutal zusammengeschlagen, was für Aufsehen in der ukrainischen Öffentlichkeit und in ausländischen Medien sorgte. Tschornowol setzte sich später dafür ein, dass Janukowytschs Vermögen beschlagnahmt und dem Staatshaushalt zugeführt wird. Ihr Ehemann, Mykola Beresowyj, Anführer der UDAR-Partei in der ostukrainischen Stadt Horliwka, war Freiwilliger des Bataillons “Asow”. Am 10. August 2014 wurde er bei Kämpfen in der Nähe von Ilowajsk von einem Scharfschützen getötet, als er einen verwundeten Kameraden retten wollte.

Was sagt Tetjana Tschornowol? Die Ex-Abgeordnete (2014 bis 2019) erklärte, der Vorwurf gegen sie (eine Aktivistin der Revolution der Würde) im Zusammenhang mit der Brandstiftung im Büro der “Partei der Regionen” sei politische Verfolgung. Sie gibt jedoch zu, das Gebäude der Partei in Brand gesteckt zu haben, allerdings mit dem Ziel, die inzwischen aufgelöste Sondereinheit “Berkut” abzulenken, die damals gegen Demonstranten eingesetzt wurde. Das Staatliche Ermittlungsbüro behauptet jedoch, dass es zum Zeitpunkt der Brandstiftung unter ihnen noch keine Verletzten oder Toten gegeben habe.

Reaktion von Petro Poroschenko. Der ehemalige ukrainische Präsident wirft dem Staatlichen Ermittlungsbüro Lüge vor. Er sei selbst vor Ort gewesen und habe gesehen, dass es schon seit dem Morgen Zusammenstöße und Verletzte gegeben habe. Poroschenko schrieb auf Facebook, das Staatliche Ermittlungsbüro sei in den Händen von Menschen, die Janukowytsch, und demnach revanchistischen Kräften, nahe stehen würden. Poroschenko betrachtet das Vorgehen gegen Tschornowol als politische Verfolgung ehemaliger Maidan-Aktivisten. Das Strafverfahren gegen die Ex-Abgeordnete sei ein Versuch, die Geschichte unter dem Diktat des Kremls umzuschreiben.

Reaktion des ukrainischen Innenministers. Arsen Awakow hat das Vorgehen des Staatlichen Ermittlungsbüros gegen Tetjana Tschornowol sowie die Vorwürfe gegen sie als unangemessen und beschämend bezeichnet. Er sagte, der erste stellvertretende Direktor des Staatlichen Ermittlungsbüros Oleksandr Babikow sollte den Staatsdienst verlassen. “Tetjana war auf dem Maidan und nahm wie Hunderttausende Ukrainer an den Bürgerprotesten teil… Herr Babikow, auch ich war am 18. Februar 2014 auf dem Maidan. Ich bin so einer wie Tetjana. Kommen Sie auch zu mir, ich warte. Versuchen Sie es. Aber besser gehen Sie zur Hölle und verlassen den Staatsdienst oder gehen zurück zu Janukowytsch. Behindern Sie nicht den Präsidenten beim Aufbau des Landes”, schrieb Awakow auf Facebook.


Umfrage zum Donbass: Was halten die Ukrainer von Kompromissen?

Die Stiftung “Demokratische Initiativen” hat in Zusammenarbeit mit “Ukrainian Sociology Service” vom 18. Februar bis 2. März 2020 eine Umfrage in den Teilen der Regionen Donezk und Luhansk durchgeführt, die von Kiew kontrolliert werden. Insgesamt wurden in den beiden Regionen per Stichprobe 500 volljährige Personen befragt.

Kompromiss des Friedens willen. Laut der Umfrage sind 14 Prozent der Einwohner bereit, Kompromisse  einzugehen, um Frieden in der Region Donezk zu erreichen. Vor über einem Jahr waren das noch 45 Prozent. In der Region Luhansk sind es 34 Prozent und 2018 waren es noch 47 Prozent.

Direkte Verhandlungen. Darüber hinaus ergab die Umfrage, dass 71 Prozent der Einwohner in der Region Luhansk und 49 Prozent in der Region Donezk direkte Verhandlungen zwischen Kiew und den Vertretern der sogenannten “Volksrepubliken” für akzeptabel halten.

“Sonderstatus”. 48 Prozent der Einwohner in der Region Donezk und 52 Prozent der Einwohner in der Region Luhansk unterstützen einen Sonderstatus für bestimmte Teile der Regionen Donezk und Luhansk sowie eine Verankerung dieses Status in der ukrainischen Verfassung. Verfassungsänderungen und den Status einer zweiten Amtssprache für das Russische befürworten 60 Prozent der Einwohner in den von Kiew kontrollierten Teilen der Regionen Donezk und Luhansk.

Amnestie und Wahlen. Die meisten Bürger in dem von Kiew kontrollierten Teil des Donbass finden allerdings Kompromisse des Friedens willen – wie die Durchführung von Wahlen zu Bedingungen der Vertreter der selbsternannten “Volksrepubliken”, deren Einbeziehung in die Rechtsschutzorgane sowie eine volle Amnestie für sie – inakzeptabel.

So lehnen 68 Prozent der Einwohner der Region Donezk und 35 Prozent der Einwohner der Region Luhansk Wahlen zu Bedingungen der selbsternannten “Volksrepubliken” ab. Gleichzeitig halten 15 Prozent in der Region Donezk und 36 Prozent in der Region Lugansk sie für akzeptabel.

55 Prozent der Befragten in der Region Donezk und 50 Prozent der in der Region Luhansk sind gegen eine volle Amnestie für all diejenigen Personen, die an Kämpfen gegen die ukrainischen Truppen beteiligt waren. Für eine Amnestie sind in der Region Donezk 22 Prozent und in der Region Luhansk 16 Prozent.


Wie die Ukraine gegen COVID-19 kämpft

Am 13. April 2020, Stand 9 Uhr, waren in der Ukraine 3102 Fälle von COVID-19-Erkrankungen gemeldet, davon 93 letale. Binnen eines Tages wurden 325 neue Coronavirus-Infektionen und zehn neue Todesfälle registriert. Seit Beginn der Epidemie sind 97 Menschen genesen.

In den letzten 24 Stunden wurde in Kiew mit 79 Fällen die bisher höchste Zahl neuer Infektionen an einem Tag gemeldet, davon allein 63 im Kiewer Höhlenkloster. Insgesamt gibt es dort inzwischen 90 Fälle. Am 13. April wurde ein mobiles Röntgengerät und ein Ärzteteam ins Kloster geschickt, das dort Tests auf Coronaviren durchführen wird. Das Kiewer Höhlenkloster wurde von den Behörden unter Quarantäne gestellt. Die EInhaltung der Maßnahme wird von den Behörden überwacht.Weitere Informationen zu diesem Thema gibt es auf der Webseite Ukraine World.