Wochenübersicht der ukrainischen Pressenachrichten vom 13. Bis 19. Juni 2017

Die Situation im Kampfgebiet in der Ostukraine

In der Ostukraine dauern die Kampfhandlungen an. Dem Sprecher für Fragen der Anti-Terror-Operation, Andrij Lysenko, zufolge wurden bislang mit dem Stand vom 16. Juni 2017 im Kampfgebiet in der Ostukraine 2696 ukrainische Soldaten getötet und 9903 verletzt.

750.000 Kindern im Donbass droht Trinkwassermangel. Das teilte die regionale Direktorin von UNICEF für Europa und Zentralasien, Afshan Khan, mit. Infolge der jüngsten Eskalation des bewaffneten Konflikts wurden wichtige für die Wasserversorgung notwendige Infrastrukturobjekte zerstört (Meldung auf Englisch).

Ständige Probleme mit der Wasserversorgung. Die Donezker Filteranlage für Trinkwasser ist in diesem Jahr mindestens neun Mal unter Beschuss geraten, weswegen sie insgesamt für 45 Tage außer Betrieb war. Das teilte die Sonderbeobachtermission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa mit. Die Filteranlage versorgt 600.000 Menschen auf beiden Seiten der Kontaktlinie mit Trinkwasser. 72 Siedlungen im Donbass sind schon seit 8 Tagen ohne Wasser, da die Stromleitungen durch Beschuss beschädigt wurden. Die Stromleitungen gewährleisten den Betrieb der Wasserleitungsanlagen.

Alternative zur ATO: Verhängung des Kriegsrechts im Donbass?

Die Ukraine braucht neue Formen der Verteidigung gegen den von Russland geführten hybriden Krieg. Das erklärte der Vorsitzende des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrates der Ukraine, Oleksandr Turtschynow. Er sagte, die Form und das Ausmaß der Anti-Terror-Operation (ATO) habe sich überholt.

Neuer Gesetzentwurf. Turtschynow schlägt vor, bestimmte Gebiete der Regionen Luhansk und Donezk als von Russland besetzt zu erklären und per Gesetz die Grundlagen für deren Befreiung zu bestimmen (militärische und diplomatische Maßnahmen). In den kommenden Wochen sollen nun Experten einen entsprechenden Gesetzentwurf “Über die Wiederherstellung der staatlichen Souveränität der Ukraine über die vorübergehend besetzten Gebiet der Regionen Donezk und Luhansk” erarbeiten.

Was genau sehen die Bestimmungen vor? Der Sekretär des Nationalen Sicherheitsrates tritt für die Einrichtung eines operativen Stabs mit weitreichenden Befugnissen ein, der für die Koordinierung der Streitkräfte und aller Sicherheitskräfte, einschließlich der Militär- und Zivilverwaltungen in den Regionen Donezk und Luhansk, zuständig sein soll. Der operative Stab soll bei der Verteidigung der Ukraine, aber auch bei der Befreiung der besetzten Gebiete weitreichende Befugnisse erhalten. Ihm sollen alle Militär- und Sicherheitskräfte sowie die Militär- und Zivilverwaltungen untergeordnet werden. Der Stab soll die Aufrechterhaltung des Kriegsrechts in diesen Regionen gewährleisten.

Die jetzige ukrainische Gesetzgebung erlaubt den Einsatz der Streitkräfte nur, wenn eine Kriegserklärung vorliegt oder eine Anti-Terror-Operation durchgeführt werden muss. Die Verhängung des Kriegsrechts hat besondere rechtliche Regelungen im Land zur Folge, darunter die Einschränkung des Wahlrechts sowie der Arbeit des Parlaments und der lokalen Räte. Es ermöglicht, Eigentum zu konfiszieren und vieles andere mehr.

Wird die Ukraine das Kriegsrecht verhängen? Laut dem Parlamentsabgeordneten Olexandr Bryhenez würde ein solches Gesetz eine Zwischenstufe zwischen einer ATO und einem Kriegszustand schaffen. Im Völkerrecht gebe es den Begriff “bewaffneter Konflikt”. Der Unterschied zwischen einem Krieg und einem bewaffneten Konflikt bestehe darin, dass der letztere sich in einem begrenzten Gebiet abspiele.

Treffen mit Trump: Poroschenko bricht nach Washington auf
Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko trifft am Abend des 19. Juni in der US-Hauptstadt ein. Der wichtigste Tag seines Besuchs wird der 20. Juni sein. Geplant ist ein Treffen mit dem US-Vizepräsidenten Mike Pence und dem US-Präsidenten Donald Trump sowie mit den US-Ministern für Energie und Wirtschaft. Es ist bereits Poroschenkos dritter Besuch in Washington als Staatsoberhaupt und seine erste Begegnung mit dem neuen US-Präsidenten. Die beiden Staatsoberhäupter werden unter anderem über den Krieg im Donbass sprechen.

“Steh auf, liebe und gebe Deine Rechte nicht her”: Marsch für Gleichberechtigung

Wer, wo, wann? Am 18. Juni hat im Zentrum von Kiew im Rahmen des Forums “KyivPride-2017” ein “Marsch für Gleichberechtigung” stattgefunden. Mit der Veranstaltung sollte auf die Rechte der LGBT-Gemeinschaft in der Ukraine aufmerksam gemacht werden sowie ein Zeichen gegen Diskriminierung und Gewalt gesetzt werden. In diesem Jahr nahmen an dem Marsch rund 2500 bis 3000 Menschen teil. Noch nie waren es so viele. Für Sicherheit sorgten 5000 Polizisten und Soldaten der Nationalgarde.

