Putins Fälschungen und Manipulationen, Vorwurf des Hochverrats gegen Poroschenko, Furcht vor weiterer Aggression Russlands und weitere Themen

Die Lage im Kampfgebiet im Osten der Ukraine

Bewaffnete Verbände der Russischen Föderation ignorieren weiterhin die innerhalb der Trilateralen Kontaktgruppe getroffenen Vereinbarungen. Am 26. Dezember haben die russischen Besatzungskräfte fünfmal den Waffenstillstand verletzt. An anderen Wochentagen gab es ähnlichen Beschuss.

Ukrainische Frauen werden beim Militär registriert. Das ukrainische Verteidigungsministerium hat eine Verordnung erlassen, in der mehr als 100 Berufe aufgelistet sind. Demnach sind Frauen in diesen Berufen verpflichtet, sich beim Militär registrieren zu lassen. Der Oberbefehlshaber der Streitkräfte, Walerij Saluschnyj, erklärte, es handele sich nicht um eine Wehrpflicht oder Zwangsmobilisierung. Laut dem Ministerium müssen sich auch Schwangere und Frauen mit kleinen Kindern in bestimmten Berufen bei der Armee melden.

Russland verlangt Anerkennung des Sputnik-Impfstoffs. Am 2. Dezember, bei der letzten Sitzung der Trilateralen Kontaktgruppe in diesem Jahr, wurde keine Einigung über die Öffnung aller Kontrollpunkte erzielt. Während die ukrainischen Kontrollpunkte seit dem 10. November 2020 geöffnet sind, sind die Kontrollpunkte seitens der vorübergehend besetzten Gebieten geschlossen. Die russische Seite fordert von der Ukraine, den russischen Impfstoffs Sputnik V und entsprechende Impfnachweise bei Personen anzuerkennen, die aus den vorübergehend besetzten Gebieten im Osten der Ukraine kommen.

Putin über die Ukraine: Neue Fälschungen und Manipulationen

Auf seiner Pressekonferenz zum Jahresabschluss 2021 hat der russische Präsident Wladimir Putin vergangene Woche abgelehnt zu garantieren, die Ukraine nicht anzugreifen. Er machte die Ukraine und nicht Russland für die Eskalation im Donbass verantwortlich und sagte, er sehe keine Chance, irgendwelche “Beziehungen” zu Kyjiw aufzubauen. Hier Putins Thesen, Fälschungen und Manipulationen:

“Russland verlangt für sich Sicherheitsgarantien.” “Was Garantien angeht: Unser Handeln wird nicht von Verhandlungen abhängen, sondern von einer bedingungslosen Garantie für Russlands Sicherheit. Wir haben deutlich gemacht, dass eine weitere NATO-Osterweiterung inakzeptabel ist. Wir sind es nicht, die mit Raketen an die USA herangerückt sind. Sie stellen Raketen an der Türschwelle unseres Hauses auf. Ist es etwa zuviel zu verlangen, keine Angriffssysteme in der Nähe unseres Hauses aufzustellen? Wie würden die Amerikaner reagieren, wenn an der Grenze von Kanada oder Mexiko Raketen aufgestellt würden? Und wem gehörte Kalifornien früher? Und Texas?”, sagte Putin. Er betonte, von Russland würden Garantien verlangt, aber eigentlich müsste der Westen Moskau Garantien geben. 

“Die Ukraine plant eine Militäroperation und Russland wird nicht warten.” Putin erklärte, die Ukraine plane eine Militäroperation und Russland müsse sich darauf vorbereiten. “Die zweite Option ist die Schaffung eines Anti-Russland in der Ukraine durch das Vollpumpen mit Waffen und mit Gehirnwäsche der Bevölkerung. Wie soll unser Land weiterleben? Und dann wird man Radikale dazu drängen, die Donbass-Frage zu lösen. Aber wir müssen über die Perspektiven unserer Sicherheit in naher Zukunft nachdenken. Sollen wir abwarten, bis man zuschlägt? Das ist ein ernstes Problem”, so Putin.

