Gefallene ukrainische Soldaten im April 2021, Instrumentalisierung des Zweiten Weltkrieg durch den Kreml, Umfrage zum Tag des Sieges und weitere Themen

Die Lage im Kampfgebiet im Osten der Ukraine 

Am 9. Mai hat das Hauptquartier der ukrainischen Vereinten Kräfte einen Verstoß gegen den Waffenstillstand seitens der prorussischen Rebellen im Donbass verzeichnet. Am 8. Mai haben die russischen Verbände im Donbass neunmal gegen den Waffenstillstand verstoßen. Es gibt keine Opfer unter den ukrainischen Soldaten und Zivilisten zu beklagen.


Gefallene ukrainische Soldaten im April 2021 

Das Ukraine Crisis Media Center hat für den Monat April 2021 einen Bericht über die gefallenen ukrainischen Soldaten in englischer Sprache erstellt. 


“Unsterbliches Regiment”: Wie der Kreml den Zweiten Weltkrieg instrumentiert

Das “Unsterbliche Regiment” ist eine jährliche Aktion, bei der vor allem Russen ihrer Angehörigen gedenken, die während des Zweiten Weltkriegs gekämpft haben – oder, wie er in der Interpretation der russischen Geschichtsschreibung genannt wird, im Großen Vaterländischen Krieg von 1941-45. Dessen Mythen gehören zu den stärksten historischen Narrativen des Kremls.

Der Hauptbestandteil des “Unsterblichen Regiments” ist ein Marsch mit Porträts von Opfern und Überlebenden des Krieges, der 2011 erstmals in der russischen Stadt Tomsk stattfand. Gestartet hatte ihn eine gleichnamige Bürgerinitiative, eine nichtstaatliche Vereinigung, die sich zum Ziel gesetzt hatte, die Erinnerung an die Opfer durch das Sammeln ihrer Geschichten aufrechtzuerhalten. Was als Bürgerinitiative an der Basis begann, entwickelte sich schließlich zu einem der mächtigsten Instrumente des russischen historischen Revisionismus, den Moskau auch im Ausland fördert. Gleichzeitig versucht der Kreml die sowjetische Geschichte und die Rolle der Sowjetunion im Zweiten Weltkrieg zu schönen.

Geschichte der Transformation. Im Jahr 2015 wurde eine parallele Struktur mit einem ähnlichen Namen geschaffen: “Unsterbliches Regiment Russlands”. Einer ihrer Gründer, N. Semzow, gehörte der Gründungsinitiative an, von der er aber wegen Verstoßes gegen das Statut ausgeschlossen wurde. Die russische Regierung nahm die neue Organisation sofort unter ihre Kontrolle, und zwar aus zwei Gründen. Erstens gewannen die Aktionen rasch an Popularität und sie starteten auch in anderen Ländern, insbesondere in der Ukraine. Folglich hatten sie aus Sicht der russischen Führung großes Potenzial, neue Zielgruppen zu beeinflussen und zu erreichen, darunter im Ausland. Zweitens hat eine autoritäre Regierung im Umgang mit einer Massenbewegung an der Basis immer nur zwei Möglichkeiten: entweder eine solche Bewegung zu zerstören oder sie in ihren Dienst zu stellen. Der Kreml, der Geschichte politisieren will und den Begriff “Faschismus” weithin als Bezeichnung für Länder verwendet, mit deren Politik er unzufrieden ist, hat sich für Letzteres entschieden. Daher erhielten die Aktionen des “Unsterblichen Regiments” seit 2015 große Unterstützung von der russischen Regierung, auch finanzielle. Die Kontrolle über die Initiative ging schließlich an die Staatsmacht über.

“Unsterbliches Regiment” in der Ukraine. Die Ukraine wird konsequent von der russischen Propaganda und deren Agenten im Ausland als “faschistischer” Staat dargestellt. Die ukrainischen Bemühungen, europäische Traditionen zu übernehmen und den 9. Mai nicht auf sowjetische Art und Weise zu feiern, sondern ihn als Tag des Gedenkens und der Versöhnung zu begehen, wird von der russischen Regierung kritisiert. Sie wirft der Ukraine in diesem Zusammenhang Faschismus von.

Die Narrative über den Zweiten Weltkrieg sind für Russland von grundlegender Bedeutung. Moskau versucht alle Staaten zu kontrollieren, die es als seinen Einflussbereich betrachtet. Die Unterstützung des “Unsterblichen Regiments” in der Ukraine ist eines der Mittel, um diesen Einfluss aufrechtzuerhalten.

Das “Unsterbliche Regiment” in der Ukraine wird von Jurij Derkatsch geführt. Er kritisiert alle ukrainischen Regierungen seit der Revolution der Würde im Jahr 2014, die er als “Staatsstreich” bezeichnet. Derkatsch leitet den Ortsverband der “Ukrainischen Wahl” in Charkiw. Die Plattform wurde von Viktor Medwedtschuk geschaffen. Bei 20 Mitgliedern wurden im März 2021 vom Sicherheitsdienst der Ukraine (SBU) wegen des Verdachts der Teilnahme am illegalen “Referendum” auf der Krim Durchsuchungen durchgeführt. Die TV-Sender ZIK, 112 und NewsOne, die mit Medwedtschuk verbunden sind, waren vor ihrer Schließung die größte Medienplattform, über die der russische historische Revisionismus verbreiten und das “Unsterbliche Regiment” in der Ukraine propagiert wurde. Andere Mitglieder der Partei “Oppositions-Plattform – Fürs Leben” und der ehemaligen “Partei der Regionen” unterstützen und beteiligen sich ebenfalls aktiv an den Aktionen des “Unsterblichen Regiments”.


