Festnahmen von Krimtataren, Militarisierung der Jugend auf der Krim und im Donbass, Paralympics-Erfolg der Ukraine und weitere Themen

Die Lage im Kampfgebiet im Osten der Ukraine 

Am 5. September haben bewaffnete Verbände der Russischen Föderation vier Mal den Waffenstillstand verletzt. Es gibt keine Verluste unter den ukrainischen Militärs. Ähnlicher Beschuss wurde auch an anderen Wochentagen registriert.

Russland behindert die Aktivitäten der OSZE. Russland weigert sich, das OSZE-Mandat an den Kontrollpunkten Gukowo und Donezk an der Grenze zur Ukraine zu verlängern. Das Mandat der OSZE-Beobachtermission läuft Ende September aus. Die US-Geschäftsführerin bei der OSZE, Courtney Austrian, hat diesbezüglich während einer Sitzung des Ständigen Rates der OSZE in Wien, deren Abschrift auf der Website der US-Mission bei der OSZE veröffentlicht ist, Bedauern geäußert.

Die OSZE-Beobachtermission war seit dem 29. Juli 2014 an den beiden Grenzkontrollpunkten Gukowo und Donezk im Einsatz. Seitdem wurde das Mandat der Mission immer um vier Monate verlängert. Im Mai dieses Jahres verhinderte Russland jedoch die Verlängerung des Mandats der OSZE-Beobachtermission um die üblichen vier Monate ohne sachliche Gründe und stimmte nur zwei weiteren Monaten zu.

Ferner hat Russland auch wiederholt die Entscheidung blockiert, OSZE-Beobachter an alle Grenzkontrollpunkte entlang der ukrainisch-russischen Grenze im Donbass zu entsenden.

Neue illegale Festnahmen auf der Krim: Was ist bislang bekannt?

Nach vorliegenden Informationen haben Offiziere des russischen FSB am Morgen des 3. September Eldar Odamanow und in der Nacht zum 4. September Aziz Achmetow, Asan Achmetow und Schevket Useinow festgenommen. Am Morgen des 4. September wurde nach Hausdurchsuchungen auch Nariman Dschelal, der stellvertretende Vorsitzende des Medschlis der Krimtataren, festgenommen.

Am 5. September wurde bekannt, dass die russischen Besatzer Dschelal laut Artikel 281 Teil 1 des Strafgesetzbuches der Russischen Föderation der “Diversion” verdächtigen. Dschelal drohen demnach 12 bis 15 Jahre Gefängnis.

Proteste auf der Krim. Nach den illegalen Festnahmen und Hausdurchsuchungen ist es auf der Krim zu Protesten gekommen. Angehörige und besorgte Bürger zogen vor das FSB-Gebäude in Simferopol. Laut Berichten wurden von den Besatzern dabei mehr als 50 Demonstranten – alle Krimtataren – gefangen genommen. Sie wurden mit brachialer Gewalt und Schlägen auf die Nieren in Busse gedrängt und in verschiedene “Polizeidienststellen” der Besatzungsbehörden auf der vorübergehend besetzten Krim gebracht. Die meisten von ihnen wurden später wieder freigelassen.

Reaktion des Außenministeriums der Ukraine: “Strafe für die Krim-Plattform”. “Wir betrachten diese bestrafenden Überfall auf die Anführer des Medschlis als Strafe für deren Teilnahme am Gründungsgipfel der Krim-Plattform am 23. August sowie als weitere Unterdrückung seitens der Russischen Föderation, die auf eine Einschüchterung der Krimtataren und deren Verdrängung von der vorübergehend besetzten Halbinsel abzielt”, erklärte das ukrainische Außenministerium.

Kiew fordert die internationale Gemeinschaft auf, das illegale Vorgehen der Besatzer aufs Schärfste zu verurteilen und den Druck auf Russland zu erhöhen, damit es die schweren Menschenrechtsverletzungen auf der vorübergehend besetzten Autonomen Republik Krim und in Sewastopol stoppt. Zudem müsse die internationale Gemeinschaft sich aktiv für den Schutz der Rechte und Freiheiten der Menschen auf der Krim einsetzen, darunter auch im Rahmen der Krim-Plattform.

Wie Russland Kinder in den “Volksrepubliken” und auf der Krim militarisiert

Kinder zwischen fünf und sechs Jahren geben vor, in einem Konzentrationslager zu sein. Im Namen der Gefangenen werden Gedichte vorgetragen. Vorschulkinder probieren Militär-Uniformen an. Kinder im Alter von elf bis zwölf Jahren lernen echte Waffen kennen und gehen auf Schießstände. So sieht ein Teil der russischen Besatzungspolitik aus. In den von Kiew nicht unkontrollierten Gebieten läuft eine Militarisierung der Kinder.

Die stärkste der vom Kreml unterstützten entsprechenden Bewegungen ist die “Junge Armee” in den sogenannten “Volksrepubliken Donezk und Luhansk” und auf der von Russland besetzten Krim. Der ukrainische Sender “Hromadske” hat umfangreiches Material zu diesem Thema veröffentlicht. Hier die wichtigsten Thesen und Fakten:

Was ist die “Junge Armee”? Die  “Junge Armee” ist erstmals 2016 als “militärisch-patriotische gesellschaftliche Bewegung für Kinder und Jugendliche” unter der Schirmherrschaft des russischen Verteidigungsministeriums in Erscheinung getreten. 2019 wurde in den “Volksrepubliken Donezk und Luhansk” eine ähnliche Struktur geschaffen. Dem Namen wurde noch die Beziehung “Junge Garde” beigefügt. Die “Junge Garde” war eine Untergrundorganisation während des Zweiten Weltkriegs, der auch Minderjährige angehörten. Das jüngste Mitglied war 14 Jahre alt. Die “Junge Garde” operierte in Krasnodon, dem heutigen Sorokine, in der Region Luhansk.