“Russland musste die Krim annektieren.” Die Zuspitzung der Lage hat Putin zufolge schon im Jahr 2014 begonnen. “Vorher hatte der Kreml mit Juschtschenko und Tymoschenko zusammengearbeitet, sich übers Gas gestritten, war aber bereit, weiterzuarbeiten. Doch was geschah 2014? Ein blutiger Putsch. Es ist klar, dass es eine berechtigte Empörung der Bürger gab. Und Janukowitsch stimmte allem zu, die westlichen Länder gaben Garantien, alle stimmten zu. Und in ein, zwei Tagen gab es einen Staatsstreich. Wofür?”, sagte Putin und fügte hinzu, der Sieg der Opposition bei den damals anstehenden Wahlen in der Ukraine unvermeidlich gewesen. Danach sei die Frage der Krim aufgekommen und Russland habe nicht anders handeln können. Russland habe nicht mit ansehen können, was in der Ukraine und insbesondere im Donbass passiert sei.

“Russland ist keine Konfliktpartei.” “Die Zukunft des Donbass sollte von den Menschen bestimmt werden, die im Donbass leben. Wir sehen unsere Rolle als Mittler darin, die besten Voraussetzungen für die Zukunftsgestaltung dieser Menschen zu schaffen. Gibt es Probleme? Ja, denn nach den Minsker Vereinbarungen ist Russland ein Vermittler, und man will uns zu einer Konfliktpartei machen. Damit sind wir nicht einverstanden”, erklärte Putin.

“Selenskyj steht unter dem Einfluss von Nazis.” “Statt auf das Verlangen nach Frieden der Menschen einzugehen und diese Stimmung in der ukrainischen Gesellschaft zu nutzen, ist Präsident Selenskyj unter den Einfluss radikaler Elemente geraten – von Nazis wie man in der Ukraine sagt”, erklärte Putin und fügte hinzu, Russland wolle gutnachbarliche Beziehungen mit der Ukraine aufbauen, und das um jeden Preis. “Aber wie kann man Beziehungen mit der heutigen Führung aufbauen, angesichts ihrer Tätigkeit? Das ist praktisch unmöglich. Wir sind bereit, mit den Kräften zusammenzuarbeiten, die gutnachbarschaftliche Beziehungen zu Russland wollen”, so Putin. Doch Vertreter dieser Kräfte würden außergerichtlich verfolgt und mit Sanktionen belegt. Gegen den Oligarchen Viktor Medwedtschuk, dessen Tochter Putins Patenkind ist, laufen in der Ukraine zwei Strafverfahren. Putin betonte: “Menschen, die mit uns zusammenarbeiten wollen, werden zerstört. Das ist das Problem. “

Wie Russland die Geduld der Welt auf die Probe stellt

Am 21. Dezember kündigte der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu die Aufstockung der Mittel für die russischen Streitkräfte im Jahr 2022 an.  Ein Beitrag dazu von der Hybrid Warfare Analytical Group (HWAG) des Ukraine Crisis Media Center (UCMC) in englischer Sprache: Russia’s Military Escalation against Ukraine: How the Kremlin Tries the World’s Patience

Russlands Versuche, den Westen unter Druck zu setzen

Parallel zu seiner Erpressung der USA und der NATO hat der Kreml seine Informationsattacken gegen den Westen verstärkt. Dazu eine Infografik der Hybrid Warfare Analytical Group (HWAG) des Ukraine Crisis Media Center (UCMC) in englischer Sprache: Russia’s Recent Attempts to Pressure the West

Vorwurf des Hochverrats gegen Ex-Präsidenten Petro Poroschenko

Am 20. Dezember wurde Petro Poroschenko darüber informiert, dass er des Hochverrats und der Beihilfe zu einer Terrororganisation verdächtigt wird. Es geht dabei um Kohlelieferungen aus den vorübergehend besetzten Gebieten des Donbass in den Jahren 2014 und 2015.

Was wird Poroschenko vorgeworfen? Den Ermittlungen zufolge soll der Ex-Präsident während seiner Amtszeit seine Machtbefugnisse und seinen Einfluss dazu genutzt haben, dass Lieferverträge mit Südafrika gekündigt wurden. Danach soll er auf Drängen von Vertretern der Russischen Föderation die Unterzeichnung von Verträgen über Kohlelieferungen aus den von Kyjiw nicht kontrollierte Gebieten im Osten der Ukraine organisiert haben. Damit habe er die Ukraine in eine Energieabhängigkeit von Russland und der Anführer der Pseudo-Republiken im Donbass versetzt.