Gegner des Marsches. Etwa 100 Angehörige nationalistischer Gruppierungen versuchten, den Marsch zu stoppen. Sie blockierten eine Straße, doch die Teilnehmer des LGBT-Marsches nahmen einen anderen Weg, um Auseinandersetzungen zu vermeiden.

Unterstützung von Diplomaten. Neben Ukrainern nahmen an dem Marsch auch Vertreter aus anderen Ländern teil. Auch Politiker und ausländische Aktivisten waren dabei. Unter anderem marschierten Vertreter des ukrainischen Menschenrechtsbeauftragten, des Ministeriums für Infrastruktur, des Ministeriums für Wirtschaftsentwicklung und Handel sowie Abgeordnete des Parlaments mit. Den LGBT-Marsch unterstützten die Botschafter von Großbritannien, Kanada und Schweden. Sie lobten die gute Organisation der Veranstaltung sowie die Sicherheitsmaßnahmen. Allerdings machten sie auch darauf aufmerksam, dass die Aktion in der Ukraine Gegner habe.

Umstrittene Plakate. Die meisten Aktivisten sangen, schwenkten Regenbogenfahnen und riefen Parolen zur Unterstützung der LGBT-Gemeinschaft, wie “Alle sind gleich”, “Ein Land für alle“ und “Steh auf, liebe und gebe Deine Rechte nicht her”. Doch es gab auch Teilnehmer, die Plakate trugen, die von der Öffentlichkeit negativ aufgefasst wurden. “Make love, not civil war”, womit darauf angespielt wurde, im Osten der Ukraine herrsche kein internationaler Konflikt mit Russland sondern ein innerer Konflikt. Auf einem anderen Plakat stand “Zum Teufel mit Eurem Patriotismus”. Die Veranstalter des Marsches erklärten, solche Plakate seien nicht Ausdruck der Position der LGBT-Gemeinschaft. Sie würden ausschließlich die persönliche Meinung derer wiedergeben, die entsprechende Plakate tragen würden.

Positive Tendenz. Im Jahr 2013 nahmen an dem Marsch der Gleichberechtigung nur rund 20 Menschen teil. Mehr als 1000 Menschen hatten damals gegen ihn demonstriert. Es kam zu Zusammenstößen zwischen beiden Lagern und Vertreter der LGBT-Gemeinschaft wurden Opfer von Gewalt. Dieses Jahr gingen nur 100 Gegner des Marsches auf die Straße.

Kultur: Die Geschichte der modernen Ukraine im Prisma der Mode

In Kiew hat die Mode-Ausstellung “In Progress. Dresscode der Ukraine seit ihrer Unabhängigkeit” begonnen. Der Kuratorin Soja Swinjazkowska zufolge ist anhand der  Kleidung zu erkennen, wie sich die ukrainische Mentalität in den letzten 26 Jahren verändert hat. Die Ausstellung besteht aus Designer-Stücken sowie aus Kleidung, die ukrainische Popmusiker auf der Bühne getragen haben. Ferner ist Kleidung zu sehen, die bei Modeschauen in Paris, Mailand und New York präsentiert wurde. Auch ist ein Kleid der ukrainischen First Lady Teil der Ausstellung. Sie ist von 1991 bis heute chronologisch aufgebaut. Die Ausstellung ist in verschiedene Abschnitte unterteilt. 1991 bis 1997: Die Entwicklung neuer Eliten und der Avantgarde-Mode. 1997 bis 2010: Die Suche nach nationaler Identität und der ukrainischer Glamour. 2010 bis heute: Der Urbanismus, die Entstehung von Marken für den Massenmarkt und der Maidan. Die Ausstellung ist noch bis zum 6. August im Kiewer Art Arsenal zu sehen.

Sport: Ukrainisches Team holt 10 Medaillen im Wasserspringen

Die ukrainische Mannschaft hat bei der Europameisterschaft im Wasserspringen in Kiew den zweiten Platz im Medaillenspiegel erreicht. Es gewann zehn Medaillen (dreimal Gold, viermal Silber und dreimal Bronze). Bis zum letzten Tag der Meisterschaft lag das Team aus der Ukraine im Medaillenspiegel vorn, doch es konnte seinen Spitzenplatz nicht halten. Russland gewann dreimal Gold und hatte schon mehr Silbermedaillen. Daher kam das russische Team letztlich auf Platz eins. Die ukrainischen Gewinner der Goldmedaillen sind: Illja Kwascha, das Duo Alexander Gorschkowosow und Maxim Dolgow sowie Hanna Pysmenska.

Nachfolgend eine Auswahl an englischen Interviews, Analysen und Videos zur Situation in der Ukraine

Reportagen

In Kiew fand der KyivPride-2017 statt, Bildergalerie von UNIAN.

2500 Personen haben am Marsch für Gleichberechtigung in Kiew teilgenommen. Reportage von Hromadske International.

Entführungen im Donbass. Reportage von UNIAN.

Meinung

Warum Russland die ethnische Zusammensetzung auf der Krim verändert. Kolumne von Andrij Klymenko, Direktor der Abteilung für Krim-Fragen der Stiftung Maidan of Foreign Affairs, für UNIAN.

Anti-Korruptions-Kundgebungen in Russland: Epilog. Kolumne von Ihor Solowej für Lewyj Bereg (LB.UA).

Analyse

Wie funktioniert Geldwäsche in Russland? Analyse von Hromadske International.

Russland Nationalfeiertag als Symbol der Propaganda. Analyse von LB.UA (Lewyj Bereg).

Nachrichten von StopFake

Fake: Polen verzögert absichtlich Einreise von Ukrainern.

Fake: Soros-Stiftung warnt vor Ende der EU-Visafreiheit für Ukrainer.

Fake: Ukrainischer Geheimdienst SBU ordnet Vernichtung von MH17–Beweisstücken an.