Zu den regelmäßigen Veranstaltungen, an denen Angehörige der “Jungen Armee” in den besetzten Gebieten teilnehmen, gehören militärische Versammlungen und Ausflüge zu Militäreinheiten. In den besetzten Teilen der ukrainischen Gebiete Donezk und Luhansk zählt die “Junge Armee” etwa 5000 Mitglieder. Auf der Krim sind es mit 35.000 bis 40.000 und in Sewastopol mit 10.000 deutlich mehr.

Militarisierung der Jugend auf der Krim. Valentyna Potapowa vom ukrainischen Helsinki-Verband für Menschenrechte zufolge hatte der sogenannte “Bildungsminister” der Krim unmittelbar nach der Besetzung der Halbinsel erklärt, der Krim müsse schnell eine russische Identität verliehen werden. “Und dafür wurden alle Möglichkeiten genutzt – einschließlich einer totalen Militarisierung. Bis 2015 unternahm Russland keine deutlichen Schritte hin zu einer Militarisierung des Bildungswesens. Doch ein Jahr später befahl das Verteidigungsministerium den Aufbau der ‘Jungen Armee’. Wir denken, dass dies getan wurde, um eine russische Identität zu formen”, so Potapowa gegenüber “Hromadske”.

Sie stellt fest, dass die “Junge Armee” sich inzwischen deutlich verjüngt hat: Zunächst wurden nur Jugendliche ab 14 Jahren aufgenommen, dann auch Zehnjährige und inzwischen sind sogar siebenjährige Kinder dabei.

Die Militarisierung erstrecke sich sogar auf Vorschulkinder, so Oleh Ochredko vom ukrainischen Almenda-Zentrum für gesellschaftliche Bildung. So viele militärisch-patriotische Veranstaltungen wie auf der besetzten Krim gebe es in keiner russischen Region. Das Ziel bestehe darin, in fast jeder Bildungseinrichtung Kadetten-Klassen einzuführen.

Ochredko sagte “Hromadske”: “Die ‘Junge Armee’ ist im Bildungssystem implementiert, sie hat in jeder Schule Filialen. Auch Kinder ohne elterliche Fürsorge fallen unter die Obhut dieser Struktur. Außerdem müssen laut Anordnung des russischen Verteidigungsministers die Kinder aller Soldaten der ‘Jungen Armee’ angehören.”

Kollektives Trauma. Lydia Tschorna vom Institut für Sozial- und Politische Psychologie der Akademie der Pädagogischen Wissenschaften der Ukraine ist überzeugt, dass die Militarisierung die Psyche von Kindern traumatisiert und ihre Zukunft stark beeinflusst. “Wenn Kinder historische Ereignisse kennenlernen und die Rollen bestimmter Charaktere spielen, identifizieren sie sich mit ihnen emotional und verbal, zum Beispiel mit Soldaten, Gefangenen, Opfern oder Angreifern. Dies kann extrem starke und traumatische Folgen haben”, sagte sie gegenüber “Hromadske”.

Tschora fügte hinzu: “Gleichzeitig kommen prorussische Rebellen in den Unterricht und erzählen Kindern Lügen über ‘ukrainische Faschisten’. Solche für die Psyche von Kindern schädliche Informationen fördern kollektive Emotionen. Andere Rituale wie Gedenk-Wachen, Märsche und Militär-Versammlungen verfestigen eine militarisierte Ideologie. Bei der Militarisierung der Bevölkerung werden ideologische, politische und soziale Manipulationen eingesetzt. Daher werden sich diese Kinder im Erwachsenenalter getäuscht, verlassen und von der Propaganda ausgenutzt fühlen.” Letztlich werde es das Problem einer “verlorenen Generation” geben.

Paralympics: Ukrainischer Athlet mit den meisten Medaillen

Der erfolgreichste Athlet bei den Paralympics 2020 ist ein Ukrainer. Der Schwimmer Maksym Krypak gewann sieben Medaillen, darunter fünfmal Gold, einmal Silber und einmal Bronze. Insgesamt hat Krypak bei Paralympics bereits 15 Medaillen gewonnen, davon zehnmal Gold. Außerdem ist er fünffacher Weltmeister und zehnfacher Europameister.

Insgesamt belegte die Ukraine mit 98 Medaillen bei den Wettbewerben in Tokio den sechsten Platz. Davon sind 24 Goldmedaillen, 47 Silber- und 37 Bronzemedaillen, so die offizielle Website der Paralympics.

Damit waren dies die zweiterfolgreichsten Paralympics für die ukrainische Nationalmannschaft. Am erfolgreichsten für die Ukraine waren mit 117 Medaillen die Paralympics in Rio de Janeiro 2016, wo die Ukraine Gesamtdritter wurde.

Wie die Ukraine gegen COVID-19 kämpft

Am 5. September wurden in der Ukraine 773 neue Corona-Infektionen und 18 Todesfälle registriert. 635 Personen wurden mit COVID-19 oder den Verdacht darauf in ein Krankenhaus eingeliefert. 457 Personen wurden als genesen gemeldet.

Impfung. Am 5. September wurden in der Ukraine 41.787 Coronavirus-Impfungen durchgeführt. Eine erste Dosis erhieltn 12.367 Personen und 29.420 Personen die abschließende zweite. Insgesamt haben bisher 5.581.416 Personen in der Ukraine mindestens eine Dosis und 4.408.085 Personen auch schon die zweite erhalten.