Am 17. Dezember teilte das ukrainische Ermittlungsbüro mit, man habe Poroschenko eine Vorladung überreichen wollen, was er aber ignoriert habe, indem er in sein Auto gestiegen und davongefahren sei. Poroschenko selbst erklärte unterdessen, er werde in der ersten Januarhälfte in die Ukraine zurückkehren. Die Vorladung betrifft ein Strafverfahren wegen geplanter Kohlelieferungen aus den vorübergehend besetzten Gebieten, in dem auch Viktor Medwedtschuk, Abgeordneter der Partei “Oppositions-Plattform – Fürs Leben”,  und der ehemalige Energieminister Wolodymyr Demtschyschyn vorkommen.

Poroschenko spricht von politischer Verfolgung. Die Partei des ehemaligen Präsidenten “Europäische Solidarität” teilte inzwischen mit, der jetzige ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj nutze die Ermittlungsbehörden aus, um Poroschenko politisch zu verfolgen. Zudem setze er die Strafverfolgungsbehörden unter Druck. Die Partei teilte ferner mit, Poroschenko sei am 17. Dezember zu einer Dienstreise nach Polen aufgebrochen.

Mögliche Festnahme. Laut einer Reihe ukrainischer Medien soll die Generalstaatsanwaltschaft letzte Woche einen Antrag auf vorbeugende Maßnahmen gegen Poroschenko gestellt haben, die eine Festnahme des ehemaligen Präsidenten vorsehen, aber auch die Möglichkeit, eine Kaution in Höhe von einer Milliarde Hrywnja einzuzahlen. Medien zufolge soll das Kyjiwer Gericht im Bezirk Petschersk auf einer Sitzung unter Ausschluss der Öffentlichkeit den Antrag der Staatsanwaltschaft auf Festnahme von Poroschenko geprüft und genehmigt haben. Poroschenkos Anwälte Ihor Holowan und Ilja Nowikow erklärten, sie hätten keine Kenntnis von dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft. “Wir konzentrieren uns auf Informationen aus den Medien, einschließlich russischer, die berichtet haben, dass ein entsprechender Beschluss bereits getroffen worden sei. Wir wissen es nicht. Wir wissen nur, dass ein solcher Beschluss nicht in Anwesenheit von Poroschenkos Anwälten getroffen wurde”, so Nowikow.

Umfrage: Fast jeder zweite Ukrainer befürchtet weitere Aggression Russlands

49,2 % der Ukrainer glauben, dass die Gefahr einer umfassenden russischen Invasion in der Ukraine real ist. Das ist das Ergebnis einer Umfrage des Kiewer Internationalen Instituts für Soziologie (KIIS). 41,4% der Befragten sind zuversichtlich, dass es keine Invasion in ukrainische Gebiete geben wird.

Gleichzeitig sind 57,8 % der Befragten der Meinung, dass die diplomatischen und verteidigungspolitischen Bemühungen der ukrainischen Führung zur Verhinderung einer russischen Invasion unzureichend sind. 27,1 % der Ukrainer halten die Bemühungen für ausreichend.

Die Umfrage wurde vom 13. bis 16. Dezember durchgeführt. 1203 Personen wurden in allen Regionen der Ukraine mit Ausnahme der besetzten Gebiete im Donbass und auf der Krim per Telefoninterview befragt. Der statistische Fehler überschreitet nicht 3,2 %.

Einer Umfrage des KIIS zufolge, die vom 3. bis 11. Dezember durchgeführt wurde, sind ein Drittel der Ukrainer im Falle einer russischen Invasion in ihren Städten und Dörfern bereit, bewaffneten Widerstand zu leisten.

Wie die Ukraine gegen COVID-19 kämpft

In den vergangenen Tagen ist die Anzahl der COVID-19-Infektionen weiter zurückgegangen. So wurden am 26. Dezember 1864 neue Fälle gemeldet, darunter 138 Kinder und 12 Krankenschwestern. Ferner wurden 133 weitere Todesfälle und 1053 Krankenhauseinweisungen registriert.

Während der gesamten Pandemie haben sich in der Ukraine 3.646.988 Menschen mit dem Coronavirus infiziert und 94.971 Menschen sind daran gestorben.

Impfung. Seit Beginn der Impfkampagne haben 14.592.535 Personen die erste Dosis und 13.414.061 zwei Dosen erhalten. Eine weitere Dosis haben 2110 Personen und eine Wiederholungsimpfung 793 erhalten.