Umfrage: Was die Ukrainer über den Tag des Sieges denken

Eine Umfrage zu diesem Thema wurde von der Ilko-Kutscheriw-Stiftung “Demokratische Initiativen” zusammen mit dem Rasumkow-Forschungszentrums vom 22. bis 29. April 2021 in allen Regionen der Ukraine mit Ausnahme der Krim und der besetzten Teile der Gebiete Donezk und Luhansk durchgeführt. Befragt wurden 2021 Meschen ab 18 Jahren. Der theoretische Stichprobenfehler beträgt 2,3%.

Einstellung zu Stalin. 62% der Ukrainer betrachten den sowjetischen Diktator Josef Stalin als eine für die Ukraine negative historische Person. Im Westen und im Zentrum des Landes sind 78% und entsprechend 69% der Bürger dieser Meinung, im Süden und im Osten sind es jeweils 45%.

Molotow-Ribbentrop-Pakt. 48% der Ukrainer sind der Ansicht, dass der Zweite Weltkrieg durch eine Verschwörung zwischen Hitler und Stalin entfesselt wurde, die eine Aufteilung Europas in Einflusssphären zu Ziel hatte. 29% stimmen dem nicht zu, 23% haben dazu keine Meinung.

Tag des Gedenkens und der Versöhnung oder Tag des Sieges? 41% der Ukrainer glauben, dass die Ukraine beide Tage begehen sollte: den Tag des Gedenkens und der Versöhnung am 8. Mai und den Tag des Sieges über den Nationalsozialismus am 9. Mai. Weitere 31% glauben, dass die Ukraine nur den Tag des Sieges über den Nationalsozialismus am 9. Mai feiern sollte. Etwa 9% unterstützen dagegen die Idee, nur den Tag des Gedenkens und der Versöhnung am 8. Mai zu begehen, weitere 10% sind gleichgültig. Nur den 8. Mai begehen wollen die Menschen meist in den westlichen Region des Landes (22%). Im Osten (42%) und Süden (48%) gibt es mehr Menschen, die nur den 9. Mai begehen wollen.

Anti-Hitler-Koalition. 46% der Ukrainer meinen, dass die Sowjetunion ohne die Hilfe westlicher Verbündeter in der Anti-Hitler-Koalition den Krieg gegen Nazideutschland nicht hätte gewinnen können. 35% stimmen dem nicht zu, weitere 19% sind unentschlossen.

UPA-Soldaten und Stepan Bandera. 46% der Ukrainer stehen der Entscheidung der ukrainischen Regierung positiv gegenüber, die Soldaten der Ukrainischen Aufständischen Armee (UPA) als Kämpfer für die Unabhängigkeit der Ukraine anzuerkennen. Dagegen sind 29% der Befragten, 9% sind gleichgültig und weitere 16% sind unentschlossen. 32% der Bürger betrachten Stepan Bandera als eine für die Ukraine positive historische Person und genau so viele als negative. 21% sehen ihn positiv und negativ.


Wie die Ukraine gegen COVID-19 kämpft

Die dritte Coronavirus-Welle in der Ukraine flacht ab. In den letzten Wochen ist die Anzahl neuer Infektionsfälle und Krankenhausaufenthalten stark zurückgegangen. Die Anzahl der Genesungen ist um ein Vielfaches höher als die Anzahl neuer Fälle. Die Sterblichkeit ist immer noch hoch. Laut Gesundheitsminister Maksym Stepanow dauerte die dritte Welle zwei Monate und sie war die tödlichste. Die höchste Inzidenz wurde Ende März und Anfang April erreicht. Während dieser Zeit der maximalen Belastung lagen in den Krankenhäusern 44.000 Patienten unter Sauerstoffmasken.

Am 9. Mai wurden in der Ukraine 2817 neue COVID-Fälle registriert, 119 Patienten starben und 9002 Menschen wurden als genesen gemeldet. Mit dem Stand vom 10. Mai liegt die Ukraine auf dem 18. Platz in der Welt und dem 6. Platz in Europa, was die Anzahl neuer Corona-Fälle angeht.

Impfung. Am 9. Mai wurden in der Ukraine 1004 Menschen gegen das Coronavirus geimpft. Seit Beginn der Impfkampagne haben 863.645 Personen eine Impfung erhalten, davon 863 643 Personen mit der ersten Dosis. Bisher haben 446 Personen die zweite Dosis erhalten, davon haben zwei Personen eine Dosis im Ausland erhalten.

Laut dem Impfplan der Regierung hat die Ukraine mehr als 21,913 Millionen Impfstoffdosen eingekauft, wartet aber noch auf Lieferungen. Davon sind: 8,94 Millionen Dosen AstraZeneca, 10 Millionen Dosen Novavax (USA), mehr als 1,91 Millionen Dosen Sinovac Biotech (China) und 1,07 Millionen Dosen BioNTech/Pfizer.